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Hallo zusammen,

ich bin gerade echt verzweifelt und mich würden mal eure Meinungen zu meinem Problem interessieren.

Kurz vorab: Ich bin Ende 30 und meine Eltern Anfang 70. Ich hatte bis vor kurzem eine super Beziehung zu Ihnen und obwohl wir seit langer Zeit fast 800 km auseinander wohnen, sehen wir uns oft bzw. telefonierten fast täglich.

Nun ist folgendes passiert: Mit 18 Jahren wurde mir mitgeteilt, dass ich keine Kinder bekommen könnte. Nach anfänglicher Traurigkeit habe ich mich damit abgefunden und einen Mann gefunden, der dafür Verständnis hatte. Mittlerweile sind wir seit 15 Jahren verheiratet. Wir haben unser Leben ohne Kinder ausgerichtet, haben Karriere gemacht und reisen oft und auch mal länger am Stück.

Nun bin ich ganz plötzlich doch schwanger geworden und es war erstmal ein riesiger Schock für mich. Ich konnte bzw. kann mich immer noch nicht richtig freuen, weil es aufgrund meiner Vorerkrankung eine Risikoschwangerschaft ist und es mir in letzter Zeit sehr schlecht ging. Ich war viel im Krankenhaus und muss viel liegen. Außerdem musste ich von heute auf morgen meinen Job wegen eines Beschäftigungsverbots unterbrechen. Für mich brach eine Welt zusammen. Ich habe kurz über Abtreibung nachgedacht, mich dann aber dagegen entschieden.

Meine ganze Familie und mein Mann sind völlig aus dem Häuschen und freuen sich sehr. Sie verstehen meine Ängste und Sorgen nicht. Das ist schlimm für mich, aber viel schlimmer für mich ist, dass es meine Eltern genauso sehen. Das kränkt mich sehr. Immer wenn ich anrufe und versuche mit ihnen über meine Ängste zu sprechen, wird es einfach so abgetan. Sie verstehen mich einfach nicht, weil sie sich so auf das Enkelkind freuen. Meine Eltern kommen mir mit einmal so fremd vor und ich mag sie schon gar nicht mehr anrufen, weil ich genau weiß, dass sie mich nicht verstehen. Das hätte ich nie gedacht und bin so wütend auf sie. Wir waren immer so eng miteinander und nun habe ich das Gefühl, niemanden zu haben, der mich ernst nimmt und ich fühle mich allein.

Habt ihr einen Rat für mich?

Liebe Grüße, Satine

29.06.2020 15:23 • 15.07.2020 #1


25 Antworten ↓


Eins der wichtigsten Dinge im Zusammensein die man lernt besteht darin, nicht alles auszusprechen was man denkt oder es auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, es ist wichtig, dass ich nicht nur von mir ausgehe sondern davon, was meine Worte für andere bedeuten.

Diese Schwangerschaft wirft dein ganzes Leben um, ist voller Risiken, was ich mir an deiner Stelle von den Eltern gewünscht hätte wäre die Frage gewesen, wie geht es dir damit, ist es ein Problem für dich plötzlich doch schwanger zu werden und soviel an deinem Leben ändern zu müssen. Dann hätten die Eltern nach dir gefragt, sich in dich hineingefühlt.

Sie können sich ja freuen, sie können auch miteinander, Vater und Mutter, über ihre Freude reden, aber diese erst einmal dir gegenüber nicht aussprechen und stattdessen auf dich, auf deine Probleme, eingehen.

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Wut auf eigene Eltern - fühle mich alleine gelassen

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Danke, kritisches_auge für deine Zeilen. Ich musste gerade schlucken, weil du meine Gefühle gerade so treffend zusammengefasst hast. Danke dafür! Ja, genau, ich hätte auch mal, dass sie fragen, wie es mir geht und wie ich meinen Alltag so bewältige. Wir haben gerade ein Haus gekauft und es stehen noch einige Umbauarbeiten an. Aber auch danach fragen sie nicht mehr. Es dreht sich alles nur noch um das Baby. Ich bin in der 18. Woche und bereits jetzt haben sie unglaublich viel für das Baby gekauft. Ich kann es einfach nicht verstehen. Früher war es komplett anders, deshalb haben wir uns ja auch immer trotz Distanz so gut verstanden.

Wäre es möglich, eine Mail an deine Mutter zu schreiben und es ihr zu erklären ?

Das könnte ich tatsächlich einmal versuchen. Bisher habe ich es immer nur am Telefon versucht zu erklären, aber das hat nicht funktioniert, sondern endete immer nur in Tränen auf beiden Seiten.

