Hallo alle zusammen.
Ich möchte meine kleine Geschichte mit euch teilen als Teil meines Verarbeitungsprozesses.
Die Geschichte ist etwas länger, daher würde ich euch empfehlen euch einen Cafe zu machen und etwas Zeit dafür zu nehmen. Ich hoffe sehr auf euer Feedback, Meinungen oder auch euren Erfahrungen.
Zuerst meine Familiengeschichte
Alle meine 4 Großeltern sind in den letzten 2 Jahren (2019-2021) verstorben.
Als meine letzte Großmutter starb im Januar, starb kurz darauf die einzige Tochter meiner Schwester im Alter von 2 nach 1,5 Jahren im Koma, sie litt an einem unheilbaren Gen Defekt.
Das alles war vor allem für meine Eltern eine riesige Belastung da sie mit begrenzten finanziellen Mitteln sich um die Beerdigungen und Papierkram kümmern mussten und mehrmals nach Griechenland hin und her fahren mussten, wo alle Großeltern und meine Schwester inzwischen lebt. Meine Schwester ist natürlich komplett traumatisiert, aber sie versucht aktuell nach 7 Monaten wieder ganz ganz langsam ihr Leben in Angriff zu nehmen. Durch die ganze Trauer und Stress erlitt mein Papa (59) eine Herzschwäche von der er sich zum Glück erholte.
Ich spürte und nahm zu diesem Zeitpunkt die Verantwortung an allen finanziell und emotional beizustehen.
Nun zu meiner Geschichte
Kurz nach dem Tod meiner 5 Familienmitglieder war ich am Anfang meiner neuen Beziehung mit Lucia aus Wales. Sie arbeitete hier in Deutschland, wo wir uns über eine Dating App kennengelernt haben.
Sie war 33 ich 37. Wir beide waren zu diesem Zeitpunkt seit etwa 1.5 Jahren Single.
Die Beziehung fühlte sich von Anfang an sehr gut an, es hatte kaum etwas zu tun mit den Beziehungen vorher. Es war entspannt, sicher und weil das sicher auch eine Rolle spielt, wir hatten tollen Sex, was selten vorkommt das 2 Menschen exakt das selbe mögen. Ich bin durchaus kritisch und misstrauisch was Beziehungen angeht und sehr vorsichtig mit Gefühlen, aber hier hat es schlicht gepasst. Wir haben uns in ihren Worten wie King Queen behandelt, ich und sie konnten genauso sein wie wir einfach sind, kein Tag verging ohne süße Worte, wir haben regelmäßig beim anderen geschlafen, wir waren wandern, haben neue Sachen unternommen und haben uns kleine Alltagsgeschenke gemacht wie (so banal es klingt) eine Wasserflasche aus Metall für mich da ich zu wenig Wasser getrunken habe.
Ende Mai waren wir zum ersten Mal im Urlaub in Griechenland. 1 Woche vorher fanden wir heraus dass Sie schwanger ist (ja trotz erst 6 Monaten Partnerschaft). Es war nicht geplant aber wir haben es darauf ankommen lassen. Und trotz Bedenken dachten wir wenn wir uns dafür entscheiden dass wir es als erwachsene Menschen packen werden. Wir waren halt verliebt. Ich fühlte mich zum ersten mal in meinem Leben bereit, nahm die Verantwortung voller Freude an.
So haben wir dann unseren Urlaub so klischeehaft es auch klingen mag zu "dritt" verbracht voller Romantik und schönen Momenten. Und erneut ich bin was das angeht sehr misstrauisch und überstürzte früher nie etwas. Das hat sich aber einfach alles richtig angefühlt.
Klingt alles wunderbar oder?
Jetzt beginnt der traurige Teil
4 Tage nach unserer Rückkehr hatte Sie eine Fehlgeburt nach einigen Tagen mit erheblichen Blutungen. Wir hatten zwar darüber gesprochen ob es nicht zu früh ist, sie wollte dass ich ihre Eltern kennenlernen, sie nach England begleite und ihre Freunde kennenlerne damit wir unserer Beziehung richtig vertiefen. Dennoch gewöhnten wir uns immer mehr an den Gedanken Eltern zu werden.
Dennoch traf uns beide die Fehlgeburt, ihre Freundin war im ähnlichen Stadium schwanger und der Vergleich machte sie fertig, und ich dachte nach dem Tod meiner Nichte: Wieso hat meine Familie nicht endlich das Glück von Nachwuchs, nachdem meine Eltern schon ihre einzige Enkelin verloren hatten?
5 Tage später flog sie wie geplant zu ihren Eltern nach England zum 70. Ihrer Mama, wie wollte 3 Wochen bleiben. Sie lud mich ein im September mitzufliegen um endlich ihre Heimat ihre Familie kennenzulernen, und es ist ausserdem nur 1 Stunde mit dem Flugzeug entfernt.
