ich bin neu hier und ich wage zum ersten Mal den Versuch, in einem Forum nach Rat zu fragen und vielleicht Gleichgesinnte kennen zu lernen.
Kurz zu mir: Ich bin weiblich, 29 Jahre alt und lebe in einer Partnerschaft mit einer Frau. Derzeit ohne Job, habe mich aus einer tollen Position ganz nach unten gewirtschaftet und beziehe bereits Arbeitslosengeld 2, wofür ich mich mittlerweile sehr schäme.
Als ich meinen Job im Januar 2012 verloren habe, war ich zuerst froh die Firma verlassen zu können, denn dass ich gehen musste stand bereits an, ich wollte mich aber wehren und seit jenem Tag gab es nur noch Mobbing von der Geschäftsführung, die spiegelte sich aber in Ignoranz wieder, so als wäre ich kein Teil mehr des Teams. Alle nahmen an den Meetings teil, ich wurde ausgegrenzt. Alle saßen mit Kollegen in den Büros, nur mir wurde meine Kollegin aus dem Zimmer geholt. Ich bekam mehr Arbeit auf den Tisch als ich schaffen konnte. Ich musste Kollegen vertreten die ständig krank sind, oder die in den Urlaub gehen. Manchmal hatte ich die Arbeit von drei Kollegen zusätzlich am Hals. Dann kam der Tag an dem ich zu meiner Freundin sagte, ich könne nicht mehr, die Firma die einst meinen Traumjob an mich reichte, macht mich krank. Leer und ausgebrannt, ängstlich, verzweifelt und schlafen konnte ich auch nicht mehr. Der Weg führte zum Arzt, der wollte mich nicht gleich an die richtige Stelle überweisen, sondern wieder zur Arbeit schicken. Ich war an einem Punkt an dem ich erkannte ich bräuchte psychologische Hilfe, weil ich mich tief in alles hinein gesteigert habe, dass es mich nicht mehr abschalten ließ. Der Mann bei dem ich war, schrieb ich über längere Zeit krank, bis die Kündigung dann wirklich kam und ich mich kurz vor Beginn meiner Arbeitslosigkeit noch einmal als genesen in die Firma wagte, mir nichts mehr anmerken ließ und sogar meine Kollegin vernünftig einarbeitete. Ich fühlte mich nun erneut erst einmal befreit.
Ich hatte sogar Pläne, denn mir fehlte der Berufsabschluss. Es war sowieso damals eine glückliche Wende in meinem Leben, überhaupt an einen guten Job zu kommen, ohne Abschluss. Naja, im Nachhinein, mit den letzten Monaten war der Job natürlich nicht mehr mein Traum. Ich wollte nun endlich den Abschluss zur Bürokauffrau machen und ich hatte eine sehr nette Arbeitsvermittlerin auf der ALG 1 - Stelle sitzen, mit der zusammen mein Wunsch in Erfüllung gehen sollte, zunächst mit einem Kurs zur Prüfungsvorbereitung, der mir anfänglich richtig Spaß bereitete.
Als es dann auf die Prüfungen zuging, war die Lage angespannter, aber noch erträglich. Ich machte die EDV-Prüfung mit, war motiviert und dann schlug alles um. Bei den schriftlichen Prüfungen war ich krank, gab aber nicht an dass ich mich psychisch schlecht fühle, sondern erfand Migräne als Grund. Ich sagte mir, alles halb so wild, holst Du eben den Schriftteil bei der nächsten Prüfung nach. Dann aber, was mir viel mehr Sorgen bereitete war die Mündliche. An jenem Tag schaffte ich es nicht aus dem Haus, konnte die Wohnung nicht verlassen und kauerte mich weinend zusammen. Meine Freundin wusste gar nicht was los ist. Was sollte auch an dieser Prüfung so schlimmes dran sein, dass man Angst bekommt nach draußen zu gehen? Angst anderen Menschen zu begegnen? Angst an der Prüfung teilzunehmen? Ich fehlte unentschuldigt, weil ich es dieses auch nicht zu einem Arzt schaffte. Ich wollte mich einfach nur verkriechen.
Beim nächsten Mal klappt es habe ich mir gesagt. Da ich mittlerweile auch ein Rückenproblem hatte und zeitweilig Medikamente bekam um schmerzfrei zu sein und auch Muskelentspanner drunter waren, die natürlich auch eine Wirkung auf meine Ängste hatten, zog ich in geringer Dosierung die folgende Prüfung durch. Ich bestand zwar nicht gerade umwerfend gut, aber ich bestand und trotzdem war ich nicht stolz darauf.
