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Schuldgefühl: Was ist das und woher kommt es?

Das Schuldgefühl stellt ein äußerst unangenehmes und destruktives Erlebnis dar, das mit innerem Schmerz einhergeht, der aus Selbstkritik für begangene oder unterlassene Handlungen entsteht. Eine Person, die dieses Gefühl empfindet, kann sich tief im Inneren als unwürdig und als „schlecht“ empfinden. In den meisten Fällen ist das Schuldgefühl schmerzhaft und führt nahezu immer zu zerstörerischen Konsequenzen, wie der Degeneration der Persönlichkeit und der Verschlechterung zwischenmenschlicher Beziehungen.

Dieses Erlebnis wird oft auf der Grundlage negativer Erfahrungen in der frühen Kindheit geformt, wenn bedeutende Erwachsene (Eltern, Erziehungsberechtigte) dem Kind Schuldgefühle durch Manipulationen und Verurteilungen einimpfen. Solche Manipulationen können emotionale Erpressung oder Kritik umfassen, was wiederum beim Kind ein verzerrtes Selbstbild und eine falsche Wahrnehmung seiner Handlungen erzeugt. Kinder, die einer solchen Erziehung ausgesetzt sind, wachsen häufig mit einer verzerrten Selbstwertschätzung und inneren Konflikten auf, was zu chronischen Schuldgefühlen und Selbstzerstörung führen kann.

Einige Ansätze in der Psychologie behaupten, dass Schuldgefühle konstruktiv sein können, indem sie helfen, das Verhalten zu überdenken und zu ändern. Ich hingegen, im Gegensatz zu vielen Psychologen, bin der Meinung, dass wirklich konstruktive Gefühle anders bezeichnet werden sollten — eher als „Gewissen“ und „Verantwortung“. Das Schuldgefühl ist in den meisten Fällen von Schmerz und Selbstzerstörung begleitet und bleibt destruktiv.

️ Das Schuldgefühl stammt aus drei Quellen:

1️⃣ Ungünstige Kindheitserfahrungen.

Beispiel: Ein dreijähriges Kind ist bereits fähig zur Empathie, und die Erwachsenen, die es umgeben, können ihm die kausalen Zusammenhänge erklären, ihm sagen, was gut und was schlecht ist und ihm mit Verständnis beibringen. Einige Eltern hingegen ziehen es vor, zu beschuldigen und Schuldgefühle zu vermitteln. Wenn das Kind beispielsweise fällt und seine Kleidung beschmutzt, wird ihm gesagt: „Du bist schlecht.“ Oder wenn es versehentlich die Lieblingsvase der Mutter zerbricht, wird es ebenfalls beschuldigt: „Du bist schlecht.“

Solche Kindheitserfahrungen, die auf den Vorwürfen der Eltern basieren, fördern die Entstehung von Schuldgefühlen.

2️⃣ Schwierige familiäre Bedingungen und emotional unreife Eltern.

In einigen Fällen wachsen Kinder in schwierigen Verhältnissen mit emotional unreifen Eltern auf, zum Beispiel wenn die Eltern an Alk. oder Dro. leiden. In solchen Familien sieht sich das Kind früh mit der Notwendigkeit konfrontiert, selbstständig mit den Schwierigkeiten des Lebens umzugehen. Ohne Unterstützung und Halt beginnt es zu empfinden, dass es allmächtig sein muss, um seine Verletzlichkeit und Wehrlosigkeit auszugleichen.

Der Wunsch, allmächtig zu werden und erwachsene Aufgaben selbst zu lösen, führt zu Schuldgefühlen, da das Kind nicht in der Lage ist, die für es unüberwindbaren Aufgaben zu bewältigen. Das Schuldgefühl wird zum Ergebnis dieses inneren Kampfes und verstärkt dessen destruktive Wirkung.

3️⃣ Traumatische Erfahrungen und kulturelle Einstellungen.

