Ich bin einer derjenigen, die Trevilor/Venlafaxin nun seit über 10 Jahren einnehmen.
Bei meiner ersten Depressiven Phase (Jahr 2000) mit Angstzuständen konnte keiner eine Krankheit diagnostizieren.
Die Phase war nach rund 4 Wochen zuende und ich machte mir keine Sorgen mehr.
Als 4 Jahre später (2004) wieder so eine Phase einsetzte, machte meine Hausärztin eine Diagnose die mein Leben veränderte (Depressionen).
Man war überglücklich, da der Teufel endlich einen Namen hatte und man dagegen angehen konnte.
Es begann die Therapie mit Trevilor in 37,5mg Dosissteigerung nach 15 Tagen auf 75mg.
Doch zu der Dosissteigerung kam es fast gar nicht, denn die 37,5er schlugen innerhalb kürzester Zeit an (10 Tage etwa).
Bis sie anschlugen, machte ich aber die Hölle auf Erden durch.
Brainzaps, schlafstörungen und allgemein hatte ich erstmal das Gefühl das es mir schlechter ging.
Aber allmählich ging es jeden Tag besser.
Ich dosierte also nach 15 Tagen auf die 75mg und von da an hatte ich wieder rund 4 Jahre ruhe.
In der Zeit erlebte ich teilweise nervige Nebenwirkungen aber auch gute Nebenwirkungen!
Die Nervigen:
Zähneknirschen in der Nacht bis zum zerbrechen der unteren vorderen Schneidezähne.
Unreine Haut (Pickelprobleme, Furunkelbildung)
Ab und an Schwindel
Intensive Träume (Teils Grauenvolle)
Ständige Durchfälle
Die Guten:
Die Dauer bis zum Orga. wurde extrem gesteigert. (vorher im Bereich von 5 - 10 min, danach 30 min und mehr)
Gewichtsverlust
Von einer direkten Wirkung habe ich nie etwas gemerkt, ich fühlte mich nicht High oder wie in Watte.. Ich fühlte mich einfach Normal.
Nach 2 Jahren (2006) wollte ich Trevilor nicht mehr.
Ich war genervt von den Entzugserscheinungen die auftreten, selbst wenn man nur ein paar Stunden drüber war.
Ich versuchte sie also auszuschleichen über Monate, doch es ging schief.
Die Reduzierung auf 37,5mg ging da noch relativ Problemlos, aber dann von 37,5 auf etwa 18mg wurden schon härter.
Als dann von 18 auf 0 reduziert wurde, war ich nicht mehr fähig irgendetwas zu tun.
Meine Augen fuhren Karussell, ich konnte keinen Punkt mehr anvisieren, ein gehen wie auf Eiern und mir war dauernd schwindelig.
5 Tage hab ich diesen Zustand ausgehalten, dann kamen Depressive Symptome dazu, das war für mich der Punkt wo ich wieder
die 37,5mg eingeworfen hatte und das Thema als gescheitert verbuchte.
Nach 2 Jahren (2008) setzte eine weitere Depressive Episode ein und mein Arzt hatte die passende Antwort: Bei Ihrem Gewicht müssen wir höher dosieren.
Also rauf auf 150mg was ich sehr gut vertragen habe und innerhalb von 10 - 15 Tagen war die Phase vorbei.
Seltsam Positiv: Mit 150mg hatte ich weniger Nebenwirkungen wie mit 75mg!
Das Zähneknirschen war weg und die Träume waren besser.
Insgesamt ging es mir gut, und weitere 6 Monate später sagte mein Arzt Antidepressiva immer so wenig wie möglich aber soviel wie nötig, deswegen runterdosieren zur erhaltung auf 75mg
Das Zähneknirschen fing wieder an und die schlimmen Träume kamen, trotzdem hatte ich bis 2011 ruhe vor den Depressionen, bis es zu einem erneuten Rückfall oder neuerkrankung kam.
Die Dosis von Trevilor wurde nun auf 225mg hochgezogen (in abständen von wenigen wochen nicht direkt von 75 auf 225).
Dies war wie bei den Phasen zuvor gut verträglich und ich fühlte mich nach wirklich harten 14 Tagen wieder besser.
Die Reduzierung auf 150mg erfolgte dann 6 Monate später und so blieb ich Stabil bis 2015.
Anfang 2014 wurde Trevilor bei mir umgestellt auf Venlafaxin von Neuraxpharm, da Trevilor nicht mehr bezahlt wurde von der Kasse.
Diese Umstellung bereitete keinerlei Probleme, im Gegenteil!
Ich hatte nun keine Durchfälle mehr, sondern nach vielen Jahren der Quälerei ging es mir noch besser!
Der Teufel steckte beim Trevilor im Detail, in der Kapsel ist Lactose verarbeitet, welche bei dem von Neuraxpharm nicht vorhanden war.
Und da ich an einer schweren Lactoseintolleranz leide, war Trevilor nicht so gut geeignet.
Dies wurde aber auch erst festgestellt als ich meinem Arzt sagte, das ich mich mit den Tabletten von Neuraxpharm besser fühlte.
