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ich hab mich garnicht vorgestellt. Ich hab mich bei euch angemeldet, weil ich seit über einem halben Jahr ein Problem hab, das mich täglich so sehr beschäftigt, dass es mich sogar schon bei meiner Arbeit beeinträchtigt, weil ich nicht von diesem Thema loslassen kann. Täglich viele male sage ich diesen Satz leise vor mir hin, der mir so weh tut: Ich habe garantiert mehr Probleme wie du....

Damit ihr das versteht, muss ich aber ein bisschen ausholen. Ich bin als Kind vernachlässigt worden, mein Vater war geisteskrank und meine Mutter war eine stinkende Frau. Mein Vater hat während der 18 Jahre, die ich dort lebte, nicht ein Gespräch bzw. Satz mit mir gesprochen. Wenn er seine Gefühle mal äussern wollte, schlug er mir entweder mit der Faust ins Gesicht, so dass ich jahrelang chronisches Nasenbluten hatte oder er tötete meine Tiere oder ähnliches. Meine Mutter hat zugesehen. Ich hatte Lumpen an und wurde deshalb in der Schule gehänselt und verprügelt. Ich durfte das Haus so gut wie nie verlassen, nur zum Schulbesuch.

ich bin deshalb an meinem 18. Geburtstag geflüchtet, zu meinem damaligen Freund, meinem jetzigen Mann. Kontakt zu meinen Eltern habe ich nicht mehr seitdem. 30 Jahre sind nun vergangen.

Es sollte eigentlich ein recht glückliches Leben beginnen, doch das Schicksal meinte es nicht immer gut mit uns. Mein erster Sohn wurde geboren und als er die 3. Klasse besuchte, wurde mir gesagt: Ihr Sohn wird bis ans Lebensende Hilfe brauchen, er wird niemals ein selbstständiges Leben führen können..... Er wurde schlicht weg als dumm abgestempelt, was damals keiner wusste: er war lediglich autistisch. Er besuchte dann ab dem 3. Schuljahr eine Förderschule.

Meine Tochter starb im Alter von 11 Tagen an Lungenentzündung.

Mein 3. Kind kam als Frühchen zur Welt und hatte ebenfalls eine Lungenentzündung und viele Jahre stand nicht fest, ob er Schäden davongetragen hat. Ein Herzschaden, der sich erst im Erwachsenenalter manifestierte, hat ihm vor wenigen Monaten den Traum vom Beruf eines Polizisten, seinem Traumberuf .... zerstört.

Besonders zu schaffen macht mich die räumliche Trennung von meinen beiden Söhnen und meinem kleinen Enkelsohn. Wir können beide nur noch aller paar Monate sehen, mit hohem finanziellem Aufwand. Das tut mir irre weh.

Aber auch die Quälereien durch meine Eltern verfolgen mich bis heute. Oft träume ich sogar, ich muss dorthin zurück.

Das ist der Familie meines mannes bekannt, z.T. haben sie ja alles miterlebt.

In einem Streit um einen lächerlichen Leihgegenstand kam es dann zum eigentlichen Streit. ich wollte den Streit eigentlich schlichten und meinte: Müssen wir uns jetzt um so etwas Belangloses streiten, ich hab ganz andere Probleme grad....

Und da antwortete mir meine Schwägerin wortwörtlich: ich hab garantiert ein paar Probleme mehr wie du....

Dabei wuchs sie sehr behütet in einer Familie auf, sieht Kind und Enkelkind täglich, hat kein Kind verloren wie wir und hatte auch kein krankes bzw. behindertes Kind aufzuziehen. Ihr Satz hat mir so weh getan, das kann sich keiner vorstellen. Ein paar Monate war Funkstille - dann tat sie so - als wäre nichts gewesen. Kommt lachend auf mich zugelaufen, als wären wir Freundinnen.

Aber ich kann nicht verzeihen. Ich möchte zu dieser Person - wenn überhaupt - nur den nötigsten Kontakt. Das wären Familienfeiern, um die ich mich nicht drücken kann. Es gibt noch andere Verwandte, die ich gern sehen möchte, z.B. Tanten und Onkels meines Mannes.

Meine Schwiegermutter versucht derweil ständig, uns zu verkuppeln . Ich fühle mich aber in ihrer Gegenwart sehr unwohl. Es geht auch niemals um uns und unsere Freuden oder Probleme (huch, ich darf ja garnicht sagen, dass ich welche habe) es geht IMMER nur um sie. Nur SIE ist krank, NUR SIE arbeitet, und sie hat ja sooooo viele Probleme. Ich durfte meinen Schmerz nicht mal äussern, ich musste mit meinen schwierigen Lebenssituationen immer alleine klar kommen und hatte mein Schicksal still zu tragen. Nichtmal als meine Tochter starb, hat mich mal jemand in den Arm genommen, alle haben nur gesagt: du bist ja noch jung. (toller Spruch, nicht wahr?)

Sie muss an meiner Reaktion schon längst gemerkt haben, dass ich keinen engeren Kontakt mehr will. Dabei geht es garnicht darum, dass sie an unserem Leben teilnehmen will, SIE will nur SICH präsentieren und im Mittelpunkt stehen.

Was würdet ihr mir raten?

27.07.2014 22:55 • 01.08.2014 #1


4 Antworten ↓


Schau mal:
Zitat:
Und da antwortete mir meine Schwägerin wortwörtlich: ich hab garantiert ein paar Probleme mehr wie du....

