Gestern habe ich mich hier angemeldet und konnte dann aber doch keine Worte finden für meine derzeitige Situation. Ich will es jetzt einmal versuchen.
Ich bin letzte Woche Mittwoch zu einer Aussprache zu meinem Freund gefahren. Wir haben eine Fernbeziehung geführt, 200 km Distanz liegen zwischen uns. Das Jahr davor war schon von Höhen und Tiefen geprägt und im Juli diesen Jahres hat er mir am Telefon gesagt, dass er das alles so nicht mehr kann. Ich fiel in eine Schockstarre, konnte ihm gar nicht richtig antworten. Mir wurde schwindlig, mein Gesicht fing an pelzig zu werden, so als ob ich irgendeine Tablette genommen hätte. Zwei Stunden später schreibt er mir, es tue ihm alle so schrecklich leid, so darf das Ganze nicht enden, er schämt sich für seine Reaktion. Ich konnte ihm gar nicht viel schreiben, der Schock ließ nicht nach. Am Montag hat er mich dann im Büro angerufen, nach einem für mich grausamen einsamen Wochenende. Ich war so unfassbar erleichtert, hätten wir uns zu dem Zeitpunkt gesehen, wir hätten uns umklammert und hätten uns wahrscheinlich nie mehr losgelassen. Ich weiß, dass es ihm auch so ging. Nun muss ich dazu sagen, dass wir über die Jahre jeden Tag Stunden telefoniert haben, wir sind auch abends immer zusammen ins Bett und mit Telefon gemeinsam eingeschlafen. Es war eine wirklich von absoluter Liebe, Hingabe und Zärtlichkeit geprägte Beziehung, obwohl wir uns nicht immer gesehen haben. Eine Woche später habe ihm in einem langen Telefonat gesagt, dass er das so einfach nicht tun kann. Er hätte mir doch einmal etwas sagen können, mir die Chance geben müssen an der Situation etwas zu ändern. Er hat mir in allem zugestimmt. Aber wir haben ab diesem Zeitpunkt ihm zuliebe das Telefonieren mehr als eingeschränkt. Manchmal hat er mich nur mal kurz vom Büro aus für 5 Minuten angerufen, manchmal abends, immer sehr unterschiedlich. Für mich war es grausam, für ihn war es wohl erleichternd.
Dann habe ich den Entschluss gefasst hinzufahren und alles persönlich zu klären. Ich habe ihm gesagt, dass ich sowas nicht am Telefon mache. Also - wie oben geschrieben - bin ich letzte Woche Mittwoch hingefahren. Wir haben uns gesehen und es war einfach wie immer (allerdings ohne dass wir miteinander intim gewesen sind). Wir haben uns umarmt, waren aneinander geklammert. Er hat immer wieder meine Nähe gesucht, seine Füße bei mir gewärmt, sich neben mich gesetzt, angelehnt usw. Das ging so bis Samstag. Wir lagen angekuschelt im Bett, denn das war in diesen Tagen unsere Hauptbeschäftigung. Die Nähe und Wärme zueinander suchen. Und dann sagte er, dass wir über uns reden müssen. Ich muss noch anfügen, dass er in den Tagen nicht über Nacht bei mir geblieben ist. Ich konnte gar nicht reden, ich habe sofort anfangen müssen zu weinen. Ich habe furchtbar geweint, laut und hemmungslos. Zwischendurch hatte ich wirklich Angst ich kippe über. Er hat mich umarmt, gestreichelt, mit mir geweint. Und immer wieder und wieder der Satz: Es tut mir so schrecklich leid. Dasselbe am Sonntag, eine einzige Weinerei von beiden Seiten. Schlimm war dann auch noch: Ich hatte alle seine Geschenke, Bilder, Kleinigkeiten die ich jemals von ihm bekommen habe, Briefe, Karten, alles in einem Karton mitgebracht. Die sind wir in einer Heulpause miteinander durchgegangen und haben uns an die gemeinsamen Zeiten erinnert, zu welchen Zeitpunkten er mir was geschenkt hat. Und dabei war auch der Abendstern, die Kette, das Allerbesonderste Geschenke von ihm an mich. Herr der Ringe ist unsere gemeinsame LEidenschaft. Wir lieben diese Filme. Und ich habe ihm die Kette mitgebracht, mit demselben Spruch im Kästchen, den Arwen zu Aragorn sagte, als sie ihm die Kette schenkte. Er hat mich angeschaut, den Kopf geschüttelt, ich habe genickt und seine Augen haben sich langsam mit tränen gefüllt. Er hat den Zettel noch einmal gelesen und danach konnte ich ihn sicher eine halbe Stunde nicht beruhigen, so hat er geweint. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm etwas Besonderes zurückgeben möchte, etwas, dass ihn immer an mich erinnert.