Es gibt jedoch auch andere Lebensgeschichten. Schuldgefühle können die Folge von traumatischen Erfahrungen sein, wenn eine Person eine einmalige oder komplexe Traumatisierung oder einen Verlust erlebt hat. In solchen Fällen können diese Schuldgefühle auftreten. Alternativ kann es auch auf globaler Ebene im Rahmen der Erziehung vorkommen, wenn die gesamte Mentalität von Schuld durchdrungen ist. Unter solchen Bedingungen wird es zur gesellschaftlichen Norm, sich für schuldig zu halten, sich anderen gegenüber minderwertig zu fühlen oder seine “Schlechtigkeit” anzuerkennen.

Diese drei Quellen formen das Schuldgefühl und verankern es auf der Ebene der Persönlichkeit und des Verhaltens.


~ Nur zur psychologischen Erleuchtung

02.11.2024 19:42 • 05.11.2024 #1


18 Antworten ↓


Zitat von Tala25:
Ich hingegen, im Gegensatz zu vielen Psychologen, bin der Meinung, dass wirklich konstruktive Gefühle anders bezeichnet werden sollten — eher als „Gewissen“ und „Verantwortung“. Das Schuldgefühl ist in den meisten Fällen von Schmerz und Selbstzerstörung begleitet und bleibt destruktiv.

Die Begrifflichkeit „Schuld“ wird seitens Psychologen eher nicht verwendet. Es wird in der Regel auch vom Begriff her nicht mit Gewissen oder Verantwortung gleichgesetzt. Den Unterschied sollte der Klient halt auch erfassen können. Dementsprechend ist es dann natürlich gewünscht, Verantwortlichkeiten zuordnen zu können. Gewissen wäre auch eher einer Bewertung einer selbst getätigten Entscheidung, Handlung oder Äußerung zuzuschreiben, die auf eigenen moralischen Vorstellungen beruht.

Schuld geben oder haben, beziehungsweise Schuldzuweisungen, die konkret zugesprochen werden, sind also eher ein probates Mittel, jemand Anderem oder sich selbst, eine für sich einfache und eindeutige Rechtfertigung für geschehenes zu liefern. Leider ist es trotzdem meist nicht so einfach und eindeutig, aber dass müsste man erstmal erfassen können.

Verantwortung trägt man in der Regel aber nunmal für die Handlungen, die man tätigt und nicht tätigt, sofern man ganz oder zumindest überwiegend die Wahl hatte, ob man etwas tätigt oder nicht tätigt.

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Schuldgefühle - was ist das und woher kommen sie?

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Der psychologische Begriff der Schuld hat immer auch eine Komponente der Kausalität, spricht das Gefühl, eine bestimmte Situation ausgelöst zu haben, zumindest zu deren Entstehen beigetragen zu haben. Dieser Verursachungsbeitrag wird dann negativ bewertet, in Form eines schlechten Gewissens, schlimmstenfalls durch erhebliche Vorwürfe gegen die eigene Person.

@Disturbed

Hallo Disturbed,

ich kann Ihnen nicht ganz zustimmen, da es basierend auf meiner Erfahrung in der Psychologie verschiedene Ansätze gibt, die das Gefühl der Schuld unterschiedlich verstehen, und nicht alle betrachten es als ausschließlich schädlich. Konstruktive Schuld kann beispielsweise als Anreiz zur Neubewertung von Verhalten und Veränderungen dienen. Im Gegensatz zu vielen Psychologen halte ich jedoch das Gefühl der Schuld nicht für konstruktiv. Vielmehr werden konstruktive Gefühle anders bezeichnet – das sind Gewissen und Verantwortung.

Deshalb möchte ich vermitteln, dass das Schuldgefühl – das ist praktisch immer nur Schmerz, es ist zweifellos ein schmerzhaftes Erlebnis und in nahezu 100 % der Fälle destruktiv. Wenn die Schuld jedoch tiefgreifend ist und mit innerem Schmerz und Selbstzerstörung einhergeht, ist es ohne Zweifel ein destruktives Erlebnis.

Im Gegensatz dazu spielen konstruktive Emotionen wie Gewissen und Verantwortung eine positivere Rolle im Leben des Menschen.

