Hallo Freisein!
Ich habe deine Geschichte aufmerksam gelesen und möchte dir 2 Dinge dazu schreiben.
1. Ich finde es beachtenswert und sehr stark, dass du immer wieder versuchst aufzusatteln, trotz deiner sehr schmerzvollen und traurigen Geschichte. Du erscheinst mir ehrlich, offen und selbstreflektiert und ich wünsche dir viel Kraft für deine Zukunft!
2. möchte ich dir gerne meine Geschichte hier rein kopieren. Das mache ich in keinster Weise um mich in den Mittelpunkt zu spielen oder Mitleid zu erhaschen. Ich habe da mein eigenes Thema und mir wurde hier schon sehr geholfen
Und genau das ist meine Absicht: Ich möchte dir mit meiner Geschichte zeigen, dass du nicht alleine bist und es sich immer wieder lohnt aufzustehen und weiter zu machen.
Vielleicht bist du ja an einem weiteren Austausch interessiert, denn so komisch und blöde es vielleicht klingt und ich dir wünschen würde, dass alles richtig richtig gut wird, ist es dennoch schön, wenn man sieht, dass man nicht als Einziger einen derart schweren Lebens(Leidens)weg hat(te).
Liebe Grüße
Moz
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Hallo Freunde!
Ich würde mein Anliegen/Problem natürlich am liebsten möglichst eloquent und kreativ-emotional-intelligent schildern, aber aus 3 Gründen werde ich es lieber eher kurz und möglichst rational darstellen.
Grund 1: Ich möchte auch mit einem normalen, mittelmäßigen Text von mir klarkommen.
Grund 2: Es geht mir darum, etwas Halt zu bekommen und evtl. neue Sichten und dies ist keine Datingplattform.
Grund 3: Es ist mir einfach zu anstrengend, keine Energie.
Kurz zu meiner Person: Ich bin 35 Jahre alt, leide seit der 2. Klasse (seit 28 Jahren) unter einer Sozialphobie, habe dennoch von 2003-2008 Soziale Arbeit studiert und versuche nun, 8 Jahre später meine staatliche Anerkennung zu bekommen. Seit 17 Jahren bin ich in Therapie. Am 02.06.2014 begab ich mich in eine Entgiftung (Alk.) und bin seitdem trocken ohne Rückfall.
Meine Geschichte in Stichworten und kurzen Sätzen: Aufgewachsen mit 3 Brüdern, Vater Alk., Mutter liebend und fürsorglich.
Ich habe wirklich starkes ADS, richtiges ADS (Kindheit: eigenen Haare ausreißen, Selbstverletzung, Feuer legen, stark hyperaktiv...).
Seit dem Kindergarten wurde ich ausgeschlossen und gedemütigt.
Kurz: Hatte ein Kind Geburtstag und verteilte Süßigkeiten in der Schule, blieb mein Tisch immer leer.
Niemand lud mich zu sich ein, keinerlei Freunde außer meiner Mama, die anderen Kinder versteckten sich vor mir im Dorf. Ließ ich mich nicht abschütteln wurde ich bespuckt und geschlagen.
Hodenhochstand erst mit 12 Jahren operativ behoben. Folglich extreme Entwicklungsverzögerung. Während alle anderen in die Pubertät kamen und sich veränderten tat sich bei mir nichts... (Stimmbruch erst mit 20!, Bartwuchs mit 25, inzwischen normal entwickelt).
Aber der 5. Klasse wurde ich gepeinigt, gedemütigt und missbraucht (ich musste in der Schule tote Mäuse essen, durfte nur reden wenn es mir erlaubt wurde, durfte nicht lächeln und musste mir auf Knien in den Mund spucken lassen), nur um einen Bruchteil von dem zu nennen, was mir angetan wurde.
Auf Grund des nicht behandelten ADS´musste ich das Gymnasium bereits nach dem 1. Halbjahr von Klasse 7 verlassen. Dank meiner überdurchschnittlichen Intelligenz konnte ich auf der Realschule einigermaßen mithalten. Mobbing ging auch dort weiter. Ausgrenzung, Demütigung, Erpressung...
