Ich glaube, das wird etwas ausführlicher, da mich etwas ziemlich getriggert hatte.
Ich hatte mich vor zwei Tagen mit einem lieben Menschen in grobem Zeitrahmen verabredet,
hatte gesagt ich brauche bis dahin Zeit für mich, und als ich ihn dann antraf, war er mit einigem
anderen beschäftigt, ebenso wie mit einigen anderen, was bei seiner Art der Beschäftigung auch schon etwas flirtiges hat; er ist schon jemand, den man auch ganz gut anhimmeln kann. ^^
Auf mich, unsere Verabredung kam er gar nicht mehr zurück, ich war ziemlich im Hintergrund
und brachte mich aber auch nicht in Erinnerung wir wollten doch. Stattdessen beobachtete
ich nur noch, wertete das Geschehen aus als alle anderen sind wichtiger und war einfach
nicht mehr sprachfähig und begann, in eine Opferhaltung zu rutschen.
Mein Kopf weiß, dass ich keine Exklusivitätsansprüche hab, ich wundere mich ja, dass wir überhaupt soviel Kontakt haben.
Aber emotional kann das ja manches Mal doch anders aussehen, dass da andere Bedürfnisse angesprochen sind; dass ich z. B. gerne eine Fürsorglichkeit hätte, eine Art Sicherheit und Geborgenheit. Da klingen Erwartungen mit, die ich gar nicht so bewusst hatte.
Das hat ein Übermaß an Eifersucht und Zurückgesetzt sein/Verletzt sein/Unsicherheit ausgelöst,
aber auch so eine Art Hilflosigkeit und Fixiertheit, dass so ein Gefühl aufkam, von Gott und der Welt
verlassen zu sein, und selber völlig hilflos zu sein und es fühlt sich so an, als würde etwas die Mama-Zuwendung fehlen, ohne die ich selber gar nichts könnte.
Es fühlte sich so an, als könnte nur der andere einen retten aus einem verlorenen Zustand.
Aber gleichzeitig weiß ich auch, dass das nicht so ist, dass das eine erwachsene abgegrenzte Person ist, die mit meinem Leben nur bedingt etwas zu tun hat, aber es irgendwie doch an diese tiefen Sehnsüchte und Verletzungen rührt.
Das könnte an der Stelle auch eine Art Bindungstrauma sein bei mir.
Das hat unglaublichen Stress und Depression ausgelöst und irgendwie wusste ich, dass das reale
Gegenüber das gar nicht gut machen kann, denn der Film ist ein ganz anderer, ein sehr alter,
und was da gerade emotional abgeht, ist nicht situationsangemessen.
Es war nur so überwältigend und ein so starkes Gefühl, mich so unzumutbar, verzweifelt zu fühlen, mich abzulehnen und abgelehnt zu fühlen, so hoffnungslos; als ob nichts in der Welt irgendwas gut machen könnte, und es ginge sowieso wieder alles nur in die Binsen, gleichzeitig aber auch um
irgendwas zu kämpfen. (Und all das ist ein sehr altes Gefühl).
Da mein Bekannter nun nach einer Weile ja den verabredeten Kontakt dann wollte per Telefon, hatte ich versucht es zu erklären, dass ich in ein depressives Loch gestürzt bin, und schilderte das etwas,
und er ist nicht gerade der empathischste, machte einen blöden Spruch und lachte, und ich legte mit
tränenerstickter Stimme auf und war verzweifelt.
Gleichzeitig wusste ich aber, dass ich für solche Dramen jetzt auch nicht so wirklich gemacht bin, und dass das auch etwas in Richtung emotionale Erpressung geht, dass man eine bestimmte
Aufmerksamkeit braucht, sich abhängig fühlt, aber der andere sich so verletzend anfühlt und man
fühlt wie der sterbende Schwan.
Ich hab dann ca. eine Stunde versucht, mich zu beruhigen, durchzuatmen und wieder etwas mehr den Kopf zu aktivieren, war mir aber überhaupt nicht sicher, ob es funktioniert und der Kopf auch bleibt und nicht die Verletzlichkeit wieder überhand nimmt.
Da der Bekannte mir noch Offenheit signalisiert hatte, habe ich dann nochmal Kontakt aufgenommen, habe versucht, mir meine Erwartungen bewusster zu machen und dann eben
NICHTS zu erwarten, auch ein lapidares Reden und scherzen war ok, und dann etwas später
konnte ich viel ruhiger nochmal alles erklären, was so abging, ohne dass ich zu weit da
rein ging, im Bewusstsein, dass der andere auch kein Therapeut ist, und ich manches einfach
auch nur erstmal in mir akzeptieren muss, auch als ungelöst.
Das hat es dann irgendwann leichter gemacht, die größte Unruhe und der größte Schmerz hat sich
etwas gelegt und man konnte nachher auch einfach in einer neutralen Zone zu sein ohne Gefühls-
Beziehungsdramen zu wälzen und es wurde spielerisch, wir haben ein Singspiel gemacht und sehr viel gelacht noch.
Ich bin so froh, dass ich da aber noch die Kurve bekommen hab und es von der Extremzone in
eine neutralere Zone ging.
Als Skill würde ich sagen, war da folgendes:
1. Realisieren dass da ein emotionales Drama und Verletzlichkeit da war obwohl ich gar nicht
damit gerechnet hatte und das auch nicht wollte/angemessen fand
2. Die Hilflosigkeit, Starre, Ohnmacht wahrnehmen, dadurch noch mehr realisieren, das ist ein Film
und ich lebe gerade nur eingegrenzte Möglichkeiten
3. Die Projektionen auf den anderen wahrnehmen, was ich alles erwarte, wo ich mich verraten fühle
4. Gefühle zulassen für mich alleine und gleichzeitig auch wissen, dass ich meinen Kopf brauche für eine realistische Einschätzung
5. Das Gespräch suchen, etwas offener sein, dass der andere nicht für mein Drama zuständig ist
und versuchen, etwas zu schildern; dabei auch wahrnehmen, wann Vorwürfe und Unterstellungen
da sind, weil das Drama wieder etwas will.
6. Sehr geholfen hat mir, dass der andere sich nicht hat verwickeln lassen, sondern einerseits
einiges so angenommen hat, aber auch sich abgegrenzt hat
7. Akzeptieren dass ich nicht alles hinreichend auflösen kann, dass der andere nicht mein altes Drama stillen kann, dass nicht alles mit mega viel Kontrolle und haarkleinsten Diskussionen wirklich gelöst werden kann, eher loslassen und im Augenblick sein
8. Das Dasein und den anderen wertschätzen und sich etwas schönem gemeinsamen
zuwenden.
21.06.2022 06:16 •
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