Hallo Perle,
mein Beileid, sowas ist sehr schwer.
Ich hab' meinen Vater vor acht Jahren an Lungenkrebs verloren. Da war ich 24. Das Schlimme an der Geschichte war, dass es unter Umständen möglich gewesen wäre, ihn zu retten. Zweieinhalb Jahre lang wurde er bei sämtlichen Ärzten als Simulant abgetan, im April 2008 stellte dann endlich mal jemand fest, dass dort ja DOCH Schatten auf der Lunge sind, und keine drei Monate später starb er.
Ich hatte im Jahr zuvor bereits meine beiden Großeltern verloren, die für mich immer wie ein zweites Paar Eltern waren, allein dadurch, dass sie im Haus nebenan lebten und immer da waren.
Dementsprechend war ich zu dem Zeitpunkt kaum noch zu offenkundigen Trauerregungen fähig. Sicherlich habe ich meine Tränen vergossen, aber es lief ganz ähnlich wie bei dir: Ein heftiger, etwa fünfminütiger Heulschub alle paar Tage und dann war's das. Ich dachte auch andauernd... ist das jetzt alles? SO trauert man? Das kann's doch nicht sein.
Bis ich dann über die Zeit hinweg realisiert habe, dass die Trauer sich auch nach Jahren in den verschiedensten Situationen versteckt:
Meine Abschlussprüfung plus Feier. Kein Papa mehr da, der sieht, dass ich es DOCH geschafft habe, mein Studium erfolgreich zu beenden.
Meine (damals) große Liebe. Dieser Mann hat meinen Vater nie kennengelernt und ich WUSSTE, dass sie sich sehr gemocht hätten. Das hat mich unendlich traurig gemacht.
Falls ich mal heirate, wird mein Vater das nie mitkriegen.
Er wird nie sehen, was aus mir geworden ist. Aus dem 24-jährigen, traurigen, planlosen Mädchen, was er zurückließ, ist eine eigenständige junge Frau geworden, die als einziges seiner Kinder wirklich das Nest verlassen hat.
Das wird er aber niemals wissen. Mit Sätzen wie Doch, er weiß es sicher, er ist doch immer bei dir! konnte ich als bekennende Realistin NIE was anfangen. Mag ja alles sein, aber er ist eben nicht HIER.
Einschneidende, lebensverändernde Situationen; Momente in denen man sich BEIDE Elternteile wünscht... die bekommt man erst über Monate und Jahre mit.
Nach mittlerweile acht Jahren gibt es Tage, an denen ich gar nicht mehr an ihn denke, zumindest nicht bewusst. Aber manchmal braucht es nur eine einzige Sekunde, EINE Situation, um ihn wieder auf den Schirm zu holen und dann ist alles so schmerzhaft wie am ersten Tag. Zeit heilt nicht alle Wunden. Man lernt lediglich, mit dem Loch im Herzen umzugehen und zu leben. Es wird wieder, aber es wird einfach anders.
Ich wünsche dir alles Gute!
31.07.2016 10:48 •
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