Realschule abgeschlossen, 4 Ausbildungen begonnen, immer entlassen.
Dann Fachoberschule Sozialwesen, erstmals kein Mobbing.
Dennoch auf Grund meiner bis dahin entwickelten, starken Sozialphobie und ADS nicht abgeschlossen.
Mit 18 Jahren erster Arztbesuch bezüglich meiner Probleme.
Therapeutin vermittelt bekommen und Ritalin. Durch das Ritalin konnte ich fortan meiner Intelligenz entsprechend handeln und Leistung bringen. Ich holte mein Abitur (1,7) nach und begann anschließend das Studium und schloss auch dieses erfolgreich ab (1,0 Diplomarbeit).
Das Ritalin erlöste mich von den starken Symptomen des ADS´, konnte aber natürlich meine Vergangenheit, meine Seele und meine Angsstörung nicht heilen.
Das Studium schaffte ich nur, weil ich alles was irgendwie ging schriftlich machte und vor Pflichtreferaten getrunken habe. Während der letzten 3 Semester musste ich Vollzeit Nachtschicht arbeiten um leben und studieren zu können. 2005 fing ich an regelmäßig nach der Schicht mit den Kollegen zu trinken. Innerhalb von 12-18 Monaten entwickelte ich eine Alk.. Zum Schluss minimum 6 Liter B. täglich. Nach dem Studium hielt mich meine Unsicherheit, mein nicht vorhandenes Selbstwertgefühl und die Alk. von dem Versuch ab, die Soziale Arbeit zu meinem Beruf zu machen.
Vor also fast genau 24 Monaten machte ich dann den Entzug und anschließend eine Langzeittherapie bezüglich meiner Sozialphobie.
Mitte 2015 begann ich dann mit den Bewerbungen, vielen Bewerbungen, richtig vielen Bewerbungen...
Denn wer stellt einen 35 Jährigen für das Berufspraktikum ein, wenn es hunderte junge und frisch Studierte gibt?!
Ich will garnicht groß erzählen, wie es dazu gekommen ist, dass mir ein Träger eine Chance gegeben hat, kurz, es waren Zufälle, Fügungen und sehr viel Glück.
Nun noch kurz zu den Symptomen meine sozialen Angststörung: Ich halte mich mit Superlativen eher zurück, aber hier geht es nicht anders: EXTREMES Schwitzen. Meine Kleidung ist Schwimmbadnass (darin steckt das Wort badass, haha), es läuft mir in Bächen von der Stirn über das Gesicht und von allen 10 Fingerkuppen tropft es, so das sich am boden Pfützen bilden. Nichts hat geholfen, nichtmal Spritzen oder hochdosiert Vagantin.
Darüber hinaus erröte ich, bekomme eine zittrige Stimme, Kloß im Hals, immer am Rande zum Weinen, Wortfindungsstörungen und einiges mehr.
Jetzt zu meinem Problem: Ich habe vom Kindergarten an nichts anderes als Ablehnung und seelische Gewalt erfahren, mir wurde bei allen Versuchen beruflich fuß zu fassen immer und wirklich immer gesagt, dass ich nicht dazupasse, schlecht bin, mich verhalte wie ein Kind, den falschen Job gewählt habe...Wirklich überall bin ich rausgeflogen, abgesehen von der Nachtschicht-Bandarbeit, denn da war mein Hirn und mein Verhalten relativ egal, solange ich 9 Stunden jede Nacht Kartons befüllte...
Um die Stelle als Berufspraktikant antreten zu können, sollte ich vorher ein Praktikum machen, um zu zeigen was ich kann und wie belastbar ich bin.
Dieses Praktikum lief 12 Wochen und endete gestern mit einem Abschlussgespräch.
Trotz schlimmster Symptome, wieder auftretendem Suchtdruck und aller Ängste, habe ich diese 12 Wochen durchgezogen und ich dachte wirklich, ich dachte tatsächlich, dass ich es geschafft habe!
Die Kollegen waren nett, ich drückte mich vor Nichts und bekam mehrmals gesagt, dass ich meine Sache gut mache.
