Ich bin neu hier und habe eine Geschichte zu erzählen, die von Gefühlen am Arbeitsplatz handelt.
Es geht mir jedoch nicht um eine Beratung oder Ratschläge in Bezug auf meine nächsten Schritte, denn das muß ich ganz allein für mich entscheiden.
Worum es mir eher geht, ist mich mit jemandem auszutauschen, der so eine Situation auch schon mal erlebt hat oder vielleicht sogar im Moment durchlebt. Jeder geht anders mit bestimmten Situationen um und vielleicht gewinne ich dadurch ja eine ganz neue Sichtweise auf die Dinge.
OK, dann leg ich mal los. Ich bin 47 und habe eine Arbeitskollegin Anfang 30, mit der ich seit ca. 3 Jahren zusammenarbeite.
Sie war mir vom ersten Moment an sympathisch und wir arbeiten auch sehr gut zusammen.
Vor ca. drei Monaten hat sich etwas verändert. Sie wandte sich an mich, weil sie mit manchen Dingen in der Firma nicht zufrieden war und bei ihr zumindest schon mal der Gedanke an eine Kündigung aufkam, falls sich in absehbarer Zukunft nicht alles zum Guten wenden sollte.
Der Kontakt hat sich dann immer mehr verstärkt, wir haben täglich über Teams gechattet und bald wurden auch die persönlichen Gespräche immer häufiger. Mit der Zeit ging es da auch immer mehr über private Themen wie Freizeitbeschäftigung, Geschmack in Bezug auf Musik, Film, Bücher, die Verhältnisse innerhalb der Familie usw. Sogar ihr Sternzeichen kenne ich mittlerweile (sie ist Fisch, ich Skorpion)
Ja selbst so unwichtige Dinge wie den zweiten Vornamen wissen wir voneinander. Ich glaube, wir haben in den letzten drei Monaten mehr miteinander kommuniziert, als in den Jahren davor zusammen genommen.
Ich mag sie wirklich sehr und wenn ich so über meine Gefühle und mein Verhalten ihr gegenüber nachdenke, würde ich sogar sagen, dass ich mich in sie verliebt habe.
Ich liebe ihre Stimme, die Art und Weise wie sie ihr Lieblingswort ausspricht, ihre natürliche, oftmals chaotische Art, ihr hilfsbereites, freundliches Wesen und wenn ich ihr freitags ein schönes Wochenende wünsche, dann freue ich mich schon darauf, ihr am Montag einen guten Morgen zu wünschen. Bin nach meinem Urlaub sogar ein paar Tage früher wieder arbeiten gegangen, weil ich sie einfach so vermisst habe und wiedersehen wollte. Und ja, optisch spricht sie mich natürlich auch sehr an.
Also ich hätte gesagt, dass das alles schon sehr dafür spricht, dass ich verliebt bin.
Zumindest könnte ich mich nicht daran erinnern, dass ich mich jemals so in Bezug auf eine Arbeitskollegin verhalten hätte.
Soweit zu meiner Gefühlslage. Wie es mit ihren Gefühlen aussieht, weiß ich absolut nicht.
Ich hab keine Ahnung, ob ich für sie einfach nur ein Kollege wie jeder andere bin oder ob sie zu mir irgendwie anders steht.
Aber wenn wir miteinander chatten oder reden hab ich irgendwie das Gefühl, dass da auch von ihrer Seite irgendwas rüberkommt. Keine Ahnung was es genau ist und in welchem Ausmaß, aber sie erzählt viel von sich und zeigt selbst auch irgendwie Interesse, dasselbe über mich zu erfahren, indem sie dann die Gegenfrage stellt, wie das bei mir ist.
Letztens hab ich sie per Teams danach gefragt, wie ihr gestriges Training war und das hat letztendlich in einem zweistündigen Chat über alle möglichen Themen gemündet. Also ich würde jetzt mal sagen, dass das nicht gerade das typische Verhalten zwischen zwei Menschen ist, die sich gleichgültig sind. Wir haben irgendwie total die Arbeit vergessen und wir kamen von einem Thema zum anderen.
Sie reagiert auch immer mit Lichtgeschwindigkeit auf meine Postings im Teams, ich habe z.B. aus dem Urlaub ein Foto in unsere Gruppe gepostet und rein gefühlsmäßig war ihre Reaktion schneller da als mein Posting
Das war nicht das einzige mal, ich könnte auch noch weitere Beispiele nennen.
Wenn ich ehrlich bin, reagiere ich gleich auf ihre Postings. Sobald sie mittags auch nur Mahlzeit postet, bin ich der erste, der superschnell antwortet. Und wenn ich mir die Frage stelle, warum das so ist, dann muss ich mir die Antwort geben, dass ich eben total in sie verliebt bin. Sonst wäre mir so eine Kleinigkeit ja nicht so wichtig.