Ich dachte: ok, nachdem wir perfekte 7 Monate hatten mit dem Down wegen der Fehlgeburt, gehen wir trotzdem weiterhin gemeinsam den Weg einer ernsthaften Weg. Ist es das vielleicht endlich? Die eine Partnerschaft, die letzte, die richtige Frau? Wenn man 37 ist und einige Partnerschaften hinter sich hatte, denkt man nun langsam das Gefühl dafür zu bekommen was endlich passt. Die Strasse der Zukunft baute sich in meinen Gedanken immer mehr auf, die Zukunft war greifbar.
Unser Kontakt als Sie in England war war weiterhin sehr liebevoll, sehr leidenschaftlich, mit Humor, Vermissen, täglichen guten Morgen und gute Nacht auf griechisch oder englisch. Alles war perfekt.
4 Tage später erleidet ihr Ex im Ausland einen Herzinfarkt, fällt ins Koma und stirbt einige Tage später an seiner jahrelangen Herzschwäche.
Sie waren 9,5 Jahre zusammen, hatten seit 5 Jahren ein Haus zusammen in dem Sie gelebt haben und da Sie beide im Ausland arbeiteten haben Sie es vermietet.
Es führte zum ersten Bruch "ich kann im Moment nicht mit dir zusammen sein, es ist unfair dir gegenüber mit all diesen Gefühlen die über einen einstürzen. Er war so ein guter Mensch"
Er hatte sich von ihr getrennt da er schwere Depressionen hatte und sie im letzten Jahr quasi auf sich alleine gestellt war. Er versuchte sie jedoch danach zurück zu gewinnen, auch um Weihnachten herum, knapp 2 Wochen nach unserem Kennenlernen, Sie wies ihn jedoch zurück da Sie (ihre Aussage) mit mir glücklich war und ihr Leben weiterführen wollte.
Nun musste Sie mit all diesen Gefühlen kämpfen die hochkamen und der "Schuld" ob Sie ihn hätte retten können. "Hätte ich an Weihnachten gewusst dass er stirbt hätte ich unsere Beziehung nicht begonnen".
Nun war Sie in England, ich in Deutschland, seine Eltern in ihrem unfassbaren Schmerz behandelten Sie weiterhin wie die Schwiegertochter und baten Sie auf der Beerdigung die Trauerrede zu halten.
Zu Beginn hatten wir noch Kontakt, sie entschuldige sich immer und immer wieder, sie wünschte sich das alles wäre nicht geschehen und sie könnte auf meiner Couch liegen und meine Hand haltend einschlafen. Es gab auch weiterhin süße Worte, Komplimente, auch vereinzelte "i love you".
Ich erwiderte: Liebe bedeutet nicht nur gute Zeiten, sondern auch in harten Zeiten zueinander stehen. Ich lasse dich nicht alleine, ich bin hier für dich was auch immer passiert. Und selbst wenn du über ihn weinen musst, du kannst und darfst es mit mir am Telefon. Ich stehe zu dir!
Ich bot ihr an rüberzufliegen, da aber seine Familie und auch die Umgebung in 10 Jahren Partnerschaft so sehr involviert war, wäre es keine gute Ideeok na gut! Akzeptiert.
Als Sie in England war, hatten wir beide Geburtstag und sie machte mir eines der besten Geschenke aller Zeiten, sie überzeugte einen Schauspieler meiner Lieblingsserie ein Video für mich aufzunehmen wo er uns beide erwähnte. Ich war (leider) begeistert.
Aber gesehen haben wir uns immer noch nicht.
Ich hatte inzwischen 13kg in 7 Wochen abgenommen weil ich schlicht keinen Hunger hatte und voller Stresshormone war, das war aber dennoch ein kleiner Lichtblick da ich mein Leben lang mit Übergewicht gekämpft hatte und nun nah am Normalgewicht bin.
Meine Schwester, die ihr Kind beerdigen musste, warnte mich vor: Warte die Beerdigung ab, danach wird es ihr schlechter gehen. Und genau das war der Fall. Bis zur Beerdigung gab es immer noch eine Art von Kontakt ihrerseits, mit süßen Worten und Interesse.
Ich war inzwischen in Griechenland da ich nach wochenlangem Weinen und kaum was Essen am Ende meiner Kräfte war und feststellen musste: Am Ende sind es deine Mutter und deine Schwester die dich in solchen Sachen verstehen, selten Freunde.
Mein Problem war: ich wollte sie in ihrer Trauer nicht noch weiter belasten. Ich erwähnte dass ich auch mit der Fehlgeburt und der Distanz zu ihr zu kämpfen hatte, aber ich wollte für mich selbst stark sein.
Und wie zu erwarten: Nach der Beerdigung fiel der Kontakt gen Null.
