Hallo zusammen,
hier bin ich, hier ist mein Leben:
Geboren wurde ich vor inzwischen 29 Jahren (ist das wirklich schon so lange her?) als sehnsüchtig erwartetes Wunsch- und Einzelkind meiner Eltern, die viele Jahre lang mit allen Mitteln vergeblich versucht hatten, ein Kind zu bekommen. Umso größer war schließlich die Freude, als ich dann endlich da war. Besonders meine Mutter, für die damit der größte Wunsch ihres Lebens doch noch in Erfüllung gegangen war, packte mich vom ersten Tag an dick in Watte, wie ein zerbrechliches Püppchen. Ständig in Angst um mich, mir könne etwas passieren, ich könne krank werden, es könne ihr irgendjemand oder irgendwas ihr großes Glück nehmen. Sie kannte es eigentlich auch garnicht anders, als perfektes Abbild ihrer eigenen, ebenso liebevollen und besorgten Mutter, die sie bereits im Alter von 15 Jahren plötzlich und unerwartet von heut auf morgen verloren hatte. Vermutlich durch diese Überbehütung wurde ich schnell sehr stark auf meine Mutter geprägt, verbrachte 99 Prozent meiner Kindheit zuhause, baute nur wenige Kontakte zu Gleichaltrigen auf, weder im Kindergarten noch später in der Grundschule. Und die wenigen, wirklichen Freunde, die ich dort hatte, waren irgendwann frustriert, dass sie zum Spielen immer zu mir kommen mussten anstatt ich mal zu ihnen. Ich verließ mein behütetes Zuhause nur sehr selten. Und falls doch einmal, war es bereits in der Grundschule mit einem erheblichen Maß an Angst verbunden. Kindergeburtstage, für andere Kinder in meinem Alter ein freudig erwartetes Ereignis, lösten bei mir bereits zwei Tage zuvor Bauchschmerzen, starke Unruhe und Sorgen aus. „Was, wenn ich etwas falsch mache? Was, wenn ich das Essen nicht aufbekomme? Was, was, was ....?“ Zahlreiche Versuche meiner Eltern, gegenzulenken, mich „unter Leute”, in Vereine, in die örtliche Pfadfindergruppe zu bringen, scheiterten. Und so beschäftigte ich mich fast immer allein. Auch wichtige Selbstständigkeiten, die normalerweise in diesem Alter anstehen (Einkaufen, Nachbarn/Verwandte besuchen usw.) lernte ich nicht bzw. immer nur für einen gewissen Zeitraum. Immer wieder blieb ich in meiner kleinen, „sicheren“ Welt zuhause bei Mama und Papa. Warum auch bemühen, wenn die Eltern aus Liebe einem doch wieder jeden Gefallen von den Augen ablesen, benötigte Sachen vom Einkauf mitbringen, vermutlich die unvermeidlichen, ständigen Auseinandersetzungen irgendwann auch satt sind und schließlich doch wieder den einfachsten Weg des geringsten Widerstands wählen.
Um es an dieser Stelle etwas abzukürzen: Meine Kontaktschwäche und der starke Elternbezug blieb auch in den folgenden Jahren bestehen. Klassenparties fanden meist ohne mich statt, sorgten bald für eine gewisse Außenseiterstellung in der Klasse bzw. Jahrgangstufe, die aber nicht immer aus aktiver Ausgrenzung als viel mehr aus Ignoranz bestand. Keine große Überraschung, dass auch und ganz besonders der Kontakt zum anderen Geschlecht ausblieb bzw. eher aus Smalltalk bestand. Inzwischen hatte sich die ganze Situation doch schon zu einer recht beherrschenden Angststörung ausgeweitet. Jedes gesellige Treffen, jede selbsttändige Aktion (Einkäufe, Behördengänge, Arztbesuche ...), jede (vor allem soziale) Herausforderung wurde zur großen Belastung, die sich schon Stunden, manchmal Tage zuvor in starker Unruhe, heftigen Magenproblemen und einem endlosen Sorgenkarussel äußerte. Es blieb der starke Elternbezug, die starke Bindung ans Zuhause.
