Ich denke es hat alles angefangen als ich mit 17 von zu Hause ausgezogen bin. Ich war in der typischen Teenie-Trotz-Phase und wollte einfach nur weg von meiner Mutter. Ich bin also zu meinem Freund und seinen Eltern nach Bonn gezogen. Für ein Jahr lief alles gut, bis die Beziehung so stark krieselte, dass es handgreiflich wurde. Ich bin dann eine Woche nach meinem 18ten ausgezogen und habe glücklichweise 2 Wochen später eine günstige Wohnung gefunden. Leider waren meine Eltern nicht gerade hilfreich in der Zeit. Ich habe ca. 200Km von ihnen entfernt gewohnt und konnte daher verstehen, dass sie nicht mal eben vorbeikommen können, um mir beim Schrankaufbau zu helfen. Jedoch war es finanziell leider auch nicht anders. Ich musste zum Anwalt gehen um Unterhalt einzuklagen, da sämtliche Ämter mir gesagt hatten, dass mir einzig und allein Geld von ihnen zusteht. Letztendlich war die ganze Sache auch durch und ich hatte meinen monatlichen Betrag, den ich zum Leben brauchte. Leider änderte das nichts daran, dass ich total überfordert war. Ich hatte meine erste eigene Wohnung und wusste nicht, was ich alles beantragen und prüfen muss. Vom Stromantrag bis hin zu Telefon/Internet, Befreiung von GEZ (da ich noch Schüler war) etc. Zudem hatte ich einen Mitbewohner, der mich mit dem ganzen Papierkram und auch oftmals mit Rechnungsanteilen im Stich gelassen hatte. Irgendwann wusste ich mir nicht anders zu helfen, als einen Kredit aufzunehmen, um die ganzen offenen Rechnungen loszuwerden.
Als ich dann mit 19 mein Abi in der Tasche hatte, musste ich im September darauf ausziehen, da meine Vermieter Eigenbedarf angemeldet hatte. Ich konnte zum Glück vorübergehend bei meinem neuen Freund in Köln unterkommen. Leider konnte der mit Geld noch weniger umgehen, als ich. Mit 16.000€ Schulden kam er mit seinen Rechnungen auch nicht mehr klar. Als dann der Punkt kam, wo sein Gehalt direkt mit seinem Kredit und allem verrechnet wurde und er nicht mal mehr einen Euro abheben konnte, musste ich einspringen um den Kühlschrank zu füllen und alles zu bezahlen. Mit meinem Bafög (ich hab zu der Zeit an der Uni in Köln studiert) und meinem Kinderhalt/Unterhalt waren wir ziemlich knapp bei Kasse (zumal die Mieten in Köln einfach immens sind). Somit hatten sich meine Schulden dann auf 1.600€ angehäuft.
Anfang des Jahres dann war ich gesundheitlich und seelisch soweit unten, dass ich nicht mehr da bleiben konnte. Ich habe jede Semesterferien mein Geld zusammengerafft um mir ein günstiges Busticket nach Großbritannien zu holen, um dort meine Mutter zu besuchen (sie war zwischenzeitlich mit ihrem Mann in seine Heimat gewandert). In der Uk ging es mir gut. Dort konnte ich schlafen, ich konnte essen und ich hab in den Spiegel geschaut und war zufrieden mit mir. In Deutschland war die Beziehung mit meinem Freund schon auf dem Punkt, wo wir uns eigentlich nicht mehr ausstehen konnten. Mein Freund wollte, dass ich ausziehe, aber ließ mich bei sich, da ich alles bezahlte. Er hatte sich eine Affäre gesucht und mich hat es ehrlich gesagt nicht mal interessiert. Durch sein lautes Schnarchen war ich tagelang wach (selbst Ohropax halfen nichts) und seine Hygiene ließ auch zu wünschen übrig. Nur konnte ich leider nicht ausziehen, da ich weder das Geld dafür hatte, noch Möbel oder Geschirr und Wohnungsangebote, die sich eine Studentin leisten könnte, waren mehr als rar.
Fazit: die Beziehung war kaputt, Wohnzustände gingen gar nicht mehr, ich konnte nicht schlafen, habe kaum gegessen und mein Studium gefiel mir auch nicht mehr. Ich war rundum unglücklich.