Während all dieser Zeit war mein einziger Gedanke: Ich möchte dich endlich wiedersehen, und ich habe wirklich versucht mich zusammenzureissen. Ich habe das Glück dass ich meine eigene Firma habe und dadurch nicht täglich gezwungen war mich zur Arbeit zu quälen.
Sie konnte HomeOffice machen umgeben von Familie und Freunden, ich war Abends immer alleine und von meinen Gedanken regelrecht terrorisiert.
Schlussendlich haben wir uns nach 3 Monaten und 3-4 Wochen totaler Stille wiedergesehen, als Sie nach Deutschland zurückkam um ihren Arbeitsvertrag zu erfüllen und ihre Sachen zu packen, Mitte Oktober ist Sie weg.
Wir hatten ein kurzes Gespräch dass hart war, aber zumindest eine erste Konfrontation. Überraschenderweise lud sie mich 2 Tage später ein am Wochenende mit ihr einen Film zu schauen und was zu essen. Beim Treffen spürte ich erneut diese Distanz. Ich hatte Herzrasen, aber erstaunlicherweise spürte ich als ich bei ihr. nichts. Es war wie nervös zu seinem vor einem Fussballspiel sein, aber wenn der Schiri pfeift, spielste halt.
Es war war so eigenartig nach 3 Monaten den Menschen wiederzusehen in seiner Trauer nachdem man selbst 3 Horrormonate hinter sich hatte, den man bei der Verabschiedung im Mai noch so liebevoll küsste und wo die Welt in Ordnung war. Aber die Entscheidung ist für Sie gefallen, Sie geht zurück um sich einfach bei ihrer Familie wohler zu fühlen als quasi "alleine" hier.
Meine Gedanken
All das hat zu schnell Fahrt aufgenommen. Wir sagten uns nach einigen Monaten schon ICH LIEBE DICH, die heraufbeschworene Schwangerschaft.
Sie hatte England verlassen um der Trennung zu entfliehen. Aus einer Beziehung wo Sie alles versucht hat ihm zu helfen und trotzdem verlassen wurde. Als er sie dann 1 Jahr lang wiederwollte baute Sie (ihre Worte) eine Mauer des Stolzes auf da Sie verletzt worden ist. Ob das nun richtig ist und man dann einem Mann ein Jahr lang NEIN sagt und dann eine neue Partnerschaft beginnt sei mal für Psychologen dahingestellt.
Ich akzeptiere dass er im Moment das Zentrum ihrer Gedanken und ihrer Trauer ist. Sie ist auch in ständigem Kontakt mit seiner Familien, und vor allem seine Eltern, die mir aus tiefstem Herzen leidtun. Offen gesagt, 9.5 Jahre Beziehung verfliegen auch nicht so leicht.
Nun kehrt alles an die Oberfläche zurück, die Gespräche die nicht mehr geführt werden konnte, die Schuld ob man seinen Tod hätte verhindern können.
Und etwas womit ich zu kämpfen habe aus männlicher Sicht: Sie hat alles getan ihm zu helfen, er verlässt sie, sie fühlt den Schmerz dass 9.5 Jahre Beziehung weggeworfen sind. Sie hat ihm 1 Jahr die Möglichkeit der Wiedervereinigung verwehrt und hat sich für mich entscheiden. Aber was ist mit uns nun? Vielleicht ist das etwas das man nur versteht wenn man es selber durchmacht.
In Griechenland hatte ich Sie mal gefragt: Du hast gesagt die Beziehung ging zu Ende weil er krank ist, was ist wenn er nicht krank wäre? Aber er ist es! Hier hatte ich einen Fehler gemacht, ich hätte genauer präziser fragen müssen um meine eigenen Fragen auszuräumen.
Leute wenn ihr was wissen wolltFRAGT! Lasst nichts im Nebel weil ihr Angst vor einem Streit oder einer Konfrontation habt!
Noch ein durchaus sehr egoistischer Gedanke das gebe ich zu:
Wenn man sich umsieht, Bücher liest, Psychologen auf YouTube hört ist der Fokus nur darauf dem trauernden Menschen zu helfen. Verzeiht es mir, ich sehe das etwas kritischer. Man muss bedenken dass dieser Mensch auch in einer sozialen Verantwortung/Geflecht steht. Niemand scheint sich zu interessieren wie es dem Partner geht der auch leidet. Es wird ein Bild geschaffen dass nur der der trauert auch trauern darf, der z.B. Partner spielt keine Rolle mehr.
Auch finde ich es interessant, dass es kaum darum geht wie der Mann der sich auf ein Baby freut unter einer Fehlgeburt leidet. Dazu habe ich mir Studien durchgelesen dass Männer die das Kind wollen und verliebt sind emotional genauso und gar in Einzelfällen länger leiden, da aber kaum einer wirklich nachfragt.
