Zitat von Majorie: Ich habe wirklich in meiner eigenen Welt gelebt was meine Gesundheit angeht. Ich hatte die Illusion zu wissen alt zu werden. Nie kam mir in den Sinn, ich könnte früher ernsthaft krank werden oder sogar sterben.
Für mich ist es ein Schock wie es mir gerade geht.
Den stets rauchenden, trinkenden, ungesund lebenden Vater eines Freundes ereilte mit 79 Jahren die Diagnose Darmkrebs. Er war niedergeschmettert: Warum muss gerade mir sowas geschehen?... Ob er jemals Angst vor Krankheit hatte, weiß ich nicht, aber seine Verblüffung ist ein m. E. sehr typisches Beispiel für lebenslanges Wegschauen.
Zitat von Majorie: Merkwürdig ist, ich hatte öfter Ängste vor Unfällen wie abstürzen, ertrinken etc., aber vor Krankheit nicht.
Ist paradox. Angst vor Unfällen und deren Folgen, jedoch vor Krankheiten nicht.
Es könnte damit zusammenhängen, dass man sich für Unfälle idR keine oder wenig
Schuld gibt, für ernsthafte Erkrankungen hingegen schon eher. Vor Sachen, für die man Verantwortung trägt (und sei es auch nur ein halbwegs vernünftiger Lebensstil) kann man indirekt starke Ängste aufbauen, weil sie noch mehr mit mir, dem Ego zu tun haben: zum Leiden kommt dann noch die Schuld hinzu...
Zitat von Majorie: Ich hatte immer das Gefühl durch meine schlechte, traurige Kindheit hätte ich schon meine Last für das Leben bekommen und bliebe von Krankheit verschont. Meine Gedanken, meine Welt...meine Sicherheit und Stabilität.
Gut kombiniert - das ist absolut schlüssig. Bedenke aber: das Leben kalkuliert nicht für uns, für unsere Lebensspanne, für unser Soll und Haben.
Außerdem darf man eine schwere Kindheit und Krankheit nicht einfach in einen Topf werfen. Gerechtigkeit ist ebenso eine Illusion wie Ungerechtigkeit.
Zitat von Majorie: Ich bin traurig, die Welt nun zu sehen wie sie ist...
Und nicht wie ich sie gerne hätte.
Das eine bedingt das andere. Trauer darüber entsteht nur, wenn man noch an der Illusion als
gewesener Fakt festhält. Eigentlich sollte Erleichterung über diese Einsicht einkehren. Denn Du hast nichts verloren, außer der Verblendung. Die Wahrheit hingegen kann uns motivieren, die Restlaufzeit zu nutzen.
Zitat von Majorie: Aufwachen aus meiner Schutzvorstellung :
Ich bin verletzlich! Ich bin verwundbar ! Ich bin sterblich!
Ich kann nicht alles kontrollieren!
Jawohl. Aber das war´s dann auch . Was machen wir nun aus dieser Einsicht? Oder kannst Du bereits etwas
anderes daraus formulieren? Z. B., welche Konflikte sich angesichts dieser Ent-Täuschung
lösen?