Ich hoffe, dass ich hier richtig bin. Es passt nirgends genau rein, weil viel zusammenkommt. Aber ich lege einfach mal los.
Ich stehe vor einer schwierigen Entscheidung, zumindest für mich. Ich muss aber erstmal die Situation erläutern. Falls möglich, hoffe ich auf guten Rat und vielleicht auch den einen oder anderen positiven Bericht von Leidensgenossen. Es ist eigentlich meine Lebensgeschichte, die ich mal loswerden muss, weil diese mich belastet. Es wird ziemlich lang. Bestimmte Punkte sind fett markiert. Die Jobentscheidung kommt am Schluss.
Alles begann vor etwa fünf Jahren. Eine Verwandte erkrankte an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Anschließend starb sie. Im selben Jahr, ein paar Monate später, erkrankte der Vater des Lebensgefährten meiner Tante an einem Hirntumor. Er starb ebenfalls und war der erste Tote den ich sah. Ich wollte ihn noch besuchen. Aber es war viel Verkehr auf der Straße, welcher mich aufhielt. Ich hätte bei ihm sein können, als er im Hospiz starb. Aber durch die Verzögerungen kam ich einige Minuten zu spät. Das bereute ich. Beide Menschen hatte ich sehr gern.
Ich will aber nicht unerwähnt lassen, dass ich auch meinen Vater nie wirklich kannte. Seine Beziehung zu meiner Mutter wurde nicht akzeptiert, woran diese schließlich auch scheiterte. Ich wurde bezüglich der Trennung angelogen. Jedoch nicht von meiner Mutter und nicht von meinem Opa. Meinen Vater lernte ich schließlich 2011 kennen. Es ging damals um BAföG und ich brauchte ein paar Informationen von ihm. Er schrieb in seinem Brief, dass ich mich mal melden könne. Dies tat ich, weil ich mir damals schon dachte, dass er irgendwann vielleicht nicht mehr lebt und ich dann nie wieder die Chance bekommen würde. Wir trafen uns und ich lernte einen freundlichen Menschen kennen. Wobei mir auch klar war, dass er sich von seiner besten Seite zeigte. Aber mein Eindruck wurde in den weiteren Treffen bestätigt. Im Jahr 2013 wollten wir nochmal Motorrad fahren. Dies war nicht mehr möglich. Es stand an einem Samstagvormittag eine Frau aus meiner Ortschaft vor meiner Tür. Sie kannte meinen Vater und sagte mir, dass er gestorben sei. Er wurde nur 50 Jahre alt.
Ich habe viel darüber nachgedacht. Gerne hätte ich ihn und meine andere Familie schon immer gehabt. Zwar leben noch ein paar Leute väterlicherseits. Ich habe sporadischen Kontakt zu meiner anderen Oma. Aber für intensiven Kontakt ist es zu spät. Mein dortiger Opa starb auch.
Richtig dick kam es aber nach dem Tod des Vaters des Lebensgefährten meiner Tante. Meine Mutter erkrankte an Brustkrebs (Triple-negativ). Als sie es beim Kaffeetrinken sagte, war mein erster Gedanke: Noch 1,5 Jahre. Mir gingen 1000 Gedanken gleichzeitig durch den Kopf. Es war eine Odyssey zu den Ärzten. Sie wurde operiert und es hieß, dass sie geheilt sei. Aber der Krebs kam sofort zurück und sie starb tatsächlich ziemlich genau nach 1,5 Jahren. Ich schaute zu, wie sie immer schwächer wurde und habe beobachtet, wie sie ihren letzten Atemzug tat. Sie starb mit 55 Jahren. Ich war erledigt. Ich versuchte alles, um meiner Mutter zu helfen. Dabei schrieb ich Ärzte und Firmen an und bemühte mich um Hilfe. Die Hälfte antwortete nicht. Bei der anderen Hälfte waren stellenweise taktlose Antworten dabei. Der behandelnde Onkologe prahlte nur damit, was er alles kann und wie viel alles kostet. Als es drauf ankam, zog er sich zurück. Von dem aufbauenden Tropf, der meiner Mama wieder Kraft gegeben hätte, wollte er nichts wissen. Wir waren einmal bei einem Arzt um eine Zweitmeinung zu bekommen. Dieser machte ihr Mut. Sie war so guter Dinge. Dann waren wir bei dem behandelnden Arzt (der Angeber). Er zerstörte diesen Mut sofort wieder, indem er über den anderen Arzt herzog und meiner Mutter knallhart ins Gesicht sagte, dass sie sterben muss. Ich war fassungslos und ich bereue bis heute, dass ich ihn nicht rundgemacht habe. Aber in mir war der Gedanke, dass meine Mutter noch von ihm abhängig ist und ich nicht will, dass sie noch mehr zu leiden hat. Ich versuchte sie zu trösten und auszubauen. Aber der Schaden war angerichtet. Und das tat er nicht nur einmal, sondern immer wieder bei mehreren Sitzungen. Klar muss man dem Patienten sagen, was los ist. Aber auf eine sanftere Weise. Meine Mutter tat mir so leid. Alle Hoffnung dahin. Ich bereute, dass wir gleich wieder zu dem Arzt gefahren sind, nachdem wir bei dem waren, der ihr Mut machte. Es war so schlimm.
