Ex-Mitglied
ich bin Anfang 30, habe ein 1. Staatsexamen für zwei Fächer, von denen eines nur am Gymnasium oder Gesamtschule und ein anderes nur an der Realschule oder Gesamtschule unterrichtet wird, also nicht an der Realschule, dann wäre vieles für mich einfacher.
Mein Referendariat an einem Gymnasium ging leider total in die Hose, bin einmal durchfgefallen und konnte das zweimalige Durchfallen nur dadurch verhindern, dass ich mich für mehrere Monate krankgeschrieben habe und dann abgebrochen habe.
Ich hatte dann vor, erst einmal als Vertretungslehrer, gerne auch an anderen Schulformen zu arbeiten, doch leider ist es in meinem Bundesland so (mit Ausnahme von Privatschulen, doch da war nichts frei für mich), dass man da nicht als Vertretungslehrkraft arbeiten darf, wenn man auch nur einmal nicht bestanden hat.
Ich würde also besser dastehen, wenn ich mein Referendariat nie begonnen hätte.
Ich gebe es zu, dass ich auf dem Gymnasium überfordert gewesen bin und mir das Ganze zu anspruchsvoll und weniger locker und menschlich zuging.
Bei mir kommt es immer auf das Menschliche an. Strenge gegenüber Schülern liegt mir nicht und passt auch gar nicht zu meiner Persönlichkeit.
Weil ich dann nicht wusste, was ich tun sollte, hatte ich mir überlegt, Realschullehramt zu studieren und mir das eine Fach anerkennen zu lassen, damit ich dann hinterher mein Referendariat erneut für Realschullehramt machen kann. Dazu hatte ich mich vorher informiert, das wäre möglich.
Zwischenzeitlich habe ich dann letztes Jahr nach den Sommerferien ein Jobangebot als Übungsleiter an einer Grundschule erhalten und das angenommen, da ich jeden Cent brauche.
Und da habe ich auf einmal bemerkt, dass es eigentlich das ist, was ich tun möchte, Grundschullehrer oder falls das nicht klappt, pädagogische Fachkraft.
Ich hatte einen sehr guten Bezug zu den Kindern und mehrere Mitarbeiter sahen das auch so und haben mir gesagt, dass keiner so gut mit den Kindern spielen würde wie ich.
Und in der Tat, während die anderen meist nur rumstanden und die Kinder tadelten, wenn sie etwas taten, was sie nicht sollten, habe ich richtig Einsatz gezeigt. Ich hatte vorher auch keine Einweisung erhalten, was ich als Übungsleiter tun soll, nur, dass ich bei den Hausaufgaben helfen soll und sie draußen "betreuen" soll, es sei aber immer einer dabei und ich hätte nicht alleine die Verantwortung. Für 10 Euro die Stunde kann man ja auch nicht viel erwarten, dachte ich.
Zuerst lief ich auch immer nur über den Schulhof und habe hier und dort mal mit Kindern geredet, doch dann kamen die Kinder auf mich zu und wollten intensiv mit mir spielen, sie wollte auf der Schulter oder huckepack getragen werden, sie wollten geschaukelt werden oder gefangen werden, ich habe nie Nein gesagt, weil es mir immer eine Freude bereitet hat, wenn sie sich gefreut haben.
Irgendwann zitierte mich die Chefin dann mal zu sich und sagte mir, dass ich ja prima mit den Kindern spielen würde, keiner würde das so gut können und so gut helfen können, ich sei ja auch so intelligent bei meiner Bildung, aber ich sollte zukünftig keine Kinder mehr tragen oder auf dem Schoß sitzen lassen, das hatten bei mir auch noch Kinder aus der 4. Klasse gewollt und ich dachte mir, wenn die das von sich aus nicht schlimm finden und wollen, warum sollte ich sie dann runterschmeißen. Jedenfalls meinte sie, dass das vielleicht missverstanden werden könnte, sie würde mir hier aber nichts unterstellen wollen.
Dann sagte sie monatelang nichts mehr und ich machte einfach das, was ich für richtig hielt und die Kinder von mir wollten.
Insbesondere eine 4. Klässlerin war besonders anhänglich, Migrationshintergrund, alleinerziehende Mutter, allem Anschein nach nicht viel Geld. Dieses Mädchen umarmte mich sehr oft und war auch zu den anderen Kindern sehr herzlich. Wenn ich mal gefallen war, fragte sie immer nach meinem Befinden, half mir wieder auf, machte sogar einmal meine Hose sauber. Und auch sonst beobachtete sie immer genau, merkte, wenn es einem nicht gut ging und sorgte sich um meine Stimme, als ich sie im Spiel mal verstellt hatte.
Man merkte, dass sie gerne ein Geschwisterchen gehabt hätte, weil sie immer wieder jüngere Kinder durch die Gegend trug und bemutterte.
Wenn andere Kinder sie geärgert hatten oder sie traurig war, zickte sie nicht rum, sondern wurde ganz still, guckte traurig oder weinte still.
Zwischendurch gab es bei ihr immer wieder solche interessanten Fragen oder Aussagen wie "Warum bin ich in diesem Universum ein Mädchen, wäre ich in einem anderen ein Junge oder du ein Mädchen?" "Warum kann ich nicht fliegen?" "Ich will mehr Religion", "Ich bin Christ".
Wenn man dann weiter nachhakte, hieß es dann nur "Ach nur so, ich habe so viele Gedanken in meinem Kopf, die ich gar nicht alle ordnen kann. Ich lasse mich immer von so vielem ablenken".
Und in der Tat, einerseits haute sie solche Fragen und Aussagen raus, andererseits war sie sehr verspielt, ließ sich von allem ablenken und sehr hibbelig, konnte am Tisch nie stillsitzen, schlabberte teilweise wie ein Hund ihren Pudding oder hatte Mitleid mit einem angebissenen Pappapfel an der Wand.
Leistungsmäßig war sie recht gut und schnell und ansonsten schien sie mit ihren Klassenkameraden recht gut klarzukommen.
Aber sie ließ sich immer wieder von allem ablenken. Sie hatte so viel Fantasie im Kopf und hüpfte oft.
Es traf sich öfters, dass ich mit ihr das Schulgebäude verließ und einmal war es so, dass sie im Reden ein Auto nicht sah, dass einfuhr. Ich konnte sie noch rechtzeitig vorwarnen, aber sie meinte dann ganz cool, dass sie das nicht gesehen hätte. Das Auto fuhr nicht schnell und hätte vielleicht noch abbremsen können, aber so Situationen kommen sicher häufiger vor.
Sie hat auch ständig Sachen verloren, ihr Smartphone (sie hatte tatsächlich schon eines mit Internet, youtube, whatsapp und weiteren Apps!) trug sie daher oft in der Mütze.
Ansonsten war sie auch sonst recht unangepasst, beim Backen naschte sie oft vom Teig oder ihr rutschte oft die Hose runter oder sie kratzte sich an bestimmten Körperteilen, was ihre Klassenkameraden nicht immer so witzig fanden.
