Das ist ehrenwert, dass du da für ihn da sein willst. Trotzdem habe ich das Gefühl, du willst dich immer wieder zu bestimmten Dingen zwingen. Irgendwie stehst du ja doch in den Startlöchern für eine Veränderung, vor der du selbst Angst hast.
Gefühle übermannen dich und dann ermahnst du dich wieder dazu, verantwortungsvoll zu handeln. Das ist in meinen Augen ein Spannungsverhältnis, das du bearbeiten kannst.
Vielleicht ist das, was du tust, einfach schon genug. Und du kommst jetzt Schritt für Schritt weiter. Du hast bemerkt, dass deine Affäre eine Tür der Lebendigkeit aufgemacht hat, die dir eine schöne Welt gezeigt hat, die aber nicht auf Dauer so auf sein wird. Du wirst jetzt erarbeiten, das aus dir selbst zu gewinnen.
Ein Psychoanalytiker den ich mag, Peter Schellenbaum, unterscheidet drei Wachstumsstufen in Beziehungen (wobei am Ende eine Mischung aller drei bestehen kann):
1. Verschmelzung
2. Projektion
3. Leitbildspiegelung
Verschmelzung ist dieser erste Eindruck, die Welt, die durch eine andere Person aufgeht, alle Träume, die wir hatten und ihr sehen etc. In dieser bist du mit diesem anderen Mann hängen geblieben.
Die taugt nur als Appetizer, aber nicht als Beziehungsgrundlage.
In der Projektion handeln die Partner dann ihre ganzen Bedürfnisse aus. Die Phase, in der man den Partner kritisiert, in der man ihn langweilig, müde, passiv usw. findet - das ist man alles selbst. Wenn man darüber hinwegkommt, kommt die Beziehung auf eine neue Ebene. Oft trennen sich Paare darin, weil man sich so fremd vorkommt. Oder auch - wenn man ein gemeinsames Leben hatte und wieder an so einen Punkt kommt, wo man neu über die Bedürfnisse nachdenken kann. In dieser Phase bist du immer wieder mit deinem Mann und das ist eigentlich die Chance zur Veränderung.
Und in der Leitbildspiegelung komme ich nach längerer Arbeit an und zwar, wenn ich das Gefühl habe, voll und ganz hinter der anderen Person stehen zu können, sie mit allen ihren Schwächen verstehen zu können und sie für mich irgendwie als so eine Art Leitbild taugt, vielleicht manchmal ein Gefühl, dass ich so sein will wie sie, aber vorallem, dass ich mit und von dieser Person leben lernen kann.
Solange du dir die Welt selber mit verschiedenen Begründungen erklärst, bestimmte Richtwerte im Kopf habend aus denen dann rauspendeln willst, wenn du findest, dass dieser Mann für dich diese und jene Funktion hat, aber du irgendwo auch mal gerne woanders wärst, lebst du immer in so einer Art hochmütiger Unzufriedenheit.
Das Ziel ist doch, zutiefst solidarisch zu sein mit dem, was du bist.
15.06.2018 11:37 •
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