Während der Zeit der Krankheit meiner Mutter, erkrankte auch mein Opa an Prostatakrebs. Er ging immer zur Kontrolle und hatte sogar Geld für Zusatzuntersuchungen bezahlt. Der kontrollierte Wert war einmal sehr hoch und er sollte operiert werden. Das wurde er aber nicht, weil er zu diesem Zeitpunkt versehentlich bestimmte Tabletten nicht nahm. Also versuchte man, die Sache mit Tabletten in den Griff zu bekommen. An eine spätere Operation dachte scheinbar niemand. Schließlich wurde er wieder kontrolliert und bei einer Biopsie waren alle Probem positiv. Der Krebs hatte auch schon gestreut. Der Arzt war sehr zerstreut und wir sind der Meinung, dass bei besserer Kontrolle, der Krebs hätte entfernt werden können. Der Hausarzt riet auch zur Operation. Es passierte aber nichts, denn diese Entscheidung traf nicht der Hausarzt. Es gab immer wieder Hiobsbotschaften. Opa rief mich einmal, weil sein Urin sehr rot war. Das war nach der Biopsie. Es war immer wieder etwas Anderes, weshalb man ins Krankenhaus musste. Dort hatte er sich auch einmal eine Lungenentzündung zugezogen, durch einen Krankenhauskeim. Also wurde er von unten bis oben hin mit Antibiotika vollgepumpt. Ein halbes Jahr vor seinem Tod, stellten wir fest, dass er Blut im Stuhl hatte. Er ging zum Darmspiegeln. Hier erhielten wir die endgültige Nachricht. Er hatte ebenso Darmkrebs. Dieser streute schon in die Leber. Er bekam ein Pflegebett und wurde für knapp vier Monate gepflegt. Ich half wo ich konnte, musste mich aber auch mal zurückziehen, weil ich sonst daran zerbrochen wäre. Dazu vielleicht später mehr. Zwei Herzinfarkte hatte Opa auch überlebt.
Mein armer Opa hatte schwer zu leiden. Bereits in den 80ern wurde er an seinem linken Auge operiert, wegen Grünem Star. Er erblindete daraufhin auf dem Auge. Im Jahr 2012 wurde er am anderen Auge am Grauen Star operiert. Er bekam eine neue Linse. Daraufhin stieg der Augendruck rasant an. Er verlor immer mehr seines Augenlichtes. (Wenn ich so schreibe, sehe ich ihn und meine gute Mutter gerade vor mir. ) Als er an seinem Geburtstag starb, konnte er nichts mehr sehen. Auch hier schaute ich zu, wie er seinen letzten Atemzug tat. Alle Erinnerungen an den Tod meiner Mutter kamen mir wieder ins Gedächtnis. Bei meinem Opa wurde leider sehr viel gepfuscht. Das erlaube ich mir zu schreiben. Ich weiß, dass die Ärzte auch nur Menschen sind und Fehler machen. Aber manches ist schon grob fahrlässig.
