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Hallo zusammen, ich stelle immer mehr fest, das der oder ein sehr wichtiger Auslöser meiner aktuellen Angst/Panik/Depressionsphase ausgelöst und befeuert wird durch den Zustand meines Vaters.
Mit fast 90 hat er sehr deutlich körperlich abgebaut und hat auch zunehmend geistige Defizite. Er ist auf Pflegegrad 3 eingestuft.
Er lebt allein in meinem Elternhaus und hat ein Maximalpaket an ambulanten Pflegedienst- und Haushaltshilfeleistungen, was im
Schwerpunkt meine Schwester organisiert, die 450km entfernt wohnt. Wir anderen 3 Kinder übernehmen anfallende Aufgaben vor Ort wie Rechnungen, Handwerker koordinieren etc.
Nun scheint dieses Paket an seine Grenzen zu kommen, eigentlich ist es ein Wunder, das bisher nichts Schlimmes passiert ist. Er ist ja nachts allein und auch tagsüber immer wieder.
Meine Schwester kann auch die Koordination der Pflegedienste und weiteren Hilfskräften nicht mehr sehr lange weiter machen.
Er muss also zeitnah in ein Heim und möchte nicht.

Diese Situation ist sehr belastend für mich. Immer, wenn ich mit meinen Geschwistern drüber spreche, dass dieser Schritt jetzt ansteht, geht es mir sehr schlecht, kann kaum schlafen trotz Promethazin, kriege Ängste, hohen Puls. Die Vorstellung meinen Vater u.U. gegen seinen Willen in ein Heim zu stecken, sein Haus, mein Elternhaus, verkaufen zu müssen, nimmt mich enorm mit.

Sicherlich ist das für die allermeisten Menschen eine furchtbare Phase im Leben, wenn man so etwas seinen Eltern antun muss. Aber mich schränkt es immer wieder so enorm ein, dass ich Angst habe, darunter zu zerbrechen umd dabei hat die heiße Phase noch gar nicht begonnen.

Wie schaffe ich es, mich mit dieser zugegebeber Maßen schlimmen Situation für alle Beteiligten gesund auseinander zu setzen?

Habt Ihr Tipps, Anregungen oder Erfahrungsberichte?

Vielen Dank im Voraus und sorry für den Roman

04.11.2022 10:55 • 06.11.2022 x 4 #1


32 Antworten ↓


Grüß Dich Pauline,

Zitat von Pauline333:
Er muss also zeitnah in ein Heim und möchte nicht.

Vielleicht können wir uns auf diesen Merksatz zur Betrachtung einigen?

Festzustellen bleibt, dass das sicher auch weder Du noch Deine Geschwister mögen. Soweit besteht emotional Einigkeit bei sämtlichen Betroffenen. Das finde ich schon mal wichtig, festzuhalten.

Nun die Frage nach dem Müssen. Eigentlich muss weder er noch ihr gar nichts, was eine Entscheidung angeht. Ihr und er müsst lediglich die Konsequenzen jeglicher Entscheidungsvariante verkraften.

Das Ende dieser Daseinsrunde ist nahezu überall selten angenehm bis meistens unschön, egal ob das ein relativ rascher Absturz durch Unfall im eigenen Haus oder ein langsamer Landeanflug in einem ungeliebten Heim ist. Was dabei immer letztendlich rauskommt, ist der Tod.

Mein Vater hat bis zu meiner Einweisung in ein Heim daheim Stücke gebracht, die gemeinhin als unverantwortlich galten, aber ich habe mich dafür entschieden, soweit wie möglich in seinem Sinne zu handeln (bzw. hier: nicht zu handeln). Erst, als es durch eine Fastkatastrophe zu dem Schlimmsten gekommen wäre, ging es über die Psychiatrie in eine Heim, wo er dann 8 Monate noch relativ verträglich auf sein Ende zusteuerte.

Das größte Drama, das wir um einen bevorstehenden Heimaufenthalt machen, entsteht meistens in unserem Kopf bzw. in unserem Herzen. Und nicht zuletzt lernen wir genau dabei unsere Beziehung zu unseren Eltern nochmal neu kennen. Spätestens da tauschen wir die Rollen.

Bis wir dann in die erste Reihe vorrücken und uns vielleicht im abgelebten Vorbild unserer Eltern wiederfinden.

A


Vater muss in Heim /Trigger meiner Verlustangst/ Tipps?

x 3


Zitat von Pauline333:
Habt Ihr Tipps, Anregungen oder Erfahrungsberichte?

