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Hallo an Alle,
erstmal danke an alle die sich mit meinem langen Text befassen.

Seit kurzem bin ich wieder in einer Klinik aufgrund meiner Depressionen. Ich war an einem Punkt wo ich einfach nicht mehr weiter wusste.
Ich war seit dem ich 19 bin, also innerhalb von 15 Jahren jetzt zweimal als Notfall in der Klinik (eimal mit 19 und einmal jetzt mit 34), habe zwei mal eine stationäre DBT-Therapie gemacht und einmal einige Wochen in einer Tagesklinik verbracht. Alles hat mir kurzfristig geholfen, aber irgendwie gelange ich immer wieder an diesen Punkt wie jetzt. Meine Depressionen kommen wieder, Angstattacken, Gefühl von vollkommener Überforderung. Psychische Belastbarkeit gleich Null.
Ich verstehe einfach nicht, wieso ich es nicht schaffe längerfristig stabil zu bleiben. Fünf Jahre ging jetzt alles gut und dann das.
Mittlerweile überlege ich ob unverarbeitete Trauma in der Kindheit dazu führen, dass ich psychisch so instabil bin. Kann das sein?

Meine Kindheit war geprägt von der Gewalt meines Vaters. Nicht mir und meinen Geschwistern gegenüber. Vorrangig meiner Mutter gegenüber. Mein Vater war schwerer Alk. und ist querschnittsgelähmt.
Ich hab bis zu meiner Jugend nur lückenhafte Erinnerungen. Kann mich aber an ein paar Situationen erinnern.

Trigger

Eines Nachts die Flucht vor meinem Vater aus dem Elternhaus. Wir zu Fuß und er fährt uns mit dem Auto hinterher und soweit ich es richtig in Erinnerung habe hätte er uns dabei fast überfahren.
Einmal griff er unsere Mutter mit einem Messer an, als sie uns Kinder von einem Besuch bei ihm abholen wollte. Wollte ihr an die Kehle, aber sie konnte es mit der Hand abwehren. Da saßen wir alle mit ihr im Auto. Später haben wir Kinder gegen ihn bei der Polizei ausgesagt.



Dann kommt noch dazu, dass meine Oma väterlicherseits verstorben ist als ich 15 war. Das war ca. vier Jahre nach der Trennung meiner Eltern. Sie hat dann mit meinem Vater zusammen gewohnt. Jedoch war sie sozusagen meine Bezugsperson in der Kindheit. Mein Vater lag nur betrunken und rumbrüllend im Bett und meine Mutter musste arbeiten. So hat sich meine Oma sehr viel um uns gekümmert. Sie hat mit uns im Haus gewohnt.

In einer der Kliniken war mal die Sprache von PTBS. Jedoch sehe ich mich da nicht wirklich wieder, da ich zum Beispiel keine Flashbacks habe. Es gibt momentan da kann ich ganz offen über die Erinnerungen reden. In anderen Momenten besonders, wenn die Depressionen wieder stärker werden, muss ich schon mal mit den Tränen kämpfen, wenn ich davon erzähle.

Eine weitere Sache die mich irgendwo irgendwie belastet. Ich wünsche meinen Geschwistern natürlich keine psychischen Krankheiten, aber irgendwie haben beide Geschwister keine solchen Probleme mit der Vergangenheit wie ich. Meine Schwester lebt eher etwas isolierter und hat zwischendurch mal niedergeschlagene Episoden, aber halt keinen richtigen Depressionen. War auch nie in Behandlung. Zumindest soweit ich weiß, aber da bin ich mir ziemlich sicher.
Mein Bruder hat in der Jugend mit Dro. (Gras rauchen) angefangen. Wahrscheinlich war das seine Art mit den Dinge zu umzugehen. Unsere Mutter und er hatten viel Streit. Viele Sachen sind vorgefallen. Letzten Endes haben sie seit über zehn Jahren keinen Kontakt mehr. Da sie in der selben Stadt wohnen laufen sie sich nur zwischendurch mal über den Weg. Mein Bruder hat zwei Kinder. Meine Mum meint es macht ihr nichts aus Ihre Enkelkinder nicht sehen zu können, aber man merkt, dass es nicht so ist. Sie hat sie von Anfang nicht kennen lernen können.