Mir ist noch etwas aufgefallen, das vielleicht nur Einbildung ist. etwa 15 - 20 Minuten vor dem Tod meiner Mama und meines Opas hatte ich eine seltsame Kälte gespürt. Fast so, als ob der Tod den Raum betreten hat. Das Schlimmste an der Sache war, dass ich zusehen musste, wie Mama und Opa starben. Und die Schmerzen die beide hatten konnten nicht wirklich gelindert werden. Bei meiner Mama ist die Narbe der abgenommenen Brust wieder aufgeplatzt. Diese sah aus, wie von einem Pfuscher genäht. Das sagte auch ein Arzt. Verbunden wurde nichts. Die Wunde blieb offen und wurde nur notdürftig von einer Wundschwester behandelt. Sie posaunte auch vor vielen Leuten heraus, dass meine Mama auf die Palliativstation kam und wir uns keine Sorgen machen müssen. Das war in einer Gaststätte, als wir gerade zu Mittag aßen. Es konnte jeder hören. Einfach nur daneben.
Sie bekam nur Ibu500 und so seltsames Bonbonwasser. Zumindest wird dieses so beiläufig genannt. Der einzige Trost ist, dass beide nicht mehr leiden müssen. Wenn ich einen Wunsch frei habe, wünsche ich mir nur, dass ich die Gesichter meiner lieben Familie noch einmal vor meinem geistigen Auge sehe, wenn ich einmal selbst sterbe. Alles andere geht eh nicht in Erfüllung. Wenn ich früher einen Wunsch frei hatte; durch eine weggeblasene Wimper, ein Kleeblatt oder eine Sternschnuppe, wünschte ich mir meistens, dass meine Familie gesund ist. Ganz selten wünschte ich mir etwas für mich. Aber vielleicht war das schon zu viel Egoismus.
Seit nunmehr fünf Jahren sehe ich dieses Leid im engeren Familienkreis mit an. Ich falle seelisch in eine Grube und wenn ich mich wieder rausgearbeitet habe, bekomme ich einen erneuten Tritt. Das Ganze wird mir auch durch einen Menschen in der Verwandtschaft erschwert, der immer sehr gemein war. Diese Person hatte auch unter den Toden meiner Mutter und des Opas sehr zu leiden. Aber es wurden immer wieder Gemeinheiten der übelsten Sorte verteilt. Selbst gegenüber den Sterbenden auf dem Sterbebett. Ich weiß nicht, ob ich darüber noch böse sein soll. Vielleicht war dieser Mensch einfach nicht zu Empathie fähig. Aber es hatte mir wirklich schwer zu schaffen gemacht und ich habe viel Zorn und vielleicht sogar Hass empfunden und tue es teilweise noch immer.
Die im vorherigen Absatz besagte Person lebt mit mir in einem Haushalt. Ich versuchte, ihr aus dem Weg zu gehen. Es ging nicht. Frechheiten waren an der Tagesordnung. Ich wurde sehr häufig schlecht gemacht. Es war für mich kaum zum Aushalten. Aber die Wut auf diesen Menschen hatte mich meine Trauer und Einsamkeit vergessen lassen. Ich hasste deren Gegenwart. Aber mir war bewusst, dass ich diesen Hass wohl brauche. Er lenkte mich ab. Nun ist der Mensch im Krankenhaus und das Haus leer. Außer mir ist hier niemand mehr. Sonst genoss ich die Ruhe. Wobei mir klar war, dass sie später zur Last wird. Und dieser Fall ist nun eingetreten. Die Stille belastet mich. Zwar könnte ich den Fernseher der Familie laufen lassen. Ich würde etwas hören. Aber ich wüsste, dass da niemand davor sitzt. So absurd es ist. Ich sehne mich irgendwie nach den Frechheiten zurück. Sie waren Teil meines Lebens. Nun empfinde ich Leere. In diesen Situationen muss ich an einen Bericht über Gefängnisinsassen denken. Darin wurde erwähnt, dass manche Prügel und andere körperliche Misshandlungen der Isolierzelle vorziehen, weil sie so immernoch sozialen Kontakt haben. Sicher ist dieser Vergleich ein bisschen weit hergeholt, aber in mancherlei Hinsicht vielleicht doch passend.
