Ich möchte mal ein bisschen herumlästern. Finde ich eigentlich nicht gut, ich rede auch nicht gerne über Dritte/ über Abwesende. Sollte man nicht machen. Aber vielleicht ist das auch ein Abbild meiner Empfindlichkeit. Es geht um Nachbarn, die uns einerseits wenigstens nicht direkt gegenüber wohnen, aber so halb schräg, dass sie leider eben doch zu nah sind. Absolut nervige und rücksichtslos laute Leute. Und übrigens auch ungebildete, unangenehm prollige Menschen. Die ihre Kinder anschreien, wenn sie nicht parieren; bei denen die Kinder sowieso anscheinend nur nebenher laufen; d.h., wenn sie bis 2 Uhr nachts oder noch länger besoffen Partys feiern, laufen die Kinder da oft noch dazwischen, und die sind deutlich jünger als 14. Eigentlich nenne ich diese Nachbarn für mich nur noch Gestalten. Alles das, was ich an Menschen mag, lassen sie vermissen. Sie rauchen, sie saufen Alk., sie belärmen die Nachbarschaft mit prolliger Musik, gerne Marke Ballermann, dass mir allein schon von der Musikauswahl manchmal übel wird. Wobei sie manchmal auch halbwegs gute 80er Jahre Musik hinkriegen, das muss man ihnen lassen. Also vollkommen verkorkst sind sie dann auch wieder nicht.
Was ich eigentlich beschreiben möchte: Kurz nachdem sie eingezogen waren, gab es hier mal ausnahmsweise anderthalb Wochen Winter. Ich meine Schnee und Eisglätte. Es war sogar ein bisschen mehr, die Menge Schnee, wo du beim Gehsteigräumen dich allmählich fragst, wohin mit den zusammengeschippten Ballen. Jedenfalls, bei uns in der Nachbarschaft waren da die meisten Leuten durchaus aktiv, morgens die Wege freizubekommen. Und ehrlich gesagt, war und ist es mir egal, wenn da jemand seiner Pflicht nicht nachkommt, den Schnee wegzuräumen. Ich bin da ja selber manchmal etwas säumig. Der Arbeitsaufwand war vielleicht so, dass man eine Woche lang alle zwei Tage eine halbe Stunde mit der Schaufel ranmusste. Bisschen Salz streuen, kam noch hinzu. Diese neue Nachbarn machten da erst mal nichts und das störte mich wirklich auch nicht. Aber dann nach einer Woche, als die Schneelage schon ein bisschen stark war, also relativ viel Schnee auf den zehn, zwölf Metern Straßenabschnitt, den die haben, plus, hier und da hatten sich wie gesagt die Schneeberge schon gehäuft, dass man kaum noch wusste, wohin mit dem Neuschnee; kamen sie plötzlich mit so einem Schneeräum-Gefährt. Im Prinzip wie so ein kleiner Bagger oder ein großer Rasenmäher zum Fahren, der mit Benzinmotor und einigem Lärm zum Einsatz gebracht wurde.
Manche werden an dieser Stelle sagen: so what, kann ja jeder machen, wenn er das für richtig hält. Mein Gedanke dazu war: Die sind doch nicht ganz dicht. Wer einigermaßen klar ist zwischen den Ohren, holt nicht für ein paar Zentimeter Schnee und zehn Metern Strecke so eine Mehrere-Tausend-Euro-Maschine an den Start. Vermutlich haben die sich das Teil geliehen oder ein Kumpel von denen verkauft die im Großmarkt. Jeder so, wie er will? Ich finde das einfach unangemessen. Und irgendwie seelenlos, anmaßend, proletarisch. Man fällt auch keinen winzigen Baum mit einer Motorsäge. Man holt sich keinen 5-Tonner oder einen Lastenzug, um einen Kühlschrank anzuheben.
