Hier ist lange nichts mehr geschrieben worden zu dem Thema und ich habe das Forum auch gerade erst entdeckt. MÖchte einmal meine Erlebnisse schildern. Bin weiblich, Baujahr 1962. Komme aus einer Familie, in welcher Angst und Gewalt an der Tagesordnung war. Schwer durch Kindheitserlebnisse im Krieg traumatisierten Vater gehabt. Verhältnis zur Mutter, die liebevoll und fröhlich war, eigentlich gut.
1971 mit 9 Jahren unter das Auto gekommen. Mit Rollschuhen. Noch Glück gehabt, der Fahrer fuhr nur 40, wo er durdchaus schneller hätte fahren können.
Linkes Bein 3x gebrochen, einmal davon kompliziert, Schulter angeknackst, viele Schnitte im Gesicht. Krankenhaus ohne Kinderstation. Von der ersten OP weiss ich nichts mehr, Bein kam in Gips und ich wachte auf und verstand die Welt nicht mehr. Gesicht und Kopf angeschwollen und überall Verbände. Meine Mutter kam und machte auf fröhlich, brachte mir Bademantel und Zeug. Musste dann mehrere Wochen mit dem Bein in Gips im Bett liegen. Teilweise im Flur, teilweise auf der Frauenstation. Der Chefarzt kam damals noch mit seinen Dalmatinern und rauchend auf Visite. Man ging mit mir um wie mit einem Gegenstand. Jammern oder über Schmerzen klagen gab es nicht. Eine besonders strenge Schwester, Typus klein, Mannweib, kurzhaarig hätte ich heute gerne mal 5 Minuten für mich. Es gab keine Besuchszeit, aber große Langweile. Eltern konnten nicht jeden Tag kommen, wegen Berufstätigkeit bei beiden. Dafür kam meine Schwester. Nach ein paar Wochen durfte ich raus mit einem Gehgips. Dann fingen die Schmerzen an im Kniebereich. Ebenso an der Ferse. Ich war so erzogen, immer alles mit mir selbst auszumachen, geholfen hat mir oft eh keiner. Dann lernen Kinder, sich selbst zu helfen. Als die Schmerzen schlimmer wurden, erzählte ich dies meinem Vater. Das Ende vom Lied war, dass sich ein Dekubitus entwickelt hatte im Kniebereich und der Gips ab musste. Dies aber erst kurz vor knapp, denn die Ärzte in dem behandelnden Krankenhaus glaubten mir nicht. das Kind simuliert, da ist nichts. Mein Vater, gelernter Sanitäter, handelte und der Gips kam in der heimischen Küche mit der Säge aus dem Keller ab. Dekubitus bis kurz vorm Knochen. Wenige Wochen später und das Bein hätte amputiert werden müssen. Weiterbehandlung Kokoperation mein Vater und ein Hausarzt, zu welchem ich alle zwei Tage fahren musste. Nachdem das überstanden war und ich mein Bein gottseidank behalten konnte ( danke, Papa) musste in den Osterferien 1972 der Draht raus. Es handelte sich um einen Draht, mit dessen Hilfe der komplizierte Bruch gerichtet worden war. Mittlerweile hatte ich eine Krankenhausphobie entwickelt, nur das hat keiner gemerkt und auch keinen interessiert. DAs Seelenleben von Kindern war damals so unwichtig wie ein Kropf. Mit einem Bauch voller Angst schrak ich jedes Mal zusammen, wenn unser Telefon ging denn es konnte ja ein Anruf von der Klinik sein, dass ein Bett frei ist. Nun, der Anruf kam und ich bin mit 9 Jahren dann das zweite Mal ins Krankenhaus gekommen. Eine furchtbare Klinik in Neuss. Am OP Termin wurde ich hinuntergeschoben. Die grünen Kacheln... der Horror. Das ganze blinkende und ekligen Geräte haben mir unwahrscheinlich Angst gemacht. Ich lag da und wartete auf die Narkose. Kein freundliches Wort von niemandem. Wurde dort einfach abgestellt. Dann kam die schlecht gelaunte Narkoseärztin und erklärte mir, dass ich jetzt eine Kappe aufgesetzt bekäme ich ich sollte rückwärts von 10 an zählen. Vorher maß sie meinen Blutdruck, damals dachte ich, dass ist jetzt schon die Narkose. Ich hatte TODESANGST: Die Kappe habe ich dann versucht herunterzustoßen, immer wieder kam die Hand dieser Drecksschwester und schob sie mir auf. Die nachfolgenden zwei Wochen in diesem KH waren die Hölle. Es gab Besuchszeiten ( die Besuchszeit ist gleich zuende) die Schwester, die kam und dies verkündete, hätte ich treten könnten. Meine Eltern konnten nur jeden 2. Tag kommen, also gab es genug Tage an denen KEINER kam. Meine Schwester, mit der ich sehr eng war, durfte gar nicht zu Besuch kommen. Ich humpelte dann ans FEnster und sie stand unten auf dem Parkplatz und winkte hoch. Schwestern waren immer barsch, unfreundlich, haben geschimpft für nichts und wieder nichts. Heute weiss ich, dass dieser Abschaum von Menschen ( wer geht so mit kranken Kindern um?) seine eigenen persönlichen Frustrationen an den kleinen Patienten ausgelassen hat. Dein einen oder anderen hätte ich sehr gerne mal für ein paar Minuten für mich. Habe das Ganze überlebt, geblieben sind eine wahnsinnige Angst vor Krankenhäusern, speziell aber vor Narkose. War in therapeuter EMDR BEhandlung, vieles ist weg oder verblasst, jedoch nicht die Todesangst im OP liegend. Bin jetzt 60 und gesund, aber müsste dringend mal zur Darmspiegelung, was ich nicht schaffe. Habe bei jedem Bauchgrimmen Angst, es ist der Blinddarm oder ähnliches. Irgendwann wird es mal so sein, dass ich operiert werden muss, gerade im Alter. Weiss überhaupt nicht, wie das diesbezüglich weitergehen soll. Sorry für das Zutexten. Musste einfach raus. Danke.
28.08.2022 11:11 •
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