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Hallo liebe Leute,

ich bin im Moment total verzweifelt und muss mich einfach mal mitteilen. Ich weiß gerade einfach nicht mehr weiter.

Das klingt wie das absolute First-World-Problem und ich kann negative Gedanken verstehen, wenn man dies hier liest, aber ich habe zu viele Freunde und die sozialen Kontakte mit ihnen saugen mich komplett aus.

Ich habe im Laufe meines Lebens soziale Phobie, generalisierte Angststörung, Hypochondrie und Depressionen diagnostiziert bekommen. Meine Therapie ist gerade ausgelaufen und hat leider nicht viel gebracht. Nun muss ich wieder 2 Jahre warten und habe keinen Profi, an den ich mich wenden kann.
Mein Leben überfordert mich komplett: Ich bin selbstständig, habe zwei Bands und dadurch irgendwie auch sehr viele Freunde und Bekannte. In meiner Freizeit bin ich im Tierschutz aktiv und mache Sport, helfe bei einem Gartenprojekt mit und bin nebenbei in einer Beziehung und momentan auf Wohnungssuche. Und ich kann einfach nicht mehr.

Jetzt wo viele Beschränkungen gelockert werden, bekomme ich jeden Tag Nachrichten von Leuten: Wann gehen wir mal wieder schwimmen, wann kommst du zum grillen, wir wollten doch mal nach XY fahren.
Und ich habe schon vor laaaanger Zeit den Spaß an Treffen verloren. Für mich geht es nur noch darum Sachen auf meiner Liste abzuhaken, damit der Freund oder die Freundin mal wieder für 4 Wochen beruhigt ist. Ich mag alle meine Freunde und ich habe ein großes Gerechtigkeitsbedürfnis und möchte niemanden vernachlässigen, aber die ständigen Fragen über Whatsapp und oft auch passiv aggressive Kommentare (dich sieht man ja auch nicht mehr, dich gibt es auch noch?!) saugen mich komplett aus.
Zu dem auch noch mein Berufsleben, das so viel Zeit verlangt.
Ich mag einfach nicht mehr. Ich bekomme es nicht so hin, dass ich mit meinem Alltag mir selbst, meinem Partner und meinen Freunden gerecht werde.

Kennt jemand dieses Luxusproblem und ist da irgendwie rausgekommen ohne alle vor den Kopf zu stoßen? Ich bin jetzt schon seit Jahren kurz vor dem innerlichen Zusammenbruch und weiß, dass es nicht mehr lange so weitergeht.

04.07.2021 11:15 • 05.07.2021 x 1 #1


8 Antworten ↓


Weniger ist häufig einfach mehr. Auch für dich hat der Tag nur 24 Stunden. Es ist also kein Wunder, dass bei dem was du alles so tust unter Druck stehst. Du versuchst mehr Wasser in den Eimer zu gießen als er fassen kann.

A


Sozialer Burnout

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Zitat von Annefuchs:
Mein Leben überfordert mich komplett: Ich bin selbstständig, habe zwei Bands und dadurch irgendwie auch sehr viele Freunde und Bekannte. In meiner Freizeit bin ich im Tierschutz aktiv und mache Sport, helfe bei einem Gartenprojekt mit und bin nebenbei in einer Beziehung und momentan auf Wohnungssuche. Und ich kann einfach nicht mehr.



Nur beim Lesen krieg ich Schnappatmung , und frage mich, warum du nicht erkennst, wo dein Problem liegt.

Entweder rennst du vor dir selbst davon, um dich ja keine Minute mit dir selbst zu befassen, oder du meinst, dass so ein Leben normal sein müsste. Ich würde alles streichen, was nicht primär zum Lebensunterhalt notwendig ist. Sofort..

Zitat von Annefuchs:
Kennt jemand dieses Luxusproblem und ist da irgendwie rausgekommen ohne alle vor den Kopf zu stoßen?


Hi, und ja, das kenne ich. Du hast Dich reingehängt in diese Welt, hast Ja gesagt zum Leben. Und bist nun mittendrin, doch kannst, willst da nicht mehr sein. Körper und Geist wollen raus, das Herz will bleiben. All die Freunde, Tiere, Geschäftspartner, Dinge, Ideen, Visionen sind ein Teil von Dir - jedenfalls kommt es Dir so vor.