Aus zweiter Hand.

Meine Mutter musste quasi so mit meiner Oma verfahren.
Sie und ihre Geschwister haben irgendwann entschieden, dass Oma in ein Heim muss.
Wollte sie nie, sie wollte den Hof nie verlassen.
Da aber irgendwann die Pflege und die zusätzliche Unterstützung ihrer 4 Kinder nicht mehr ausreichte, musste dieser Schritt her.

Sie haben es bis zum letzten ausgereizt, aber es ging nicht mehr.
Der Hof wurde auch irgendwann verkauft.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das belastend ist.
Dein Vater gibt das letzte Stück Selbstständigkeit auf. Zudem verlässt er einen Ort, an dem sicher viele Erinnerungen und Emotionen dran hängen.

Aber: Wenn die Pflege nicht mehr ausreicht, geht das nunmal nicht anders.
Möglichkeit wäre vielleicht noch eine 24h-Pflegekraft einzustellen.
Aber auch das eicht uU nicht mehr aus.

Ich kann dein Dilemma verstehen und wünsche dir für die kommende Zeit viel Kraft, das durchzustehen !

Liebe Pauline,
das tut mir leid zu lesen.
Ja, um nicht irgendetwas schön zu reden, es ist eine furchtbare Phase.
So war es damals mit meiner Großmutter. Ich habe sie so lang gepflegt wie es ging, aber dann konnte ich nicht mehr und wir mussten sie nach Pflegedienst Einsatz leider in ein Heim geben.
Das war für uns sehr schwer, aber ich habe sie so gut es ging, besucht, bis sie mich nicht mehr erkannte.
Einen guten Tipp kann ich dir auch nicht weiter dazu geben, außer, so oft wie möglich, ihn zu besuchen.

Mein Vater ist jetzt 88 Jahre alt und läuft am Rollator, kann aber noch selbst für sich sorgen (Waschen, Duschen, Anziehen, selbstständig essen), aber meine Mutter leidet sehr darunter, weil er damit nicht zurecht kommt, jetzt so schlecht und wackelig auf den Beinen zu sein. Ein Heim kommt auch bei ihm nicht in Frage. Aber wenn es nicht mehr geht und meine Mutter daran zugrunde gehen würde, bleibt einem wohl nichts anders übrig, so schwer wie es ist. Aber mann muss eben auch an seine eigene Gesundheit denken so wie du gerade. Prioritäten setzen und gut für sich selbst sorgen, wenn man aus diesen oder jenen Gründen besonders belastet ist und dann selbst auf der Strecke bleibt.

Vielleicht hat noch jemand anderer einen hilfreicheren Tipp. Ich drück dir jedenfalls alle Daumen, dass eine gute Lösung gefunden werden kann und wünsche dir gute Besserung.

Mein Vater ist seit 4 Monaten schwer dement. Das kam von heute auf morgen, angefangen mit dem Verdacht auf eine paranoide Schizophränie, mit der er 2 Monate in der Psychiatrie war und anschließend ist er ins Pflegeheim gekommen mit mittlerweile Pflegestufe 5. Von heute auf morgen war er nicht mehr der Mensch, den man kannte. Es ist dramatisch. Ich wohne 400 km entfernt und besuche ihn momentan rund alle 4 Wochen. Das ganze hat meine Mutter, meine brüder und mich an die absolute Belastungsgrenze gebracht. Ich leide sehr darunter, muss mich teilweise ablenken, sonst zerbreche ich daran. Ich war immer ein Papakind und ihn nun so zu sehen, ist für mich das schlimmste.
Mein Vater wollte auch nie ins Heim, denkt, er wohnt in einem Hotel und meine Mutter würde mit einem neuen Mann wohnen. Ihm geht es psychisch schlecht, aber er braucht rund um die Uhr Pflege und das könnte meine Mutter daheim nicht leisten. Er muss gewaschen werden, zur Toilette gebracht werden und manchmal auch gefüttert werden, sitzt im Rollstuhl. Meine Mutter ist ja selbst schon 81. Es ist für den Kranken schrecklich, aber es gibt Umstände, in denen ein Pflegeheim unumgänglich ist. Manchmal könnte ich rund um die Uhr heulen.