Kurzum, sie war schon sehr verpeilt, eine Träumerin, aber sehr herzlich und lieb.
Ihre Mutter habe ich nur aus der Ferne gesehen, weswegen ich mir keine Einschätzung erlauben kann.
Mir fiel nur auf, dass die Kleine nicht wusste, wie alt ihre Mutter an ihrem Geburtstag wurde und auf meine Frage, was sie denn arbeite, hieß es nur "Meine Mama arbeitet nur für mich".
Ich bekam auch noch mit, dass sie kein Auto hatte, dass die Kleine mit ihrer Mutter nach der 1. Klasse die Schule innerhalb der Stadt wechseln musste, weil sie auch ihre Wohnung wechseln mussten, weil der Vermieter keine Ausländer mochte.
Die Kleine wurde auch öfters früher von der OGS abgeholt bzw. sie fuhr alleine mit dem Bus oder dem Fahrrad (Wohnung ca. 500 Meter entfernt) und wenn sie dann mal zu spät nach Hause kam, rief die Mutter bei der OGS, wo sie denn bliebe.
Also ich hatte schon den Eindruck, dass die Mutter sehr um das Kind besorgt ist. Ich selbst hatte leider nie die Möglichkeit, mal mit der Mutter zu sprechen.
Ich habe mit allen Kindern an der OGS gerne gespielt und mich gefreut, wenn sie sich gefreut haben, aber dieses eine Mädchen war schon mein Liebling.
Sicher hat sie auch mit anderen Kindern gespielt, wo ich dann mal nicht so interessant war, aber sie kam immer wieder auf mich zu, umarmte mich richtig kräftig, dass es fast schon wehtat, nahm mich beim Arm und sagte häufiger "Komm, komm," "Du bist meiner" oder wenn ich gehen wollte "Bleib, bleib". Als ich noch nicht das Verbot bekommen habe, Kinder huckepack zu tragen, wollte sie auch immer von mir getragen werden, obwohl sie da schon fast 10 und recht kräftig war. Ich trug sie auch Treppen hoch und sie sagte häufiger, wie schön es auf meinem Rücken sei.
In der Mensa fragte sie mich häufiger, warum ich am Tisch sitze und nichts esse (hatte immer vorher gegessen), ich müsste doch hungrig sein, am letzten Tag vor Weihnachten wurde sie früher abgeholt und teilte ihren Donut mit anderen Kindern. Dann ging sie, kam nach 2 Minuten aber wieder, drückte mir ein Donutstück in die Hand und wünschte mir frohe Weihnachten.
Nach den Weihnachtsferien bemerkte sie, dass sie mich ja schon lange nicht mehr gesehen hätte und warum ich eigentlich nicht montags und mittwochs käme.
Nach den Weihnachtsferien lud mich die Chefin gar nicht mehr für Gespräche zu sich ins Büro, ich fragte dann nur, ob ich eigentlich auch häufiger kommen könnte und sie meinte, das sei kein Problem, sie könnten mich immer gebrauchen.
Ich machte dann auch so richtig mein Ding, schaukelte Kinder mit Freude auf der Mehrfachschaukel richtig hoch an, achtete aber immer darauf, dass sie sich festhielten und sie quietschten vor Freude.
Oder ich spielte mit ihnen fangen. Dabei kam es gut an, dass ich dort mein schauspielerisches Talent unter Beweis stellen konnte, was sonst noch nie einen interessiert hat, ich spielte Rollen, verstellte die Stimme, machte Tiergeräusche etc. Die Kinder rollten sich vor Lachen, sie wussten immer, wann ich spielte und wann ich ich war. Besonders gut kamen böse Rollen, wie der wütende, aggressive Papa oder der Clown Pennywise an.
Ich war so richtig in meinem Element und trotz der geringen Bezahlung wusste ich, dass es das ist, was ich mein Leben lang machen möchte.
Mir war zwar bewusst, dass ich doch recht wenig erziehe und etwas strenger sein musste, doch da mir das keiner zum Vorwurf machte, im Gegenteil, mehrere Betreuer lobten mein Naturtalent im Umgang mit Kindern, dachte ich mir, solange sich keiner beschwert oder sagt, dass ich damit aufhören soll, mache ich weiter.
Innerlich hatte ich erwartet, dass ich nach den Sommerferien dann einen besser bezahlten Vertrag erhalte. Bei mehr Geld wäre mir auch klar gewesen, dass ich mehr erziehen und strenger sein müsste. Aber ich dachte mir, dass von einem Übungsleiter nicht mehr erwartet wird. Wenn mir doch nichts gesagt wird, was ich tun soll.
In den letzten Wochen hatte ich dann aber den Eindruck, als ob ich ständig beobachtet werden würde. Die Mitarbeiter gaben immer mal wieder leichte Hinweise, dass ich die Kinder nicht zu hoch schaukeln dürfe, dass die Kinder nicht mit Stöcken spielen dürfen, dass die Kinder nicht auf den Fahrradständern stehen dürfen, dass ich mich mal umdrehen soll, um den ganzen Schulhof im Blick zu haben etc. Ich wurde dann auch etwas vorsichtiger, die Chefin selbst sagre nichts, und ich dachte mir, wenn jetzt etwas Schlimmes wäre, würde sie sich bezüglich einer Verwarnung zu sich zitieren.
Dann kam die vorletzte Märzwoche. Es war ein Freitag. Kurz vor Arbeitsschluss, ich wollte grade mit einem Kind eine Sandburg bauen, ging da schon voller Freude hin, da rief mich die Chefin zu sich, ich solle mal zu ihr ins Büro kommen.
Ich dachte mir, ok, jetzt sagt sie mir, dass ich mich im Spiel etwas zügeln soll, sonst sei meine Arbeit hier gefährdet.
Dann eröffnete sie mir aber, dass sie mich in den letzten 3 Wochen intensiv beobachtet hätte und zu der Entscheidung gekommen wäre, dass ich nicht mehr tragbar sei und mein Vertrag daher Ende März vorzeitig gekündigt werden würde. Das würde ihr sehr schwerfallen, da sie nie wieder einen finden würden, der so gut mit den Kindern spielen könnte und wegen meiner Fachkompetenz so gut den Kindern bei den Hausaufgaben helfen könnte. Aber mein Sicherheitsempfinden sei prekär, ich würde die Kinder anschaukeln, was ich nie und nimmer dürfte, das sei lebensgefährlich, ich würde nicht sehen, wenn ein Kind unter der Schaukel liegen würde, ich würde Kinder auf ein Klettergerüst tragen, auf das sie aus eigener Kraft nicht kämen, ich würde Kinder nicht sehen, die heulend am Boden liegen und ihnen keine Kühlpads holen und ich würde lächelnd auf der Schaukel sitzen, während die Kinder mich mit Sand bewerfen würden, das sei unmöglich.