Meinem Bruder gegenüber soll mein Vater wohl auch schon unter Tränen gesagt haben, wie Leid ihm das alles tut was da war. Aber zu meiner Schwester und mir kommt kein Wort davon. Er gehört zu der Sorte Männer die mit Frauen (hart gesagt) nichts anfangen können. Unsere Gespräche beschränken sich auf ein paar Minuten Smalltalk.

Ich war wohl immer die labilste, das Sensibelchen und das zieht sich durch mein ganzes Leben.

Zur Zeit bin ich richtig im Zwiespalt. Einerseits sage ich mir es ist doch alles gut. Vor fünf Jahren habe ich mein Leben Gott übergeben und seit dem habe ich so viel in meinem Leben geschafft. Ich habe mittlerweile endlich meinen Führerschein seit ein paar Jahren, habe einen Beruf erlernt und eine Stelle gefunden, bin seit drei Jahren mit einem tollen Mann zusammen und wir haben letztes Jahr geheiratet.
Aber andererseits merke ich doch, dass es etwas nicht stimmt. Ich merke doch wie schlecht es mir zur Zeit geht.
Ein paar Mal kam mir schon der Gedanke auf, dass die Ärzte hier sagen werden: Ihnen geht's doch gut. Das ist nur ne Einbildung. Gehen sie nach Hause und es wird irgendwann wieder alles gut sein.
Manchmal kommen einem echt komische Gedanken.

Hat einer von euch vielleicht so ähnliche Erfahrungen wie ich gemacht? Wiederholtes Trauma in der Kindheit die nie richtig verarbeitet wurden und dadurch die psychische Stabilität so beeinträchtigt wurden?

Danke euch fürs Lesen.

05.11.2023 07:32 • 05.11.2023 #1


2 Antworten ↓


Hallo Rsblck, ich schreibe mal ein paar Gedanken nieder, die mir zu deinem Text einfallen.

Zitat von Rsblck:
Ich verstehe einfach nicht, wieso ich es nicht schaffe längerfristig stabil zu bleiben. Fünf Jahre ging jetzt alles gut und dann das.
Mittlerweile überlege ich ob unverarbeitete Trauma in der Kindheit dazu führen, dass ich psychisch so instabil bin. Kann das sein?

Also grundsätzlich haben es Depressionen einfach so an sich, dass sie immer wieder kommen und dass man für immer ein bisschen sensibler und anfälliger ist als vorher. Vor allem wenn es irgendwelche großen Veränderungen im Leben gab.
Dass das durch dein Trauma noch verstärkt wird, kann gut sein und kann ich mir auch vorstellen. Daher meine erste Frage an dich, wurde das in deinen Klinikaufenthalten thematisiert? Bist du auch sonst wegen Depressionen in Behandlung oder nur wenn es zu schlimm wird?

Zitat von Rsblck:
In einer der Kliniken war mal die Sprache von PTBS. Jedoch sehe ich mich da nicht wirklich wieder, da ich zum Beispiel keine Flashbacks habe.

Ich bin nicht informiert genug um das zu bestätigen oder zu wiederlegen, aber ein Bekannter von mir meinte mal, dass das bei ihm so wäre. Ich kann nur wiedergeben was er damals meinte, aber es sei wohl eher bei einem einzelnen traumatischen Erlebnis so, dass man Flashbacks kriege. Wenn es wiederholte Traumata über einen längeren Zeitraum gibt, äußere sich das wohl anders. Man kann aber durchaus auch Trauma haben ohne eine PTBS, also nur Depressionen aufgrund des Traumas.

Zitat von Rsblck:
Ich wünsche meinen Geschwistern natürlich keine psychischen Krankheiten, aber irgendwie haben beide Geschwister keine solchen Probleme mit der Vergangenheit wie ich.