Nun kam das Jahr 2015 und im April bekam ich wieder einen Rückfall trotz 150mg Venlafaxin.
Es ging mir extrem schlecht, ich verlies nicht mehr das Haus, konnte nicht einmal Essen und habe am Tag vielleicht 0,5 Liter Wasser getrunken.
Den ganzen Tag Angstzustände und Panikattacken.
Ich rief meinen Psychiater an und er sagte: Dosierung wieder auf 225mg und Notfallmedikament abholen, zur not abholen lassen.
Die Dosierung auf 225mg hatte scheinbar wieder zum Erfolg geführt, nach rund 10 Tagen konnte ich wieder raus gehen, Auto fahren und Einkaufen.
Weitere paar Tage später ging es mir 100 % gut.
Die 225mg sollten für 6 Monate weitergenommen werden, doch dann kam etwas was ich nicht vorhergesehen hatte.
Ein Haufen Stress, zusammen mit Zukunftsängsten, trieben mich nun vor 6 Tagen wieder in die Depression, trotz 225mg Venlafaxin.
Und nun muss man abwarten wie es weiter geht.
Ich denke ich werde auf den 225mg bleiben und es als Tief bezeichnen, da es bisher nicht heftig ist.
Mein Fazit zu Trevilor/Venlafaxin:
Ich bin gemischter Gefühle dabei, zum einen hat es mir augenscheinlich geholfen, wobei man das auch anders sehen kann.
Meine erste Phase ist komplett ohne Medikamente verschwunden, nach etwa 4 Wochen.
Meine zweite Phase ist nach 3 - 4 Wochen komplett verschwunden mit 37,5/75mg Trevilor.
Meine dritte Phase ist nach 3 - 4 Wochen komplett verschwunden mit 150mg Trevilor.
usw usw usw...
Ich will damit sagen... war das Trevilor nun für die Besserung verantwortlich oder war es sowieso eine abgesteckte Episode die auch ohne Trevilor
verschwunden wäre?
Sicher eine Frage die man nur schwer klären kann.
Bis auf die Entzugserscheinungen ist Trevilor aber scheinbar ein gutes Mittel, denn ich hatte zwischen den Episoden bis zu 4 Jahre ruhe vor
Symptomen oder Angst.
Was noch hervorzuheben ist, sind meine Beobachtungen die ich gemacht habe seitdem ich Trevilor/Venlafaxin nehme:
1. Gefühlskälte.
Meine Mutter ist 2009 gestorben im alter von 52 Jahren unzwar direkt auf Muttertag.
Wir standen mit einem Strauß Blumen und etwas süßem vor dem Krankenhaus wo sie ein paar Tage vorher eingeliefert wurde, doch
wir durften nicht ins Zimmer, sie war gestorben.
Ich habe nicht geweint, konnte nicht weinen, war aber irgendwie tottraurig... Ich kann es nicht beschreiben.
Sie war der wichtigste Mensch in meinem Leben und ich habe sie über alles geliebt, aber ich konnte nicht trauern.
Unter Trevilor nie wieder... Nicht als meine Katze, mein Onkel, mein Cousin gestorben sind... Trauer kenne ich nicht mehr.
2. Nicht betrunken werden.
Ich bin wie man so schön sagt... ein Spielverderber.
Ich mag keinen Alk. und keine anderen Dro..
Aber einmal wurde ich dazu angestachelt und verleitet unter Trevilor und was soll ich sagen?
Nach einer dreiviertel Flasche Jim Beam merkte ich immer noch nichts, außer das meine Beine schwammeriger wurden und meine
Stimme etwas lallte... Aber bewußt habe ich kein Betrunken sein wahrgenommen.
3. Rückfälle trotz Trevilor/Venlafaxin
Das ist ein Punkt den ich zwar irgendwo nachvollziehen kann, aber dann doch nicht ganz kapiere.
Das man unter Jahrelanger Einnahme von 75mg einen Rückfall oder Neuerkrankung erleiden kann, scheint mit schlüssig,
denn der Körper gewöhnt sich an den Wirkstoff, sodass man immer höher gehen muss.
Jetzt ist aber ein Rückfall da wo ich schon bei 225mg Maximaldosis angekommen bin (Laut Packungsbeilage ist bei 225mg schluss wenn man Angststörungen hat).
Ich kann also nun nicht weiter Steigern, nur was macht man dann?
Richtig, das Medikament wechseln.
So wie Trevilor aber beim ausschleichen wirkt, empfehle ich das nur sehr Stabilen Patienten oder niemanden.
Ausschleichen ist laut meinen Erfahrungen sehr sehr schwer.
Jeden den ich kenne mit Depressionen fragt mich wie ich immer wieder da rauskomme..
Die Antwort war bisher: Venlafaxin und ein eiserner Wille.
Aber dazu sagte ich auch immer das, was ich Kindern mit Zig. gerne sage: Fangt damit gar nicht erst an, davon kommt ihr nicht mehr los.
Dies war ein recht langer Bericht, der schildert wie es mir unter Trevilor/Venlafaxin ergangen ist.
Hatte es überhaupt eine Wirkung? Das wird wohl immer eine Frage bleiben
13.09.2015 13:47 • • 20.11.2019 #1