Eine, zumindest vorübergehende, sehr posivite Wendung brachte dann nach dem erfolgreich bestandenen Abitur (derartige Prüfungen waren selten ein wirkliches Problem, trotz großer Nervosität) der anstehende Zivildienst in der Betreuung (nicht Pflege) eines Altenheimes, den ich mir selbst gewünscht hatte. Zwar waren die ersten 3-4 Wochen sehr sehr schwer, dann jedoch wurde die Situation besser. Hier war ich das erste Mal zur Selbstständigkeit gezwungen, MUSSTE Einkäufe, Autofahrten, gesellschaftliche Aufgaben für die Bewohner erledigen. Keine Mama und Papa, die mir all das abnahmen, keine Möglichkeit dem ganzen aus dem Weg zu gehen. Jede, natürlich weiterhin vorhandene Angst und Unsicherheit wurde von einem vollen Terminkalender und tagtäglichen Aufträgen regelrecht überrumpelt. Woche für Woche, Monat für Monat wurde ich ganz zögerlich selbstständiger, sicherer in dem was ich tat. Und die große Dankbarkeit der Bewohner, jedes noch so kleine Lächeln war der schönste Lohn für mich. Doch dreizehn Monate waren schnell vorbei, der Abschied fiel mir schwer.
1999 folgte dann ein gewaltiger Schritt für mich, anders kann ich es nicht beschreiben: 240 Kilometer von meiner ländlichen Heimat entfernt, trat ich, mit viel positiver Energie aus meinem Zivildienst und natürlich erneut großer (eigentlich zu großer) Elternunterstützung, im völlig unbekannten Bonn ein Studium an, von dem ich schon seit Jahren geträumt hatte. Nie hatte es für mich eine wirkliche Alternative gegeben, entweder dies oder garnichts. Leider war diese „Starrsinnigkeit“, neben meiner Angst und Bequemlichkeit, auch der Grund dafür, dass ich mir zuvor praktisch überhaupt keine wichtigen Informationen zu Studium, Anforderungen oder detailliertem Ablauf einholte.
Im Oktober 1999 begannen meine ersten Vorlesungen. Ich knüpfte nun plötzlich erstaunlich viele Kontakte mit meinen Mitstudenten und wir waren schnell wie eine große Familie, die sich jeden Tag traf und in der jeder jedem half. Doch schon bald gab es Probleme: Keine Einführung in die Vorlesungsthemen, hochkomplizierter, sehr abstrakter Stoff, der mit einem ungeheuren Tempo „durchgeprügelt“ wurde, mehrere Hausaufgabenzettel pro Woche, zu deren Lösung man bald mangels ausreichender Zeit auch noch die Nächte hinzunehmen musste, und und und. Hinzu kam natürlich der gewaltige Sprung aus dem behüteten Elternhaus in eine völlig unbekannte Großstadt, der aber nicht nur mir sondern auch meinen Eltern und natürlich ganz besonders meiner Mutter sehr schwer fiel. Mit täglichen (!) Telefonaten und Heimfahrten jedes Wochenende versuchten wir dies zumindest etwas erträglicher zu machen.