Die Medikamente musste ich länger einnehmen und sie lösten mit den Nebenwirkungen meine Probleme quasi in Luft auf. Ich konnte super mit meiner Umwelt umgehen, erlangte durch eines der Medikamente sogar eine fast nie dagewesene Motivation und wollte Erfolge schaffen. Zwar klappte es bisher nicht mit Arbeit, aber ich bekam einen Großteil des Chaos das in mir und um mich herum herrschte wieder in den Griff. Mir gefiel das, denn ich fühlte mich endlich lebendig und ohne Sorgen. Ich konnte mich endlich auch mal auf eine Aufgabe so richtig konzentrieren und Sachen zu Ende bringen. Normalerweise strauchel ich immer und schaffe die Dinge nicht fertig. Ich fühle mich dann richtig krank, irgendwie benommen und schwer von Begriff. Ich bin langsam und kann schlecht reden.
Allerdings endet so eine Medi-Einnahme auch irgendwann (eigentlich zum Glück, denn das sagt mir, dass es meinem Rücken wieder besser geht). Doch seitdem ist dieser grauenvolle Zustand wieder da und ich weiß nicht was ich tun soll. Ich pendle hin und her. Ich habe Stimmungsschwankungen die vor allem dann gravierend werden, und auch in Ängsten enden, wenn ich mich zu etwas gezwungen fühle. Ich bin innerlich wie gelähmt. Ich kann nicht denken. Ich kann nicht fühlen, außer eben dass es etwas Schlechtes ist, was da passiert, obwohl der Verstand genau weiß, dass da überhaupt nichts Schlechtes ist! Ich bin irgendwie angekettet an diesen grauenhaften Zustand, ich fühle mich machtlos und begreife nicht was mit mir los ist und was ich dagegen tun kann. Mir fehlt ja selbst der Mut darüber mit meiner Freundin zu sprechen, die bereits zwei Jobs macht, damit wir über die Runden kommen, was aber ohne staatliche Hilfen nicht ganz klappt. Ich fühle mich richtig schlecht, dass ich es im Moment nicht schaffe meinen Teil dazu beizutragen. Nein, genau genommen fühle ich mich schuldig, denn ich würde ihr gern mehr bieten können, aber ich werde ja nicht einmal mir selbst gerecht und schaffe es mir etwas zu beweisen.
Nun ist es so, der eigentliche Punkt weswegen ich jetzt hier schreibe hat den heutigen Tag als Grund. Ich bin allein zu Hause. Meine Freundin ist auf Arbeit. Vor einigen Wochen (als ich noch die Medikamente für meinen Rücken nahm) habe ich mich für einen kurzen Gelegenheitsjob in der Inventur beworben und mich sehr gefreut als der Anruf kam. Ich war so motiviert, obwohl es nur was Kleines ist, dass schnell wieder vorüber geht. Heute wäre die Schulung. Ohne Schulung keine Inventur. Ich habe abgesagt, abgesagt unter dem Grund von Fieber und Schnupfen. Meine Freundin weiß davon noch nichts und aus Angst vor Vorwürfen werde ich ihr das Ganze so direkt auch nicht sagen, jedenfalls nicht sofort. Ich habe Angst das es sie zu sehr enttäuscht, wo sie doch für uns so stark kämpft. Damals war ich auch so. Ich habe mich nicht unterkriegen lassen, aber seit ich meinen Job verlor, ist es alles so anders.
Ich hatte auch schon einmal den Versuch in einer Gesprächstherapie versucht, nachdem das mit dem ersten Versuch der mündlichen Prüfung war. Wir hatten das gemeinsam beschlossen, meine Freundin und ich. Der Therapeut glaubte damals, es lege vieles an meiner Mutter. Ich stimmte sogar zu, denn es gab durchaus einige Dinge, die mich rein gedanklich schon krank machten, aber im Grunde genommen war das nach späterer Überlegung nichts Gravierendes und mein Verstand schrie So ein Quatsch, Deine Mutter war immer für Dich da, zwar zuweilen streng, aber sie hat alles für Dich gegeben und Dich behütet und beschützt, so dass Du in einem schönen Umfeld aufwachsen kannst. Ich weiß heute das meine Mutter einige zeitlang depressiv war, ich weiß auch das die Mutter meiner Oma sich das Leben nahm (Gründe unbekannt). Mein Erzeuger (Vater will ich ihn nicht nennen) ist ein psychisch gestörter Mann, was sich damals erst nach der Hochzeit offenbarte. Er hätte meine Mutter fast getötet, wollte sie erwürgen. Zudem stellte sich heraus das er ein Kindsvergewaltiger ist, was eine spätere, andere Familie erfahren musste. Mir hätte er angeblich nichts angetan, weil meine Mutter oder meine Oma immer bei mir waren. Ich kenne diesen Mann nicht, war erst ganz klein, hatte nie Kontakt zu ihm, will auch keinen. Es gibt aber, wie man sieht, einige Dinge, die von psychischer Seite einer gewissen Vorbelastung gleichen. Ich weiß nicht inwieweit sich manche Dinge vererben lassen, oder ob ich einfach nur so neben der Spur laufe, weil bestimmte Erfahrungen mich dazu gemacht haben. Es fällt mir gerade sehr schwer das alles ins Bild zu rücken und ich hoffe, ihr blickt hier noch durch.