Und das läge alles daran, dass ich so im Spiel vertieft sei, dass ich nichts mitbekommen würde
Als ich das hörte, war ich erst einmal sprachlos und ich hatte das Gefühl, der Boden geht unter mir auf. Fast verzweifelt fragte ich erst einmal, ob das denn jetzt entschieden sei oder man mir noch 4 Wochen eine Chance gibt, um zu sehen, dass ich es auch besser kann.
Da meinte sie nur, das sei beschlossene Sache, wenn ich möchte, könnte ich nächste Woche noch zweimal kommen, ich bräuchte aber nicht und ich solle mir das überlegen.
Ich strauchelte dann aus dem Büro. Auf dem Schulhof eröffnete ich mich dann erst einer Kollegin, zu der ich ein gutes Verhältnis hatte. Die schien aber gar nicht so verwundert, drückte mich herzlich und meinte, dass man mir doch immer kleine Hinweise gegeben hätte und der Weg der Mitte immer der Beste sei und ich mich einfach an den anderen orientieren sollte, um nicht querzuschlagen.
Ich sagte dann, dass ich noch nicht weiß, ob ich nächste Woche nochmal wiederkomme. Ich ging und dann hörte ich noch das Kind nach mir rufen, das 20 Minuten auf mich gewartet hatte und mit mir doch die Sandburg bauen wollte.
Zu Hause ließ ich erst einmal allles sacken, informierte mich, ob so eine plötzliche Kündigung eigentlich erlaubt ist und musste leider feststellen, dass das "aus wichtigen Gründen" bei Honorarkräften möglich ist, bei 450 Euro-Jobs hätte es ein schriftlich protokolliertes Verwarnungsgespräch geben müssen.
Nichtsdestotrotz habe ich diese Kündigung aus diesen Gründen nicht im Verhältnis zu meinen sonstigen hervorragenden Qualitäten gesehen, was die Chefin ja noch explizit erwähnt hat.
Es wäre daher nett gewesen, wenn man mich zumindest mündlich explizit vorgewarnt hätte, dass mein Job gefährdet ist, wenn ich das und das nicht anders mache.
Zuvor war mir nie gesagt worden, dass mein Sicherheitsempfinden prekär ist. Ich hatte nur Bedenken, dass man was sagen könnte, weil ich zu viel spiele, dass sie denken, ich sei in der Kindheit steckengebelieben oder ein päd. Kinderschänder, weil mir die Kinder ja schon recht nah kamen. Ich schaukelte auch gerne mit anderen Kindern, insbesondere mit meinem Lieblingskind, wir sangen dabei auch schon richtige Duette.
Ich selbst wäre ja nicht selbst auf die Schaukel gestiegen, aber ich sah auch andere Betreuer, wie sie auf den Kinderdreirädern herumfuhren, weswegen ich das für legitim hielt.
Zu Hause setzte ich mich dann hin und schrieb das ganze Wochenende lang eine Mail an die Chefin und deren Oberchefin, mit der sie meine vorzeitige Kündigung beschlossen hatte, mein Vertrag wäre eigentlich bis zu den Sommerferien gelaufen.
Darin ging ich auf die einzelnen Kündigungspunkte ein, schrieb, dass ich Gottvertrauen habe, dass so schnell nichts passiert, es sei ja auch weicher Sandboden unter der Schaukel, dass ich bei liegenden Kinder nichts gesehen oder nicht eingegriffen habe, habe ich teilweise zugegeben, aber da auch ehrlich gefragt, wer das denn immer gesehen hätte, wenn man so intensiv spielte wie ich, das Spielen ansich aber nie kritisiert worden ist. Ich schrieb dann noch, dass ich manchmal nicht eingegriffen habe, weil ja dann meist doch eine Fachkraft kam, um die verletzten Kinder zu versorgen. Von meinem Gefühl her hätte ich die verletzten Kinder an mich gedrückt, gestreichelt und getröstet, aber da hatte ich wieder Angst, dass mir das falsch ausgelegt wird, weswegen ich das dann lieber die weiblichen Fachkräfte habe machen lassen.
Dass ich mich mit Sand bewerfen lasse, ohne was zu sagen, dazu meinte ich, dass ich mir viel gefallen lasse, wenn sich die Kinder dadurch stark fühlen. Und es geschah ja auch im Spiel, der Sand sollte nämlich als Zaubersand dazu dienen, nicht gefangen zu werden.
Ich führte dann noch an, dass nie einer was gesagt hätte, wenn Kinder mit Stelzen auf dem harten Asphaltboden laufen würden, da sei eine hohe Sturzgefahr und Verletzungsgefahr gegeben, im Gegensatz zur Schaukel, unter der Sand wäre.
Ich erwähnte dann auch noch meine schwierigen privaten Verhältnisse (Pflege von zwei Angehörigen, plötzlicher Kontakabbruch der langjährigen Freundin, nachdem man sich jahrelang um sie und dann um ihre Tochter, die sie zwischenzeitlich von einem anderen bekommen hatte, gekümmert hatte und praktisch Vatergefühle für das Baby entwickelt hatte, den tragischen plötzlichen und unerwarteten Tod meines geliebten Vaters etc.) und hoffte dadurch vielleicht so viel Verständnis zu bekommen, dass, wenn man es schon nicht mehr mit mir versuchen möchte, mir zumindest ein Jobangebot an einer anderen Schule in Aussicht stellt.
Und natürlich schrieb ich, dass ich es nicht verstehen kann, dass man mich nicht vorgewarnt hat, wo ich doch sonst so toll und intelligent (O-Ton der Chefin) sei.
Und dass ich eigentlich erwartet hatte, hier übernommen zu werden mit einem besseren Vertrag, ich aber nun vor einem Scherbenhaufen stehe und nicht mehr weiß, was ich jetzt überhaupt noch machen soll.
Dieser plötzliche Jobverlust traf mich einerseits, weil mich das tief in meinem Stolz verletzt hat, denn eigentlich wäre ich ja nun, wenn ich mildere Prüfer gehabt hätte, verbeamteter Gymnasiallehrer, und angesehen, vielleicht gestresst, überfordert und unglücklich, aber zumindest mit einem zweiten Staatsexamen in der Tasche, mit dem ich mit etwas Nachstudium auch an Grundschulen als Lehrer hätte tätig werden können oder zumindest um einiges leichter Vertretungsstellen an verschiedenen Schulformen bekommen hätte. Das Angebot, nur als Übungsleiter arbeiten zu können, nicht einmal als 450 Euro-Jobber, war also schon eine Erniedrigung, weil das sonst nur Hausfrauen oder junge Studenten machen. Und dann noch da rausgeschmissen zu werden, weil ich angeblich kein Sicherheitsempfinden hätte, während die Hausfrauen und Studenten, die gar nicht richtig Bock darauf haben, mit den Kindern zu spielen, sondern ihnen nur Befehle geben und sie maßregeln, fröhlich weiterarbeiten, demütigender kann das ja nicht sein.
Andererseits habe ich die Arbeit gerne gemacht, weil ich sie für die Kinder gemacht habe, und ihnen Freude machen wollte.