Es dauerte nur wenige Wochen bis die ersten meiner Kommolitonen das Handtuch warfen und das gerade erst begonnene Studium frustriert abbrachen. In den nächsten Monaten folgten weitere und Stück für Stück musste ich mich vom großen Teil der „Familie“ verabschieden, was mir damals richtig weh tat. Kurzum, nach dem ersten Studiumsjahr waren außer mir nur noch drei oder vier von den damaligen Einsteigern übrig. Viele von den „Abbrechern“ waren sogar weit besser gewesen als ich. Doch auch ich hatte inzwischen große Probleme, mit der erdrückenden Masse an Stoff und dem strengen Punktezwang der Aufgabenzettel klarzukommen. Mein jahrelanger großer Traum hatte einen mächtigen Knacks bekommen, meine Pläne und mein Lebensbild standen plötzlich völlig Kopf! Zum ersten Mal fragte ich mich, wie lange ich den Druck noch aushalten würde ohne am Ende selbst abzubrechen. Hinzu kam, dass nun auch die gegenseitige Unterstützung in der Gruppe (die ja fast nicht mehr vorhanden war) mehr und mehr fehlte und ich somit die Vorlesungs-Aufarbeitung sowie die Aufgabenzettel bald fast alleine schaffen musste. Das blieb nicht ohne Folgen: Schlaflose Nächte, Selbstzweifel, Zukunftssorgen, ein zerbröckelnder Berufstraum! Keine große Überraschung, dass ich die ersten wichtigen Klausuren (teilweise nur knapp) in den Sand setzte. Im Klartext: Wiederholung der Vorlesung, ein Jahr Zeit verloren, Neustart in ganz neuer Gruppe, Arbeitsbeginn wieder bei Null. Nur mit großer Mühe und weiteren Wiederholungen schaffte ich es, in den folgenden 2-3 Jahren den einen oder anderen Schein zu holen. Weitere Wiederholungen bedeutet: Wieder Abschied (jedenfalls was das gemeinsame Studium angeht) von abbrechenden oder an mir vorbeiziehenden, guten Kumpels, weiter wachsende Selbstzweifel, weiterer Zeitverlust und dadurch entstehende Nachteile im Studiumssystem. Oftmals war ich so verzweifelt, dass ich nächtelang kaum noch schlafen konnte. Vor allem machte es mir zu schaffen, dass ich immer wieder auf´s neue (durch Wiederholungen oder einfach schnellere Kommolitonen) aus perfekt zusammenarbeitenden Gruppen „herausgerissen“ wurde, um dann mit neuen Leuten wieder neu anfangen zu müssen. So war ich kaum mal länger als ein bis zwei Semester mit denselben Leuten zusammen und ausgerechnet die besten Freunde (mit denen teils auch heute noch guter Kontakt besteht) gaben wiederum das Studium auf, wechselten nach Aachen o.ä.. Ergebnis: Weiterer Rückzug von sozialen Kontakten, die ja studiumsbedingt ohnehin selten länger als ein Semester bestanden.
Im Frühjahr 2002 hielt meine Psyche dem ständigen, inzwischen seit Jahren andauernden Druck und Sorgenrausch schließlich nicht mehr Stand: Zum ersten Mal fiel ich für zwei bis drei Wochen in eine intensive und mir bis dahin völlig unbekannte, depressive Phase. Über ein Jahr ging es mir danach wieder gut, bevor ich im Oktober 2003 (das Studium ging währendessen weiter) erneut in eine Depressionsphase rutschte. Die zeitlichen Abstände zwischen diesen Phasen wurden nachfolgend von Mal zu Mal kürzer, bis sie im Juli 2005 zu einer quasi dauerhaften und zeitweise von heftigen Angstattacken begleiteten „Dauer-Depression“ mit zahlreichen körperlichen und psychischen Symptomen wurden. Erst jetzt begann ich endlich, etwas zu unternehmen und ärztlichen bzw. psychologischen Rat einzuholen.
