Zitat von Einsamer1988: Als ich sagte, dass ich mit dem Tod meiner Mutter nicht klarkomme, sagte man mir etwas vorwurfsvoll, dass ich dann in Therapie müsse. Als ob das schlimm ist.
Hey Du,
ach Mensch, das tut mir voll leid, echt! Das alles! Das ist echt nicht fair.
Also mir wurde das oft so erklärt von Therapeuten oder Psychologen oder mal in podcasts zu dem Thema, dass eben Trauer so wichtig zu unterscheiden ist von einer psychischen Erkrankung. Vielleicht wäre die psychische Erkrankung auch eher der Zustand, in dem man nicht mehr trauern kann. Depressionen heißen ja auch für viele, dass sie sich nicht spüren oder sich taub fühlen oder eben keinen Zugang zu ihren Gefühlen mehr spüren. Und dass es wichtig ist, sich selbst auch klar zu machen, ich bin gesund, was ich jetzt fühle, ist normal, kein Krankheitsanzeichen.
Zitat von Einsamer1988: Bei der Trauergruppe die ich besuchte, wurde mir zu Hause von den Großeltern oft gesagt, dass ich wieder zu meiner Sekte gehe. Ich suchte mir Hilfe und bekam daheim nur Knüppel zwischen die Beine.
Ich kenne solche Abwertungen von meinem Vater. Ich habe es so erlebt, dass es für ihn sehr sehr bedrohlich ist, sich auf eine Psychotherapie wirklich einzulassen. Ich glaube, er hat ganz massive Ängste vor seinen Gefühlen, seinem Unterbewussten. Er kann sehr vieles nur wegdrücken und verdrängen. Das ist für ihn die einzige Form, wie er seinen Alltag bewältigen kann, er hat es nicht anders gelernt und es macht ihm glaube ich auch zu viel Angst.
Seine Reaktionen waren dann zum Beispiel Du bist auch wirklich krank. Du brauchst Therapie, aber so richtig! oder er vermittelt, ich sei schon als Kind so anstrengend gewesen. Es geht dabei darum, sich die Illusion aufzubauen, es sei etwas Gottgegebenes, etwas in mir, mit dem ich auf die Welt gekommen bin, weil es ihn unfassbar bedroht, dass er eine Verantwortung dafür trägt, welch schweren Schaden ich bei ihnen genommen habe. Er hat auch versucht, mir einzureden, Therapeuten würden nur an ihre Zeit auf dem Golfplatz denken, seien also nur auf das Geld aus, ohne jede Empathie und elitär und verachtenswert. Mein Bruder hat früher seine Therapie abgebrochen, ich weiß noch, dass das meinen Vater sehr stolz gemacht hat.
Zitat von Einsamer1988: Das führte auch dazu, dass ich bewusst Spaß vermied.
Das glaube ich Dir. Vielleicht wurde in Deiner Familie ohne Worte so ein Klima vermittelt. Dass man sich schuldig fühlt, wenn man sich etwas Gutes tut, fröhlich ist. Bei uns zuhause war das so, also, es war wichtig, zu vermitteln, dass man hart arbeitet und viel Last trägt, um Verantwortung abzugeben. Das war ein Schutz. Und auch ein Mittel, um Unterstützung zu bekommen. Das erinnert an die Erfahrung die Du dann leider mit Deinen Freunden gemacht hast, die sich abwenden. Weil der Glaubenssatz, den Deine Familie da vermittelt hat, gesellschaftlich / sozial hinderlich ist und destruktiv.