vorweg, das Thema ist sehr komplex, ich versuche mich dennoch auf das Wichtigste zu reduzieren.
Vor knapp 6 Jahren habe ich mich das erste mal so richtig verliebt. Auch für meinen Partner war es die große Liebe. Von Anfang an war es nie einfach für uns, da wir eine Fernbeziehung zu Beginn geführt haben und uns nur am Wochenende gesehen haben. Doch die Gefühle waren sehr stark und wir haben die gemeinsame Zeit sehr intensiv miteinander verbracht. Dann bin ich nach knapp 6 Monaten Beziehung ins Ausland gereist (mein großer Traum), geplant war die Zeit im Ausland für 1 Jahr, doch dies habe ich nicht durchgezogen, da es Schwierigkeiten im Ausland gab und auch das Heimweh und die Sehnsucht zu meinem Freund zu groß waren. Nach 6 Monaten bin ich dann nach Hause zurück gekehrt. Mein Freund und ich suchten uns unsere erste gemeinsame Wohnung, trotz Fernbeziehung. Immer mehr Probleme traten auf mit der Zeit, ich habe mich im Alltag oft alleine gefühlt, hatte große Sehnsucht, die Interessen gingen auseinander, mein Freund ging immer mehr auf Abstand, suchte Distanz bei seinen Freunden und beim Fußball. Für mich war das schwierig denn wir haben uns doch eh nur am Wochenende gesehen, da wollte ich wenigstens dort die Zeit mit ihm verbringen. Mit den Problemen gab es immer mehr Streitigkeiten und auch große Streits. Nach ca. 2 Jahren Beziehung ist er dann zu mir gezogen, die Fernbeziehung hatte endlich ein Ende, ich hoffte, dass dadurch auch viele Probleme verschwanden, doch ich irrte mich. Ich fühlte mich irgendwann nicht mehr geliebt, diese Schmetterlinge, diese Sehnsucht, all das hatte ein Ende. Für einen Teil dachte ich sei das nach der Zeit auch normal, aber es war mehr ein Nebeneinander statt ein miteinander.
Dann kam der große Bruch: ich wurde damals sexuell missbraucht Bzw. Vergewaltigt, war in diesem Moment aber in einer Art Schockstarre und ließ das ganze über mich ergehen. Es dauerte Wochen bis ich meinem Freund davon berichtete, er verlang sofort dass ich diese Person anzeige, doch das konnte ich nicht. Für ihn sah es so aus, als hätte ich ihn betrogen, der absolute supergau. Auf der einen Seite fühlte ich mich verraten, denn er glaubte mir nicht, auf der anderen Seite war sein Herz gebrochen, da wo es keinen Grund für gab. Man hätte sich gegenseitig ünterstützen sollen, stattdessen herrschte eine Eiszeit und stille zwischen uns. Später dann hatte er sich wieder an mich angenähert, wir gingen in den Alltag über ohne weiter über das Geschehene zu sprechen, es gemeinsam zu verarbeiten. Es traten mit der Zeit immer mehr Probleme auf, welche daraus resultierten, dass er gefühlskalt wurde, mir nicht mehr liebe und Zärtlichkeit schenken könnte und später dann auch nicht mehr sagen könnte, dass er mich liebt. Ich war am Boden zerstört, kämpfte jeden Tag darum, dass er sich mir wieder annähert, doch er distanzierte sich noch mehr. Später kamen sogar gegenseitige hassgefühle auf, das volle Programm, selbstmordversuche meinerseits als Hilferuf, Distanz von seiner Seite aus. Ich kämpfte ein Jahr lang weiter in dieser Hölle, bis ich schließlich aufgab. Es folgte eine komplette Kontaktsperre seinerseits.