Seit Anfang 2006 befinde ich mich jetzt in medikamentöser und therapeutischer Behandlung, die mich inzwischen doch deutlich stabilisiert hat. Heftige Angstattacken sind in den letzten 12 Monaten kaum mehr aufgetreten und meine große Panik, das alles irgendwann nicht mehr auszuhalten, ist auch fast verschwunden. Auch geht es mit dem Studium, zumindest ganz zögerlich, weiter und aufwärts. Im Juni diesen Jahres konnte ich mich dann endlich sogar mal zu einem persönlichen Treffen mit einer unglaublich netten, weiblichen Internetbekanntschaft überwinden. Und was soll ich sagen: Ich habe mich dabei derart verknallt, dass ich in den folgenden Tagen und Wochen fast symptomfrei war. Die schönste Zeit, die ich seit Jahren erleben durfte. Aber, wie es dann leider immer so ist, sah sie das ganze doch etwas anders und schloss alles, was über Freundschaft und gemeinsame Interessen hinausgeht, grundsätzlich aus. Sicherlich ist daran auch die fatale Tatsache mit Schuld, dass ich natürlich bei einem derartigen Treffen, und so eben auch bei diesem Treffen, sehr damit beschäftigt bin, meine Nervosität und Unsicherheit unter Kontrolle zu halten und somit sicherlich nicht so sympathisch rüberkomme, wie ich es z.B. bei meinen Eltern bin. Dennoch war dieses superschöne Treffen, bei dem sich keine einzige meiner vorherigen Befürchtungen bewahrheitet hatte, für mich ein riesengroßer Erfolg, der mir unheimlich viel Hoffnung gemacht hat und von dem ich noch heute zehre.
Tja, und damit sind wir im hier und heute angekommen. ), der das Leben liebt und eigentlich noch so viel damit vor hätte, von so vielem träumt. Der Angstkäfig ist es, der mich weiterhin davon abhält, von dieser eigentlich so unglaublich schönen Welt da draußen. Wenn ich die Kraft nicht selbst aufbringe, wenn Du vorm Bildschirm aus Bonn sie nicht aufbringst, warum schließen wir uns nicht zusammen? Vielleicht reicht die gemeinsame Kraft ja aus, den Angstkäfig zu verbiegen, endlich die andere Welt da draußen Stück für Stück zu erobern.
Nach all dem, was ich in den letzten Jahren erlebt habe, gibt es kaum mehr Probleme, für die ich bei einem anderen Menschen kein Verständnis hätte. Schon immer konnte ich mich sehr gut in andere Menschen hineinversetzen, ihre Schwierigkeiten und Sorgen verstehen. Wer sich mit mir zusammentut, bräuchte in keinster Weise befürchten, nicht ernst genommen oder abgelehnt zu werden.
Zeit, endlich anzufangen! Meldet Euch!
Zum Abschluss noch der Text eines Songs der Popgruppe „a-ha“, der mich sehr zum Nachdenken angeregt hat. Und Euch ja vielleicht auch.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Cosy Prisons (“Gemütliches Gefängnis”)
Take a moment if you dare
Catch yourself a breath of air
There's another life out there
And you should try it
Dead ends hide on every street
Look before you place your feet
Cracks and fissures keep the beat
And you're inside it
Every thought you never dared to think
Every mood you always knew would sink
Every line you spoke out loud in a jest
All the time you took to be your best
Soon forgotten
The sun must never touch your skin
It could expose the dark within
You're paranoid about the paranoia
And panic hits without a sign
You worry about it all the time
Every perfect moment is a hidden warning
Cuz everything makes your pretty head spin
And nagging thoughts are starting to sink in
With everything this way it's better to forget
Than end up in a place with something to regret
Your transatlantic shopping spree
Your health forever guarantees
Organic -bio-life's a breeze in cosy prisons
But hiding out in a salad bar
Isn't gonna get you far
and bottled wine is vinegar tomorrow
Everything around here makes your pretty head spin
Its piling up high and you're back where you begin
Moments you have tried so hard to forget
Are promising to 've been the best one's yet
Everytime you shut your eyes it appears
Everytime you trace your steps back here
None of your convictions have the same old ring
No doubt you found a place for everything
In cosy prisons
So if you're careful
You won't get hurt
But if your careful all the time
Then what's it worth?