Letztendlich geht es nicht nur um das Vor-den-Kopf-stoßen sondern um das Leben loslassen, das Du gewohnt bist und das Dir nun gleichzeitig zu viel wird. Es ist fürwahr ein Luxusproblem, doch nichts destoweniger ein Problem: Zuviel ist ebenso schwierig wie Zuwenig.

Ich habe mich in genau Deinem Alter für 2 Jahre von fast allen Leuten zurückgezogen, die nicht beruflich oder familiär mit mir zu tun hatten. Das war wichtig für mich, aber schwer war, nach einer sodann erfolgten Depri-Phase wieder Kontakt zu den Leuten aufzunehmen. Es blieben dann nur wenige echte Freunde hängen und wir genügen uns. Der Rest waren Gaudi-, Trink-, Sport-, Berufsfreunde.

a) Mach Dir doch mal im Stillen eine Liste, wer bzw. was aus Deiner Sicht weg kann und denke dann Punkt für Punkt drüber nach, weshalb der- oder dasjenige nun weg kann.

b) Wenn Du keinen Punkt notiert hast, dann mach Dir Gedanken, warum nicht.

Bei a) hängt es mit Deiner (bereits vollzogenen) persönlichen Veränderung zusammen, bei b) mit Deiner Angst vor (zu vollziehender) Veränderung.

Mit solch simplen Überlegungen findest Du Dich langsam zurecht in Deinem Geisteshaushalt.

Zuletzt wage ich noch einen Schuss ins Blaue: Glaubst Du etwa, ohne Dich läuft nichts?

Man kann im Grunde nur 5 guten Freunden wirklich gerecht werden. Vielleicht solltest du diese 5 mal rausfiltern und den Rest unter " vernachlässigbar" einordnen?!

Hallo Annefuchs,

falls Dich all diese Aktivitäten so überfordern, wirst Du nicht darum herumkommen, Sachen zu streichen, da kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen.
Ich glaube, Du bist da gerade an einem ganz kritischen/entscheidenden Punkt: Noch kannst Du etwas ändern und verhindern, dass Du irgendwann vielleicht komplett zusammenbrichst und dann gar nichts mehr geht, aber falls Du jetzt nichts änderst, läufst Du wirklich Gefahr, dass Deine Erkrankungen sich deutlich verschlimmern.

Ich glaube, hier im Forum gibt es viele User, die einen solchen Total-Crash erlebt haben (ich gehöre auch dazu), und ganz viele davon denken ähnlich: Hätte ich doch bloß damals etwas geändert, als ich es noch gekonnt hätte, dann wäre es vielleicht nicht so schlimm gekommen.

Darum wähle ich jetzt mal etwas deutlichere Formulierungen, nicht, um Dich vor den Kopf zu stoßen, sondern um Dich vielleicht etwas wachzurütteln.
Ich weiß nicht, wie Du dazu gekommen bist, Dir Dein Leben so vollzupacken, ob Du versucht hast, Erwartungen anderer zu erfüllen oder ob Du einfach Schwierigkeiten hast, die Limitierungen, die das Leben (gerade als psychisch Erkrankte) hat, akzeptieren zu können, aber so wirst Du vermutlich nicht mehr lange durchhalten können, das ist Dir auch selber klar. Aber Du wirst, wenn Du wirklich etwas ändern möchtest, auch ein paar vielleicht unangenehme Entscheidungen treffen müssen und wirst Dich einer unbequemen Wahrheit stellen müssen, wenn Du Deine Selbstfürsorge langfristig verbessern möchtest und verhindern möchtest, irgendwann komplett zusammenzubrechen:

Man kann nicht alles haben! Und man kann es nicht immer allen recht machen.

Es hat viel mit der Anspruchs- und Erwartungshaltung zu tun, die man sich selbst und dem Leben gegenüber hat und die manchmal andere Menschen uns gegenüber haben.