Dieser Psychotherapeut von dem ich spreche, der verschrieb mir auch Mirtazapin, ein Antidepressivum, er sagte aber, das wäre für meine Schlafstörungen, denn die hatte ich und ich habe sie auch heute noch. Das Medikament war der blanke Horror. Es legte mich lahm, ich hatte noch weniger Motivation als vorher. Körperlich nahm es mich enorm mit, psychisch hatte ich zwar keinerlei Beschwerden mehr, aber es war eher eine Leere und Gleichgültigkeit. Sowas will ich auch nie wieder nehmen. Ich fürchte mich ja sogar selbst davor, dass man mir das gegen meinen Willen verschreiben würde, wenn ich mich erneut an einen Arzt wende. Um schlafen zu können nehme ich manchmal Vivinoxx stark. Das ist frei erhältlich, aber soweit ich weiß zur Daueranwendung nicht geeignet, daher versuche ich, es nicht zu oft zu nehmen.
Nun noch mal ein kurzer, für mich auch erschreckender Moment, als ich mit meiner Freundin bei meinen Eltern im Urlaub war. Wir schliefen ganz oben in der Wohnung, mit alten knarrenden Dielen auf dem Fußboden und einer nicht ganz so leisen Wendeltreppe. Unter uns schlief meine Mom. Meine Freundin hatte mitten in der Nacht ein ganz natürliches Bedürfnis und ging nach unten, als sie wieder oben war hörten wir die Tür unten und wer dort zeterte und nach sofortiger Ruhe verlangte war meine Mutter. Ich selbst wollte aber auch noch zur Toilette und traute mich aufgrund ihrer Schelte gar nicht. Das war schlimm für mich, als würde man mir den Kopf abreißen, wenn ich gehe, als wäre es falsch zu gehen. Oh Gott, ich weiß nicht warum ich selbst davor Angst hatte. Das ist doch nicht normal. Letzten Ende schlich ich mich nach unten und war froh, als ich wieder hochkam, dass Mom nicht wieder aus ihrem Zimmer stürmte. Sie hat wenn etwas sie ärgert ein ziemliches Temperament, dass schon mal sehr unangenehm wirken kann. Ich nehme mir das vermutlich weit mehr zu Herzen als jemand sonst. Selbst meine Schwester weinte in unserem Urlaub wegen ihr, als es um die Geburtstagsvorbereitungen ging und Mom mit vielen Dingen nicht zufrieden war und sich erst einmal austoben musste, was die helfenden Hände dann abkriegen.
Nach wie vor will ich aber meine Mutter nichts kommen lassen, denn im Leben geht es doch nicht immer angenehm zu oder?
Ich will kurz noch eine andere Kleinigkeit erwähnen. Es gibt noch einen Job, denn ich mit Aufwandsentschädigung für meinen alten Arbeitgeber mache, aber in Eigenregie. Ich bin Assistentin auf Erste Hilfe Kursen, kümmere mich um die Organisation und arbeite dort lediglich mit meiner Freundin zusammen. Da klappt alles super. Erstaunlicherweise habe ich hier keine Angst und kann sogar mit allen Kursteilnehmern entspannt umgehen (auch ohne Medikamente). Ich glaube es liegt an meiner Freundin, von der ich weiß, dass sie einfach in der Nähe ist. Wir bekommen dort auch immer Bewertungen von Teilnehmern und die finden uns als Team super, sogar humorvoll und in allen Erklärungen sehr verständlich. Tja, hier klappt es, aber anderswo kriege ich es einfach nicht hin.
Ich weiß nicht was ich machen soll, ich befürchte das man mich als schwach ansieht, dass mein Schatz das auch denkt und enttäuscht ist, wenn ich zusammenbreche und einfach nicht kann. Ich begreife die Ursachen nicht, ich bin mir nicht einmal sicher, welche es sind. Habt ihr einen Rat, was ich tun kann?
12.09.2013 08:43 • • 14.09.2013 #1