ich habe mich nun entschlossen, meine Geschichte hier zu schreiben, mit der Hoffnung, etwas klüger zu werden. Ich versuche es kurzzufassen:
- Ich lebe seit kurzem im Ausland. Kurz bevor ich hergezogen bin, bin ich wegen Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Übelkeit und hohem Fieber ins Krankenhaus gegangen. Ergebnis: erhöhte weiße Blutkörperchen, Verdacht auf Meningitis. Ich bekam 3 x Antibiotikum gespritzt und mehrere Infusionen.
- Anschließend wurde eine Lumbalpunktion durchgeführt, obwohl die anfänglichen Symptome abgeklungen sind. Ergebnis: kein Meningitis und Blutwerte haben sich normalisiert, entweder Infektion oder Hitzschlag gewesen. Die Lumbalpunktion war anstrengend, da ich über die Nebenwirkungen und die Prozedur nicht aufgeklärt wurde. Ich bin 2 mal ohnmächtig geworden, habe mich übergeben. Und lag dann erst mal 1 Stunde nach der Lumbalpunktion schockiert im Bett.
- Nach der Lumbalpunktion starke Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Nackenschmerzen, Übelkeit usw. Da keiner mir erklären konnte, woher all das kommt, habe ich gegoogelt und festgestellt, dass die Nebenwirkungen normal sind. Doch ich laß Horrorgeschichten, und zwar dass die Nebenwirkungen manchmal über Jahre halten können. Ich bekam Angst. Ich konnte aber nicht aufhören im Internet weiterzulesen. Ich war besessen, dass ich die Nebenwirkungen loswerden muss, um schnell wieder zur Uni gehen zu können. Ich ging auch wieder zur Uni aber da ich mich auf dem Weg übergeben musste und meine Beine nicht mehr bewegen konnte, kam ein Krankenwagen.
- Die Kopfschmerzen und Übelkeit verschwanden nach 3 Tagen, die restlichen Nebenwirkung (Rückenschmerzen, Nackenschmerzen, Hüftschmerzen) waren noch da. Aber ich war glücklich, denn die Kopfschmerzen waren weg. Ich fühlte mich gut.
- 1 Woche nach der LB habe ich mit einem Arzt in DE telefoniert: Er sagte, die Hüftschmerzen sind nicht normal und ich solle zum Neurologen. Ich bekam meine erste Panikattacke. Das war alles zu viel für mich, ich wollte, dass es einfach aufhört. Ich ging zum Neurologen und es war mit den Nerven am Bein alles gut. Und am Rücken keine Auffälligkeiten. Ich bekam eine Cortisonspritze für die Hüfte, ohne darüber Bescheid zu wissen, dass es Cortison ist.
- Nach der Panikattacke: starkes Unwirklichkeitsgefühl. All das googlte ich auch und kam auf Derealisation und wieder Horrorgeschichten 10 Jahre Derealisation. Doch ich wollte nicht glauben und war fest überzeugt, dass es körperliche Ursachen hat. Ich flog nach Deutschland, um mich in sicheren Händen zu fühlen.
- In Deutschland beim Arzt: wieder erhöhte weiße Blutkörperchen. Arzt sagte, dass es am Cortison liegen kann. Nach zwei Wochen noch mal zur Kontrolle: Blutwerte sind normal. Das einzige, was auffiel war der Knoten in meiner Schilddrüse. Die Schilddrüsen-Werte sind aber alle normal. Alle Nebenwirkungen der LB waren verschwunden, bis auf die Nackenschmerzen und Unwirklichkeitsgefühl. Ich googelte weiter und versuchte herauszufinden, was das sein kann. Mein Arzt sagte dann schließlich, dass es womöglich psychosomatisch ist. Schlussendlich habe ich es akzeptiert und bekam meine zweite Panikattacke.
- Ich war ständig auf Strom, bekam plötzlich die verschiedensten Ängste. Ich beschloss zurück ins Ausland zu gehen, damit ich mein Leben wieder wie gewohnt weiterleben kann und zu mir komme.
Nun bin ich hier. Als ich neu hier ankam, hatte ich wirklich schlimme Ängste. Ich hatte Angst, verrückt zu werden, schizophren zu werden, die Kontrolle zu verlieren. Ich hatte Angst, rauszugehen, da ich sonst den Weg vergessen könnte oder sonst etwas. Aber ich stellte mich meinen Ängsten und bin trotzdem rausgegangen. Ich konnte durch Gedankenkontrolle und Einsatz meines Verstandes und durch Sport meine wirren Gedanken loswerden. Ich wusste, ich werde nicht verrückt, und dass es sich nur so anfühlt, weil ich Angst habe. Ich versuchte mir durch Bewusstwerdung klar zu machen, dass ich nur Ängste habe, und dass ALLES vorbei ist, die Nebenwirkungen der LB vorbei sind und ich keine Angst mehr haben muss. Ich versuchte mir klarzumachen, dass mein Gehirn mir nur falsche Signale gibt. Die Derealisation machte mir anfänglich große Angst, ich dachte ich verliere mich darin. Aber auch das konnte ich klären. Ich sagte mir ständig, dass ich eine falsche Vorstellung von der Derealisation habe und man sich nicht verliert, nur das Gefühl eben da ist. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als an meine Gesundheit. Medikamente und Therapie kam erst mal für mich nicht in Frage. Ich habe viel Sport gemacht und komischerweise war mein Schlaf auch sehr gut. Ich hatte auch aufgehört im Internet zu lesen, auch wenn ich das unbedingt wollte. Ich habe die Dinge getan, die mir einfach gut tun: Entspannungsübungen, gute Ernährung usw. Mir ging es dann 1 Monat ganz in Ordnung, langsam kam meine Lebensfreude wieder. Es war aber nicht ganz wie früher.