Wochen vergingen, Monate, in denen ich sehr gelitten habe... ich gewann allmählich Anstand, akzeptierte die Trennung, lebte damit. Ich bekam mit wie er eine neue Freundin hatte... diese verließ ihn schließlich wieder nach kurzer Zeit... er meldete sich bei mir.. sagte mir nette Dinge, wir näherten uns wieder an und kamen somit 1 Jahr nach unserer Trennung wieder zusammen... es war anfangs eine coole Zeit, wir verbrachten die Zeit gemeinsam hatten Spaß... doch dann plötzlich mein schlimmster Alptraum. Er kam eines Tages nach Hause und sagte, die Gefühle reichen nicht aus.. ihm fehlt etwas, er liebt mich nicht... ich könnte dies nicht begreifen, es war doch alles in Ordnung. Ich versuchte ihn zu überreden, dem ganzen noch mehr Zeit zu gehen.. doch es half alles nichts. Nach 2 Monaten weiterem Ausprobieren trennte er sich schließlich wieder von mir. Es war diesmal noch schlimmer als zuvor, wieder kamen selbstmordgedanken und versuche bei mir auf, es war eine sehr harte Zeit für mich, doch ich habe sie überstanden. Mit der Zeit akzeptierte ich, dass wir als paar einfach nicht funktionieren, ich suchte wieder Kontakt zu ihm, aber nur freundschaftlich und es funktionierte.
Ich traf neue Männer, ging eine neue Beziehung ein, brach die aber relativ schnell wieder ab, weil es für mich Gefühlstechnisch nicht ausreichte... ich lernte weitere Männer kennen, traf aber niemanden, der für mich in Betracht kam und konzentrierte mich dann ausschließlich auf mich. Mein ex und ich waren mittlerweile gute Freunde geworden, wir konnten über alles sprechen, waren füreinander da und blendeten die Vergangenheit aus - wir waren beste Freunde geworden. Später war ich wirklich an den Punkt gekommen, dass ich unsere Vergangenheit akzeptierte und auch unsere Trennung. Ich war über ihn hinweg gekommen.
Jetzt im Frühjahr haben wir uns wieder getroffen, er hatte zu dem Zeitpunkt eine Freundin, mit der er zusammen war, die ihm aber nicht das Gefühl von liebe Gab. Wir sprachen oft darüber, er fragte mich häufig nach Rat.. Schließlich trennte er sich von ihr weil er sie nicht liebte. Eine Woche später verbrachten wir ein langes Wochenende, wir fühlten uns beide zueinander hingezogen, wünschten uns die glückliche Zeit von früher zurück, wir schliefen auch miteinander und hatten eine entspannte coole Zeit miteinander.
Es entwickelten sich wieder neue Gefühle bei mir, oder waren es alte erloschene Gefühle? Ich weiß es nicht, aber es fühlte sich wie früher an, ich sah ein strahlen in seinen Augen das es damals nicht mehr gab.
Wenige Tage nach diesem Wochenende erzählte ich ihm von meinen Gefühlen.. er wusste damit nicht umzugehen - er hatte Angst, es könne zum Problem werden, und das würde es auch. Die Gefühle waren mittlerweile so stark, dass eine Freundschaft zwischen uns nicht mehr möglich war. Auch er zog sich zu mir hingezogen, doch es würde nicht für eine Beziehung ausreichen, seine Ängste/ Zweifel seien zu groß. Er hat Angst, dass wenn es nicht funktioniert, ich das gleiche noch einmal durchleben müsste wie damals... er hatte Angst mich als Freundin zu verlieren.. er hatte Angst davor mich nicht mehr lieben zu können. Doch trotzdem stellte ich ihn vor die Wahl, denn diese Ungewissheit oder Freundschaft plus - damit könnte ich nicht leben.
Er entschied sich nach 3 schwierigen Tagen in denen er keinen Schlaf fand, in denen sein Kopf zersprang... für mich. Wir starteten einen 3. Versuch der Beziehung, doch er machte mir von Anfang an klar., dass die großen Gefühle fehlten.