Das Gewissen ist ein innerer moralischer Kompass, der den Menschen hilft, zu erkennen, was richtig und was falsch ist. Es ermöglicht die Bewertung der eigenen Handlungen im Einklang mit persönlichen und sozialen moralischen Normen. Wenn eine Person im Einklang mit ihrem Gewissen handelt, empfindet sie Zufriedenheit und Harmonie.

Verantwortung bedeutet, Verpflichtungen für die eigenen Handlungen und deren Folgen zu übernehmen. Dies ist eine aktive Haltung, die es dem Menschen ermöglicht, nicht nur seine Taten zu erkennen, sondern auch nach Verbesserung und Wachstum zu streben. Verantwortung führt zu konstruktivem Verhalten und hilft, wiederholte negative Erfahrungen zu vermeiden.

Somit fördern konstruktive Emotionen wie Gewissen und Verantwortung das persönliche Wachstum und die Entwicklung, während Schuld in den meisten Fällen zu Schmerz und Selbstzerstörung führt.

Vielen Dank für Ihr Feedback und ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.

Zitat von Tala25:
ich kann Ihnen nicht ganz zustimmen

Das ist ja auch nicht nötig. Es ist bei einer Meinungsäußerung ja durchaus normal, dass diese von einer Anderen abweichen kann.

@Disturbed Das ist absolut richtig, mittlerweile jedoch in unserer Gesellschaft zur Ausnahme geworden, befürchte ich. Die Menschen leben doch mittlerweile nach dem Motto, „Wer nicht meiner Meinung ist, ist mein Feind!“
Aber das führt am Thema vorbei!

Zitat von Tala25:
Ich hingegen, im Gegensatz zu vielen Psychologen, bin der Meinung, dass wirklich konstruktive Gefühle anders bezeichnet werden sollten — eher als „Gewissen“ und „Verantwortung“. Das Schuldgefühl ist in den meisten Fällen von Schmerz und Selbstzerstörung begleitet und bleibt destruktiv

Ich verstehe deine Sichtweise und die Neigung, konstruktive Gefühle wie Gewissen und Verantwortung von dem als destruktiv empfundenen Schuldgefühl abzugrenzen. Aus meiner Perspektive allerdings ist Schuld nicht grundsätzlich negativ, sondern erfüllt eine tiefere, entwicklungspsychologisch wertvolle Funktion. Richtig verarbeitet, wirkt sie meiner Ansicht nach sogar als integraler Bestandteil moralischer Reifung, da sie uns ja dazu zwingt, unsere Handlungen selbstkritisch zu hinterfragen und uns für deren Konsequenzen verantwortlich zu fühlen. Das Schuldgefühl per se ist meines Erachtens nicht destruktiv - destruktiv wird es erst, wenn es unreflektiert bleibt und zur Selbstabwertung führt. Wenn wir jedoch in der Lage sind, Schuld als Katalysator für Selbstreflexion und verantwortliches Handeln zu nutzen, dann entfaltet sie durch und durch eine konstruktive Wirkung. Insofern würde ich sagen, dass Schuld und Verantwortung nicht getrennt betrachtet werden sollten, sondern dass die Schuld vielmehr als Ausgangspunkt für die von dir geschätzte Verantwortung dienen könnte/sollte.

Die frage ist doch eher wie befreit man sich von Schuld?

@Disturbed ich respektiere Ihre Meinung, möchte jedoch darauf hinweisen, dass Ihre Antwort, wie sie in schriftlicher Form ausgedrückt wurde, als Angriff auf Sie wahrgenommen werden könnte, aufgrund der Meinung einer anderen Person, die nicht mit Ihnen übereinstimmt. Wenn das tatsächlich der Fall ist, möchte ich Ihnen mitteilen, dass mein Feedback kein Angriff war, sondern lediglich ein konstruktiver Austausch von Meinungen auf dieser Plattform.

Ich stimme zu, dass Meinungen unterschiedlich sein können, und das ist vollkommen normal.

