Zitat von Regentröpfchen:Hallo,
ich bin mehrere Jahre mit meinem Mann verheiratet. Er hat ganz wenig Freunde und ihm geht es auch nicht schlecht damit.
Hier liegt vielleicht ein erster Hinweis auf seine Reaktion. ER hat kein Problem damit, wenig Freunde zu haben. Dass dies bei Dir anders sein kann, bzw. überhaupt Menschen gibt, die nicht dieser Meinung sind, wird ihm vielleicht gar nicht erst in den Sinn kommen. Also das eigentliche Problem wird entweder nicht als Problem gesehen oder überhaupt erst angenommen. Die Strukturen die sein Welt- und Lebensbild eingenommen haben, reichen im anscheinend vollkommen aus. Änderungen innerhalb dieser Struktur, in der alles seine Ordnung hat, werden von solchen Menschen oftmals als Gefahr gesehen, da sie die Ruhe der Struktur stören, oder den ruhigen Rhythmus des gewohnten auseinanderbringen.
Zitat von Regentröpfchen:Bei mir ist es so, dass ich bisher eigentlich immer alleine war - die Freundschaften haben sich damals nach der Schulzeit aufgelöst.
Nun habe ich aber einige wenige Bekannte/Freunde, mit denen ich Kontakt halten möchte und mich ab und zu treffen möchte (sofern es die Entfernung zulässt). Ich bin so glücklich, dass ich ein paar Leute gefunden habe (männlich weiblich), wo sich vllt. mal eine richtige Freundschaft entwickeln kann. . Nur meinem Mann passt dieses nicht. Vorallem, wenn die Bekannten männlich sind. Aber selbst bei weiblichen Personen fragt er mich ständig aus, will alles wissen usw... Ich fühle mich dabei total eingeengt und habe ständig das Gefühl, dass ich ihm Rechenschaft schuldig bin, was man unternommen hat bzw. über was man geredet hat. Es kommen auch sprüche wie: Mit den dreien kannst Du meinetwegen Kontakt halten, aber wenn es mehr sind, habe ich ein Problem damit...
Im Gegensatz zu vielleicht anderer Meinungen, bin ich für eine klare und von Beginn an deutliche Ansage, denn die Erfahrung zeigt oftmals, dass dieses Häppchenvorgehen mit sanften Handschuhen kontraproduktiv ist. Das hängt natürlich auch von Deinem Selbstbewusstsein und dessen Stärke/Schwäche ab. Dein Mann muss, wenn er nicht möchte, dass Dein (und somit seins/Eures) Leben zur Unzufriedenheit wird, Deine Bedürfnisse erkennen und auch akzeptieren.
Alleine schon die Aussage, dass Du nur mit dem und mit dem nicht weggehen darfst, zeigt eine starke Kontroll- und Machtverhältnismässigkeit auf. Er will bestimmen und somit entzieht er Dir, als mündiges und vor allem freies Individuum, die notwendige Beweglichkeit und Freiheit im Leben.
Du bist kein Eigentum und erst recht nicht sein Besitz. Wenn er ein Problem damit hat, nun,... dann hat ER ein Problem. Was für eine Beziehung ist es, wenn derjenige sein Problem zum Problem des anderen erklärt und auch noch zusätzlich anfängt den anderen zu sanktionieren? Wir leben nicht mehr in den 50ern, wo Frau noch die Erlaubnis zum Arbeiten benötigt, oder sie gefälligst das Bild der Hausfrau zu erfüllen hat, die mit Kuchen und Dr.Oetker Wackelpudding (Schürze nicht vergessen) am Herd steht und den Patriarchen zufriedenzustellen hat.
Es ist ok, wenn Du in darüber in Kenntnis setzt (vorher), was Du unternimmst und max. mit wem. Aber da hört schon die Informationspflicht auf. Mache ihm deutlich klar, dass Du glücklich bist, endlich Freunde zu haben, Dir auch die Auszeit aus dem Alltag nehmen kannst und das Du defintiv nicht über alles rechenschaft schuldig bist. Darüber hinaus setze klare Grenzen, denn auch in einer Ehe gibt es so etwas wie Privatssphäre und Mündigkeit. Lasse Dir also nicht seinen Willen aufzwängen und denke klar auch an Deine Bedürfnisse und die Dinge die DU willst.