Nun möchte ich auch nochmal auf das Vielleicht von einem oberen Absatz zurückkommen. Ich war für einige Jahre nicht zu Hause. Seit nunmehr zwei Jahren habe ich aber einen Job in meiner Heimat. Ich wünschte mir immer, wieder nach Hause zurückzukehren. Seitdem ging es seelisch aber noch mehr bergab mit mir. Die Schikanen der besagten Person gingen über Wochen, gar Monate. Es gab selten Momente, in denen ein guter Umgang möglich war. Ich erkannte, dass mein Opa bald stirbt. Alle Gefühle kamen wieder hoch. Hinzu kamen die Schikanen. Es hatte mich innerlich fast zerrissen. Also musste ich einen Entschluss fassen, den ich nie fassen wollte. Ich nahm mir eine Wohnung und ging für ein paar Wochen fort. Ich teilte dies mit und ließ zusätzlich noch einen Brief zurück. Auf diesem schrieb ich u.a., dass ich meine Hilfe anbiete, wann immer sie benötigt wird. Ich glaubte, dass mir der Abstand hilft. Einen Nervenzusammenbruch meinerseits hätte niemand gebrauchen können. Die Entscheidung fiel mir sehr schwer, aber es war zu diesem Zeitpunkt scheinbar die einzig Richtige. Aber das Gegenteil war der Fall. Ich fühlte mich so einsam und verlassen. In dieser Zeit baute ich körperlich noch zusätzlich ab. Ich wog knapp 80 kg. In diesen drei Wochen wurden daraus nur noch 73 kg. Dasselbe Gewicht verlor ich, als ich mich um meine kranke Mutter kümmerte. Auch hier ging es von 80 kg auf 73 kg runter. Schließlich kehrte ich nach Hause zurück. Die gemietete Wohnung nutzte ich nie und habe sie mittlerweile auch wieder gekündigt. Während meiner drei Wochen Abwesenheit nahm ich mir Zimmer in Pensionen. Ich war nervlich so fertig, dass ich beim Sozialpsychiatrischen Dienst anrief. In einer Trauergruppe beschrieb ich meine Probleme. Ich hatte große Angst, dass man meine Aussagen weiterleitet und man mich in die Psychiatrie sperrt.
Seitdem ich wieder zu Hause bin, also seit etwa zwei Jahren, geht es bei mir seelisch bergab. Zuvor hatte ich einen befristeten Vertrag in ungefähr 200 km Entfernung. Dort war ich im Großen und Ganzen zufrieden. Es hatte mich aber trotzdem belastet, dass ich nicht zu Hause sein und helfen konnte. Ungefähr zu der Zeit der Zusage an dem dortigen Arbeitsort bekam ich auch die Zusage von der Stelle in meiner Heimat. Diese war unbefristet, weshalb ich sie annahm. Einen Teil meines Gemütszustandes habe ich bereits im vorherigen Absatz beschrieben. Was aber bisher unerwähnt blieb, ist, dass ich aufgrund der Belastung durch die Schikanen und der Angst des Verlustes meines Opas, zu einer Therapeutin gehe. Die Gespräche helfen mir nur bedingt. Ich bräuchte hier und da mal einen guten Rat. Aber diesen kann sie mir ja nicht wirklich geben, weil sie mir die Entscheidung nicht abnehmen kann. Mein Problem ist, dass ich mein ganzes Leben nur lernte. Da war die Schule, die Ausbildung und das Studium. Dann wollte ich mal ein bisschen leben. Aber die Krankheiten meiner Lieben kamen dazwischen. Nun gehört mir das Haus. Zu Hause gab es immer viele Glaubenssätze. Wie beispielsweise: Tu dies und das. oder Du musst. . Nun heißt es, dass ich mich um das Haus kümmern muss. Wenn ich eigene Entscheidungen treffen will, wird mir ständig dazwischen gefunkt. Selbstvertrauen aufzubauen war kaum möglich, da man von besagter Person immer mit anderen verglichen wurde. Fremde waren immer besser und auf diese wurde immer geschaut. Eine Zwei in der Schule war schon fast ein Versagen. Warum haste keine Eins? ging es meistens. Wenn man etwas angepackt hatte, war es nie recht.