Ich bin nämlich gläubiger Katholik und werde nur dann glücklich, wenn ich für andere etwas tun kann. Insbesondere wenn ich etwas für Kinder tun kann, weil ich, so habe ich das bei der Arbeit gelernt, von ihnen noch Dankbarkeit und Freude zurückkommt und sie mit einem reden.
Ich habe in meinem Leben von so vielen Menschen Ablehnung erfahren, hier bei der Arbeit war ich wirklich mal glücklich.
Ich habe nicht viele Freunde, ich kenne auch nicht viele Leute, da ich wegen meiner Pflegetätigkeit nicht so rauskomme, aber die Kinder haben mich glücklich gemacht. Ein Lächeln eines Kindes oder ein fröhliches Hallo und ich war für den Rest des Tages glücklich.
Und die Kündigung hat mich auch insbesondere wegen meines Lieblingskindes belastet.
Ich hatte nämlich schon die ganze Zeit mir über Gedanken gemacht, wie das wohl sein wird, wenn sie nach den Sommerferien nicht mehr an der Schule sein wird, und dass ich sie sehr vermissen werde. Ich dachte mir, dass ich die restliche Zeit noch genießen muss und mich dann an den Erinnerungen erfreuen muss. Insgeheim hatte ich gehofft, dass ich vielleicht vorher mal mit der Mutter ins Gespräch kommen kann und da mal abchecken kann, wie sie so drauf ist und mich dann anbieten können, ihre Tochter auch privat zu betreuen oder ihr bei den Hausaufgaben zu helfen. Bzw. zumindest in Kontakt zu bleiben und ab und an zu erfahren, wie es ihr so geht, damit ich dann und wann auf welche Weise auch immer helfen kann.
Das Kind war mir nämlich doch sehr ans Herz gewachsen. Dazu aber gleich noch mehr.
Ich schickte also am letzten Märzwochenende die Mai an die Chefin und Oberchefin ab und war mal auf die Reaktion gespannt. Montags rief mich dann die Chefin an und fragte mich, ob ich diese Woche denn noch kommen möchte, wo mir klar wurde, dass sie meine Mail nicht beeindruckt hatte.
Ich sagte dann natürlich zu, schließlich wollte ich mich noch gebührend von den Kindern verabschieden.
Als ich dann dienstags kam, zitierte sie mich erst einmal in ihr Büro zu einem Gespräch, bei dem dieses Mal eine anderere Mitarbeiterin als Protokollantin mitkam.
Da kam sie dann auf meine Mail zu sprechen. Wie erwartet, wies sie alle Kritik zurück, konnte es auch gar nicht verstehen, dass ich die Kündigung nicht einfach akzeptieren würde. Sie hätten mich öfters vorgewarnt, u.a. hätten Sie und ihre Kollegin direkt zu mir gesagt, dass ich Kinder nicht anschaukeln dürfte, wenn ich das nicht verstanden hätte, wäre das nicht ihr Problem, wie deutlich hätten sie mich denn noch darauf hinweisen sollen. Dazu sagte ich, dass ich mich daran nicht erinnern könne, es sei mir nur gesagt worden, ich solle die Kinder nicht zu hoch schaukeln und die Kinder dürften andere Kinder nicht anschaukeln, aber wenn Aussage gegen Aussage steht, kann man nichts machen. Und dann betonten sie noch, dass das Schlimmste gewesen sei, dass ich mich mit Sand habe bewerfen lassen habe und da nichts gesagt habe, Eltern wären da schon gekommen und hätten das gesehen, ich würde so das Ansehen der OGS mindern. Außerdem hätte ich den Kindern so suggeriert, dass es ok ist, mit Sand zu werfen, dabei sei das richtig gefährlich, wenn das in die Augen kommen würde. Es sei meine Pflicht, das zu unterbinden.
Viel konnte ich danach nicht mehr sagen. Nur, dass ich es aber dennoch nicht gut finden würde, dass man mich wegen meiner anderen Qualität nicht zumindest verwarnt und mit Kündigung gedroht hat, dann hätte ich natürlich sofort besser aufgepasst und mein Spielen reduziert.
Ich habe mir dann seitdem mehrere Male überlegt, ob das wirklich der Grund war, dass man mich einfach so plötzlich rausschmeißt oder ob ein anderer Grund maßgeblich war, den man mir nicht sagte:
Zum Beispiel die Vermutung, dass ich vielleicht ein päd. Kinderschänder sein könnte? Eifersucht, dass die Kinder einen so guten Bezug zu mir hatten?
Eine gut bekannte Person der Chefin und der Oberchefin, die jetzt unbedingt nun eine Stelle brauchte und ich da im Weg stand?
Es kommt mir so komisch vor, weil ich nie den Eindruck hatte, dass mein Job gefährdet sein könnte. Oder ich hatte da eine falsche Wahrnehmung. Ich habe nur das Lob inbesondere von 3 Kolleginnen gehört, daher fiel ich ja aus allen Wolken.
Ich fragte dann noch bei der Oberchefin direkt nach einem Gesprächstermin und einem möglichen Jobangebot an einer anderen Schule, doch da hieß es nur, derzeit wäre nichts frei und es sei auch nicht wahrscheinlich, dass einer von den jetzigen Übungsleitern nach den Sommerferien seinen Job aufgeben möchte. Ich dachte mir dabei nur: "Super, von den Hausfrauen und Studenten wird keiner rausgeschmissen, aber einer mit zweifachem Studienabschluss für Gymnasiallehramt ist zu doof dafür, den kann man nicht alleine mit Kindern lassen, da passiert dann was." Ich habe einfach Gottvertrauen und gesunden Menschenverstand. Passieren kann immer etwas, wenn man mal die Kinder nicht beobachtet. Als Kind nahm ch bei dem OGS-Träger öfters Freizeitangebote wahr. Damals bin ich unbeaufsichtigt durch das Fenster vom Spieleschuppen geklettert, dabei abgestürzt und auf den harten Asphaltboden mit dem Hinterkopf geknallt. Gesehen hat es keiner, tat aber tagelang später noch weh und war sicher ne Gehirnerschütterung. Gesagt habe ich nichts.
Ein andermal bin ich auf dem Spielplatz von einer Drehschaukel gefallen, wieder auf den Hinterkopf und tat wieder tagelang weh. Die anwesenden Grundschullehrer machten gar nichts, sagten nur, ich solle besser aufpassen. Tat wieder tagelang richtig weh und übel war mir auch. Gemacht wurde wieder nichts.
Wieder ein andermal attackierte mich eine Grundschulmitschülerin mit einer Brennnessel und hielt sie an meine Augen. Das tat auch richtig weh.
Gemacht hat da auch kein Lehrer was.
Es gab sicher noch mehr Erlebnisse in meiner Kindheit und Jugend, wo kein Lehrer was gemacht hat, wenn etwas passiert ist, fällt mir aber nicht alles ein. Kühlpads hat es damals irgendwie noch nicht gegeben.
Wo man früher gar nichts gemacht hat, wird heute mit Samthandschuhen hantiert. Aber das jetzt nur mal am Rande.