Wir haben uns wieder am Wochenende nur getroffen, sprachen trotzdem viel über unsere Zukunftspläne, da wichtige Entscheidungen anstehen. Wir malten uns vieles aus, trotz der Zweifel und Ängste... und diese Zweifel und Ängste bemerkte ich sofort. Sobald wir in der Beziehung waren, distanzierte er sich wieder von mir.. er machte zu, sprach kaum mit mir, lächelte mich nicht mehr an, das funkeln in seinen Augen war wieder verschwunden... nach 3 Wochenenden war es dann so unerträglich für mich dass ich das Gespräch suchte... er erzählte mir, dass ihm das Gefühl der Liebe fehlt. Er wünscht sich zwar unsere glückliche Zeit zurück, doch er empfindet keine Liebe, es seien eher freundschaftliche Gefühle. Für mich die absolute Katastrophe... ich wusste zwar dass er Ängste und Zweifel hat, doch dass er nach bereits 3 Wochen wieder feststellt dass es nicht ausreicht, war für mich ein Alptraum. Ich sagte ihm, wir stehen erst am Anfang, mach nicht gleich zu, gib dem ganzen Zeit... doch er distanzierte sich komplett. Er besuchte mich am Wochenende und sprach kein Wort mit mir, setzte sich ans andere Ende des Sofas, ich kam gar nicht mehr an ihn heran. Ich weinte in der Nacht, das bekam er natürlich mit, doch er reagierte nicht darauf, er überlegte und überlegte nur die ganze Zeit. In einem späteren Gespräch sagte er dann nochmal dass er Angst hat dass ich das ganze leid nochmal durchmachen müsse.. ich fragte ihn ob das der einzige Grund war warum er sich noch nicht trennte... doch er gab keine konkrete Antwort darauf.. er sagt zwar, dass da etwas zwischen uns ist und er mich super gerne mag und er mit keiner anderen Frau das Gefühl bisher hatte was er mal mit mir hatte... aber dass ihm auch jetzt diese Gefühle von früher fehlen und es für ihn nicht ausreicht und er sich deswegen so distanziert um mir keine weiteren Hoffnungen zu machen.
In einem weiteren Gespräch sagte er dass er selbst völlig überfordert ist und nicht weiß was das ist. Er kann nicht sagen ob er jemals wieder solche Gefühle Generell für eine Frau oder für mich entwickeln kann. Sein letzter Versuch unsere Beziehung noch zu retten ist eine paar Therapie die er jetzt beginnen möchte, möglichst schnell. Er übernimmt die Kosten, das hat er von Anfang an klar gestellt. Und er möchte diesen Weg gehen, doch ohne diese Therapie sieht er keine Hoffnung.
Die Frage ist, gibt es da überhaupt Hoffnung? Eine Therapie kann in meinen Augen keine Gefühle herbei zaubern. Oder ist es einfach ein letzter weg, die Trennung besser zu gestalten damit ähnliches von früher nicht noch einmal passiert (z.b. Selbstmordversuche).
Oder ist er in seinem Kopf wirklich so blockiert / gehemmt, dass er glaubt, das ihm eine Therapie vlt helfen könne? Vlt. Kann er generell für keine Frau mehr liebe empfinden seit dem Sexuellen Missbrauch und ist deswegen so Zwiegespalten.
Es ist alles so unglaublich schwierig und unbegreiflich... es schwingen so starke Gefühle mit, Emotionen, die einem damals schon bekannt waren.
Ich habe einfach solche Angst, dass ich mich in der bevorstehenden Zeit noch mehr emotional reinhänge dass ich an den Punkt von früher gelange.. Distanz tut mir aber auch nicht gut. Heute haben wir dennoch ein gutes Wochenende gehabt, er hat sich bemüht, mit mir wieder normaler umzugehen, auch wenn man merkt dass es eher ein bemühen als ein freiwilliges empfinden war, auch ohne zärtliche Zuneigung/ sex denn die empfindet er momentan nicht für mich.
Er möchte morgen bei einer paarTherapie anrufen und einen Termin vereinbaren. Wir werden dort vermutlich das gleiche erzählen was ich hier gerade tue. Doch ich habe trotzdem Angst davor und kann gar nicht mehr zur Ruhe kommen.
Wie schätzt ihr die ganze Situation ein? Ist das von Anfang an zum scheitern verurteilt?
Ich durchlebe gerade den 2. beziehungsversuch noch einmal, ich fühle mich auch ein bisschen wie ein Versuchskaninchen, denn kurz zuvor hatte er immer einer Freundin wo die Beziehung beendet wurde und gleich darauf sucht er sich Nähe/ Sicherheit / Zuneigung bei mir? Sieht er wirklich in der Therapie einen Hilferuf oder ist es einfach nur der abschließende weg Abschied zu nehmen .
Es sind so viele Gedanken die mir durch den Kopf schießen, ich wäre einfach nur dankbar mit jemandem darüber zu reden, der neutral ist und das ganze von außen betrachtet.
Ich Danke denjenigen, die die Zeit und Geduld haben, diesen langen Beitrag gelesen zu haben.
22.04.2018 21:23 • • 26.04.2018 #1