Ich will einfach mal mein Leben ein bisschen genießen. Das konnte ich nie wirklich. Die wenigen Jahre, die mir Freude bereiteten, kann ich an einer Hand abzählen. Dabei bin ich erst 33 Jahre alt. Meine Kindheit endete eigentlich mit dem Besuch des Gymnasiums. Dort war nur Lernen an der Tagesordnung.
Als ich zehn Jahre alt war, ging auch der Kontakt zu meinem damaligen besten Freund verloren. Das traf mich auch sehr. In der siebten und achten Klasse wurde ich stark gemobbt. Am Ende der vierten Klasse machte ich auch meine ersten Erfahrungen mit Mobbing. Hier und da auch immer mal wieder. Ich verlor das Vertrauen in Menschen. In der Heimat hatte ich nur einen Freund, mit dem ich aber auch nur mäßig auskam. Vielleicht lag es auch an mir. Ich bin ein eher ruhiger Mensch, der nicht über die Stränge schlägt.
Als ich zu studieren begann, haben mir meine damaligen vier besten Freunde auch die Freundschaft gekündigt. Ich plante mit allen noch eine Feier in einer Waldhütte. Die Hälfte wollte nicht kommen. Das machte mich traurig. Aber ich nahm es hin und freute mich auf ein anderes Mal. Etwa eine oder zwei Wochen später erfuhr ich, dass die vier etwas geplant hatten. Sie wollten gemeinsam nach Prag. Wir saßen in der Kneipe und sie unterhielten sich darüber. Ich saß daneben und wusste nicht, was los war. Davon hörte ich zum ersten Mal. Mich fragte niemand, ob ich mit will. Klar hatte ich während des Studiums nicht mehr jedes Wochenende Zeit. Ich musste es schaffen, denn ich hatte bereits eines in den Sand gesetzt. Aber sobald ich zwei- bis dreimal keine Zeit hatte, war ich abgeschrieben. Ich bin einfach zu gutmütig gewesen. Wenn mir ein Freund absagte, fragte ich trotzdem wieder, ob er Zeit hat.
Danach bröckelte die Freundschaft immer mehr. Drei meldeten sich gar nicht mehr. Einer machte mir den Vorwurf, dass ich nichts von mir hören lasse. Da rief ich aber schon dreimal an und wurde jedes Mal vertröstet, dass ich später zurückgerufen werde. Was aber nicht geschah. Mit meinem besten Freund kriselte es auch. Wir sprachen uns zwar mal aus und ich sagte, dass das mit Prag nicht in Ordnung war. Es kam als Antwort, dass ich eh nicht mitgegangen wäre. Daraufhin wollten meine Freunde so eine Aktion nicht mehr machen. Das darauffolgende Jahr gab es aber wieder das gleiche Spiel. Also meldete ich mich nicht mehr, weil ich zu verletzt war. Zu meinem besten Freund hatte ich aber weiterhin Kontakt. Aber dieser kündigte mir schließlich drei Monate nach dem Tod meiner Mutter die Freundschaft. Dass er dies mitteilte, halte ich ihm irgendwie zugute. Aber die Begründung war, dass ich mich eh nicht mehr melde und es wohl auch nicht mehr tun werde. Also brauche ich es auch nicht mehr zu tun. Und zu seinem Geburtstag brauche ich ihm auch nicht zu gratulieren. Ich solle irgendwann mal wieder den Spaß am Leben finden. Danach wurde ich ignoriert, ohne die Möglichkeit eine Antwort zu geben. Ich hatte ihm eine oder zwei Wochen zuvor zwar geschrieben oder gesagt, dass ich total fertig bin und erstmal Zeit brauche. Aber das war ihm scheinbar egal.
Zwar habe ich es nicht aufgegeben, auf Menschen zuzugehen. Aber so langsam verliert man den Mut. Man bekommt so viel Ablehnung. Möglicherweise gehe ich es falsch an.