Meinen vorletzten Tag habe ich dann ganz normal mit angezogener Handbremse verbracht, einigen Kindern sagte ich aber schon, dass übermorgen mein letzter Tag sein wird.
Mein Lieblingskind reagierte erfreulich gelassen, sie sagte zwar in etwa "Oh nee, du sollst bleiben", aber dann war die Sache anscheinend für sie ok und ich fand das gut, dass sie anscheinend doch nicht so an mir hängt und einfach so zu allen Leuten nett und herzlich ist.
Aber mein letzter Tag hat mir fast das Herz zerrissen. Sie schien dann erst so richtig zu realisieren, dass ich nicht wiederkomme.
Als ich schon kam, umarmte sie mich. Als wir dann in die Mensa gingen, versteckte sie ihren Kopf an der Wand und war ganz still. In der Mensa dann saß sie alleine am Tisch und vergrub ihren Kopf in den Armen und weinte und schluchzte. Die anderen Kinder machten mich darauf aufmerksam. Ich ging dann hin und fragte, ob sie jemand geärgert hätte. Das verneinte sie. Mehr erfuhr ich dann aber auch nicht. Ob sie nun wegen mir weinte, weiß ich nicht, so vermessen will ich nicht sein. Sie aß dann und schien dann recht stabil, auch während der Hausaufgaben.
Nach dem Hausaufgaben verteilte ich an die Kinder der 4. Klasse Schokoriegel. Und sie bedankte sich daraufhin bei mir so überschwänglich, umarmte mich mehrmals und sagte dann "Du sollst nicht gehen". Ich versuchte, ihr dann klarzumachen, dass ich nicht freiwillig gehe, was sie aber nicht zu glauben schien. Und in diesem Moment bekam ich richtig Wut auf die Chefin, dass sie mich einfach so, ohne dass man sich vorbereiten konnte, den Kindern entreißt.
Die Chefin meinte ja, dass die Kinder mich nach einer Wochen vergessen haben werden und dass das Leben eben so sei.
Auf dem Schuhof verteilte ich dann an alle Kinder Schokoriegel, sie stürmten auf mich und da meinte die Kleine doch tatsächlich, als sie das sah, sie wich auf dem Schulhof nicht mehr von meiner Seite, ob die Kinder nun an mir oder an der Schokolade interessiert seien.
Irgendwann kam dann die Chefin herausgestürmt und unterband das und fragte mich, ob denn in der Schokolade Nüsse seien. Ich sagte, ich glaube nicht. Sie nur darauf: "Das reicht nicht. Du hättest mich vorher fragen müssen, ob von den Kindern einer Allergien hat". Sie zog dann ab und schien das zu überprüfen, kam dann aber diesbezüglich nicht mehr auf mich zu.
Die Kleine umarmte mich derweil wieder mehrfach.
Dann war gemeinsame Versammlung im Klassenzimmer. Die Betreuerin, mit der ich immer gut klarkam, sagte den Kindern, falls es noch einen geben würde, der es noch nicht mitbekommen hätte, dass heute mein letzter Tag wäre und mir die Kinder alle noch sagen können, was sie an mir gut gefunden haben. Mich fragten mehrere Kinder an dem Tag, warum ich denn gehe und ich sagte dann einfach nur lapidar, dass das manchmal eben so ist.
Das kleine brasilianische Mädchen umarmte mich dann noch einmal kräftig und wollte mich gar nicht loslassen, dann umarmte mich noch ein anderes Mädchen, mit dem ich gar nicht so viel zu tun hatte. Dann umarmte mich das brasilianische Mädchen noch einmal, dann ging sie scheinbar. Ca 5 Minuten verabschiedeten sich dann die Kinder dann von mir und sie erzählten mir so nette Sachen, ich war richtig vor Tränen gerührt.
Und dann kam das Highlight, es war wie in einer Theateraufführung, das brasilianische Mädchen kam noch einmal zurück, umarmte mich, schluchzte und drückte mir einen Zettel, herausgerissen aus einem Schulblock, in die Hand, auf dem sie schrieb "Ich werde dich vermissen" und daneben ein weinendes Gesicht. Dann war sie wirklich weg,
In diesem Moment dachte ich mir, wie die Chefin nur so herzlos sein kann und dem Kind das antun kann. Ich konnte ja selbst nicht sagen in dem Moment, dass ich sie auch vermissen werde.
Danach gingen wir noch nach draußen und ich sprach mit der Betreuerin über das brasilianische Mädchen. Und sie meinte, dass man wohl gemerkt hätte, dass ich an dem Mädchen hing und sie an mir. Sie bestätigte mir dann auch noch, dass das Mädchen herzensgut sei, viel zu lieb eigentlich und sie Angst hätte, dass sie deswegen später mal Probleme bekommen könnte, weil sie sich um alles und jeden sorgt. Und dass sie mich garantiert nicht vergessen würde.
Dann verabschiedete ich mich auch Betreuerin und meinte, dass man sich sicher irgendwo mal wiedersehen würde.
Zu Hause fasste ich dann einen Entschluss, von dem ich nicht wusste, wie das ankommen würde.
Ich entschloss mich nämlich, dem Kind einen kurzen Brief zu schreiben, indem ich ihr noch einmal deutlich machte, dass ich nicht freiwillig gegangen bin, sondern gerne geblieben wäre und dass man sich vielleicht irgendwo mal wiedersehen würde. Ich schrieb noch meine Adresse und Handynummer drunter, handgeschrieben.
Ich hatte natürlich Bedenken, wie die Mutter, die den Brief sicher als Erste gelesen oder nur gelesen hat, reagieren würde.
Mein negatives Kopfkino war bezüglich der Reaktion der Mutter: Was ist denn das für ein Brief und eine seltsame Schrift? Was, das ist der Typ, der mit meiner Tochter immer bei der OGS gespielt hat?Und der ist nun nicht frewillig gegangen? Dann wurde der Kerl wohl rausgeschmissen, bestimmt weil er Kinder missbraucht hat, sonst würden die den doch nicht rausschmeißen. Ich frage mal bei der Chefin nach, warum der jetzt nicht mehr dort arbeitet. Mist, die nennt mir aus datenschutzrechtlichen Gründen die Gründe nicht. Aber seltsam, dass der grade meiner Tochter schreibt, hat der sonst keine Familie? Kann nur ein komischer Typ sein, wenn man den rausschmeißt, auch wenn meine Tochter sagt, dass der nett ist. Nee, da reagiere ich jetzt nicht drauf. Hoffentlich schreibt der nicht noch einmal. Nee, ein normaler Betreuer macht so was nicht.
Meine positive Hoffnung bezüglich der Reaktion der Mutter war: Ach, Tochter, guck mal, der nette Betreuer, der immer so schön mit dir gespielt hat, hat dir einen kleinen Abschiedsbrief geschrieben, du warst ja so traurig deswegen, das ist ja wirlich nett, dass er so an dich denkt. Gemein von der Chefin, den einfach rauszuschmeißen, vielleicht sag ich ihr mal die Meinung. Wenn du sagst, dass der nett war, dann glaube ich dir das auch. Vielleicht rufen wir ihn mal an oder schreiben ihm zu Ostern, vielleicht hat er Lust, uns mal zu besuchen und vielleicht will er mal so was mit uns unternehmen, wir haben ja kein Auto, ach ist das nett.