Das alles birgt die Gefahr von einem großen Konflikt, dessen Ausgang einfach nicht vorhersehbar ist. Das reicht von Er akzeptiert es und ist ruhig, bis hin zu die Ehe scheitert daran. Alles möglich, nichts muss. Du musst Dir einfach über Deine eigenen Bedürfnisse und Werte klar sein. Fragen die Du Dir in Bezug dessen stellen solltest:
1. Was ist mir dieses Glück der neuen Bekannten wert?
2. Was sind mir meine persönlichen Bedürfnisse wert?
3. Inwieweit erlaube ich es meinem Mann, mir vorzuschreiben was ich zu tun und zu lassen habe?
4. Welche Konsequenzen bin ich bereit zu tragen, wenn er nicht auf meine Bedürfnisse und Wünsche eingeht und weiterhin bestimmt?
Nur mal für den Anfang. Und vielleicht einfach paar Gedanken, die für mich in meinem Leben wichtig sind (vor allem in Bezug auf eine Partnerschaft):
Nur ich als No_Smile kann und muss dieses Leben er-leben; kein anderer kann es tun. Somit sind alle Erfahrungen und Erlebnisse auch für mich von essenzieller Bedeutung. Dem anderen etwas vorzuschreiben ist ein Eingriff in die Mündigkeit und somit das Leben des anderen, dessen Leben ich erstens nicht Leben kann und somit zu verantworten habe, wenn ich mich einmische. Natürlich muss ich in einer Beziehung auch Rücksicht nehmen, es ist ein Geben und Nehmen. Aber bitte auf Augenhöhe, mit Respekt vor der Individualität des Anderen und auch Verständnis. Kommunikation ist das A und O. Dabei gilt es, die Bedürfnisse des anderen zu verstehen und sie nicht gleich im Abgleich mit meinem Weltbild zu verteufeln oder abzulehnen. Ich bin nicht sie. Wie sie fühlt, was es mit ihr macht, etc. werde ich nie erfahren. Ich bin noch nicht mal in der Lage nachzufühlen, wie Dir Schokolade schmeckt. Wie soll ich es dann erst bei Emotionen?
Somit schreibt mir erst mal keiner vor, was ich zu tun und zu lassen habe. Ich entscheide immer nach intensiver Abwägung der Konsequenzen und dies mache ich auch dem anderen gegenüber klar. Im Diskurs kann man schauen, was für eine Lösung dabei herauskommen kann, die beide zufriedenstellt. Ich habe meine Bedürfnisse und mein Partner vielleicht andere. Ok, dann heißt es kommunizieren und den anderen insoweit unterstützen wie es mit der persönlichen Einstellung möglich ist.
Gibt es keinen Ausweg, oder werden die Bedürfnisse so beschnitten, dass ich daran leide, bzw. unglücklich bin, dann muss auch mal eine radikale Entscheidung getroffen werden. Eventuell auch die Trennung. Das mag nicht schön sein, aber über kurz oder lang, würde sich mein Leben in einem Gefängnis von Rücksicht und Unterordnung entwickeln. Das lasse ich nicht zu. Dafür liebe ich mein leben viel zu sehr und noch mal, ich muss es ganz alleine bis zum Ende leben. Wenn ich sterbe, also meine Biografie geschrieben ist, dann wünsche ich viele Kapitel darin, die ICH geschrieben habe. Ich bestimme über mich und lasse nicht zu, dass es andere tun. Die sollen bitte selber zusehen, wie sie ihr Leben in ein glückliches gestalten. Wir werden eh schon zu Genüge durch Gesetze, Moral, etc. in Grenzen verwiesen. Freiheit bedeutet nicht, alles tun zu können was man will, sondern zu wissen was man nicht will.
Zitat von Regentröpfchen:Mir gehts damit sehr schlecht.
Dann handel im Sinne Deiner Bedürfnisse und Deines Wollens. Es ist Dein Leben... oder wie sagte es Nietzsche: Ihr müsst Dichter Eures Lebens sein. Ein Aufruf zur Selbstgestaltung. Nehme ihn wahr.
HG
No_Smile