Nimmst du das vielleicht nur so wahr? Als Außenstehender kann ich hier natürlich keine Aussage zu treffen, aber auch Depressionen und Dro. klingt so als hätten die einfach nur andere Methoden damit umzugehen, aber es trifft sie insgeheim vielleicht genauso. Wie gut kennst du deine Geschwister? Meine Schwester hat nach außen hin auch ein normales Leben und erst als wir uns wieder näher kamen habe ich herausgefunden, dass sie seit 22 Jahren Antidepressiva nimmt und regelmäßig Psychotherapie macht.

Zitat von Rsblck:
Ich war wohl immer die labilste, das Sensibelchen und das zieht sich durch mein ganzes Leben.


Ist das eine Tatsache oder nur die Ansicht deines Vaters/deiner Familie? Tatsächlich kenne ich es von vielen Familien mit schwierigen Verhältnissen so, dass sich dann ein Kind als Hauptopfer rausgesucht wird. Das ist meistens das mittlere Kind, oder das welches dem betreffenden Elternteil am unähnlichsten ist. Es ist dann auch oft so, dass man sich die anderen Kinder als Verbündete heran zieht. So könne ich mir erklären warum dein Vater sich bei den anderen entschuldigt, aber nicht bei dir.

Zitat von Rsblck:
Ich habe mittlerweile endlich meinen Führerschein seit ein paar Jahren, habe einen Beruf erlernt und eine Stelle gefunden, bin seit drei Jahren mit einem tollen Mann zusammen und wir haben letztes Jahr geheiratet.


Das ist fanatisch! Und das schafft auch nicht jeder, der mit Depressionen und Traumata aufwächst. Diese Erfolge kann dir keiner nehmen, egal was für Hindernisse es in deinem Leben gab und gibt. Das hast du geschafft, ohne deinen Vater. Oder besser gesagt trotz ihm.

Zitat von Rsblck:
Ein paar Mal kam mir schon der Gedanke auf, dass die Ärzte hier sagen werden: Ihnen geht's doch gut. Das ist nur ne Einbildung. Gehen sie nach Hause und es wird irgendwann wieder alles gut sein.


Ich hatte tatsächlich mal eine schreckliche Therapeutin, die sinngemäß sagte Suizidgedanken seien total normal bei Gesunden, und mir auch nicht geglaubt hat, dass etwas nicht stimmt. Sowas ist aber der Extremfall und dann geht man halt zum nächsten. Insbesondere da du schon in der Klinik warst, wird wahrscheinlich keiner denken, dass du dich einfach nur anstellst. Es gibt auf jeden Fall etwas, was man diagnostizieren und behandeln kann. Auch wenn du dir schon viel Verbesserungen erarbeitet hast.

Zitat von Rsblck:
Wiederholtes Trauma in der Kindheit die nie richtig verarbeitet wurden und dadurch die psychische Stabilität so beeinträchtigt wurden?

Wie ich am Anfang sagte, ist auf jeden Fall eine Möglichkeit und würde ich auch weiter verfolgen an deiner Stelle.

@Katzen

Zitat von Katzen:
Also grundsätzlich haben es Depressionen einfach so an sich, dass sie immer wieder kommen und dass man für immer ein bisschen sensibler und anfälliger ist als vorher. Vor allem wenn es irgendwelche großen Veränderungen im Leben gab.
Dass das durch dein Trauma noch verstärkt wird, kann gut sein und kann ich mir auch vorstellen. Daher meine erste Frage an dich, wurde das in deinen Klinikaufenthalten thematisiert? Bist du auch sonst wegen Depressionen in Behandlung oder nur wenn es zu schlimm wird?