Ich hatte diese Hoffnung, weil ich dachte, Brasilianer sind allgemein herzlicher und zugänglicher, und dass, wenn die Tochter so ist wie sie ist, die Mutter vielleicht nicht so viel anders ist.
Bei deutschen Eltern hätte ich mich das nicht getraut. Und ich habe das auch nur gemacht, weil ich von der netten Betreuerin bestätigt bekam, dass das Mädchen auch an mir hängt und mir das Mädchen auch unmissverständlich klarmachte, dass es mich vermissen wird. Deswegen wollte ich sie nicht hängenlassen und ihr ein Zeichen geben, dass ich sie zu schätzen weiß und sie so bleiben soll, wie sie ist.
Ihre Adresse hatte sie mir im Übrigen mal gesagt.
Wie ich befürchtet habe, gab es leider keine Reaktion. Ich weiß nicht, ob die Kleine den Brief überhaupt gelesen hat oder die Mutter aus Sorge das direkt nur mit sich ausmachte oder die Chefin um Rat gefragt hat und dort wohl davon abgeraten hat, zu mir privat Kontakt aufzunehmen, da das ja sehr unprofessionell von mir sei. Das könnte ich mir so vorstellen. Oder die Mutter dachte, dass man darauf ja nicht unbedingt antworten bräuchte, das sei ja nur eine Information, der Typ möchte sicher nicht von einem kleinen Kind gestört werden, ist zwar nett, aber jetzt ist gut.
Nachdem nach einer Woche keine Reaktion kam, habe ich überlegt, ob ich einen nachlegen sollte, anlässlich von Ostern. Erst wollte ich der Kleinen anonym einen Osterhasen in den Briefkasten legen bei Dunkelheit, dann dachte ich mir, dass ich mich doch nicht wie ein Anonymus benehmen muss und das Mädchen im Unklaren lassen sollte.
So schrieb ich noch einen Brief, dieses Mal direkt an die Mutter adressiert. So nannte ich ihr dieses Mal die Gründe für meine Kündigung, erzählte von mir, dass ich eigentlich Gymnasiallehrer bin, dass ich nun beiden, weil ich gläubiger Katholik bin und gerne schenke, was schenken möchte, nämlich etwas Geld, Schokolade und noch eine Kleinigkeit, und dass ich mich bereiterklären würde, falls es nötig sei, die Tochter auch privat zu betreuen oder ihr bei den Hausaufgaben zu helfen und falls das nicht erwünscht sei, ich mich zumindest freuen würde, ab und an zu hören, wie es der Kleinen so geht und wie sie sich so entwickelt.
Da schrieb ich also genau das, was ich mir eigentlich wünschte und der Mutter gerne mal persönlich gesagt hätte, wenn ich sie mal etwas kennengelernt und abgecheckt hätte, ob mein Wunsch überhaupt realisierbar ist bei der Mutter oder ob sie total abblockt.
Mein Brief wurde Karsamstag zugestellt, wie ich der Sendungsverfolgung entnehmen konnte,
Meine befürchtetete negative Reaktion der Mutter war: Was ist das denn? Schreibt der Typ denn schon wieder? Jetzt wird mir das aber unheimlich. Was, Geld? Gläubiger Katholik, der gerne schenkt? Oh Mann, ich glaube ich gehe zur Polizei, das geht ja gar nicht. Ich habe das mal gehört, das ist ein päd., der erst das Vertrauen von alleinerziehenden Müttern sucht, da die nicht immer Zeit haben, um dann mein Kind zu betreuen und es dann zu missbrauchen. OMG. Das melde ich der Exchefin und die soll allen Grundschulen der Stadt und Umgebung mitteilen, dass ich ja nirgendwo eingestellt werden dürfte, da ich nicht ganz koscher sei.
Ich sag meiner Tochter einfach, dass die Schokolade von mir ist und das Spielzeug auch. Das Geld verbrate ich jetzt mal für mich. Und ich hoffe, dass der Typ und nie wieder belästigt.
Meine Hofnung bezüglich einer positiven Reaktion der Mutter war; Das gibt es doch gar nicht, der schickt uns auch noch Geld. Ist das ein Lieber! Tochter, zu so einem netten Kerl sollten wir Kontakt halten, vielleicht kann der uns irgendwann mal helfen. Komm, wir rufen da jetzt mal an oder schreiben ihm eine schöne Osterkarte, Dass es noch so liebe Menschen gibt! Wie kann die OGS-Chefin den nur rausschmeißen, nur weil er gerne spielt. Es kommt doch auf das Herz an.
Leider gab es bisher immer noch keine Reaktion. Daher berfürchte ich die schlimmste Reaktion.
Zumal ich jetzt einen noch deutlich schlechter bezahlten Job als Übungsleiter eigentlich in Aussicht habe,von einem anderen OGS-Träger der Stadt.
Diesbezüglich wollte man sich spätestens am Dienstag bei mir melden. Da nichts kam, schrieb ich heute eine Nachfrageemail, aber ich habe keine Antwort erhalten.
Nun befürchte ich, dass man dort beim anderen Träger nachgefragt hat, was ich denn für einer bin, und dass dort herauskam, dass oich eben kein Sicherheitsempfinden hätte.
Oder noch schlimmer, dass ich die Mutter eines Mädchens in Angst und Schrecken versetzt hätte.
Oder dass ich den einen Träger nun rufschädigend als schlecht bezeichnen würde und dass ich ja das sicher auch mit dem neuen Träger machen würde, wenn er mich mal nicht gut behandeln würde.
Ich hatte wirklich erwartet, dass eine Reaktion kommt, wenn ich Geld mitschicke. Entweder, um das Geld zurückzugeben, weil man es nicht haben will oder um sich zu bedanken. Also mich würde ja brennend interessieren, was das für ein Typ ist, von dem die Tochter immer so nett erzählt hat.
Und ich meine, dass die Tochter, wenn sie von den beiden Briefen erfahren hätte, sich von sich auf bei mir gemeldet hätte, ohne ihre Mutter zu fragen. Sie hatte ja auch keine Scheu davor, mir immer mal wieder mein Handy aus der Tasche zu ziehen, damit Fotos zu machen oder damit zu googeln.
Oder dass sie ihre Mutter gebeten hätte, doch zu reagieren.
Daher befürchte ich eher, dass sie von den Briefen gar nichts mitbekommen hat
Nach all dem Input nun meine Frage an euch:
Ist eine Kündigung bzw. die Arz der Kündigun unter diesen geschilderten Voraussetzungen in Ordnung, rechtlich uind menschlich gesehen?