Ich habe ja nie verstanden, dass manchen Eltern die Enkel wichtiger sind als die eigenen Kinder, für mich wird nie etwas wichtiger sein als die meine eigenen..

Ich würde der Mutter schildern was es für mich bedeutet, wie meine Gefühle sind und sie bitten, dass sie sich als meine Mama ( schreibe so wie du sie nanntest) doch einmal in meine Gefühle hineindenken könnte.
Dann würde ich mit dem versöhnlichen Schluss schließen, dass ich Zeit bräuchte, dass alles anders sein könnte wenn das Kind da ist.

Zitat von Satine222000:
Immer wenn ich anrufe und versuche mit ihnen über meine Ängste zu sprechen, wird es einfach so abgetan. Sie verstehen mich einfach nicht, weil sie sich so auf das Enkelkind freuen.


Vielleicht geht es gar nicht in erster Linie um das Enkelkind. Vielleicht geht es um dich. Als Mutter und Großmutter kann ich für mich sagen, dass der Mensch, der mir am nächsten und wichtigsten ist, meine Tochter ist. Als sie lange nicht schwanger wurde, habe ich für sie getrauert, gehofft und gebangt. Und als es dann doch geklappt hat, war ihre Freude mein Glück. Die Freude über die nächste Generation kam erst in zweiter Reihe.

Ich könnte mir vorstellen, dass deine Eltern geglaubt haben, deine Kinderlosigkeit sei etwas Schreckliches für dich. Zu Anfang war es das ja wohl auch - und möglicherweise ist die Wahrnehmung deiner Eltern an diesem Punkt steckengeblieben. Nun bist du schwanger, und es könnte sein, dass deine Eltern sich um deinetwillen freuen und schlicht nur glauben, dass du dir Sorgen machst, dein Kind zu verlieren oder es nicht gut genug zu machen.

Und deswegen versuchen sie, auf ihre Art Mut zu machen, indem sie verharmlosen, abwiegeln, klein reden.

Das ist ungeschickt und unglücklich - aber vielleicht ganz anders motiviert, als du glaubst. Deswegen halte ich die Idee von @kritisches_auge für wirklich prima. Ich bin ziemlich sicher, dass deine Eltern verstehen werden, weil ich überzeugt davon bin, dass ihr eigenes Baby ebenso in erster Reihe steht, wie irgendwann das deine für dich.

Hallo Satine 222000, das erste Kind zu bekommen bedeutet für alle werdenden Eltern eine Umstellung der Lebensverhältnisse. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Es ist normal, sich unterschiedliche Gedanken darüber zu machen.
In deinem Fall ist es sicher eine Art Achterbahn der Gefühle, auch für deine Eltern. Wenn sie dich lieben, dann bedeutet ein Kind zu haben, für deine Eltern Gutes, das sie ihrer geliebten Tochter auch wünschen. Sie können jetzt vielleicht nicht ausreichend auf deine Gefühlslage eingehen und über ihren Schatten springen.. Zuerst warst du traurig, kein Kind bekommen zu können. Daran erinnern sich deine Eltern vielleicht noch.
Es wäre schon besser, wenn sie dir zuhören könnten und auf deine ganz konkreten Sorgen und Gefühle eingehen könnten.
Aber so, wie du es beschreibst, bin ich nicht sicher, ob deine Eltern ihre eigenen Gefühle der Freude über das zu erwartende Enkelkind zurückstellen können. Vielleicht sind sie dazu einfach nicht in der Lage. Vielleicht kannst du ihnen das bestenfalls nachsehen und sie ein Stück weit loslassen? Eltern sind nicht perfekt.
Nimm dir stattdessen Zeit für dich. Du könntest vielleicht deine Gefühle in einer Art Tagebuch für dich aufschreiben.
Vielleicht verlief dein Leben bisher nach Plan. Aber viele wesentlichen Dinge und Erfahrungen des Lebens sind nicht planbar.
Das Leben ist oft unfassbar. Manchmal dafür auch unfassbar schön.

Guten Morgen,

ich habe den gestrigen Tag noch einmal genutzt, um über die Sache nachzudenken.

Vielen Dank kritisches_Auge und Calima für eure Antworten. Ich finde es toll, dass für euch eure eigenen Kinder an erster Stelle stehen. Das ist genau das was ich mir auch von meinen Eltern wünschen würde. Einfach etwas mehr Verständnis für meine Situation. Sie müssen ja gar nicht alles verstehen, was mich belastet, das verlange ich nicht. Nur etwas mehr Empathie.

