Finde das Thema sehr interessant. Bei mir geht es hauptsächlich darum, was meine Familie ein Leben lang von mir erwartet. Meine Eltern haben mich nie so wirklich akzeptiert, wie ich bin. Meine Mutter wollte immer eine perfekt geleckte Tochter haben, ihr war und ist Aussehen das allerwichtigste, danach Geld und Status. Als ich mein erstes Studium abbrach, brach für sie die Welt zusammen und als mein Exmann noch krank wurde, hat sie sich für seine Depressionen geschämt. Bis heute denkt sie immer, ich wäre psychisch gesund, obwohl sie meine Ängste als Kind miterlebt hat. Meine Depressionen verdrängt sie entweder oder will sie nicht wahr haben. Sie schämt sich sogar dafür, dass mein Vater depressiv ist.
Als ich mein Studium dann noch mal abgeschlossen habe, da war kurz die Welt perfekt, aber nur kurz, denn ihren Traum als verbeamtete Lehrerin zu enden, habe ich nie erfüllt. Aber sie erzählte überall im Bekanntenkreis, dass ich Oberstudienrätin an einer Realschule wäre. Man könnte fast lachen, wenn es nicht so traurig wäre.
Dass ich die Stellen gewechselt habe wie die Unterhosen und immer wieder Zeiten ohne Arbeit hatte, das kehrt sie unter den Tisch. Ich habe noch nie die Erwartungen meiner Eltern wirklich erfüllt. Als ich mein Abi geschafft hatte, sagte meine Mutter nichts, mein Vater klopfte mir kurz auf die Schulter und sagte „ich bin stolz auf dich, mein Mädchen“. Das war das erste Lob überhaupt in meinem Leben.
Ich bin das schwarze Schaf in der Familie, die einzige, die wenig Geld hat und ein sehr unstetes Leben führt, besonders beruflich. Ich identifiziere mich aber nicht durch Arbeit, dennoch tut es weh, wenn auch meine Brüder mich abwertend behandeln deswegen. Sie behandeln mich seit der Trennung von oben herab, das ist mir zumindest erst vor kurzem klar geworden.
Lediglich der eine, der mit seinem coming out meine Eltern geschockt hat, hat es erlebt, wie es sich anfühlt, wenn man die Erwartungen nicht erfüllt.
Ich hoffe, das war jetzt okay so viel zu schreiben, aber es tat gut, mal Luft abzulassen.
18.06.2023 17:13 •
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