Meine Fragen an euch
Die dümmste Frage vorweg: Gibt es Hoffnung?
Hat sie unseren "Weg" vergessen, und den kleinen Herzschlag in ihrem Bauch? Oder hat sie das parallel dazu noch härter erwischt bzw wird es irgendwann wiederkommen?
War ich total naiv und doof? Ich war die letzten 15 Jahre kein Unschuldslamm, aber bei ihr merkte ich wie ich mich total veränderte, ich habe total vertraut, war treu, habe immer die Wahrheit gesagt.war ich blind?
Wie es mir jetzt geht meine Verarbeitung
Zu allererst möchte ich euch allen Jordan Peterson empfehlen. Seine Bücher und seine Videos haben mir geholfen zumindest auf den Knien zu sein und nicht komplett umzufallen. Sie ersetzen sicherlich keine Therapie, aber sie geben einen Halt der wissenschaftlich fundiert ist und dir ein Ziel vor Augen führt.
Er hat mich dazu angeregt ein Spendenprojekt zu starten um Griechenland zumindest etwas mit den Waldbränden zu unterstützen. Wie er so treffend zitiert: Wer ein wofür im Leben hat, der kann fast jedes wie ertragen Nietzsche.
Mein Tipp an alle die trauern, Liebeskummer oder ähnliches haben: Nehmt euch ein gutes Ziel vor, versucht eurer Familie zu helfen, seht wo ihr euer eigenes Leben auch nur in kleinen marginalen Zügen verbessern könnt, unabhängig vom Grund des Schmerzes. Nutzt den verdammten Schmerz um Energie zu gewinnen. Und bleibt fern von Dro. oder Alk., bitte glaubt mir das macht alles nur noch viel, viel schlimmer!
Ich habe natürlich weiterhin Schlafprobleme, ich wache immer vor dem Wecker auf, teilweise nur mit 5 Stunden Schlaf. Mein Hunger ist stark reduziert, aber ich versuche Protein und reich an Fett zu frühstücken (3 Eier und Fetakäse) da dies nachweislich bei der Serotonin Produktion hilft, zwingt euch zum Essen, zumindest morgens! Und wenig Brot!
Dem alten Partner auf sozialen Medien folgen ist immer, immer eine schlechte Idee. Als Sie nach dem Tag der Beerdigung ein Foto mit ihm gepostet hat (wie andere aus seiner Familie) war ich wie gelähmt, das war der Punkt wo ich beschloss zu meiner Familie zu fliegen, weil ich mich sprichwörtlich nicht mehr rühren konnte.
Nach unserem persönlichen Gespräch war es obwohl die Distanz spürbar und die Hoffnung nahezu bei Null ist wie eine Art Erleichterung um nun vernünftigen "Liebeskummer" haben zu können um zu verarbeiten. Auch wenn diese kleine Hoffnung wie eine kleine lästige Zecke irgendwo im Kopf sitzt. Bitte Leute, gewährt dem Ex immer ein offenes Gespräch egal wie brutal oder gemein es ist, solange es ehrlich ist. Das hilft dem gegenüber immer, lasst ihn/sie nicht ewig im dunklen Nebel rumstochern und den Verstanden verlieren! Habt Anstand!
Auch wenn wir beim letzten Gespräch einen Film zusammen gesehen haben und teilweise Haut an haut auf der Couch lagen (dumme Idee), akzeptiere ich (oder versuche es) die Distanz, die Mauer um Sie herum und dass Sie Deutschland verlässt. Auch wenn der Ego-part in mir sagt "Ich hätte anders reagiert!"
.
Meine positiven Effekte des Schmerzes
Während der Partnerschaft spürte ich immer mehr Energie endlich mein Leben zu verändern, ich habe das *beep* sein lassen, strukturiere meine Firma so um dass ich nicht mehr 6 Tage die Woche arbeiten muss (bin jetzt dabei!)
Ich wollte immer etwas Wohltätiges tun (bin jetzt dabei!)
Die Verbundenheit innerhalb meiner Familie ist so stark wie noch nie nachdem was wir alles zusammen erlebt haben.
Ich wollte schon immer abnehmen und bin nun von 102kg auf 86kg runter bei 1.76m
So absurd das auch klingt, ich habe durch meinen eigenen Schmerz Empathie entwickelt die ich vorher so kaum verspürte.
So das war meine etwas lange Geschichte, ich habe bestimmt was vergessen, aber ich würde mich über ein Feedback freuen. Es hilft seine eigene Geschichte zu teilen, speziell mit Menschen hier die auch eine Art von Schmerz, Trauer oder ähnliches durchmachen.
Ich freue mich auf eure Reaktionen und hoffe eine nette Diskussion!