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Das Video dazu findet Ihr übrigens hier (allerdings in einer sehr schlechten Tonqualität!!):
hier bin ich, hier ist mein Leben:
Geboren wurde ich vor inzwischen 29 Jahren (ist das wirklich schon so lange her?) als sehnsüchtig erwartetes Wunsch- und Einzelkind meiner Eltern, die viele Jahre lang mit allen Mitteln vergeblich versucht hatten, ein Kind zu bekommen. Umso größer war schließlich die Freude, als ich dann endlich da war. Besonders meine Mutter, für die damit der größte Wunsch ihres Lebens doch noch in Erfüllung gegangen war, packte mich vom ersten Tag an dick in Watte, wie ein zerbrechliches Püppchen. Ständig in Angst um mich, mir könne etwas passieren, ich könne krank werden, es könne ihr irgendjemand oder irgendwas ihr großes Glück nehmen. Sie kannte es eigentlich auch garnicht anders, als perfektes Abbild ihrer eigenen, ebenso liebevollen und besorgten Mutter, die sie bereits im Alter von 15 Jahren plötzlich und unerwartet von heut auf morgen verloren hatte. Vermutlich durch diese Überbehütung wurde ich schnell sehr stark auf meine Mutter geprägt, verbrachte 99 Prozent meiner Kindheit zuhause, baute nur wenige Kontakte zu Gleichaltrigen auf, weder im Kindergarten noch später in der Grundschule. Und die wenigen, wirklichen Freunde, die ich dort hatte, waren irgendwann frustriert, dass sie zum Spielen immer zu mir kommen mussten anstatt ich mal zu ihnen. Ich verließ mein behütetes Zuhause nur sehr selten. Und falls doch einmal, war es bereits in der Grundschule mit einem erheblichen Maß an Angst verbunden. Kindergeburtstage, für andere Kinder in meinem Alter ein freudig erwartetes Ereignis, lösten bei mir bereits zwei Tage zuvor Bauchschmerzen, starke Unruhe und Sorgen aus. „Was, wenn ich etwas falsch mache? Was, wenn ich das Essen nicht aufbekomme? Was, was, was ....?“ Zahlreiche Versuche meiner Eltern, gegenzulenken, mich „unter Leute”, in Vereine, in die örtliche Pfadfindergruppe zu bringen, scheiterten. Und so beschäftigte ich mich fast immer allein. Auch wichtige Selbstständigkeiten, die normalerweise in diesem Alter anstehen (Einkaufen, Nachbarn/Verwandte besuchen usw.) lernte ich nicht bzw. immer nur für einen gewissen Zeitraum. Immer wieder blieb ich in meiner kleinen, „sicheren“ Welt zuhause bei Mama und Papa. Warum auch bemühen, wenn die Eltern aus Liebe einem doch wieder jeden Gefallen von den Augen ablesen, benötigte Sachen vom Einkauf mitbringen, vermutlich die unvermeidlichen, ständigen Auseinandersetzungen irgendwann auch satt sind und schließlich doch wieder den einfachsten Weg des geringsten Widerstands wählen.
Um es an dieser Stelle etwas abzukürzen: Meine Kontaktschwäche und der starke Elternbezug blieb auch in den folgenden Jahren bestehen. Klassenparties fanden meist ohne mich statt, sorgten bald für eine gewisse Außenseiterstellung in der Klasse bzw. Jahrgangstufe, die aber nicht immer aus aktiver Ausgrenzung als viel mehr aus Ignoranz bestand. Keine große Überraschung, dass auch und ganz besonders der Kontakt zum anderen Geschlecht ausblieb bzw. eher aus Smalltalk bestand. Inzwischen hatte sich die ganze Situation doch schon zu einer recht beherrschenden Angststörung ausgeweitet. Jedes gesellige Treffen, jede selbsttändige Aktion (Einkäufe, Behördengänge, Arztbesuche ...), jede (vor allem soziale) Herausforderung wurde zur großen Belastung, die sich schon Stunden, manchmal Tage zuvor in starker Unruhe, heftigen Magenproblemen und einem endlosen Sorgenkarussel äußerte. Es blieb der starke Elternbezug, die starke Bindung ans Zuhause.
