Ich denke, ich kann hier in diesem Faden auch mal gut mitmischen Kurz zu mir:
2019 entwickelte sich bei mir ein Angst- und eine Somatoforme Störung. Meine Hausärztin schwatzte mir Escitalopram auf, wovon ich nach 2 Tagen Einstiegsdosis eine Überdosis hatte (vom Psychiater bestätigt). Danach ging es mir wesentlich schlechter als vorher - meine vorherigen Probleme waren ein Klacks dagegen. Als ich es Ende 2019 gar nicht mehr im Griff hatte, habe ich dem Druck von allen Seiten nachgegeben und eine Ärztin aus dem GPZ (Gemeindepsychiatrisches Zentrum) hat mir Mirtazapin verschrieben. Das nehme ich jetzt seitdem (22,5 mg), geholfen hat es mir aber nicht. Die Ängste und körperlichen Symptome blieben. Eine Dosiserhöhung habe ich verweigert. Mittlerweile bin ich in körperpsychotherapeutischer Behandlung und habe die Ursachen und Verhaltensmuster, die meine Ängste auslösen, identifiziert und arbeite daran. Mir geht es dadurch viel besser. Daher wollte ich das Medikament absetzen, bin aber zweimal krachend gescheitert - ihr werdet das kennen. Die Absetzsymptome sind die Hölle.
Die Ärztin aus dem GPZ glaubt mir das nicht und hält es für die Symptome der eigentlichen Krankheit. Mein Gehirn bräuchte halt die Botenstoffe - jo, ist klar. Sie meinte, wenn ich unbedingt absetzen will, soll ich das tun, aber dann müsse ich halt durch die Symptome durch. Sie ist mir da also keine Hilfe.
Daher mache ich mich jetzt im dritten Anlauf selber auf den Weg. Mein Therapeut begleitet mich da - der darf zwar fachlich nichts dazu sagen, hat aber aus verschiedenen Kliniken einiges an Erfahrungen und kann mir beim Abfangen der Symptome mit Atem- und Wahrnehmungsübungen helfen.
Und hier möchte ich jetzt nochmal einen Aspekt ins Renen schmeißen, den er mir vermittelt hat und der jetzt beim dritten Absetzversuch mein Leitgedanke ist:
Er sagte zu mir: Ich stehe hinter Ihnen und begleite Sie da durch, so lange ich sicher bin, dass es IHR Weg ist, den sie zu IHREN Bedingungen gestalten. Nicht weil es ein Arzt gesagt hat, oder sie etwas im Internet gelesen haben. Sie reagieren sehr feinfühlig auf geringste Reduzierungen - und es ist egal, ob das bei anderen auch so ist oder nicht, ob es pharmakologisch sein kann oder nicht. Sie sind die Referenz, und sie erleben das so. Daher müssen Sie für sich die Parameter festlegen, zu denen Sie absetzen. Sie können sich jeden Tag aufs Neue entscheiden, ob Sie weitermachen, ob Sie wieder einen Dosisschritt zurückgehen, oder ob Sie das Medikament doch in alter Dosierung weiter nehmen. Aber es muss IHRE Entscheidung sein.
Der Leitgedanke für mich ist: Ja, es fühlt sich heute sch. an. Aber dieser Weg ist meine Entscheidung, und ich gehe ihn weiter. Das gibt einen ganz anderen Impact ins System, als wenn ich sage Wegen des Medikamentes geht es mir jetzt sch.. Damit verleihe ich dem Medikament eine Macht über mich und nehme die Opferrolle ein. Im ersten Satz habe ich die Kontrolle. Das mag sich jetzt trivial anhören - ist es aber nicht. Man sollte nie die Macht der Gedanken unterschätzen und was sie im Körper auslösen. Ich kann Euch im Vergleich zu meinen zwei ersten Versuchen sagen - es macht einen Unterschied!
Und noch eins: ein Apotheker hat mir erklärt, dass Mirta eine sehr lange Halbwertzeit hat und sich daher sehr gut zum Schaukeln eignet. Im ersten Absetzschritt hatte ich 1/8 Tablette von den 22,5 mg weggelassen, was ca. 10% der Dosis entsprach. Da hatte ich nach 2 Wochen den Einschlag, der ca. 10 Tage dauerte. Da ging es mir echt beschissen. Danach habe ich mich gefangen und die neue Dosis ca. 2 Monate gehalten.
Jetzt schaukel ich - d. h. einen Tag niedrigere Dosis, einen Tag höhere, einen Tag niedrigere etc. Es hat wieder ca. 2 Wochen gedauert, bis ich was gemerkt habe, aber der Einschlag war nicht so heftig, und ich kann ihn gut abfangen. Ich habe Spitzen in denen es mir schlecht geht, aber auch gute Momente. Das macht es erträglicher. Nach der Stabilisierung füge ich dann einen weiteren Tag mit niedriger Dosis hinzu - also 2 Tage niedriger, 1 Tag höher etc. Dadurch kann ich die Reduktion noch gezielter steuern.
Vielleicht ist hier für den ein oder anderen ein hilfreicher Gedanke dabei.
16.06.2022 09:16 •
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