Zitat von Lightning81: Daher habe ich aber vor der Strategie mit neutral etwas Angst davor, dass mir das nochmal passiert. Wobei ich da wohl neutral einfach nur zu wörtlich genommen hatte.... Also bei mir wurde das Gefühl wie ihr auch sagt vom Denken beeinflusst... Und sie haben dann starke Gefühle ausgelöst ... Ihr lernt praktisch, die Gedanken einfach neutral durchzulassen.. ohne Gefühl dazu? Hmm.. Da bin ich damals bei Melancholie gelandet. Ich treibe ja jeden Blödsinn immer bis zum Äußersten ^^ Da hatte ich nur noch ein Gefühl
Ich glaube, dass das Thema sehr facettenreich und komplex ist und ganz verschiedene Themenbereiche berührt, die alle für sich wieder therapeutisch relevant sind und einzeln für sich verstanden werden wollen, bis sie dann wieder zu einem Ganzen zusammengesetzt werden können.
Für mich war der Weg bislang, erstmal zu verstehen, inwieweit verschiedene Aspekte miteinander interagieren, sich gegenseitig beeinflussen, verstärken, abmildern usw...
also erst einmal zu sortieren,
- inwieweit sich Gedanken, Gefühle, Handlungen und Körper ständig gegenseitig beeinflussen, wie sich das negativ auswirken kann, wie man das auch positiv nutzen kann...
- welche Rolle verschiedene Bedürfnisse dabei spielen, welche sich bewusst, welche sich unbewusst bemerkbar machen und warum, welche Motive dahinterstecken und auch diese wieder zu verstehen, zu akzeptieren, anzunehmen und nicht zu bewerten/zu verurteilen...
- wie ganz allgemein Emotionen verstärkt und abgemildert werden können
- dass eigentlich nie der Gedanke oder die Emotion das Problem sind, sondern unsere
Bewertung dieser Emotion oder dieses Gedankens, und dass es die
Bewertung ist, die wie ein Brandbeschleuniger wirken kann, wohingegen ein Gefühl oder ein Gedanke erstmal einfach nur das sind: ein Gefühl oder ein Gedanke, das/der für sich genommen erstmal weder positiv noch negativ ist.
Ich kann verstehen, dass das Wort neutral auch als negativ empfunden werden kann, wenn man es im Sinne eines Desinteresses, einer Gleichgültigkeit interpretiert.
Das musste ich für mich auch erstmal emotional eingeordnet bekommen, denn ich habe es anfänglich so empfunden.
Aber über die Zeit habe ich gelernt, dass das nicht gemeint ist.
Es geht viel mehr darum, aus einer Position von Ruhe und Akzeptanz auf ein Gefühl/einen Gedanken zu blicken und sich nicht von diesen mitreißen zu lassen.
Und es hat mir geholfen, ein paar Dinge als grundsätzliche Haltungen zu verinnerlichen:
- Jedes Gefühl möchte uns etwas mitteilen, ist ein Impulsgeber für eine Handlung (gedanklich oder konkret)
- Jedes Bedürfnis, das man hat, ist gültig, möchte wahrgenommen und unvoreingenommen betrachtet werden
- Es gibt immer einen Grund dafür, dass ein Bedürfnis da ist, dass ein Gefühl empfunden werden möchte, dass ein Gedanke gehört werden möchte, nur ist dieser Grund manchmal gar nicht so einfach zu entdecken, liegt oftmals unter verschiedenen Schichten und anderen Gefühlen und Gedanken begraben
Das kann heißen, dass es manchmal schwer nachvollziehbar ist, warum bestimmte Gedanken oder Gefühle sich nicht stoppen zu lassen scheinen, warum uns manchmal Gedankenspiralen förmlich in Gefühl hineindrängen zu wollen scheinen, selbst wenn es ein negatives Gefühl ist...
Und ich habe es so erlebt, dass es dann nur aus einer Haltung der Ruhe und Akzeptanz möglich ist, diese Interaktions-Ketten zu verstehen, und das ist nicht möglich, wenn man sich von Gefühlen und Gedankenspiralen mitreißen lässt.
Neutral bedeutet hier nur: Ich nehme war, dass ein Gedanke/ein Gefühl da ist, ich verstärke es aber nicht noch zusätzlich, sondern bemühe mich, es abzuschwächen, um mich dann aus einer Position der Ruhe damit auseinandersetzen zu können.
Ich unterdrücke keine Gedanken und Gefühle, denn das würde diese nur (oftmals im Unbewussten) verstärken und weiter aufladen, ich nehme sie war, ich lasse sie da sein, ich begrenze sie aber freundlich und konsequent (lasse sie da sein und sich mitteilen, aber nicht ausarten und hochschaukeln), um ihnen die schädliche Energie und die Aufregung zu nehmen.
Ich akzeptiere meinen eigenen Einfluss auf diese Interaktions-Ketten zwischen Gefühl, Gedanke, Handlung und Körper und suche aktiv nach einem Fenster der Einflussnahme, um damit dann das entsprechende Gefühl oder den entsprechenden Gedanken soweit zu beruhigen, bis innere Aufregung und innere Anspannung wieder in einen Bereich herunterreguliert sind, in welchem ich dann wieder mehr mit Kognition besser verstehen kann, was da gerade in mir passiert.
Oh je, ich bin mir jetzt echt unsicher, ob das überhaupt ansatzweise nachvollziehbar war , ich hoffe, dass zumindest Teilaspekte meines hiesigen Gedanken-Knäuls halbwegs verständlich waren...
Ich kann nur für mich sagen, dass mir diese Haltung gegenüber meinen inneren Prozessen über die Jahre inzwischen mehr und mehr hilft, wieder mehr zum Kapitän meines inneren Schiffes zu werden und mich den inneren Gefühls- und Gedanken-Stürmen nicht mehr ganz so hilflos ausgeliefert zu fühlen. Es hat mir etwas Kontrolle und Selbstwirksamkeit gebracht.
LG Silver