Als ich dann letztes Weihnachten mit meiner Mutter verbracht habe, habe ich einen Mann kennen gelernt. Wir verstanden uns auf Anhieb und nach langem hatte ich mal wieder Schmetterlinge im Bauch. Nach Silvester musste ich dann leider wieder nach Deutschland um mein Semester abzuschließen. Ich habe mich auf der gesamten Busfahrt mehrmals übergeben müssen und konnte nicht aufhören zu weinen. Deutschland war mein Irak. Ich hab mich dann 4 Wochen durch die Uni gekämpft, eine Klausur nach der anderen verhauen, weil ich einfach so unglücklich war, keinen Schlaf bekam und mir die Situation mit meinem Ex so zugesetzt hatte. Nach den 4 Wochen waren Semesterferien und ich bin direkt für die zwei Monate zurück in die UK. Meine Mutter meinte, ich solle die Zeit bei meinem Freund wohnen, dann würden wir direkt sehen, ob es mit uns klappt und wenn ich dann in die UK ziehe, könnte ich dann mit ihm leben. Gesagt, getan. Alles lief super und nach den zwei Monaten bin ich zurück nach Deutschland, hab mein Studium geschmissen, meine wichtigsten Sachen gepackt und den Rest bei meiner Oma untergebracht. Im Juni hatte mein Onkel mir dann den Rest gebracht.
Jetzt bin ich hier in der UK und die ganze Miserie geht weiter. Da ich nicht mehr studiere, bekomme ich kein Bafög mehr, sondern hab nur noch den Unterhalt meines Vaters (und der zahlt auch nur, weil er denkt, dass ich hier ein Praktikum mache. Ansonsten hätte er mir keinen Cent mehr gegeben). Es plagt mich so, dass ich ihn anlügen muss. In meiner Familie wird immer wegen Geld gestritten. Mein Vater war enttäuscht, als ich ihm damals sagte, dass ich an die Uni gehe, weil das für ihn bedeutete, dass er weiter für mich zahlen muss. Würde ich ihm sagen, dass ich die Uni geschmissen habe und in die UK ausgewandert bin, um bei seiner verhassten Ex-Frau zu sein und hier gerade beruflich nichts mache, sondern “nur auf meiner faulen Haut liege”, würde er mir den Kopf abreißen. Deshalb habe ich ihn angelogen, als ich ausgewandert bin. Ich hatte die Hoffnung, dass ich in der Zeit (in dem Semester, wo ich angeblich mein Praktikum mache) einen Job oder eine Ausbildung finde (Studium ist leider nicht möglich, weil die Semestergebühren bis zu 9.000 Pfund pro Jahr betragen). Dann hätte ich ihm sagen können, dass ich eine gute Stelle gefunden hab und ich mich hier in der Zeit gut eingelebt habe und nicht zurück kommen möchte.
Leider läuft meine Zeit ab. Ich habe nur noch bis Mitte Oktober, um etwas zu finden. Doch leider bekomme ich trotz Abitur und 4 Sprachen fließend einfach keinen Job. Mein Freund unterstützt mich schweren Herzens (seine Macke ist, dass er ein Sparfuchs ist und Angst hat morgen arbeitslos zu sein). Ich kann auch keine Benefits beantragen, da ich dazu seine Zahlen brauche, weil wir zusammen leben. Die will er mir aber nicht geben.
Ich dachte, wenn ich auswander wird alles besser. Jetzt bin ich hier, arbeitslos, hab keine Freunde (weil mich das alles so verunsichert und ich mich daher nicht mal traue jemanden anzusprechen) und zerfressen von Enttäuschungen über mich selbst. Ich kann nicht nach Deutschland zurück (und will es auch eigentlich nicht), weil ich dort ebenso arbeitlos wäre, Schulden auf mich warten und ich nicht mal eine Wohnung hätte.
Wie konnte das alles passieren? Ich weiß es gibt Leute denen es schlimmer geht und ich bin auch erst 22 und man macht Fehler, wenn man jung ist. Doch sind dies nicht die Jahre, in denen man sich sein Leben aufbaut? Ich hatte so große Pläne für meine Zukunft und das ist alles, was ich daraus bis jetzt machen konnte. Ich weiß nicht weiter. Es gibt Tage an denen ich denke: ,,Steh gar nicht erst auf und versuch es in den Griff zu bekommen. Der nächste Mist wartet eh schon auf dich.” oder ich geh die Straße lang und sehe eine Frau in meinem Alter in Arbeitskleidung aus ihrem Auto steigen und ich beneide so sehr. Sie hat Arbeit, einen Führerschein und wahrscheinlich eine eigene Wohnung nach ihrem Geschmack, trifft sich am Wochenende mit ihren Mädels und besucht am Sonntag Mama. Das sind solche Momente, in denen fühle ich mich als sei ich 14 Jahre und es macht mir klar, wie sehr ich doch mein Leben bis jetzt verhauen habe.
Was soll ich nur tun? Wie soll ich all das nur in den Griff kriegen? Weiß einer von euch Rat? Ich würde mich über jegliche Hilfe oder Aufmunterung freuen. Ich danke euch.
P.s.: Entschuldigt, dass der Text so lang geworden ist, aber es tat gut sich das alles von der Seele zu reden bzw. schreiben.
16.09.2013 01:18 • • 02.10.2013 x 1 #1