Ich möchte meine kleine Geschichte mit euch teilen als Teil meines Verarbeitungsprozesses.
Die Geschichte ist etwas länger, daher würde ich euch empfehlen euch einen Cafe zu machen und etwas Zeit dafür zu nehmen. Ich hoffe sehr auf euer Feedback, Meinungen oder auch euren Erfahrungen.
Zuerst meine Familiengeschichte
Alle meine 4 Großeltern sind in den letzten 2 Jahren (2019-2021) verstorben.
Als meine letzte Großmutter starb im Januar, starb kurz darauf die einzige Tochter meiner Schwester im Alter von 2 nach 1,5 Jahren im Koma, sie litt an einem unheilbaren Gen Defekt.
Das alles war vor allem für meine Eltern eine riesige Belastung da sie mit begrenzten finanziellen Mitteln sich um die Beerdigungen und Papierkram kümmern mussten und mehrmals nach Griechenland hin und her fahren mussten, wo alle Großeltern und meine Schwester inzwischen lebt. Meine Schwester ist natürlich komplett traumatisiert, aber sie versucht aktuell nach 7 Monaten wieder ganz ganz langsam ihr Leben in Angriff zu nehmen. Durch die ganze Trauer und Stress erlitt mein Papa (59) eine Herzschwäche von der er sich zum Glück erholte.
Ich spürte und nahm zu diesem Zeitpunkt die Verantwortung an allen finanziell und emotional beizustehen.
Nun zu meiner Geschichte
Kurz nach dem Tod meiner 5 Familienmitglieder war ich am Anfang meiner neuen Beziehung mit Lucia aus Wales. Sie arbeitete hier in Deutschland, wo wir uns über eine Dating App kennengelernt haben.
Sie war 33 ich 37. Wir beide waren zu diesem Zeitpunkt seit etwa 1.5 Jahren Single.
Die Beziehung fühlte sich von Anfang an sehr gut an, es hatte kaum etwas zu tun mit den Beziehungen vorher. Es war entspannt, sicher und weil das sicher auch eine Rolle spielt, wir hatten tollen Sex, was selten vorkommt das 2 Menschen exakt das selbe mögen. Ich bin durchaus kritisch und misstrauisch was Beziehungen angeht und sehr vorsichtig mit Gefühlen, aber hier hat es schlicht gepasst. Wir haben uns in ihren Worten wie King Queen behandelt, ich und sie konnten genauso sein wie wir einfach sind, kein Tag verging ohne süße Worte, wir haben regelmäßig beim anderen geschlafen, wir waren wandern, haben neue Sachen unternommen und haben uns kleine Alltagsgeschenke gemacht wie (so banal es klingt) eine Wasserflasche aus Metall für mich da ich zu wenig Wasser getrunken habe.
Ende Mai waren wir zum ersten Mal im Urlaub in Griechenland. 1 Woche vorher fanden wir heraus dass Sie schwanger ist (ja trotz erst 6 Monaten Partnerschaft). Es war nicht geplant aber wir haben es darauf ankommen lassen. Und trotz Bedenken dachten wir wenn wir uns dafür entscheiden dass wir es als erwachsene Menschen packen werden. Wir waren halt verliebt. Ich fühlte mich zum ersten mal in meinem Leben bereit, nahm die Verantwortung voller Freude an.
So haben wir dann unseren Urlaub so klischeehaft es auch klingen mag zu "dritt" verbracht voller Romantik und schönen Momenten. Und erneut ich bin was das angeht sehr misstrauisch und überstürzte früher nie etwas. Das hat sich aber einfach alles richtig angefühlt.
Klingt alles wunderbar oder?
Jetzt beginnt der traurige Teil
4 Tage nach unserer Rückkehr hatte Sie eine Fehlgeburt nach einigen Tagen mit erheblichen Blutungen. Wir hatten zwar darüber gesprochen ob es nicht zu früh ist, sie wollte dass ich ihre Eltern kennenlernen, sie nach England begleite und ihre Freunde kennenlerne damit wir unserer Beziehung richtig vertiefen. Dennoch gewöhnten wir uns immer mehr an den Gedanken Eltern zu werden.
Dennoch traf uns beide die Fehlgeburt, ihre Freundin war im ähnlichen Stadium schwanger und der Vergleich machte sie fertig, und ich dachte nach dem Tod meiner Nichte: Wieso hat meine Familie nicht endlich das Glück von Nachwuchs, nachdem meine Eltern schon ihre einzige Enkelin verloren hatten?
5 Tage später flog sie wie geplant zu ihren Eltern nach England zum 70. Ihrer Mama, wie wollte 3 Wochen bleiben. Sie lud mich ein im September mitzufliegen um endlich ihre Heimat ihre Familie kennenzulernen, und es ist ausserdem nur 1 Stunde mit dem Flugzeug entfernt.