Je nachdem, wie dein Vater, die Familie... finanziell aufgestellt ist, bestünde noch die Möglichkeit einer 24-Std.-Betreuung.
Zuhause.
Mein dementer Vater lief immer aus dem Heim weg und ging nachhause .
Holte meinen Vater wieder nachhause.
Per Annonce fand ich dann einen Mann, der bei ihm eingezogen ist. Das lief dann wie eine Art WG.
Es gibt Menschen, die so etwas leisten können / wollen.
( mit dem Mann, der das bei meinem Vater tat, bin ich jetzt schon lange verheiratet )

Zitat von Orangia:
Je nachdem, wie dein Vater, die Familie... finanziell aufgestellt ist, bestünde noch die Möglichkeit einer 24-Std.-Betreuung. Zuhause. Mein dementer Vater lief immer aus dem Heim weg und ging nachhause . Holte meinen Vater wieder nachhause. Per Annonce fand ich dann einen Mann, der bei ihm eingezogen ...

Kann auch noch sagen, dass die 24 Std .Betreuung nicht wesentlich teuer war als der Heimplatz

Liebe Pauline333, es tut mir leid doch ich verstehe auch, dass Du jetzt so damit hadern musst, Deinen Vater zu überreden in ein Pflegeheim zu geben, oder ihn unter gefährlichen Umständen zu Hause bleiben zu lassen.

Ich kenne genau dasselbe Problem, das wir mit meiner Schwiegermutter, und dann mit meiner Mutter hatten: beide wollten auf gar gar keinen Fall ihre Wohnung verlassen und in ein Pflegeheim.

Die Schwiegermutter, die Alzheimer bekommen hatte, musste dann eines Tages gegen ihren Willen ins Heim. Sie hatte Feuer in ihrer Wohnung entfacht. Es war hart sie ins Heim zu kriegen. Doch nach ein paar Wochen blühte sie dort sichtlich auf. Sie durfte sich als Kellnerin beteiligen ( war mal ihr Beruf) und brachte gute Stimmung ins Heim. Zugegeben hat sie es nie, dass sie sich dort viel besser als daheim fühlt, aber es war ihr an zu merken.

Meine Mutter hatte Krebs und mehrere Chemotherapien, und wurde allein daheim ( manchmal liess sie es zu, dass die Spietex kam) immer schwächer. Doch um nichts in der Welt liess sie sich auf die Idee eines Pflegeheims ein. Wurde sogar extrem wütend auf mich, die ich als Tochter ( auch unter Druck von anderen) immer wieder Besichtigungsvorschläge machte.

Dann fiel sie eines Nachts aus dem Bett, konnte sich nicht mehr aufrichten, und es war einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass ihre Nachbarin vorbei schaute: sie entdeckte Mutter verwirrt und ängstlich am Boden, und veranlasste sofort eine Ambulanz, die Mutter ins Krankenhaus fuhr. Dort liess man sie nicht mehr zu sich heim gehen , sondern brachte sie in ein eher schlechtes Pflegeheim. Mutter fühlte sich zunehmend fehl am Platz. Jetzt war sie bereit in ein freundlicheres Heim um zu ziehen, wo sie sich lieb betreut und wohl fühlte.

Leider konnte sie nur noch knappe zwei Monate vom Luxus dort profitieren.

Zitat von Orangia:
Per Annonce fand ich dann einen Mann, der bei ihm eingezogen ist. Das lief dann wie eine Art WG.
Es gibt Menschen, die so etwas leisten können / wollen.
( mit dem Mann, der das bei meinem Vater tat, bin ich jetzt schon lange verheiratet )

Schöne Geschichte....

Ich finde dieses Thema auch schwierig und es belastet mich, bevor es überhaupt begonnen hat.

Der körperliche und ggf geistige Verfall geliebter Menschen nimmt auch mir sehr viel Kraft.

Ist manchmal schwer den Gang der Zeit zu akzeptieren.

Und sich unter Umständen dann im richtigen Maße abzugrenzen, um nicht selbst an bestimmten Situationen kaputt zu gehen.

Zitat von moo:
Grüß Dich Pauline, Vielleicht können wir uns auf diesen Merksatz zur Betrachtung einigen? Festzustellen bleibt, dass das sicher auch weder Du ...


Danke, lieber @moo für deine Worte und deinen Erfahrungsbericht. Du musstest diese Entscheidung also alleine treffen und umsetzen? Wahnsinn, das ist für mich aktuell undenkbar und ich bin sehr froh, dass wie zu viert sind und meine Geschwister das Ganze deutlich weniger emotional betrachten können.