Bisher habe ich meine Lebensgeschichte geschrieben. Nun zu meinem aktuellen Problem.
Ich bin seit einiger Zeit auf Jobsuche. Nun ist es so, dass mir ein Job angeboten wurde, der meiner Qualifikation entspricht. Aktuell übe ich eine Arbeit aus, die nicht meiner Qualifikation entspricht. Ich bin wie man so schön sagt überqualifiziert. Das ist aber nicht der einzige Grund für meine Jobsuche. Meine aktuelle Tätigkeit macht mir nicht wirklich Spaß und es geht auf Arbeit nichts voran. Ich habe nicht mehr das Gefühl, etwas bewegen zu können, fühle mich chronisch unterfordert und habe keine Möglichkeit beruflich voranzukommen, da auf unbestimmte Zeit alle Stellen belegt sind und sich nichts Neues auftut. Meine Arbeit könnte ich locker in der Hälfte der Zeit schaffen. Damit nicht zu viel Leerlauf aufkommt, muss ich die Arbeit strecken. Die meiste Zeit gehe ich nach Hause und frage mich, was ich den ganzen Tag gemacht habe. Oft stehe ich auf und hoffe auf den Feierabend. An manchen Samstagen hatte ich schon Grauen vorm Montag. Mir ist bewusst, dass ein solcher Dauerzustand auch krank macht. Daher habe ich eigentlich schon resigniert. Auf Arbeit habe ich nichts auszustehen. Aber ich habe das Gefühl, dass mir Steine in den Weg gelegt werden. Wenn ich etwas voranbringen will, werde ich auch von meinem Vorgesetzen bewusst ausgebremst und werde teilweise für Eigeninitiative gescholten.
Der neue Job passt deutlich besser zu mir und ich weiß auch, worauf ich mich einlasse. Ich habe bereits im Studium eine solche Tätigkeit übernommen und es gefiel mir sehr. Ich habe per Mail an den neuen Arbeitgeber geschrieben, dass ich mich auf die Zusammenarbeit freue und eine mündliche Zusage erteilt. Allerdings habe ich noch nichts unterschrieben. Die Unterlagen zum Unterzeichnen kamen diese Woche an. Ich wäre nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz befristet und die darin enthaltenen Klauseln sind ungünstig. Scheinbar ist eine Befristung über Drittmittel aber immer wieder möglich. Mein jetziger Job ist unbefristet, der neue befristet. Ich war bisher voller Euphorie für die neue Tätigkeit. Besonders weit von zu Hause wäre es auch nicht entfernt, wenn auch ein gutes Stück weiter als aktuell. Nun frage ich mich aber so langsam, ob es klug ist, die Stelle anzunehmen. Ich bin durch eine lange Jobsuche gebrandmarkt und weiß auch, was Arbeitslosigkeit und Hartz 4 bedeuten. Die Kündigungsfrist bei meinem jetzigen Arbeitgeber ist einen Monat. Ich habe also noch knapp sechs Wochen Zeit, bis es an dem neuen Job losgeht. Kommende Woche müsste ich kündigen. Wenn ich nicht weiter beschäftigt werde, bekomme ich wohl wenn ich Pech habe auch kein Arbeitslosengeld, da ich eine befristete einer unbefristeten Stelle vorgezogen habe. Davon gehe ich zwar nicht aus, da mir verhältnismäßig deutlich mitgeteilt wurde, dass eine Weiterbeschäftigung angestrebt wird. Aber die Sorge bleibt. Mich ärgert außerdem, dass mir von dieser Klausel eine Verwandte nicht berichtete, obwohl sie auf dem Arbeitsamt arbeitet und es weiß.
Ich mache mir halt auch Gedanken über mein Haus. Wenn ich arbeitslos bin, kann ich es nicht mehr bezahlen. Bei Hartz 4 muss ich es verkaufen. Wenn ich die Arbeit antrete, brauche ich eine Zweitwohnung. Aktuell habe ich 25 km zur Arbeit, dann etwa 100. Jedoch wäre bei meiner neuen Tätigkeit auch Homeoffice möglich. Was ist, wenn ich das Haus dann aufgeben muss? Aber ist ein Weg von 100 km (ca. 1 Stunde Fahrt je Strecke über die Autobahn) wirklich zu weit, um ein Haus zu halten? Es machen doch so viele.