Du kannst Dir nicht dermaßen vielen Hobbys ans Bein binden und jedem Spaß und Interesse nachgehen, den Du haben möchtest, und Dich dann darüber wundern, dass Deine Energie nicht ausreicht.
Wenn man echte Freundschaften haben möchte, muss man auch Zeit für diese Freunde einplanen, auf die eine oder andere Weise. Freundschaften muss man pflegen, man kann nicht gleichzeitig ganz viele Freunde haben wollen, aber nichts dafür tun können, weil es einfach zu viele sind.
Du musst Deine Freunde ja nicht streichen, aber sei offen und ehrlich in der Kommunikation mit ihnen, erkläre ihnen, dass Du krank bist und gerade nicht so viel Energie zur Verfügung hast. Du musst Deine Freunde ja nicht unbedingt real treffen, man kann ja auch über WhatsApp Kontakt haben und sich für eine Weile mit Audio-Nachrichten auf dem Laufenden halten. Aber klare Kommunikation ist hier unerlässlich.
Es könnte für Dich entlastend sein, ihnen klar zu sagen: Ein Treffen geht gerade nicht und ihnen ggf. zu erklären, warum, dann wissen diese Freunde auch, woran sie sind und hören auf, Dir diese (wie Du sie sehr passend beschrieben hast) passiv-aggressiven Nachrichten zu hinterlassen. Das tun sie ja oftmals nur, weil sie nicht wissen, woran sie sind und warum Du Dich nicht meldest/ keine Treffen wahrnimmst.

Genauso wenig wirst Du es vermeiden können, Leuten auch mal ganz sanft vor den Kopf zu stoßen, wenn Du auch mal absagen musst. Das habe ich mal im Rahmen einer Psychotherapiegruppe gelernt, in der es um Kommunikation und Grenzen wahren ging. Da hat die Therapeutin ganz klar gesagt: Sie werden im Gegenüber immer eine gewisse negative Reaktion auslösen, wenn Sie ihre Grenzen kommunizieren, das ist schlicht und ergreifend unvermeidbar. Aber das ist auch nicht schlimm und muss ja nicht auf unfreundliche Art und Weise erfolgen, und es ist trotzdem unerlässlich, diese Grenzen zu kommunizieren.

Es ist so, wie man es häufig liest: Ein Nein zu Dir ist ein Ja zu mir. Und auch, wenn es hier um Dein Wohlergehen geht: Im Endeffekt wird auch keiner deiner Freunde etwas davon haben, wenn Du irgendwann komplett zusammenklappst.

Es klingt so, als müsstest Du lernen, Prioritäten zu setzen, Deine Freizeit so zu gestalten, dass sie Deinem Energieniveau entspricht und einfach akzeptieren, dass Du nicht alles haben kannst, was Du haben willst oder was andere Leute vielleicht unbewusst an Erwartungen an Dich herantragen.

Für mich war es entlastend, als ich angefangen habe, den Leuten gegenüber klarer aufzutreten und auch mal zu sagen Ich kann mich gerade nicht treffen, aber ich melde mich, wenn es wieder geht, anstatt zu sagen Heute kann ich nicht, lass' uns das Treffen verschieben. Weil ich früher dann immer mit genau dieser Angst aufs Handy gesehen habe, die Du auch beschrieben hast: Oh bitte, hoffentlich hat derjenige jetzt nicht geschrieben und will mich morgen/übermorgen/am Wochenende treffen. Es hat mich entlastet und im Endeffekt auch die Freunde, weil die dann wussten, woran sie waren.

Denn, ich wiederhole nochmal: Man kann nicht alles haben! Und man kann es nicht immer allen recht machen.
Das zu akzeptieren ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer gesünderen Haltung zu Dir selber.

LG Silver

P.S.:
Eine Reduktion von Aktivitäten muss ja auch nichts Negatives sein,

lieber Qualität statt Quantität.

Denn irgendwann wirst Du auch zunehmend immer unzufriedener mit Dir werden, wenn Du merkst, dass Du Aktivitäten und Treffen nur noch halbherzig abarbeitest, Dich nicht mehr wirklich engagiert einbringen kannst, das merken die Leute um Dich herum ja auch irgendwann und reagieren darauf, wodurch Du dann noch weniger Freude an den Dingen hast und die Unzufriedenheit mit Dir selber weiter zunimmt. So kann eine echte Abwärtsspirale in Gang gesetzt werden.

P.P.S.:
Wenn Du Dir wirklich eine Veränderung Deines emotionalen Zustands wünscht, wirst Du um eine Veränderung Deiner bisherigen Lebensführung nicht herumkommen, denn ansonsten landest Du irgendwann bei

Einsteins Definition von Wahnsinn: Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.

Dein Problem liegt an Dir selber. Du musst unnötigen Balast abwerfen und Dich auf wenige, oder sogar eine Sache konzentrieren, sonst bleibt Dir zum Schluss nichts mehr




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