War es unter den genannten Voraussetzungen ok, dass ich dem Kind bzw. der Mutter ein- bzw. zweimal geschrieben habe? Oder habe ich mir nun alles verbaut? Wäre es vielleicht besser gewesen, wenn ich paar Wochen nach meiner Kündigug immer mal wieder an der Schule oder ihrer Wohnung vorbeigefahren wäre, bis es ein "zufälliges" Treffen gegegben hätte und ich hätte fragen können, wie es so geht?
Was sollte ich jetzt tun? Was professionell wäre, gar nichts und mir gar nichts aus dem Mädchen machen, es einfach nur als eine Nummer zu sehen, die ich mal zu betreuen hatte?
Und stattdessen mein Privatleben in Ordnung bringen und selbst mal schauen, dass ich einen guten Beruf und danach dann gute Frau und eigene Kinder bekomme, für die ich dann alles geben kann?
Es ist bei mir leider so, dass ich keine Leute mit Kindern kenne. Gut, eine kenne ich, die haben einen kleinen Jungen.
Aber ich weiß nicht wieso, mein Herz schlägt eher für liebe und nette Mädchen. Jungs können ja doch recht frech sind, nicht alle, das habe ich auch gesehen, aber oft wollen die nur Fußball spielen und das war noch nie was für mich.
Ich habe mich auch schon bei so Nannyseiten umgesehen und da gesucht, ob ich Kiner privat betreuen kann, aber da Fehlanzeigem, ich habe keinen Zuschlag bekommen.
Diese Arbeit an der OGS mit dem Spielen, Bespaßen und Hausaufgabenbetreuen war genau das, was ich wollte in meinem Leben , ohne dass ich es vorher wusste.
Und das wurde mir von einem Tag auf den anderen genommen. Der Job, die Kinder allgemein und besonders das brasilianische Mädchen.
Ich käme sicher drüber hinweg, wenn ich einen ähnlichen Job mit ähnlichen Kindern bekommen würde.
Aber so von heute auf morgen ohne Kinder, da erfüllt mich so eine unglaubliche Leere, die sich gar nicht beschreiben lässt.
Jetzt hoffe ich natürlich, dass sich der andere Träger bei mir meldet. Wäre zwar dann nur Hausaufgabenbetreuung und keine Spielbetreuung, aber besser als gar nichts mit Kindern zu tun zu haben.
Ich habe mich schon oft gefragt, warum ich gerne mit Kindern zu tun habe. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass Kinder noch Menschen sind, die keine Vorurteile gegenüber anderen haben. Die einem, wenn man nur offen und nett auf sie zugeht, alles erzählen, was sie denken, grundehrlich und ohne geheuchelte Freundlichkeit, die ich schon oft bei Erwachsenen erlebt habe.
Vor allen Dingen ist es auch ihre Unschuld (bei den meisten zumindest), dass sie eben nicht wie Jugendliche immer nur von Küssen, Knutschen und anderen Dingen reden.
Ich mag es, dass sie noch ihre Emotionen zeigen, dass sie weinen, wenn sie traurig sind., dass sie aber meist lachen und sich von einfachen Dingen schon richtig begeistern lassen, während Jugendliche nur noch ein müdes Lächeln für viele Dinge übrig haben, solange kein Alk. im Spiel ist.
Wenn ich jetzt noch einmal 19 wäre, würde ich direkt Grundschullehramt studieren. Wenn das dann nicht geklappt hätte, hätte ich immer noch auf pädagogische Fachkraft oder Erziehe umswitchen können. Aber ich hätte nicht 8 ½ Jahre Zeit für ein anspruchsvolles Studium und ein anschließendes , eigentlich karrierezerstörendes Referendariat verschwendet.
Und mit 19 wusste ich auch noch gar nicht,, dass ich Kinder mag. Während meiner Kindergarten-, Grundschul- und Gymnasialzeit bin ich viel von Klassenkameraden gemobbt worden.
Im Kindergarten und in der Grundschule kamen zwar noch ab und an Kinder bei mir vorbei und ich war bei welchen (aber insgesamt war ich in meinem Leben vielleicht auf 4 Kindergeburtstagen im Kindergarten, in der Grundschule schon bekam ich keine Einladungen mehr), aber ab dem Gymnasium bin ich nie bei einem Mitschüler zu Hause gewesen oder einer bei mir.
Meine einzigen Freunde waren meine Eltern.
Ich kann bis heute immer noch nicht genau sagen, woran das eigentlich lag. Meine Eltern waren schon Eigenbrödler, die sonst keine Freunde hatten oder nur welche, die in der Ferne wohnten.
In meiner Kindergarten-und Grundschulzeit kamen ab und an auch noch Bekannte meiner Eltern vorbei, doch das hörte ab meiner Gymnasialzeit auch auf.
Ich glaube, dass meine ganze Familie irgendwo einen autistischen Schlag hat, ich davon noch am wenigsten mitbekommen habe, aber so geprägt bin von dieser Lebensstruktur, dass ich da schwer rauskomme.
Und auf dem Gymnasium waren halt auch viele Kinder reicher, betuchter Eltern, die schon eine gewisse Arroganz mitbrachten.
Ich war immer grobmotorisch und unordentlich, verpeilt, drückte jeden Knopf, war unangepasst, mir war egal, was andere von mir dachten, ich passte da einfach nicht rein.
Vielleicht war Gymnasium die falsche Schulform, ich habe es auf partiell gute Noten auch nur durch Fleiß geschafft. Vielleicht wäre Realschule oder Gesamtschule mit "geerdeteren" Leuten besser für mich gewesen. Aber wer weiß das schon im Voraus.
Ehe es hier Missverständnisse gibt: Mein sexuelles Interesse ist nicht so ausgeprägt, wenn, dann aber ist es alleine auf körperlich entwickelte Frauen beschränkt.
Ich interessiere mich nicht für Männer und schon gar nicht für Kinder.
Ich finde Kinder nur süß. Mehr nicht.
Um noch einmal auf das brasilianische Mädchen zurückzukommen: Ich mochte sie wahrscheinlich auch, weil sie mich in ihrem Verhalten ein kleines bisschen an mich als Kind erinnerte.
Abschließend wolle ich noch mal schreiben, was ich jetzt als Nächstes vorhabe und euch fragen, was ihr davon haltet:
Erst einmal möchte ich bis Anfang Mai warten, ob ich jetzt von irgendeinem was höre: Böses wie Nettes von der Schule, von der Mutter etc.
Ich befürchte fast, dass Gleichgültigkeit da vorherrscht und gar nichts kommt, wie ich es schon oft in anderen Lebenssituationen erlebt habe.
In der Zwischenzeit werde ich mit dem Fahrrad durch die Stadt und durch die Gegend rund um die Schule fahren, wo viele Kinder wohnen, in der Hoffnung, dass ich nur eines sehe, das mich freundlich grüßt und mir so schon den Tag rettet durch so eine Geste.