Ich habe das Gefühl, dass ich zu Hause keine seelische Unterstützung bekomme. Klar ist, dass es alle schwer haben. Aber man kann sich doch gegenseitig helfen. Die besagte böse Person aus den oberen Absätzen ist zwar aktuell nicht zu Hause und es ist fraglich, ob sie wieder kommt. Ich fühlte mich von ihr weggeekelt. Deshalb bewarb ich mich auch. Wobei ich dies aufgrund der langweiligen aktuellen Tätigkeit die nächsten zwei oder drei Jahre eh getan hätte. Aber ich fühle mich trotzdem getrieben. Gleichzeitig empfinde ich Schuld, dass ich gehe und den Menschen der mich so sehr ärgerte alleine lasse. Ich habe eine gefühlte moralische Verpflichtung. Aber ich muss doch auch an mein Leben denken. Und je länger ich warte, desto schwieriger wird es, einen Job entsprechend meiner Qualifikation zu finden. Die Stelle ist im Vergleich zu anderen angebotenen immer noch mit am nächsten. Ich weiß auch worauf ich mich einlasse, da ich die Menschen schon kenne. Auf so eine Chance warte ich seit fünf Jahren, sie kommt bestimmt nicht wieder. Mir wurde auch gesagt, dass ich mich mit einbringen kann. Eventuell ergibt sich auch ein Projekt in der Heimat. Während des Schreibens fasse ich zwar neuen Mut und will die Stelle annehmen. Aber die Angst bleibt. Was ist, wenn ich danach noch weiter weg muss? Ich wollte immer in die Heimat und nun muss ich wieder gehen. Allerdings belasten mich teilweise auch die vielen Erinnerungen in meinem Elternhaus. Ich habe auch Angst vor der Einsamkeit, wobei ich gemerkt habe, dass mir Abstand von zu Hause auch gut tut. Zumindest dann, als ich vor ein paar Wochen mal im Urlaub war. Vielleicht nimmt die Last durch die schlimmen Erinnerungen auch mit der Zeit ab? Zu Hause habe ich eine Katze. Die könnte ich nicht mitnehmen. Aber eine Verwandte könnte sich ihr vielleicht annehmen. Eine Pro- und Kontra-Liste habe ich schon erstellt. Auf der Pro-Seite steht mehr und auch Gewichtigeres für den neuen Job. Es würde dafür sprechen. Aber da sind auch meine Sorgen. Wenn meine Mutter noch leben würde, wüsste ich, dass jemand im Haus ist. Wenn ich danach arbeitslos werden würde, wäre das für mich nicht so schlimm. Allerdings bin ich auf mich allein gestellt. Ich mache mir auch Gedanken um eine Reha-Maßnahme. Was ist, wenn ich eine solche an der neuen Stelle brauche. Ich bin befristet. Im Endeffekt werde ich nicht weiter beschäftigt, weil ich krank bin.
Hat jemand einen guten Rat?
Kann jemand auch etwas zu meiner oben beschriebenen Situation schreiben? Vielleicht sogar ein paar eigene positive Erfahrungen.
Ist es noch möglich, dem neuen Arbeitsgeber eine Absage zu erteilen, obwohl ich schon schriftlich zugesagt habe, dass ich mich auf die neue Arbeit freue? Ich weiß, dass das sehr schlechtes Verhalten ist. Unterschrieben habe ich noch nichts. Aber ich weiß gerade wirklich nicht weiter und wäre für Antworten dankbar. Vielleicht hat jemand auch Erfahrungen mit einer solchen Situation gemacht und kann etwas Positives beisteuern.
Ich bedanke mich fürs Lesen und hoffe, dass es nicht zu verworren war. Ich weiß, dass ich die Entscheidung selbst treffen muss. Aber ich habe solche Angst.
Viele Grüße
Einsamer
22.10.2021 23:11 • • 24.10.2021 x 6 #1