Ich dachte: ok, nachdem wir perfekte 7 Monate hatten mit dem Down wegen der Fehlgeburt, gehen wir trotzdem weiterhin gemeinsam den Weg einer ernsthaften Weg. Ist es das vielleicht endlich? Die eine Partnerschaft, die letzte, die richtige Frau? Wenn man 37 ist und einige Partnerschaften hinter sich hatte, denkt man nun langsam das Gefühl dafür zu bekommen was endlich passt. Die Strasse der Zukunft baute sich in meinen Gedanken immer mehr auf, die Zukunft war greifbar.
Unser Kontakt als Sie in England war war weiterhin sehr liebevoll, sehr leidenschaftlich, mit Humor, Vermissen, täglichen guten Morgen und gute Nacht auf griechisch oder englisch. Alles war perfekt.
4 Tage später erleidet ihr Ex im Ausland einen Herzinfarkt, fällt ins Koma und stirbt einige Tage später an seiner jahrelangen Herzschwäche.
Sie waren 9,5 Jahre zusammen, hatten seit 5 Jahren ein Haus zusammen in dem Sie gelebt haben und da Sie beide im Ausland arbeiteten haben Sie es vermietet.
Es führte zum ersten Bruch "ich kann im Moment nicht mit dir zusammen sein, es ist unfair dir gegenüber mit all diesen Gefühlen die über einen einstürzen. Er war so ein guter Mensch"
Er hatte sich von ihr getrennt da er schwere Depressionen hatte und sie im letzten Jahr quasi auf sich alleine gestellt war. Er versuchte sie jedoch danach zurück zu gewinnen, auch um Weihnachten herum, knapp 2 Wochen nach unserem Kennenlernen, Sie wies ihn jedoch zurück da Sie (ihre Aussage) mit mir glücklich war und ihr Leben weiterführen wollte.
Nun musste Sie mit all diesen Gefühlen kämpfen die hochkamen und der "Schuld" ob Sie ihn hätte retten können. "Hätte ich an Weihnachten gewusst dass er stirbt hätte ich unsere Beziehung nicht begonnen".
Nun war Sie in England, ich in Deutschland, seine Eltern in ihrem unfassbaren Schmerz behandelten Sie weiterhin wie die Schwiegertochter und baten Sie auf der Beerdigung die Trauerrede zu halten.
Zu Beginn hatten wir noch Kontakt, sie entschuldige sich immer und immer wieder, sie wünschte sich das alles wäre nicht geschehen und sie könnte auf meiner Couch liegen und meine Hand haltend einschlafen. Es gab auch weiterhin süße Worte, Komplimente, auch vereinzelte "i love you".
Ich erwiderte: Liebe bedeutet nicht nur gute Zeiten, sondern auch in harten Zeiten zueinander stehen. Ich lasse dich nicht alleine, ich bin hier für dich was auch immer passiert. Und selbst wenn du über ihn weinen musst, du kannst und darfst es mit mir am Telefon. Ich stehe zu dir!
Ich bot ihr an rüberzufliegen, da aber seine Familie und auch die Umgebung in 10 Jahren Partnerschaft so sehr involviert war, wäre es keine gute Ideeok na gut! Akzeptiert.
Als Sie in England war, hatten wir beide Geburtstag und sie machte mir eines der besten Geschenke aller Zeiten, sie überzeugte einen Schauspieler meiner Lieblingsserie ein Video für mich aufzunehmen wo er uns beide erwähnte. Ich war (leider) begeistert.
Aber gesehen haben wir uns immer noch nicht.
Ich hatte inzwischen 13kg in 7 Wochen abgenommen weil ich schlicht keinen Hunger hatte und voller Stresshormone war, das war aber dennoch ein kleiner Lichtblick da ich mein Leben lang mit Übergewicht gekämpft hatte und nun nah am Normalgewicht bin.
Meine Schwester, die ihr Kind beerdigen musste, warnte mich vor: Warte die Beerdigung ab, danach wird es ihr schlechter gehen. Und genau das war der Fall. Bis zur Beerdigung gab es immer noch eine Art von Kontakt ihrerseits, mit süßen Worten und Interesse.
Ich war inzwischen in Griechenland da ich nach wochenlangem Weinen und kaum was Essen am Ende meiner Kräfte war und feststellen musste: Am Ende sind es deine Mutter und deine Schwester die dich in solchen Sachen verstehen, selten Freunde.
Mein Problem war: ich wollte sie in ihrer Trauer nicht noch weiter belasten. Ich erwähnte dass ich auch mit der Fehlgeburt und der Distanz zu ihr zu kämpfen hatte, aber ich wollte für mich selbst stark sein.
Und wie zu erwarten: Nach der Beerdigung fiel der Kontakt gen Null.