Dieser Satz tut mir gut:
Zitat von moo:
Das größte Drama, das wir um einen bevorstehenden Heimaufenthalt machen, entsteht meistens in unserem Kopf bzw. in unserem Herzen.


Das ist definitiv so. Ich muss es mir immer wieder vor Augen halten. Danke dafür!

Zitat von Haferbub:
Ich kann dein Dilemma verstehen und wünsche dir für die kommende Zeit viel Kraft, das durchzustehen !


Ich danke dir, das tut gut zu lesen.

Zitat von -IchBins-:
Aber mann muss eben auch an seine eigene Gesundheit denken so wie du gerade. Prioritäten setzen und gut für sich selbst sorgen, wenn man aus diesen oder jenen Gründen besonders belastet ist und dann selbst auf der Strecke bleibt.


Danke, liebe @-IchBins-
Auch das sind wahre Worte. Ich möchte unbedingt funktionsfähig (oder besser noch: fit) für meine eigene Familie (Kinder/Mann) bleiben.

Zitat von Islandfan:
Mein Vater ist seit 4 Monaten schwer dement. Das kam von heute auf morgen, angefangen mit dem Verdacht auf eine paranoide Schizophränie, mit der er ...


Ohje, das ist krass. Tut mir sehr, sehr leid für euch alle.
Da gibt es ja kaum tröstende Worte, außer: ich wünsche euch viel Kraft...

Vielen Dank. Ja, es ist schwer und nichts mehr so wie es war.
Wünsche euch ebenfalls viel Kraft.

Zitat von Orangia:
Je nachdem, wie dein Vater, die Familie... finanziell aufgestellt ist, bestünde noch die Möglichkeit einer 24-Std.-Betreuung. Zuhause. Mein ...


Danke für diese doch positive Geschichte Was ein Happy End, dass du die Hilfe für deinen Vater geheiratet hast
24h-Pflege kommt nicht so richtig in Betracht, da diese Hilfe ja auch nur 8h pro Tag arbeiten/im Einsatz sein dürfen und 1 Tag pro Woche frei haben müssen. Wir hätten dann also immer noch Lücken zu füllen (nachts, 1 Tag pro Woche, bei Krankheit und Urlaub) und es würde das Pflegekonstrukt vermutlich noch etwas komplexer werden lassen.

Außerdem kommt es für meinen Vater auch nicht in Betracht, das jemand Fremdes einzieht...

@Pauline333
sich mal bei einer Zeitarbeitsfirma erkundigen, die sich auf Pflege spezialisiert hat, was die anbieten können.
Sponsor-Mitgliedschaft

Zitat von Lina60:
Liebe Pauline333, es tut mir leid doch ich verstehe auch, dass Du jetzt so damit hadern musst, Deinen Vater zu überreden in ein Pflegeheim zu geben, ...


Vielen Dank für das Teilen deiner Geschichte. Das sind ja eher positive Berichte, dass es Schwiegermutter und Mutter dann doch gar nicht so schlecht gefallen hat.

Das wäre natürlich ein Traum, wenn mein Vater sich damit irgendwann arrangieren könnte.
Meine Mutter war die letzten 12 oder 13 Jahre in einer gerontopsychiatrischen Einrichtung, in die sie ihre Betreuerin gebracht hat. Sie fand es dort gut und war ziemlich aktiv im Heimbeirat und auch sonst. Das war ein Glücksfall und hat mir große Last von den Schultern genommen...

Zitat von Orangia:
@Pauline333 sich mal bei einer Zeitarbeitsfirma erkundigen, die sich auf Pflege spezialisiert hat, was die anbieten können.

Gibt es nicht auch osteuropäische Pflegekräfte, die man sich ins Haus holen kann?
Die genießen quasi freie Kost und Logis, verdienen X Euro im Monat, sind dafür aber rund um die Uhr erreichbar?

Und wenn die Urlaub haben und zurück fahren, kommt dann eine Vertretung, die übernimmt.

Zitat von life74:
Ich finde dieses Thema auch schwierig und es belastet mich, bevor es überhaupt begonnen hat. Der körperliche und ggf geistige Verfall geliebter ...


Ja, das ist wahr. So leid es mir tut, dass ihr alle auch solche Erfahrungen gemacht habt bzw. macht oder euch diese Sorgen macht, so relativiert es doch ein wenig mein eigenes Leid. Offensichtlich müssen wohl die meisten durch dieses Tal und die wenigsten, wenn nicht niemand, ohne seelischen Schmerz..

A


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