Ich habe das die Tage gemacht und ich habe tatsächlich 4 Kinder von der Schule an verschiedenen Orten gesehen und zwei davon haben mich herzlich und erfreut gegrüßt, die anderen haben mich nicht gesehen. Ein mir unbekanntes Kind, das am Straßenrand in einem Migrationsviertel neben einem Spielplatz saß, hat mich angequatscht und wollte mir Steine verkaufen. Während ich mich mit ihm unterhalten habe, sah ich auf dem Spielplatz einen Klassenkameraden des brasilianischen Mädchens Fußball spielen. Ich guckte zwar in seine Richtung, aber er sah mich nicht. Sonst hätte ich ihn allgemein gefragt, wie es so geht und ob die Klasse mich vermissen würde. Dann hätte ich vielleicht erfahren, ob das brasilianische Mädchen irgendetwas zu dem Brief gesagt hat, weil, wenn sie ihn erhalten hat, hätte sie das sicher in der Klasse thematisiert.
Wenn nicht, dann wäre mir klar gewesen, dass der Brief nicht an sie weitergeleitet wurde.
Am Wohnhaus des brasilianischen Mädchens werde ich aber erst einmal nicht vorbeifahren, das wäre nach kurzer Zeit zu aufdringlich und auffällig.
Das hätte ich vielleicht machen können, wenn ich keine Briefe geschrieben hätte, so rein zufällig, aber nun habe ich mich ja einmal so entschieden.
Wenn ich dann vielleicht sogar bei ihr geklingelt hätte und mich bei der Mutter freundlich für die Störung entschuldigt hätte, ihr den Sachverhalt kurz erklärt hätte, hätte ich zumindest sofort eine Reaktion erhalten und gleich gewusst, ob es sich lohnt, Kontakt zu halten und sie hätte sich gleich ein Urteil über mich machen können.
Das Allerbeste wäre natürlich ein zufälliges Treffen in der Stadt gewesen, aber man kann ja nicht den ganzen Tag durch die Stadt laufen.
Ganz sicher würde ich die Kleine nach der OGS treffen, weil sie meist zu einer bestimmten Zeit alleine zu einer Bushaltestelle geht und dort einige Minuten auf den Bus warte.
Aber das sähe doch irgendwie nach Abfangen aus und wenn mich da einer sieht. Und die Mutter wäre dann auch nicht da, von der ja alles abhängt.
Falls ich sie dann aber doch zufällig treffen sollte, ob nun an der Bushaltestelle oder in der Stadt, würde ich einfach in ihre Richtung gucken, sie anlächeln und hoffen, dass sie mich sieht. Wenn sie mich sieht, würde mir ihre Reaktion ja zeigen, ob sie von der Mutter ggf. den Befehl bekommen hat, mit mir nicht zu kommunizieren.
Dann wollte ich Anfang Mai die nette Betreuerin, mit der ich immer gut klarkam, eine Mail schreiben und fragen, wie es so geht und ob die Kinder noch von mir reden. Und ich würde auch schreiben, dass ich die Kleine kontaktiert habe, ob es da irgendwie Ärger gab und ob die Kleine sich irgendwie anders verhalten hätte. Und ich würde fragen, ob ich mal vorbeikommen kann, vielleicht an einem Tag, wo die Chefin nicht da ist.
Dann würde ich vielleicht etwas ruhiger werden, egal, wie das ausgeht. Aber ich wüsste zumindest, woran ich bin.
Schon seit Jahren würde ich mir wünschen, gerne der nette Spieleonkel von einem kleinen Mädchen zu sein, da ich selbst keine Kinder und keine Frau habe.
Zuerst dachte ich, dass ich das für die uneheliche Tochter meiner Exfreundin sein könnte, doch die hat den Kontakt zu mir abgebrochen, als die Tochter 1 ½ Jahre alt war. Die genauen Gründe kenne ich bis heute nicht. Doch dieses Erlebnis war traumatisch.
Bei dem brasilianischen Mädchen nun dachte ich, dass ich das für sie sein könnte, zumal ja von ihr so viel Liebe zu mir kam.
Sie ist zwar schon 10 Jahre alt, aber ich habe das Gefühl, dass sie mich auch später noch gut gebrauchen könnte, weil sie eben ohne Vater aufwächst. Jemanden wie mich, der feinfühlig ist, sie gut versteht und sie nicht anschreit.
Zumal ich ihr auch noch was bezüglich des katholischen Glaubens geben kann.
Sie ist zwar katholisch getauft, scheint aber sonst nicht viel vom Glauben zu wissen, scheint aber interessiert zu sein und gute Ansätze zu haben, weil sie ja mal so etwas sagte wie "Ich will mehr Religion", "Ich bin Christ".
Ich möchte nicht, dass sie ohne Glaubensleben aufwächst und hinterher in die Leere fällt und gar nicht weiß, was der Sinn des Lebens ist.
Ich war nämlich schon erschrocken, dass ich an Aschermittwoch der einzige mit Aschekreuz gewesen bin und wirklich jedes Kind fragte, warum meine Stirn dreckig ist. Selbst eine Betreuerin machte mich auf meine dreckige Stirn aufmerksam.
Und die Kleine wusste das auch nicht, getauft und letztes Jahr zur Kommunion gegangen. Religionsunterricht haben sie an der Schule nicht wegen des hohen Anteils an Muslimen. Aber in der Erstkommunionvorbereitung hätte das doch thematisiert werden müssen. Das sagt mir alles über die Qualität der Erstkommunionvorbereitung.
Karneval wurde an der Schule gefeiert und die Chefin meinte, dass das etwas Ähnliches wie Halloween wäre. Aber warum Karneval gefeiert wurde, wusste keiner.
Vielleicht kennt jemand die Geschichten "Heidi" oder "Pollyanna": Das brasilianische Mädchen war für mich wie Heidi für den Großvater. Und das Mädchen erinnerte mich an "Pollyanna", die immer alle Menschen glücklich machen wollte, die sich selbst nicht für hübsch hielt, aber alles durch ihre Art wieder wettmachte.
Nunja, das ist nun meine lang Story. Wer darauf reagieren möchte und einen Tipp hat, was ich nun machen soll, kann mir gerne schreiben, gerne auch per PN.
Und ob ihr es komisch findet, wenn jemand Kontakt zu einem kleinen Mädchen halten möchte, weil es ihm auf unschuldige Weise ans Herz gewachsen ist?
Was ich noch erwähnen möchte: Sie sah ja nicht nur, wenn man traurig war, sie war ja auch so empathisch, dass sie, wenn sie gerade mit anderen Kindern spielte, zu mir sagte, wenn ich dabeistand: "Wenn du möchtest, kannst du gerne hier stehenbleiben, du störst nicht. Wie du möchtest. ". Als ob sie die Betreuerin wäre
Ich habe ja noch nicht so viele Erfahrungen mit Kindern. Kommt denn so ein Verhalten von Kindern, was ich jetzt in dem Text geschildert habe, häufiger vor oder ist die Kleine da schon eine echte Ausnahme?
Ich würde mich ja freuen, wenn es noch andere Kinder gibt, die ich hoffentlich bald betreuen werde, die so ähnlich drauf sind.
22.04.2022 22:36 • • 23.04.2022 #1