Das muss natürlich alles nichts zu bedeuten haben, aber irgendwie denkt man eben trotzdem darüber nach und es erscheint einem seltsam.
Jetzt hab ich zwar viel geschrieben, aber eigentlich nur wenig zum eigentlichen Problem verraten.
Das Hauptproblem ist die Kommunikation in Bezug auf die Gefühlslage. Das ist größtenteils natürlich dadurch bedingt, dass wir beide beruflich eng miteinander zusammenarbeiten.
Da besteht von Haus aus eine gewisse Distanz und selbst wenn man Gefühle für jemanden hat, versucht man sich das nicht anmerken zu lassen und zeigt dem anderen seine Zuneigung eher aus der Distanz und indirekt. So wie ich, ich bin immer für sie da, vor allem wenn es ihr nicht gut geht und helfe ihr, wenn sie meine Hilfe benötigt. Und auch sonst habe ich immer ein Auge darauf, dass es ihr gut geht.
Aber es ist eben sehr schwierig. Denn selbst wenn man all seinen Mut zusammen nehmen würde und seine Gefühle dem anderen gegenüber zur Sprache bringt, besteht ja immer die Gefahr einer Enttäuschung und das würde sich natürlich fatal auf die berufliche Zusammenarbeit auswirken. Man kann sich ja nicht aus dem Weg gehen und seine Gefühle auf Knopfdruck ausblenden.
Es besteht also eine gewisse Patt-Situation. Selbst wenn sie Gefühle für mich hätte, sie würde das aus den soeben genannten Gründen niemals nach außen hin zeigen, weil sie vermutlich genau so viel Angst vor einer Enttäuschung hätte wie ich.
Da ich weiß, dass die Situation deswegen im Grunde aussichtslos ist, versuche ich oft, mich emotional von ihr zu distanzieren, aber es gelingt mir eben nicht, weil ich sie ja jeden Tag sehe und mit ihr rede. Manchmal sucht sie ja auch von sich aus das Gespräch mit mir wenn sie etwas beschäftigt und das macht es mir natürlich noch schwerer.
Am liebsten würde ich sie ja in meine Arme nehmen, sie zärtlich küssen und ihr einfach meine Gefühle zeigen.
Und das alles zu unterdrücken ist wirklich nicht leicht. Es wäre leichter, wenn wir beruflich nichts miteinander zu tun hätten, denn dann kann man (wenn die Zeichen dafür stehen) nach einer bestimmten Zeit in die direkte Kommunikation gehen und kommt auch leichter darüber hinweg, wenn die Gefühle nicht erwidert werden. Man bricht einfach den Kontakt ab und versucht zu vergessen.
Klar könnte ich sie mal nach einem privaten Treffen auf einen Kaffee fragen. Aber selbst da besteht die Gefahr einer Enttäuschung, weil ich ihre Sichtweise gegenüber mir möglicherweise total falsch einschätze und private Treffen mit Arbeitskollegen für sie vielleicht tabu sind.
Hat jemand von euch schon einmal so eine gefühlsmäßige Patt-Situation am Arbeitsplatz erlebt? Wo man nicht so recht weiß, was der andere über einen denkt und man sich das auch nicht gegenseitig mitteilen kann? Das alles ist irgendwie ein Segen und Fluch zugleich. Diese Gefühle sind so wunderschön, dass mich manche Leute schon gefragt haben, warum ich soviel Positives ausstrahle und mich nichts erschüttern kann.
Auf der anderen Seite steht dann die harte Realität, die es mir unmöglich macht, sie näher kennenzulernen. Es kann ja auch sein, dass sie irgendwann so nebenher erwähnt, dass sie nun einen Freund hat und mit ihm dies und jenes unternommen hat. Das würde meine Welt von einem Moment zum anderen zum Einsturz bringen und ich wäre todtraurig. Das ist mir natürlich klar.
Auf der anderen Seite wäre das natürlich sehr heilsam, weil ich dann ja wüsste, woran ich bin und nicht länger diesen Mix aus Liebe, Hoffnungslosigkeit und Unsicherheit ertragen müsste.
So, nun bin ich schon gespannt, ob es noch jemand gibt, der sich in so einer Situation befindet oder befand und wie der Umgang damit aussieht bzw. ausgesehen hat.
Klar freue ich mich auch über eine gefühlsmäßige Einschätzung des Verhaltens meiner Kollegin, aber wie gesagt, in erster Linie geht es mir um den Austausch mit jemandem, der auch in der Situation ist oder war.
Es ist ja wirklich eine recht schwierige Situation. Der Verstand sagt einem, die Geschichte ganz schnell wieder aus seinem Kopf zu verbannen, aber das Herz spricht eben eine ganz andere Sprache.
liebe Grüße
07.10.2024 10:59 • • 11.10.2024 x 1 #1