Ich hatte viele Jahre eine gute Freundin, die so drauf war. Wir haben uns in der Ausbildung kennengelernt. Damals hat sie noch bei ihren Eltern gewohnt, die sehr nett und gar nicht autoritär waren. Ganz normale liebevolle Eltern halt.
Mir fiel es schon nach kurzer Zeit auf, dass sie unsere Telefonate auf dem Festnetz immer sofort beendete, wenn ihr Vater oder ihre Mutter spontan telefonieren wollte. Ich war in dem Punkt anders gestrickt. Ok, wenn ich schon länger am Telefonieren war und meine Eltern auch mal wollten, beendete ich das Gespräch. Aber nicht, wenn ich erst kurz am Reden war. Dann habe ich sie gebeten, ein wenig zu warten, weil ich noch mit meiner Freundin sprechen wollte. Sie hat immer sofort unsere Gespräche beendet, wenn ihre Eltern das Telefon haben wollten.
Noch ärgerlicher fand ich, dass sie immer mal wieder fest ausgemachte Treffen mit mir abgesagt hat, wenn ihre Eltern spontan etwas mit ihr unternehmen wollten. Ich habe mir das nicht lange bieten lassen und ihr eines Tages ganz deutlich meine Meinung gesagt. Natürlich habe ich bei Notfällen vollstes Verständnis und mache keinen Stress. Aber wenn wir schon vor einiger Zeit was Festes ausgemacht haben, werde ich das sicher nicht kurzfristig verschieben, nur weil die Mutter der Freundin spontan mit ihr spazieren gehen oder Karten spielen möchte. Soll sie doch mit ihr einen anderen Termin ausmachen. Sie ist auch öfters sofort gesprungen, wenn Tante, Onkel, Oma was von ihr wollten.
Später als sie von zu Hause ausgezogen war, wurde das besser. Irgendwann lernte sie ihren jetzigen Ehemann kennen. Ein sehr netter Kerl, ich habe mich immer prima mit ihm verstanden. Nur leider hatte er eine sehr fordernde und aufmerksamkeitssüchtige Mutter, und meine Freundin hat sich dann ihrer Schwiegermutter genauso untergeordnet wie früher ihren eigenen Eltern. Irgendwann habe ich diese Freundschaft beendet, weil ich keine Lust hatte, mich im Vergleich mit Familienmitgliedern wie ein Mensch zweiter Klasse behandeln zu lassen. Sie brachte es nicht fertig, älteren Verwandten mal entgegenzutreten und ihnen auch mal eine Bitte abzuschlagen, weil sie nicht wollte, dass die Leute ihretwegen verärgert oder traurig waren. Aber wenn ich mal verärgert oder traurig war, hat sie das wenig interessiert.
Diese Freundin war in der Ausbildungszeit auch sehr unterwürfig im Umgang mit unseren Lehrern in der Berufsschule. Ich hatte zwar viel bessere Noten als sie, aber sie hat in all den Jahren wirklich jede einzelne Hausaufgabe gemacht und gesagt, sie könnte es nicht übers Herz bringen, sie mal nicht zu machen. Sie hätte ein total schlechtes Gewissen gegenüber den Lehrern und wollte sie nicht enttäuschen.
Warum poste ich das hier, wenn das doch Vergangenheit ist und ich den Kontakt abgebrochen habe? Weil ich am Arbeitsplatz eine gleichgestellte Kollegin habe, mit der ich sehr eng zusammenarbeiten muss und die ganz genauso tickt. Sie kriecht den Vorgesetzten und höhergestellten Kollegen so sehr in den Hintern und tut alles, um ihnen zu gefallen und sie nicht zu enttäuschen. Aber mir als gleichgestellter Kollegin bringt sie nicht ansatzweise so viel Respekt entgegen und verhält sich mir gegenüber bisweilen sehr unkollegial. Wie geht man mit so einem Menschen am Besten um? Privat meide ich solche Leute inzwischen total, aber beruflich geht das nicht so einfach.
04.06.2024 17:44 •
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