Dass ich eigentlich nicht schwanger werden kann, habe ich vor über 20 Jahren erfahren. Das war tatsächlich nur knapp zwei Jahre ein Problem für mich. Danach habe ich das Thema abgehakt, weil es ja nun einmal nicht ging. Ich habe dem auch nicht hinterhergetrauert und das wussten meine Eltern auch.

Vielleicht liegt auch an dem insgeheimen Wunsch meiner Mutter, immer mehr als ein Kind haben zu wollen. Sie wollte immer mindestens zwei. Sie hatte vor und nach mir mehrere Fehlgeburten und somit bin ich Einzelkind geblieben. Davon hat sie oft gesprochen.

Naja, ich habe gestern nochmal zum Telefonhörer gegriffen und nochmal mit meinen Eltern telefoniert. Mein Vater hatte weiterhin gar kein Verständnis. Seine Aussage war Über ein Kind hat man sich zu freuen, da gibt es keine Ängste und Sorgen! Sein O-Ton. Als ich mit meiner Mama telefoniert habe klang sie verständnisvoller als die letzten Male. Ich werde nächste Woche mal hinfahren und dann mal sehen wie es läuft. Ansonsten bleibt mir nur, dass ich mich erstmal etwas zurückziehe.

Danke auch an dich, Hoffnungsblick, für deine Worte.

Ich könnte verstehen, wenn du irritiert bist, wenn du nachfragst ob sie deine Lage nachvollziehen können, ich könnte verstehen wenn du gekränkt bist aber wütend? Das ist eine sehr heftige Reaktion die für mich persönlich nicht im Verhältnis zur Situation steht.

Deine Entscheidungen sind nicht von deinen Eltern abhängig und es nicht abhängig davon wie sie darüber denken. Es geht um dein Leben, um deinen Körper und ist eine Sache zwischen deinem Partner und dir. Es ist für mich auch nachvollziehbar, dass ein Mensch mit Ende 30 andere Gedankengänge und Prioritäten hat als Menschen Anfang 70. Du musst nicht alles gut finden was sie gut finden und umgekehrt. Es ist jeder für sich ein eigenständiges Individuum mit eigenständigen Gefühlen und Gedanken.

Lass sie es so sehen wie sie es sehen. Du lebst ja trotzdem dein Leben so weiter wie du es möchtest.

@FeuerWasser

Ja, Wut ist tatsächlich ein starkes Gefühl, was ich in dieser Situation aber nunmal fühle. Auch wenn du dies nicht nachvollziehen kannst und für angebracht hältst.

Als ich wochenlang im Krankenhaus lag, meine Blutwerte schlecht waren und meine Nieren fast versagt haben, war ich tatsächlich wütend, als ich mir anhören musste, dass das alles nicht so schlimm sei. Ich hatte wirklich Angst um meine Gesundheit, aber wie gesagt, meinen Eltern ist das Baby wichtiger gewesen.

Das freut mich und im persönlilchen Gespräch läßt sich einiges klären, ich hoffe, du erzählst uns wie es war.

Ich war ja manchmal eifersüchtig auf meinen eigenen Sohn der sich so gut mit meiner Mutter verstand, er war wie der Sohn mit den blitzblanken Augen der die Welt eroberte und der Axel geheißen hätte den sich Mutter gewünscht hätte. Sie beteuerte zwar, ich käme an erster Stelle, doch ich glaubte das nicht.

Das Verhältnis zu der Tochter war später längst nicht so eng, die beiden beäugten einander eher mißtrauisch.

Heute unterhielten sich drei Frauen im Bus nur über ihre Enkelkinder, ich verstehe es ja nicht, meine Kinder liebte ich heiß und innig, aber die Freude die viele Frauen an Kindern haben, teile ich nicht.

Zitat von Satine222000:
Als ich wochenlang im Krankenhaus lag, meine Blutwerte schlecht waren und meine Nieren fast versagt haben, war ich tatsächlich wütend, als ich mir anhören musste, dass das alles nicht so schlimm sei. Ich hatte wirklich Angst um meine Gesundheit, aber wie gesagt, meinen Eltern ist das Baby wichtiger gewesen.

Du, ich lag auch schon mit halbseitigen Lähmungen im KH, mein Vater stand halb abgewandt neben mir und meinte naja, so schlimm ist das jetzt nicht. Ich hab mit 19 ein Kind verloren und hatte ne schwere Unterleibs OP. Bis heute kam nie die Frage wie gehts dir?, wie gehst du damit um?. Das musste ich mich mit mir selbst ausmachen. Trotzdem haben wir ein gutes Verhältnis. Sie sind wie sie sind, die haben ihre eigene Lebensgeschichte weswegen sie manchmal so reagieren wie sie es tun und das trifft auch auf deine Eltern zu.