Während all dieser Zeit war mein einziger Gedanke: Ich möchte dich endlich wiedersehen, und ich habe wirklich versucht mich zusammenzureissen. Ich habe das Glück dass ich meine eigene Firma habe und dadurch nicht täglich gezwungen war mich zur Arbeit zu quälen.
Sie konnte HomeOffice machen umgeben von Familie und Freunden, ich war Abends immer alleine und von meinen Gedanken regelrecht terrorisiert.
Schlussendlich haben wir uns nach 3 Monaten und 3-4 Wochen totaler Stille wiedergesehen, als Sie nach Deutschland zurückkam um ihren Arbeitsvertrag zu erfüllen und ihre Sachen zu packen, Mitte Oktober ist Sie weg.
Wir hatten ein kurzes Gespräch dass hart war, aber zumindest eine erste Konfrontation. Überraschenderweise lud sie mich 2 Tage später ein am Wochenende mit ihr einen Film zu schauen und was zu essen. Beim Treffen spürte ich erneut diese Distanz. Ich hatte Herzrasen, aber erstaunlicherweise spürte ich als ich bei ihr. nichts. Es war wie nervös zu seinem vor einem Fussballspiel sein, aber wenn der Schiri pfeift, spielste halt.
Es war war so eigenartig nach 3 Monaten den Menschen wiederzusehen in seiner Trauer nachdem man selbst 3 Horrormonate hinter sich hatte, den man bei der Verabschiedung im Mai noch so liebevoll küsste und wo die Welt in Ordnung war. Aber die Entscheidung ist für Sie gefallen, Sie geht zurück um sich einfach bei ihrer Familie wohler zu fühlen als quasi "alleine" hier.
Meine Gedanken
All das hat zu schnell Fahrt aufgenommen. Wir sagten uns nach einigen Monaten schon ICH LIEBE DICH, die heraufbeschworene Schwangerschaft.
Sie hatte England verlassen um der Trennung zu entfliehen. Aus einer Beziehung wo Sie alles versucht hat ihm zu helfen und trotzdem verlassen wurde. Als er sie dann 1 Jahr lang wiederwollte baute Sie (ihre Worte) eine Mauer des Stolzes auf da Sie verletzt worden ist. Ob das nun richtig ist und man dann einem Mann ein Jahr lang NEIN sagt und dann eine neue Partnerschaft beginnt sei mal für Psychologen dahingestellt.
Ich akzeptiere dass er im Moment das Zentrum ihrer Gedanken und ihrer Trauer ist. Sie ist auch in ständigem Kontakt mit seiner Familien, und vor allem seine Eltern, die mir aus tiefstem Herzen leidtun. Offen gesagt, 9.5 Jahre Beziehung verfliegen auch nicht so leicht.
Nun kehrt alles an die Oberfläche zurück, die Gespräche die nicht mehr geführt werden konnte, die Schuld ob man seinen Tod hätte verhindern können.
Und etwas womit ich zu kämpfen habe aus männlicher Sicht: Sie hat alles getan ihm zu helfen, er verlässt sie, sie fühlt den Schmerz dass 9.5 Jahre Beziehung weggeworfen sind. Sie hat ihm 1 Jahr die Möglichkeit der Wiedervereinigung verwehrt und hat sich für mich entscheiden. Aber was ist mit uns nun? Vielleicht ist das etwas das man nur versteht wenn man es selber durchmacht.
In Griechenland hatte ich Sie mal gefragt: Du hast gesagt die Beziehung ging zu Ende weil er krank ist, was ist wenn er nicht krank wäre? Aber er ist es! Hier hatte ich einen Fehler gemacht, ich hätte genauer präziser fragen müssen um meine eigenen Fragen auszuräumen.
Leute wenn ihr was wissen wolltFRAGT! Lasst nichts im Nebel weil ihr Angst vor einem Streit oder einer Konfrontation habt!
Noch ein durchaus sehr egoistischer Gedanke das gebe ich zu:
Wenn man sich umsieht, Bücher liest, Psychologen auf YouTube hört ist der Fokus nur darauf dem trauernden Menschen zu helfen. Verzeiht es mir, ich sehe das etwas kritischer. Man muss bedenken dass dieser Mensch auch in einer sozialen Verantwortung/Geflecht steht. Niemand scheint sich zu interessieren wie es dem Partner geht der auch leidet. Es wird ein Bild geschaffen dass nur der der trauert auch trauern darf, der z.B. Partner spielt keine Rolle mehr.
Auch finde ich es interessant, dass es kaum darum geht wie der Mann der sich auf ein Baby freut unter einer Fehlgeburt leidet. Dazu habe ich mir Studien durchgelesen dass Männer die das Kind wollen und verliebt sind emotional genauso und gar in Einzelfällen länger leiden, da aber kaum einer wirklich nachfragt.