Eine, zumindest vorübergehende, sehr posivite Wendung brachte dann nach dem erfolgreich bestandenen Abitur (derartige Prüfungen waren selten ein wirkliches Problem, trotz großer Nervosität) der anstehende Zivildienst in der Betreuung (nicht Pflege) eines Altenheimes, den ich mir selbst gewünscht hatte. Zwar waren die ersten 3-4 Wochen sehr sehr schwer, dann jedoch wurde die Situation besser. Hier war ich das erste Mal zur Selbstständigkeit gezwungen, MUSSTE Einkäufe, Autofahrten, gesellschaftliche Aufgaben für die Bewohner erledigen. Keine Mama und Papa, die mir all das abnahmen, keine Möglichkeit dem ganzen aus dem Weg zu gehen. Jede, natürlich weiterhin vorhandene Angst und Unsicherheit wurde von einem vollen Terminkalender und tagtäglichen Aufträgen regelrecht überrumpelt. Woche für Woche, Monat für Monat wurde ich ganz zögerlich selbstständiger, sicherer in dem was ich tat. Und die große Dankbarkeit der Bewohner, jedes noch so kleine Lächeln war der schönste Lohn für mich. Doch dreizehn Monate waren schnell vorbei, der Abschied fiel mir schwer.
1999 folgte dann ein gewaltiger Schritt für mich, anders kann ich es nicht beschreiben: 240 Kilometer von meiner ländlichen Heimat entfernt, trat ich, mit viel positiver Energie aus meinem Zivildienst und natürlich erneut großer (eigentlich zu großer) Elternunterstützung, im völlig unbekannten Bonn ein Studium an, von dem ich schon seit Jahren geträumt hatte. Nie hatte es für mich eine wirkliche Alternative gegeben, entweder dies oder garnichts. Leider war diese „Starrsinnigkeit“, neben meiner Angst und Bequemlichkeit, auch der Grund dafür, dass ich mir zuvor praktisch überhaupt keine wichtigen Informationen zu Studium, Anforderungen oder detailliertem Ablauf einholte.
Im Oktober 1999 begannen meine ersten Vorlesungen. Ich knüpfte nun plötzlich erstaunlich viele Kontakte mit meinen Mitstudenten und wir waren schnell wie eine große Familie, die sich jeden Tag traf und in der jeder jedem half. Doch schon bald gab es Probleme: Keine Einführung in die Vorlesungsthemen, hochkomplizierter, sehr abstrakter Stoff, der mit einem ungeheuren Tempo „durchgeprügelt“ wurde, mehrere Hausaufgabenzettel pro Woche, zu deren Lösung man bald mangels ausreichender Zeit auch noch die Nächte hinzunehmen musste, und und und. Hinzu kam natürlich der gewaltige Sprung aus dem behüteten Elternhaus in eine völlig unbekannte Großstadt, der aber nicht nur mir sondern auch meinen Eltern und natürlich ganz besonders meiner Mutter sehr schwer fiel. Mit täglichen (!) Telefonaten und Heimfahrten jedes Wochenende versuchten wir dies zumindest etwas erträglicher zu machen.
