ich bin neu hier und bin über Google durch die Suche nach einem Forum für Agoraphobie hierher gestoßen und dachte, ich schreibe mal kurz meine Problematik:
kurz zu mir, damit man mich ein wenig versteht:
Ich bin 35 Jahre und hatte vor 6 Jahren ein schlimmes Erlebnis, weil ich von 2 Personen in der Öffentlichkeit schwer vergewaltigt wurde.
Ich bin noch dazu männlich, was dieses Erlebnis für mich als Mann in meiner Scham noch viel schlimmer machte.
Ich bin danach auch zur Polizei gegangen und habe die ganze Scham über mich ergehen lassen und mich ebenso als Mann belächeln lassen und habe Anzeige gegen Unbekannt gestellt. Um es kurz zu machen: die Täter wurden bis Heute nicht gefunden.
Anfangs dachte ich, ich komme mit diesem Problem klar und ich wurde auch seitens der Polizei völlig alleine gelassen und mir wurde keinerlei Hilfe oder Anlaufstellen genannt.
Ich zog mich dann immer mehr aus dem Leben zurück und versuchte mein Leben so gut wie möglich erstmal weiterzuleben und tat eigentlich nichts, um Hilfe aufzusuchen.
Nach über 2 Jahren hatte ich mich bereits soweit zurückgezogen und meine Ängste und Panikattacken wurden so groß, dass ich aus der Firma gekündigt wurde, weil ich unfähig war, irgendwelche Arbeiten auszuführen, noch irgendeine Belastung stand zu halten.
In dieser Zeit flüchtete ich mich in die Dro. und machte eigentlich alles nur noch viel schlimmer und bekam dadurch auch viele falsche Freunde und Umgebung.
Da mein Hausarzt wegen all meiner Symptome zu mir meinte, er kann mir nicht mehr helfen und er empfiehlt mir dringend einen Psychiater, hab ich eine Überweisung bekommen.
Der Psychiater versorgte mich auch mit entsprechenden Beruhigungsmitteln und Antidepressiva und diagnostizierte bei mir eine postraumatische Belastungsstörung und Agoraphobie.
Für mich kostete es zu diesem Zeitpunkt eine wahnsinnige Überwindung, meine Wohnung zu verlassen, öffentliche Plätze und Verkehrsmittel zu betreten und sogar vor dem Supermarkt hatte ich riesen Angst, was an der Kasse jedes Mal ein riesen Drama war, alleine wenn schon Leute hinter mir standen.
Das ganze steigerte sich dann soweit, dass ich kaum noch meine Wohnung verlassen konnte und ich bereits Tage zum Einkaufen im Supermarkt weggelassen habe, aus Angst dahinzugehen.
Bei jedem Termin oder zwanghaften Verlassen meiner Wohnung habe ich oft mindestens einen Tag Vorbereitungszeit gebraucht, um mich gedanklich vorzubereiten, was für mich wieder Stress ohne Ende war.
Mehrmals am Tag plötzliche Angst und Panikattacken, das erschöpfte Einschlafen vor laufenden Fernseher in den frühen Morgenstunden, keine Nahrungsaufnahme, war für mich Alltag geworden.
Jeder Kontakt mit der Öffentlichkeit bzw. wo sich Menschen aufgehalten haben, war für mich eine riesen Qual und die reinste Hölle.
Das fing bereits schon im Wartezimmer beim Psychologen an, wo ich dann schon wieder Heulkrämpfe und Panik bekam, wenn andere Menschen im Wartezimmer waren.
Zum Glück hatte ich noch sehr gute Freunde und meine Mutter, die mir angeboten haben, bei wichtigen Terminen mich zu begleiten, weil ich das sonst nicht selbst geschafft hätte, bzw. aus meiner Lähmung der Angst heraus, meine Wohnung einfach nicht mehr verlassen habe.
Die starken Beruhigungstabletten halfen mir anfangs wenigstens noch, um die Angst und Panikmomente ein wenig erträglicher zu machen.
Zudem habe ich als PTBS Betroffener die bekannten Schuldgefühle gehabt und mein Selbstwert war gleich Null.
Nachdem mein Psychiater an verschiedenen Kliniken nach einer freien Therapie-Stelle für mich nachfragte, mussten wir feststellen, dass die Wartezeit bis zu 1 Jahr betrug und ich seitens der Kliniken nicht als Notpatient eingestuft wurde.
Eine Notlösung haben wir dann gefunden, als er mir eine Psychotherapeutin empfohl, die Spezialistin auf dem Gebiet von PTBS Patienten und Vergewaltigungsopfer war und ich bei ihr eine Langzeittherapie anfing mit den wöchentlichen Sitzungen.
Der erste Schritt war erstmal wieder durch Ersatzstoffe und Psychopharmaka von den Dro. wieder weg zu kommen, was ich dann auch geschafft habe.
Danach machten wir in ganz kleinen Schritten die Konfrontationstherapie, in dem man gezielt mit seinen Ängsten konfrontiert und ausgesetzt wird.
Das Ganze dauerte 2 Jahre, bis ich letztes Frühjahr wieder soweit war, mich alleine in der Öffentlichkeit aufzuhalten, ebenso bei Menschenmengen nicht gleich wieder in Panik zu verfallen, auch wenn ich bis Heute noch Menschenaufläufe und überfüllte öffentliche Vekehrsmittel meide, so gut wie es geht.
Ich nehme seit letzten Sommer auch keine Tabletten mehr und bin soweit einigermaßen stabil geblieben und habe viele Tips und Tricks beachtet, die ich in der Therapie gelernt habe.
Mein jetziges Problem ist, dass ich seit Wochen wieder in das alte Muster langsam falle und ich wieder öfters von Angst- und Panikattacken übermannt werde.
Meine Hausärztin meinte zu mir, wir würden das Problem nur wieder verschlimmern, wenn sie mir jetzt wieder Tabletten verschreibt und das Problem nur verschieben würden.
Ich versuche, so gut wie es geht, mich selbst in den Griff zu kriegen, aber ich merke, gerade weil Dich soviele Leute einfach nicht verstehen oder verstehen wollten, wie alleine man mit diesem Problem wieder steht.
Ich merke im Moment an mir selbst, dass ich wieder viele Situationen meide, oftmals Ausreden dafür habe, damit ich meine Wohnung nicht verlassen muss oder zu öffentlichen Lokalitäten hingehen muss, wo wieder viele Menschen sind, angefangen mit der Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel.
Und ich frage mich eben, ob das im Moment nur ein Durchhänger ist, oder ob meine Phobie doch noch nicht so ganz geheilt ist.
07.10.2010 12:05 • • 15.10.2010 #1