Meine Fragen an euch
Die dümmste Frage vorweg: Gibt es Hoffnung?
Hat sie unseren "Weg" vergessen, und den kleinen Herzschlag in ihrem Bauch? Oder hat sie das parallel dazu noch härter erwischt bzw wird es irgendwann wiederkommen?
War ich total naiv und doof? Ich war die letzten 15 Jahre kein Unschuldslamm, aber bei ihr merkte ich wie ich mich total veränderte, ich habe total vertraut, war treu, habe immer die Wahrheit gesagt.war ich blind?
Wie es mir jetzt geht meine Verarbeitung
Zu allererst möchte ich euch allen Jordan Peterson empfehlen. Seine Bücher und seine Videos haben mir geholfen zumindest auf den Knien zu sein und nicht komplett umzufallen. Sie ersetzen sicherlich keine Therapie, aber sie geben einen Halt der wissenschaftlich fundiert ist und dir ein Ziel vor Augen führt.
Er hat mich dazu angeregt ein Spendenprojekt zu starten um Griechenland zumindest etwas mit den Waldbränden zu unterstützen. Wie er so treffend zitiert: Wer ein wofür im Leben hat, der kann fast jedes wie ertragen Nietzsche.
Mein Tipp an alle die trauern, Liebeskummer oder ähnliches haben: Nehmt euch ein gutes Ziel vor, versucht eurer Familie zu helfen, seht wo ihr euer eigenes Leben auch nur in kleinen marginalen Zügen verbessern könnt, unabhängig vom Grund des Schmerzes. Nutzt den verdammten Schmerz um Energie zu gewinnen. Und bleibt fern von Dro. oder Alk., bitte glaubt mir das macht alles nur noch viel, viel schlimmer!
Ich habe natürlich weiterhin Schlafprobleme, ich wache immer vor dem Wecker auf, teilweise nur mit 5 Stunden Schlaf. Mein Hunger ist stark reduziert, aber ich versuche Protein und reich an Fett zu frühstücken (3 Eier und Fetakäse) da dies nachweislich bei der Serotonin Produktion hilft, zwingt euch zum Essen, zumindest morgens! Und wenig Brot!
Dem alten Partner auf sozialen Medien folgen ist immer, immer eine schlechte Idee. Als Sie nach dem Tag der Beerdigung ein Foto mit ihm gepostet hat (wie andere aus seiner Familie) war ich wie gelähmt, das war der Punkt wo ich beschloss zu meiner Familie zu fliegen, weil ich mich sprichwörtlich nicht mehr rühren konnte.
Nach unserem persönlichen Gespräch war es obwohl die Distanz spürbar und die Hoffnung nahezu bei Null ist wie eine Art Erleichterung um nun vernünftigen "Liebeskummer" haben zu können um zu verarbeiten. Auch wenn diese kleine Hoffnung wie eine kleine lästige Zecke irgendwo im Kopf sitzt. Bitte Leute, gewährt dem Ex immer ein offenes Gespräch egal wie brutal oder gemein es ist, solange es ehrlich ist. Das hilft dem gegenüber immer, lasst ihn/sie nicht ewig im dunklen Nebel rumstochern und den Verstanden verlieren! Habt Anstand!
Auch wenn wir beim letzten Gespräch einen Film zusammen gesehen haben und teilweise Haut an haut auf der Couch lagen (dumme Idee), akzeptiere ich (oder versuche es) die Distanz, die Mauer um Sie herum und dass Sie Deutschland verlässt. Auch wenn der Ego-part in mir sagt "Ich hätte anders reagiert!"
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Meine positiven Effekte des Schmerzes
Während der Partnerschaft spürte ich immer mehr Energie endlich mein Leben zu verändern, ich habe das *beep* sein lassen, strukturiere meine Firma so um dass ich nicht mehr 6 Tage die Woche arbeiten muss (bin jetzt dabei!)
Ich wollte immer etwas Wohltätiges tun (bin jetzt dabei!)
Die Verbundenheit innerhalb meiner Familie ist so stark wie noch nie nachdem was wir alles zusammen erlebt haben.
Ich wollte schon immer abnehmen und bin nun von 102kg auf 86kg runter bei 1.76m
So absurd das auch klingt, ich habe durch meinen eigenen Schmerz Empathie entwickelt die ich vorher so kaum verspürte.
So das war meine etwas lange Geschichte, ich habe bestimmt was vergessen, aber ich würde mich über ein Feedback freuen. Es hilft seine eigene Geschichte zu teilen, speziell mit Menschen hier die auch eine Art von Schmerz, Trauer oder ähnliches durchmachen.
Ich freue mich auf eure Reaktionen und hoffe eine nette Diskussion!
07.09.2021 14:57 • • 07.09.2021 x 3 #1
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