Dabei wuchs sie sehr behütet in einer Familie auf, sieht Kind und Enkelkind täglich, hat kein Kind verloren wie wir und hatte auch kein krankes bzw. behindertes Kind aufzuziehen. Ihr Satz hat mir so weh getan, das kann sich keiner vorstellen. Ein paar Monate war Funkstille - dann tat sie so - als wäre nichts gewesen. Kommt lachend auf mich zugelaufen, als wären wir Freundinnen.

Eigentlich macht ihr da beide genau dasselbe. Ihr beide denkt, es ginge euch schlechter als dem anderen. Vielleicht hat sie ja auch Leichen im Keller (auch wenn das, was sie euch vorjammern [Arbeit etc] harmlos klingt, muss ja auch nicht alles sein.]. Und nicht zuletzt hat jeder eine andere Schmerzgrenze. Vielleicht ist ihr Leben für sie schon zu viel, obwohl sie objektiv weniger hinter sich hat, als du.

Das nur als Denkanstoß. Letztendlich versteht ihr euch einfach nicht und werdet wohl auch nicht mehr miteinander warm. Also tu genau das, was dir vorschwebt: Zu Familienfeiern ok, sonst eben nicht. Und eine Da rein, da raus-Einstellung würde ich mir auch angewöhnen, anders geht es bei so Leuten, die immer im Mittelpunkt stehen wollen, sowieso nicht.

A


Umgang mit Familienmitgliedern nach Streit

x 3


Du wirst das nicht glauben, aber damit hast du mir sehr geholfen. Obwohl es vielleicht nicht unbedingt das ist, was ich hören wollte, bzw. erwartet habe.

Und ja, dieser Satz trifft den Nagel auf den Kopf.

Letztendlich versteht ihr euch einfach nicht und werdet wohl auch nicht mehr miteinander warm.

Es kann schon gut sein, dass sie Leichen im Keller hat, ich bin generell ein Mensch, der auch Probleme anderer sieht und den anderen auch mal trösten kann bzw. Mitgefühl zeigen kann. Aber bei ihr will ich das irgendwie nicht, weil sie sich Jahrzehnte in den Vordergrund drängte, wollte immer die beachtete Nr. 1 sein. Dann kam eine grosse Pause und dann kamen irgendwann wir. Obwohl mein Sohn damals grosse Schwierigkeiten hatte durch seine Behinderung, hat sie ihre Tochter immer vorgeschoben und als das Lieblingsenkelkind angepriesen. Das hat oft richtig weh getan und im Laufe der Jahre ist da ein grosse Kluft entstanden - man hat sich nichts mehr zu sagen.

Der Satz jetzt war wohl nur der i-Punkt, der das Fass zum Überlaufen brachte.

Mein Schicksal hänge ich auch sonst nicht an die grosse Glocke. Ich bin mit meinem Leben zufrieden, wie es ist. Ich habe Freundinnen, mit denen ich reden kann - nur ist da das Verhältnis ganz anders. Es ist ein GEBEN UND NEHMEN - während ich mir bei meiner Schwägerin immer nur anhören kann, wie krank sie ist, wie schwer sie arbeitet usw... Selbst wenn wir genau die gleiche OP haben, sagt sie: na bei dir ist das ja nicht so schlimm wie bei mir....

Über jahre nervt es einfach, es staut sich zuviel an, es ist einfach nicht mehr reparabel.

Oh, ich bin ernsthaft überrascht. Viele andere wären jetzt stinksauer geworden und hätten verbal um sich geschlagen. Schön, dass du den Beitrag nicht in den falschen Hals bekommen hast

Wenn du bei ihr nicht genauer hinsehen willst, ist das völlig in Ordnung. Das ist auch nicht deine Aufgabe. Du kannst sie ohne schlechtes Gewissen ignorieren. Dann gilt meiner Meinung nach lediglich, dass man dann auch konsequent sein muss (im Sinne von: Nicht für jemanden und seine Problem interessieren - in Ordnung. Dann sollte man aber auch nicht darüber urteilen, ob er welche hat und wie er damit umgeht etc.)

Nein, so schnell bin ich nicht beleidigt. Immerhin wollte ich ja die Meinung anderer hören. Es ist immer gut, wenn man mal völlig unparteiliche Leute um Rat fragen kann bzw. wie sie das sehen......

Es hat sich eine dramatische Wendung ergeben. In ihrer Famiie hat es einen sehr schweren Unfall gegeben, völlig unerwartet und besagte Person liegt auf der Intensievstation - ein Überleben wäre fast ein Wunder. Ich bin deshalb heute zu ihr gefahren....wir haben darüber gesprochen und es kam auch unser Verhältnis zur Sprache......warum es im Laufe der Jahre so schlecht geworden ist usw...... und ich habe völlig ruhig (kann es selbst kaum glauben) über meine Gefühle gesprochen, hab angesprochen, dass meine Kinder über Jahre fast tot geschwiegen wurden.....während es immer nur um ihre Tochter ging. Ich war überrascht, dass sie nicht austickte - macht sie sonst gern und wir haben gewissermassen einen Neuanfang beschlossen.

Weil wir am besagten Unfall sahen, wie schnell alles vorbei sein kann ....

Eigentlich hab ich auch selbst gemerkt, wie sehr mich das angespannte Verhältnis belastete. Ich hab da viele male am Tag dran gedacht.

Nur ich hatte all die Jahre auch nicht den Mut darüber zu reden. Vielleicht haben die Personen auch garnnicht gemerkt, wie sehr sie einem weh getan haben. In mir hat es sich jedenfalls jahrelang aufgestaut.

Es ist traurig, dass erst ein so schwerer Unfall passieren musste, dass wir beide den Mut hatten miteinander zu reden.




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