Innerhalb dieser 12 Wochen änderte sich erstmal ein ganz klein wenig mein Gefühl und meine Sicht der Welt gegenüber. Ich bin 35! und fühlte mich das allererste Mal in meinem Leben nicht ausgegrenzt und somit total wertlos.
Gestern kam es also zu dem Auswertungsgespräch zwischen meinen zwei Chefinnen und mir. Vorher musste ich einige Bögen bezüglich meiner eigenen Einschätzung ausfüllen. Es waren ca. 80 Punkte bzgl. meines Arbeitsverhaltens, meiner pädagogischen Fähigkeit usw.
Ich konnte mir also selbst Noten (A, B, C ,D oder E, gut bis schlecht) geben. Ich gab mir wohl reflektiert überall mittelmäßige bis gute Noten, A-C und ich rechnete fest damit, dass mich meine Vorgesetzten ebenso gesehen hätten, zumal ich vorher tatsächlich mehrmals gelobt worden bin.
Aber das Gespräch war wie eine endgültige Hinrichtung
Mir wurde gesagt, dass ich 12 Wochen lang keinerlei Eigeninitiative oder Interesse am Unternehmen gezeigt hätte. Ich hätte keine Methodenkentnisse und würde mich lediglich auf FSJ-ler-Ebene (nicht abwertend gemeint, also von mir jetzt) bewegen.
Ich musste so sehr mit den Tränen kämpfen und war drauf und dran auszurasten. Ganz ehrlich, ich überlegte während des Gesprächs, ob es sinnig wäre, völlig auszurasten und mich einmal in meinem Leben zu wehren, aber ich tat es nicht.
Das Gespräch endete so: Man würde mich einstellen, aber ich müsse eigeninitiativ und auf meine Kosten Fortbildungen machen und Kurse belegen, meine Arbeitseinstellung zu 100% ändern und vom ersten Tag an zeigen, dass ich diesen Job wirklich machen will.
Sie haben eine Probezeit von 4 Monaten festgelegt und würden im Team besprechen, ob ich tragbar bin wobei sie ehrlich davon ausgehen, dass das nicht der Fall sein wird.
Kurz: Bis vorgestern dachte ich tatsächlich für 12 Wochen, ich habe es geschafft, ich bin der Hölle nach knapp 30 Jahren der Qual und Erniedrigung entkommen.
Nun ist es Samstagnacht um 01:06Uhr und ich fühle beinahe nichts mehr, nur Leere und totale Erschöpfung.
Wie soll ich da denn Montag mein Berufspraktikum antreten, wenn ich jetzt weiß, dass alles falsch und schlecht und rundum daneben war, was ich dort bislang getan und von mir gezeigt habe?
Ich weiß nun, dass mich dort alle für eine Witzfigur halten und darüber hinaus weiß ich nichtmal wie ich mich ändern muss, was ich genau falsch gemacht habe.
Soll ich dort Montag hingehen und so tun als wäre nichts gewesen und mir ein Buch bezüglich Methoden schnappen, während ich meiner Chefin sage, dass ich mich zu einem Kurs über die Arbeit mit Menschen mit Behinderung angemeldet habe und im nächsten Satz mehr Verantwortung forden und dabei einen wissenschaftlichen Vortrag halten?
Fakt ist, dass ich es in den nächsten 5 Jahren nicht nochmal schaffen werde, die Kraft aufzuwenden um eine solche Stelle zu bekommen.
Meine Therapeutin hat sozusagen mit mir vor knapp 3 Wochen schlussgemacht, weil ich ihr ihre Professionalität abgesprochen habe, weil sie sich nicht zurückmeldete.
Natürlich war das blöd von mir, aber ein Therapeut muss damit nunmal professionell umgehen und nicht wortlos nach 17 Jahren die Therapie beenden.
Leider habe ich keine Freunde und niemanden zum reden, halte aber diesen Druck einfach nicht aus und musste es wenigstens aufschreiben.
Suizid kommt wegen meiner lieben Mama nicht in Frage, sonst wäre ich schön längst weg.
Vielen Dank für´s Lesen.
Über ein paar nette Worte oder Vorschläge würde ich mich sehr freuen.
Peace