Als wir uns wieder beruhigt hatten haben wir wieder innig gekuschelt, Haut an Haut, uns bis zum Ersticken umarmt. Geweint, geschlafen, wieder geklammert. Er hat mir tausend Mal gesagt, wie sehr er mich lieb hat, dass ich ihm soviel bedeute und der wichtigste Mensch für ihn bin. Danach hab ich ihn nach Hause gefahren. Meine Heimfahrt stand für den nächsten Tag an. Ich habe ihm auch einmal gesagt, dass ich keinesfalls nur seine Freundin sein kann. Mich würde es töten, wenn er irgendwann einmal eine andere Frau kennenlernen würde. Das wusste er und er hat gesagt, dass er sehr hofft, dass wir doch irgendwann einmal Kontakt haben könnten.
Abends sind wir wieder zusammen am Telefon eingeschlafen, morgens habe ich ihn vom Auto aus angerufen, als ich die Fahrt angetreten habe. Zwischendurch hat er sich noch einmal gemeldet und als ich zu Hause war bin ich völlig zusammengebrochen und habe ihn noch einmal angerufen. Seitdem hatten wir bis Mittwoch gestern sporadisch einmal am Tag kurz telefoniert, gestern nur Kommunikation per Mail, ebenfalls sehr kurz.
Ich leide so sehr, dass ich langsam Angst vor mir selbst bekomme. Ich starre permanent auf mein Handy, im Büro schrecke ich bei jedem Klingeln auf. Meine Brust schnürt sich permanent zu, ich kann nichts essen, an Schlaf ist gar nicht zu denken. Meine Gedanken kreisen permanent und ununterbrochen um das Wochenende, um uns. Das Schlimme ist auch, dass wir an diesem Wochenende überhaupt nicht wirklich gesprochen hatten. Über nichts, wir konnten es nicht. ICh hab zwar ein paar Kleinigkeiten unter Tränen angerissen, aber von ihm kam immer nur wie leid es ihm alles tut. Das heißt, ich habe überhaupt keine Antworten. Nicht warum, nicht wann er sich dazu entschlossen hat. Dauernd denke ich mir, warum ruft er nicht an, wie kann er mich nach all den Jahren nicht vermissen. Ich breche dauernd zu unmöglichen Zeiten in Tränen aus und mittlerweile habe ich rein körperlich einfach keine Kraft mehr. Er hat mir einen Brief versprochen weil er sagt, dass er seine Gefühle so besser ausdrücken kann und mir so besser sagen kann was mit ihm los ist. Aber ich warte und warte und nichts kommt. Gut es ist auch erst ein paar Tage her. Aber wenn ihm das wichtig wäre, wenn ich ihm wichtig wäre, dann wäre der Brief doch schon da oder?
Ich habe Angst, Angst davor, dass ich das alles nicht durchstehen kann. Ich kann nicht abschließen, weil mir Antworten fehlen und ich immer noch der Meinung bin, wir hätten eine Chance verdient.
Ich weiß es geht sicher vielen Menschen so, aber im Moment weiß ich nicht mehr ein noch aus.
Vielen Dank für Eure Hilfe!
23.09.2016 05:55 • • 03.10.2016 x 1 #1