Da ich selbstständig versuchte meinen Zustand aufzubessern, dachte ich, dass ich es falsch angehe eventuell und habe mich mit einem Therapeuten im Internet in Verbindung gesetzt. Dieser sagte, dass ich wohl ein traumatisches Erlebnis hatte und es schwer verarbeiten kann und dass ich Symptome einer Panik - und Angststörung mit hypochondrischen Zügen aufweise. Als er das sagte, war ich in dem Wahn, ich muss sofort zum Therapeuten, sonst werde ich da niemals rauskommen. Ich wollte aber nicht zum Therapeuten, weil ich Angst hatte, ich würde meine Hypochondrie nur damit füttern. Dieses hin und her denken hat mich wieder down gemacht und mir ging es sehr mies. Ich war innerlich erstarrt und irgendwie auch Blockaden, aufzustehen und irgendetwas zu tun, da ich mir auch so fremd vor kam. Aber ich habe mich irgendwie wieder aufgerafft.
Mein jetziger Zustand:
- Ich kann problemlos mich mit Freunden treffen, oder alleine rausgehen, ich kann mir problemlos Filme ansehen und auch Spaß haben, auch wenn es sich nicht alles so anfühlt wie früher.
- viele Dinge habe ich nun besser verstanden. Ich war in dem Wahn, schnell gesund werden zu müssen. Aber jetzt akzeptiere ich meinen Zustand und gönne mir Ruhe dabei. Wenn es Rückfälle gibt, oder Tage, wo es mir nicht gut geht, akzeptiere ich es. Wenn eine Angst in mir steigt, und ich nur noch schreien möchte Hilfe, Hilfe, setze ich mich hin und beruhige mich, und dann geht es einigermaßen wieder.
- Die Derealisation ist nicht mehr da. Dafür aber mal stärker und mal schwächer das Gefühl, ich wäre nicht wirklich in meinem Körper. Es ist ein Gefühl, was ich mir nicht erklären kann. Ich gucke beispielsweise einen Film und wenn der Film zuende ist und ich zur Realität zurückkomme, bin ich erstmal kurz erstarrt, weil ich mich erinnere, in welchem Zustand ich bin und dann fühlt es sich manchmal so an, als ob ich nicht ganz ICH wäre. Manchmal drängen sich auch Fragen wie: Wer bin ich eigentlich? Was ist ICH? Und ich versuche mich in diesen Momenten einfach nur zu beruhigen und sage mir, dass es vorbei gehen wird und dass ich mir nichts falsches einreden sollte und auch nicht zu viel grübeln sollte.
- Ich fühle mich in Gefühlen gefangen, der Situation ausgeliefert. Seit einigen Tagen sage ich mir: Lass die Gefühle zu, es ist in Ordnung, dass du dich so fühlst, wieso musst du dich denn jetzt super gut fühlen, dann brauchst du nun mal Zeit, damit es dir besser geht, wozu die Eile.
- Ich schlafe 8-10 Stunden
- körperliche Symptome: nur Kopfschmerzen, Nervenschmerzen am Hinterkopf hin und wieder, hin und wieder Augenflimmern
- meine größte Sorge: ich habe Angst, dass keiner mein Problem versteht und ich damit alleine bin und dass es hierfür keine Heilung gibt und ich Jahrelang mich so fühlen werde. Dann sage ich mir aber wiederum: Ganz ehrlich, du warst noch nie in diesem Zustand, woher willst du denn bitte wissen, welche Störung du genau hast, für dich kommt es natürlich alles neu vor und dass dich keiner versteht.
- Manchmal kommt der Gedanke: Was wenn es doch irgendwas körperliches ist? Eventuell ist es nichts psychisches?
- Ich kann mit allem nicht abschließen. Ich will raus aus diesem Zustand.
- Dinge, die früher wichtig für mich waren, kann ich nicht richtig genießen. Ich habe kein Gefühl mehr für andere Sachen.
- ich kann es manchmal einfach nicht glauben, was in den letzten Monaten passiert ist und dass ich in diesem Zustand bin
Ich wollte jetzt bald wieder nach DE und zum Neurologen. Ich war in DE nur beim Hausarzt, HNO und kurz im Krankenhaus wegen den Blutwerten. Ich habe kein MRT machen lassen oder wie gesagt mich beim Neurologen untersuchen lassen. Ich habe oft daran gedacht, dass es eine Angststörung sein könnte. Ich habe keine Panikattacken und irgendwie habe ich keine Probleme, mich meinen Ängsten zu stellen. Ich dachte an eine Posttraumatische Belastungsstörung. Ich dachte, eventuell habe ich es gedanklich erfasst, dass die Belastung vorbei ist, aber nicht emotional, weil ich halt immer noch das Gefühl habe, dass irgendwas nicht stimmt. Aber was nicht für eine PTBS spricht ist, dass ich mich problemlos an alles erinnere, was passiert ist und ich habe auch keine Flashbacks. Ich dachte an eine hypochondrische Störung oder eine Bewusstseinsstörung, bin mir da aber auch nicht sicher. Ich gehe seit letzter Woche nun zur Therapie. Der Therapeut hat noch keine Diagnose gestellt. Was vielleicht noch wichtig ist: während dieser ganzen Ereignisse hatte ich leider auch hin und wieder Konflikte mit meinen Eltern und das hatte mich auch etwas belastet.
Ich würde gerne mal eure Meinung dazu wissen, mich mit euch austauschen.
Ich bedanke mich im Voraus und wünsche euch einen schönen Tag.
LG
13.09.2017 10:21 • • 10.04.2019 #1