Es dauerte nur wenige Wochen bis die ersten meiner Kommolitonen das Handtuch warfen und das gerade erst begonnene Studium frustriert abbrachen. In den nächsten Monaten folgten weitere und Stück für Stück musste ich mich vom großen Teil der „Familie“ verabschieden, was mir damals richtig weh tat. Kurzum, nach dem ersten Studiumsjahr waren außer mir nur noch drei oder vier von den damaligen Einsteigern übrig. Viele von den „Abbrechern“ waren sogar weit besser gewesen als ich. Doch auch ich hatte inzwischen große Probleme, mit der erdrückenden Masse an Stoff und dem strengen Punktezwang der Aufgabenzettel klarzukommen. Mein jahrelanger großer Traum hatte einen mächtigen Knacks bekommen, meine Pläne und mein Lebensbild standen plötzlich völlig Kopf! Zum ersten Mal fragte ich mich, wie lange ich den Druck noch aushalten würde ohne am Ende selbst abzubrechen. Hinzu kam, dass nun auch die gegenseitige Unterstützung in der Gruppe (die ja fast nicht mehr vorhanden war) mehr und mehr fehlte und ich somit die Vorlesungs-Aufarbeitung sowie die Aufgabenzettel bald fast alleine schaffen musste. Das blieb nicht ohne Folgen: Schlaflose Nächte, Selbstzweifel, Zukunftssorgen, ein zerbröckelnder Berufstraum! Keine große Überraschung, dass ich die ersten wichtigen Klausuren (teilweise nur knapp) in den Sand setzte. Im Klartext: Wiederholung der Vorlesung, ein Jahr Zeit verloren, Neustart in ganz neuer Gruppe, Arbeitsbeginn wieder bei Null. Nur mit großer Mühe und weiteren Wiederholungen schaffte ich es, in den folgenden 2-3 Jahren den einen oder anderen Schein zu holen. Weitere Wiederholungen bedeutet: Wieder Abschied (jedenfalls was das gemeinsame Studium angeht) von abbrechenden oder an mir vorbeiziehenden, guten Kumpels, weiter wachsende Selbstzweifel, weiterer Zeitverlust und dadurch entstehende Nachteile im Studiumssystem. Oftmals war ich so verzweifelt, dass ich nächtelang kaum noch schlafen konnte. Vor allem machte es mir zu schaffen, dass ich immer wieder auf´s neue (durch Wiederholungen oder einfach schnellere Kommolitonen) aus perfekt zusammenarbeitenden Gruppen „herausgerissen“ wurde, um dann mit neuen Leuten wieder neu anfangen zu müssen. So war ich kaum mal länger als ein bis zwei Semester mit denselben Leuten zusammen und ausgerechnet die besten Freunde (mit denen teils auch heute noch guter Kontakt besteht) gaben wiederum das Studium auf, wechselten nach Aachen o.ä.. Ergebnis: Weiterer Rückzug von sozialen Kontakten, die ja studiumsbedingt ohnehin selten länger als ein Semester bestanden.
Im Frühjahr 2002 hielt meine Psyche dem ständigen, inzwischen seit Jahren andauernden Druck und Sorgenrausch schließlich nicht mehr Stand: Zum ersten Mal fiel ich für zwei bis drei Wochen in eine intensive und mir bis dahin völlig unbekannte, depressive Phase. Über ein Jahr ging es mir danach wieder gut, bevor ich im Oktober 2003 (das Studium ging währendessen weiter) erneut in eine Depressionsphase rutschte. Die zeitlichen Abstände zwischen diesen Phasen wurden nachfolgend von Mal zu Mal kürzer, bis sie im Juli 2005 zu einer quasi dauerhaften und zeitweise von heftigen Angstattacken begleiteten „Dauer-Depression“ mit zahlreichen körperlichen und psychischen Symptomen wurden. Erst jetzt begann ich endlich, etwas zu unternehmen und ärztlichen bzw. psychologischen Rat einzuholen.
