Hallo Lottimotti,
ich kann mich allen Vorrednern hier nur anschließen:
Man kann niemandem helfen, der keine Einsicht in sein Problemverhalten hat. In diesem Fall heißt das: Deine Schwester einfach nicht mehr zu unterstützen, solange sie ihre Haltung nicht ändert.
Hilfe zur Veränderung und zur Selbsthilfe: Ja, natürlich, aber an diesem Punk ist Deine Schwester nicht.
Hilfe zur Aufrechterhaltung des Problemverhaltens (was Deine Nichte gerade tut): Auf keinen Fall, das führt zu nichts und behindert im Endeffekt nur, dass sich etwas ändern wird/ kann.
So hart es klingt, aber es ist so: Zur Zeit unterstützt ihr insgesamt das Verhalten Deiner Schwester und haltet es so aufrecht. Vor allem Deine Nichte. Du hast Dich ja schon distanziert, und das ist gut so, jetzt muss es nur Deine Nichte auch noch schaffen.
Deine Nichte braucht dringend psychologische Hilfe, Dein Neffe auch, aber die bekommen sie zum Glück ja auch bereits.
Was ich Dir raten würde:
Stärke Deiner Nichte weiter den Rücken, hilf' ihr, aus der Situation herauszukommen und steh' ihr bei der dringend nötigen Abgrenzung zu Deiner Schwester zur Seite.
Und führe ein ernstes Gespräch mit ihr, in dem Du ihr, auch wenn es wehtut, ganz deutlich erklärst, dass sie mit ihrem Verhalten gerade eher Schaden anrichtet als das sie hilft. Mach' ihr deutlich, dass sie im Endeffekt verhindert, dass es ihrer Mutter besser gehen kann. Sie will helfen, aber sie tut es nicht, sie macht die Sache schlimmer, weil sie die Aufrechterhaltung unterstützt. Sie wird vermutlich dabei auch Deinen Trost brauchen, sie macht es ja nicht absichtlich, sie will helfen, aber sie tut es nicht und muss mit dieser Wahrheit konfrontiert werden.
Ich hatte mal eine ähnliche Situation in der Familie. ich war zu dem Zeitpunkt schon in Therapie und hatte einen wirklich ganz lieben, ganz weichen Therapeuten, der das Gute in allen Menschen gesehen hat und der wirklicher ultra sanfte Ansätze praktiziert hat und jede Form von Härte abgelehnt hat.
Umso erstaunter war ich, als er mir eine ganz deutliche Ansage zu meiner vergleichbaren Situation gemacht hat (und plötzlich auch ganz fest und fast hart in der Aussage war, absolut untypisch für ihn):
Er hat ganz klar gesagt, dass manche Menschen erst ganz unten ankommen müssen, um zu begreifen, in welcher Lage sie stecken. Nur der absolute Tiefpunkt wird sie dazu bringen, die Augen zu öffnen und etwas zu verändern. Und wenn man bei diesen Menschen verhindert, dass sie diesen Punkt erreichen, unterstützt man nur ihr krankhaftes Verhalten und erhält es aufrecht (genau so, wie @cube_melon es auch sagte).
Dieser menschenfreundlicheste Therapeut der Welt hat mir gesagt, dass ich mich von diesem Menschen distanzieren muss, solange dieser keine Krankheitseinsicht zeigt, und ihn seinen gewählten Weg weitergehen lassen muss. Keine Hilfestellung mehr geben, die nicht in die richtige Richtung geht. Und dass das im Endeffekt auch bedeutet, nicht einzugreifen, wenn dieser noch weiter abstürzt. Er sagte wortwörtlich, dass manche Menschen erst wirklich begreifen, dass sie Hilfe brauchen, wenn sie obdachlos unter einer Brücke gelandet sind.
Ich fand das zunächst sehr schwer auszuhalten, habe eher so gedacht wie Deine Nichte und darauf gehofft, dass das Wunder doch noch geschieht und dieser Mensch sich ändern wird. Das ist nie passiert.
Ich habe noch eine Zeit gebraucht, dass zu verstehen (und ich konnte ja auch sehen, dass es nichts half), und ich glaube, es war gerade die Tatsache, dass so ein ganz weicher Mensch diese sehr harte Ansage gemacht hat, die mich dann von der Richtigkeit dieser Haltung überzeugt hat. Eben weil er kein Hardliner war. Und dann habe ich gemerkt: Wenn selbst so ein weicher Mensch so etwas sagt, muss da etwas dran sein.
Ich habe rechtzeitig den Absprung geschafft, und das wünsche ich Euch auch!
Es ist tragisch, was da mit Deiner Schwester passiert, aber es wird nicht dadurch besser, dass Ihr zu Kollateralschäden werdet.
LG Silver
25.08.2021 20:30 •
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