Meine Philosophie vom Schneeschippen ist nicht romantisch, sicher nicht, aber ich habe die Auffassung, dass es auch etwas Schönes hat, sich auf den Schnee und das Schippen einzulassen. Hat etwas mit Demut, mit Erdung, mit sich um andere kümmern zu tun. Man kommt an die frische Luft und kriegt den Winter mit. Eigentlich ist es eine Naturerfahrung, etwas sehr Schönes. Und eine Tat auch für andere. Etwas Gemeinschaftliches. Denn ich tue den Nachbarn um mich herum einen Gefallen, wenn ich den Bürgersteig freischippe. Gerade ältere oder gebrechliche Leute kommen mit Schnee und der Gefahr, auszurutschen, nicht immer gut klar. Also ist es auch Rücksichtnahme, wenn man dieser Pflicht (halbwegs) nachkommt. Ist zumindest mein Gefühl.
Vielleicht bin ich auch zu empfindlich, wie eingangs angedeutet, oder einfach auch ein Stückweit intolerant. Diese Gestalten brettern da also mit ihrem Kleinpanzer lang, nachdem sie sich eine Woche zu bequem fühlten, um die Wege wie jeder andere ein wenig freizuschippen.
Seit dem Moment hatte ich einen unguten Eindruck von diesem Volk, und da waren sie noch gar nicht mit lautem Partyfeiern und nächtlicher Ruhestörung aufgefallen. Zudem haben sie eine fette Lampe an ihrem Hauseingang montiert, der mit 200 Watt wie ein Suchscheinwerfer in die Nachbarschaft strahlt. Auch da: Natürlich kein Gedanke von diesen Geistlosen, ob das vielleicht too much ist und die Nachbarn stören könnte. Ich glaube, derlei Leute denken keine Augenblick über ihre eigenen Bedürfnisse hinaus. Einerseits habe ich so meine Schwierigkeiten, Hemmungen, Störenfrieden Bescheid zu geben, dabei ist das natürlich meine Aufgabe, als Erwachsener. Andererseits bin ich es manchmal auch leid, anderen beim Erwachsenwerden helfen zu sollen. Diese Gestalten schnallen es von sich aus, dass es auch noch andere Menschen in ihrer Umgebung gibt. Sie sehen offenkundig nicht ein, wieso man vielleicht auch mal Rücksicht nehmen sollte. Sie sind geistig zu sehr mit sich selbst und ihren trivialen Dingen beschäftigt.
Es ist ein Klischee, aber es passt einfach, dass ich dort nur verfettete, rauchende, geistfremde Leute sehe auf deren Grundstück. Ihre Kinder tun mir leid. Und auch einen kleinen Hund haben sie, der exakt so kläffend und überdreht ist, wie es zu solchen Leuten irgendwie dazugehört. Nun muss ein Hund nicht immer gut erzogen sein, das meine ich nicht. Aber er spiegelt mit seiner Unruhe, seinem jauligen Gebelle, seinem NICHT-Hören (permanent höre ich einen der Menschen zig Mal hinter ihm herrufen), seiner geradezu unappetitlichen NICHT-Liebenswürdigkeit den Egoismus, die Hilflosigkeit (andere sehen zu können), die Engstirnigkeit dieser Nachbarn.
Für die bedeutet Nachbarschaft nichts. Da sind Hopfen und Malz verloren. Dass man mal nett grüßt, ein Auge für den anderen übrig hat, dem Anderen seinen Bereich lässt, hilfsbereit ist, die richtige Mischung aus Distanz und Freundlichkeit findet. Ich verstehe solche Menschen nicht. Aber wenn ich selbst etwas klarer wäre, würde ich mir nicht so viel Ärger machen aus solchen Typen. Die gibt´s es eben auch. Die lesen nie ein Buch, außer vielleicht Krimis, scheren sich nicht um wirklich schöne Dinge, interessieren sich nicht für Bildung, Geistesdinge, Psychologie; damit, was andere Menschen wirklich bewegt und berührt, damit, aus dem Leben mehr zu machen als Fressen, Saufen und Lustgewinn und möglichst viel Bequemlichkeit; aber dass ich so angenervt bin von derlei Bagage, zeigt auch meine Störung in dem Bereich, meinen Mangel an Selbstbewusstsein und Toleranz für, ich schreibe es jetzt mal so hin, wie ich es auch denke, dumme, prätentiöse und von sich selbst maßlos eingenommenen Leute.
06.01.2024 18:37 •
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