Hallo Schnapper,
ich habe auch eine PTBS aus ähnlichen traumatischen Erfahrungen wie die, die du zu Beginn des Threads genannt hast. Ich bin aber sehr weit weg von einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (kein ausgeprägtes Schwarz-Weiß-Denken, keine Idealisierung und Entwertung vom Partner, keine Eifersucht oder Verlassensängste, keine Manipulierung von anderen, wenig Aggressionen (gegenüber mir selbst und noch weniger gegenüber anderen), kein andauerndes Gefühl innerer Leere etc.).
Ich verletze andere Menschen nicht um Distanz zu schaffen, traue ich mich gar nicht, weil ich dann ein extrem schlechtes Gewissen hätte. Wenn ich jemanden verletzte, dann unbewusst. Ich bin vom Naturell ein ehrlicher und direkter Mensch, aber das habe ich mir schon weitestgehend abtrainieren müssen (weil ich damit schlechte Erfahrung gemacht habe). Wenn es aber doch mal durchkommt, dann kann es sein, dass ich sehr empfindlichen Menschen vor den Kopf stoße. Das schlechte Gewissen, Schuldgefühle, mangelndes Selbstvertrauen, permanente unterschwellige Angst und Anspannung und starke Nervosität bei allen mir unbekannten Situationen, ständige Wachsamkeit und Beobachtung des Umfeldes und Schwierigkeiten mich abzugrenzen, wenn die andere Person mir suggeriert mich zu brauchen, sind bei mir die dominanten Spätfolgen der Traumatisierung. Glücklicherweise bin ich aber voll Schwingungsfähig wie auch Liebes- und Beziehungsfähig.
Gefühlstaubheit kenne ich so nicht. Ich habe eigentlich immer zu viel Gefühl. Natürlich vermisse ich Freude, wenn ich depressiv bin. Aber es ist normal, dass man sich nicht gut freuen kann, wenn man deprimiert ist.
Es gibt ja die vier Grundgefühle: Freude, Trauer, Angst und Wut (manche Modelle haben noch weitere Grundgefühle). Liebe ist ja kein eigenes Gefühl, es ist ja mehr ein Begriff für eine Form von Bindung zu einem anderen Menschen. Liebe kann ja Sehnsucht, Freude, Schmerz, Wut und vieles mehr beinhalten. Deine Freundin ist also nicht liebesfähig, weil sie in Beziehungen kein kontinuierliches stabiles Gefühl zum anderen aufbauen kann, was von Vertrauen geprägt ist. Das ist m.E. viel weitgehender als Gefühlstaubheit.
Aber ich kann deine Schwierigkeiten mit Nähe und deinen Schutzmechanismus dennoch gut aus der Perspektive deiner traumatischen Erfahrungen nachvollziehen. Im Grunde testest du dein Gegenüber erstmal, ob es es wirklich ernst meint. Dabei kann es zu Verletzungen kommen. Da du aber keine falschen Erwartungen weckst (wie deine Freundin es tut), sind die Verletzungen wohl eher gering. Harte Schale weicher Kern, würden manche wohl dazu sagen. Wer sich wirklich für dein Inneres interessiert wird sich davon aber nicht abschrecken lassen und wird die Verletzung als eine Selbstoffenbarung deinerseits verstehen und sie gar nicht erst auf sich selbst beziehen.
Ist deiner Freundin bewusst, dass sie solche Signale sendet? Wenn es ihr bewusst ist, welchem Zweck dient es? (Will sie sich alles offen halten, verliert aber schnell das Interesse? Will sie testen was möglich wäre? Will sie den anderen zum Spielball für sich machen? Oder versucht sie ein Nähe-Distanz-Spiel zu spielen, in welchem das Ziel ist, den anderen für sich zu gewinnen und sobald das Ziel erreicht ist, den anderen fallen zu lassen? Die Sachen die ich aufgezählt habe - sofern die Signale bewusst sind - sind eher borderlinetypisch bzw. ein narzisstischer Anteil, wo es nur um Erobern geht, aber das echte Interesse an dem Menschen fehlt. Wer nicht liebesfähig ist, aber das Verhalten an anderen beobachten kann, begreift die Substanz des Verhaltens nicht und sieht darin nur ein lustiges Spiel, geeignet um andere zu manipulieren.
24.02.2020 03:14 •
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