Es ist nicht so, dass ich das per se nicht nachvollziehen kann aber es nützt niemandem etwas. Du hast deinen Standpunkt und deine Eltern haben ihren Standpunkt von dem sie mutmaßlich nicht abweichen. Du bist für dich selbst verantwortlich. Du musst auf dich achten und das es dir gut geht.

So, wie du die Reaktion deiner Eltern schilderst, finde ich ihr Verhalten ehrlich gesagt auch merkwürdig. Ich werde demnächst auch Großmutter und mein Fokus liegt momentan wirklich hauptsächlich auf meinem Kind, da sind meine Sorgen und Ängste. (obwohl die Schwangerschaft ohne größere Probleme ist) Ich kann dich schon verstehen, dass du dir mehr Unterstützung und Verständnis wünschst.

Deine Eltern sind wahrscheinlich so im Überschwang ihrer Freude über das Enkelkind, mit dem sie nicht mehr gerechnet haben, dass sie dich ein wenig aus dem Blick verloren haben. Sie denken wahrscheinlich, du müsstest nun ausschließlich und immer überglücklich sein, was du aber ja nicht bist. Verständlich, denn immerhin ist deine ganze Lebensplanung über den Haufen geworfen, dir stehen anstrengende und risikoreiche Monate der Schwangerschaft bevor und beruflich wirst du auch zurückstecken müssen.

Ihr habt doch grundsätzlich ein gutes Verhältnis, da müsste sich das mit gegenseitigem Verständnis eigentlich klären lassen. Versuche es mal, aus der Sicht deiner Eltern zu sehen: sie haben sicher viele Bekannte und Freunde, die schon lange Großeltern sind und haben da immer die Freunde über die Enkel mitbekommen, wussten aber dass sie selbst das Glück nicht erleben werden. Nun schießen sie halt übers Ziel hinaus. Das Baby-Sachen kaufen zeigt ja in diese Richtung.

Wenn es sich irgendwie machen lässt, dann suche das persönliche Gespräch. Wenn ihr euch live seht, wirst du die Verbindung zwischen euch sicher auch wieder spüren können, denn die ist ja nicht weg nur weil du Mutter wirst.

Mit dem Verstand kann ich alles begreifen was hier geschrieben wird, aber vom Gefühl her ist es Lichtjahre von mir entfernt. Meine Kinder waren meine Augäpfel und sind es auch noch heute, aber ansonsten habe ich beschlossen, nur noch für mich dazu sein, mich nicht mehr an Kinder zu binden.

Zitat von kritisches_Auge:
Meine Kinder waren meine Augäpfel und sind es auch noch heute, aber ansonsten habe ich beschlossen, nur noch für mich dazu sein, mich nicht mehr an Kinder zu binden.


Das kriege ich irgendwie nicht zusammen. Ich kann mir vorstellen, sich aus dem Leben der Kinder rauszuhalten und z.B. keine sorgende Rolle mehr einzunehmen, aber die Bindung bleibt doch bestehen, wenn man liebt?

Ja, natürlich, das ist ein Missverständnis, die Bindung zu den Kindern ist sehr eng.
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Zitat von Satine222000:
bleibt mir nur, dass ich mich erstmal etwas zurückziehe.


Das ist vielleicht gut und heilsam. Denn wenn du dein Kind bekommst, dann ist es dein Kind und es geht um dein Verhältnis zu deinem Kind und nicht um die Meinung oder Einstellung deiner Eltern. Sie kommen dann erst in zweiter Linie, haben ihre eigenen Sehnsüchte und Träume. Sie stehen gewissermaßen im Hintergrund und können letztlich dein Verhältnis zu deinem Kind mit ihrer Meinung nicht tangieren. Es ist in erster Linie deine Erfahrung für die du einen eigenen, ganz persönlichen inneren Raum brauchst.

Dem kann ich voll und ganz zustimmen, aber bleibe offen wenn du deine Eltern besuchst, vielleicht wird alles ganz anders.
Es gibt Menschen die Wichtiges nur von Angesicht zu Angesicht besprechen wollen, in manchem kann kein Telefon oder keine Mail das persönliche Gespräch ersetzen weil es auf die Ausstrahlung, das Ungesagte ankommt.

Hallo ihr Lieben,

vielen Dank noch einmal für die dazugekommenen Kommentare. Ich bin sehr dankbar über eure Meinungen und Ratschläge.

Vielleicht sollte ich wirklich versuchen, mich etwas mehr in meine Eltern reinzuversetzen und die Situation aus ihren Augen zu sehen.

Am Montag steht das Gespräch an und ich werde euch auf jeden Fall vom Ausgang berichten.

Liebe Grüße!

A


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