Seit Anfang 2006 befinde ich mich jetzt in medikamentöser und therapeutischer Behandlung, die mich inzwischen doch deutlich stabilisiert hat. Heftige Angstattacken sind in den letzten 12 Monaten kaum mehr aufgetreten und meine große Panik, das alles irgendwann nicht mehr auszuhalten, ist auch fast verschwunden. Auch geht es mit dem Studium, zumindest ganz zögerlich, weiter und aufwärts. Im Juni diesen Jahres konnte ich mich dann endlich sogar mal zu einem persönlichen Treffen mit einer unglaublich netten, weiblichen Internetbekanntschaft überwinden. Und was soll ich sagen: Ich habe mich dabei derart verknallt, dass ich in den folgenden Tagen und Wochen fast symptomfrei war. Die schönste Zeit, die ich seit Jahren erleben durfte. Aber, wie es dann leider immer so ist, sah sie das ganze doch etwas anders und schloss alles, was über Freundschaft und gemeinsame Interessen hinausgeht, grundsätzlich aus. Sicherlich ist daran auch die fatale Tatsache mit Schuld, dass ich natürlich bei einem derartigen Treffen, und so eben auch bei diesem Treffen, sehr damit beschäftigt bin, meine Nervosität und Unsicherheit unter Kontrolle zu halten und somit sicherlich nicht so sympathisch rüberkomme, wie ich es z.B. bei meinen Eltern bin. Dennoch war dieses superschöne Treffen, bei dem sich keine einzige meiner vorherigen Befürchtungen bewahrheitet hatte, für mich ein riesengroßer Erfolg, der mir unheimlich viel Hoffnung gemacht hat und von dem ich noch heute zehre.
Tja, und damit sind wir im hier und heute angekommen. ), der das Leben liebt und eigentlich noch so viel damit vor hätte, von so vielem träumt. Der Angstkäfig ist es, der mich weiterhin davon abhält, von dieser eigentlich so unglaublich schönen Welt da draußen. Wenn ich die Kraft nicht selbst aufbringe, wenn Du vorm Bildschirm aus Bonn sie nicht aufbringst, warum schließen wir uns nicht zusammen? Vielleicht reicht die gemeinsame Kraft ja aus, den Angstkäfig zu verbiegen, endlich die andere Welt da draußen Stück für Stück zu erobern.
Nach all dem, was ich in den letzten Jahren erlebt habe, gibt es kaum mehr Probleme, für die ich bei einem anderen Menschen kein Verständnis hätte. Schon immer konnte ich mich sehr gut in andere Menschen hineinversetzen, ihre Schwierigkeiten und Sorgen verstehen. Wer sich mit mir zusammentut, bräuchte in keinster Weise befürchten, nicht ernst genommen oder abgelehnt zu werden.
Zeit, endlich anzufangen! Meldet Euch!
Zum Abschluss noch der Text eines Songs der Popgruppe „a-ha“, der mich sehr zum Nachdenken angeregt hat. Und Euch ja vielleicht auch.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Cosy Prisons (“Gemütliches Gefängnis”)
Take a moment if you dare
Catch yourself a breath of air
There's another life out there
And you should try it
Dead ends hide on every street
Look before you place your feet
Cracks and fissures keep the beat
And you're inside it
Every thought you never dared to think
Every mood you always knew would sink
Every line you spoke out loud in a jest
All the time you took to be your best
Soon forgotten
The sun must never touch your skin
It could expose the dark within
You're paranoid about the paranoia
And panic hits without a sign
You worry about it all the time
Every perfect moment is a hidden warning
Cuz everything makes your pretty head spin
And nagging thoughts are starting to sink in
With everything this way it's better to forget
Than end up in a place with something to regret
Your transatlantic shopping spree
Your health forever guarantees
Organic -bio-life's a breeze in cosy prisons
But hiding out in a salad bar
Isn't gonna get you far
and bottled wine is vinegar tomorrow
Everything around here makes your pretty head spin
Its piling up high and you're back where you begin
Moments you have tried so hard to forget
Are promising to 've been the best one's yet
Everytime you shut your eyes it appears
Everytime you trace your steps back here
None of your convictions have the same old ring
No doubt you found a place for everything
In cosy prisons
So if you're careful
You won't get hurt
But if your careful all the time
Then what's it worth?
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Das Video dazu findet Ihr übrigens hier (allerdings in einer sehr schlechten Tonqualität!!):
13.10.2007 15:52 • • 28.05.2013 x 1 #1
1 Antwort ↓