Ich kann nicht mehr sagen, ob in meinem ersten Klinikaufenthalt über das Thema gesprochen wurde. In den DBT-Therapien wurde schon etwas darauf eingegangen, aber ich würde sagen eher oberflächlich.
Um das Trauma zu verarbeiten müsste ich höchstwahrscheinlich längerfristig eine ambulante Therapie machen. Das ist auch so ein Knackpunkt bei mir. Nach jedem Klinikaufenthalt sage ich mir, jetzt machen wir einen ambulante Therapie, aber die Suche nach jemandem.. das ist wie son Riesenberg vor mir. Mir fällt das irgendwie einfach so schwer. Wahrscheinlich würde es nicht mehr so akut sein mit meinen Depressionen, wenn ich wirklich längerfristig eine ambulante Therapie mache.
Also ja.. ich bin eigentlich nur in Behandlung, wenn es zu schlimm wird..

Zitat von Katzen:
Ich bin nicht informiert genug um das zu bestätigen oder zu wiederlegen, aber ein Bekannter von mir meinte mal, dass das bei ihm so wäre. Ich kann nur wiedergeben was er damals meinte, aber es sei wohl eher bei einem einzelnen traumatischen Erlebnis so, dass man Flashbacks kriege. Wenn es wiederholte Traumata über einen längeren Zeitraum gibt, äußere sich das wohl anders. Man kann aber durchaus auch Trauma haben ohne eine PTBS, also nur Depressionen aufgrund des Traumas.


Okay, das es sich da wohl anders äußert hab ich noch nicht gehört. Aber letztendlich ist mir die Diagnose egal, wenn mir einfach geholfen werden kann.

Zitat von Katzen:
Nimmst du das vielleicht nur so wahr? Als Außenstehender kann ich hier natürlich keine Aussage zu treffen, aber auch Depressionen und Dro. klingt so als hätten die einfach nur andere Methoden damit umzugehen, aber es trifft sie insgeheim vielleicht genauso. Wie gut kennst du deine Geschwister? Meine Schwester hat nach außen hin auch ein normales Leben und erst als wir uns wieder näher kamen habe ich herausgefunden, dass sie seit 22 Jahren Antidepressiva nimmt und regelmäßig Psychotherapie macht.


Der Kontakt zu meinen Geschwistern ist leider nicht mehr so häufig wie es mal war. Meine Schwester ist vor paar Jahren weggezogen und ich bin vor 1,5 Jahren auch wegegezogen. Wohne von meiner Schwester 3-4 Stunden entfernt und von meinen Eltern und meinem Bruder ca 1,5 Stunden. Seit dem sehen wir uns nicht mehr so häufig. Das Schreiben ist zur Zeit auch eher sporadisch.
Jedoch kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, dass meine Schwester auch in Behandlung ist. Wenn das der Fall wäre würde sie es mir sicher erzählen, weil ich eben auch diese Probleme habe.. aber andererseits, ja.. wer erzählt schon gerne von solchen Sachen.

Zitat von Katzen:
Ist das eine Tatsache oder nur die Ansicht deines Vaters/deiner Familie? Tatsächlich kenne ich es von vielen Familien mit schwierigen Verhältnissen so, dass sich dann ein Kind als Hauptopfer rausgesucht wird. Das ist meistens das mittlere Kind, oder das welches dem betreffenden Elternteil am unähnlichsten ist. Es ist dann auch oft so, dass man sich die anderen Kinder als Verbündete heran zieht. So könne ich mir erklären warum dein Vater sich bei den anderen entschuldigt, aber nicht bei dir.


Mein Vater hat sich nur bei meinem Bruder entschuldigt. Zu Männern ist er anders als zu Frauen. Mit Frauen geht er ganz anders um als mit Männern.
Bezüglich des Themas Mittelkind. Das bin ich auch. Ich hatte auch oft in der Kindheit das Gefühl, dass meine Schwester und mein Bruder sich besser verstanden und ich immer so ein bisschen außen vor war.
Mein Bruder war jedoch eher der Verbündete meines Vaters. Die Gemeinsamkeit ist die Abneigung gegen unsere Mutter, nach der Trennung der Eltern. Meiner Schwester gegenüber öffnet mein Vater sich auch nicht, wie gesagt

Ich werde das mit dem Kindheitstrauma auch noch mal hier ansprechen. Mal gucken was die Psychologin hier dazu sagt.

Danke dir für deinen Antwort




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