LG
Tala

@Tala25 da ich lediglich aufgrund meiner Erfahrung mit Therapeuten bemerkt habe, dass ich der Meinung bin das Therapeuten eher nicht die Begriffe Schuld, Verantwortung und Gewissen als Synonyme untereinander verwenden, sehe ich auch keinen Grund, mich persönlich angegriffen zu fühlen, wenn jemand nicht meiner Meinung ist und ihr dementsprechend nicht zustimmt. Es ist aber ja auch nicht per se notwendig, mir mitzuteilen, dass man mir nicht zustimmt. Es wäre auch nicht notwendig mir mitzuteilen, wenn man mir zustimmen würde, da ich ja meine persönliche Meinung nicht von einer Zustimmung oder Ablehnung Anderer abhängig mache. Da dies ein Forum ist, ließen sich die unterschiedlichsten Meinungen betrachten, ohne irgendeine einzige davon für sich selbst als völlig zutreffend oder übereinstimmend einzustufen. Trotzdem bleibt zumindest die Erkenntnis, dass es diese oder jene Meinungen gibt.

Schuldgefühle, wie wir sie kennen und oft unter ihnen leiden, stammen hauptsächlich aus der Religion Christentum, und zwar in all ihren Formen. Seltsam, dass das hier bislang nicht erwähnt wurde. Das ist ein Zeichen dafür, wie stark es verinnerlicht ist und wie sehr man sich damit identifiziert. Man hält es für natürlich gegeben.

@Reconquista also ich leide auch darunter aber mit der Kirche hat das wenig am Hut

@Reconquista Meine Schuldgefühle haben wenig mit Kirche oder Religion zu tun, ich halte diese These auch für nicht wirklich haltbar

Was habt ihr für Schuldgefühle?

@Phyleus
Dann bist du ja viel weiter als der große Philosoph Friedrich Nietzsche es war, Respekt.

@Tala25 Arbeitest du vollständig automatisiert?

Das Kernproblem besteht darin, daß Menschen, die Schuldgefühle haben sollten, sie nicht haben und Menschen, die sie haben, sie nicht haben sollten.

Überlebende des Holocausts hatten Schuldgefühle, weil sie überlebt hatten.
Die Täter hatten keine Schuldgefühle, weil sie sich auf Befehl und Gehorsam beriefen.
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@Chingachgook, das von Ihnen angesprochene Paradox beschreibt eine tiefgreifende psychologische Dynamik. Menschen, die tatsächlich Schuld empfinden sollten wie Täter“ zeigen häufig keine oder nur wenig Reue, da sie psychologische Abwehrmechanismen wie Verdrängung, Rationalisierung oder die Berufung auf Autoritäten nutzen, um sich von der eigenen Verantwortung zu distanzieren. Diese Mechanismen schützen das Selbstbild und reduzieren die kognitive Dissonanz, die das Bewusstsein unmoralischen Handelns erzeugen würde. Gleichzeitig empfinden Personen wie Überlebende traumatischer Ereignisse intensive Schuldgefühle, obwohl sie objektiv keine Schuld tragen. Diese ‘Überlebensschuld’ ist oft Ausdruck unbewusster Aggression, die sich in Selbstkritik und innerer Bestrafung manifestiert, und resultiert aus dem tiefen inneren Konflikt: ‘Warum ich und nicht die anderen?’.

Unbewusste Aggressionen spielen in beiden Fällen eine wesentliche Rolle. Bei Überlebenden richtet sich diese Aggression nach innen und verstärkt Schuldgefühle. Täter projizieren oder verdrängen diese Aggression nach außen, um sich der Schuld nicht stellen zu müssen, und berufen sich auf Befehle oder äußere Autoritäten, um Verantwortung abzugeben.

Psychopathen stellen ein besonderes Beispiel dar. Sie empfinden kaum Schuld, da ihnen aufgrund eines Mangels an Empathie und einem unterentwickelten Gewissen die emotionale Basis dafür fehlt. Ihre unbewusste Aggression äußert sich oft in manipulativen oder gewalttätigen Handlungen ohne innere Konflikte. Das Fehlen von Schuldgefühlen und emotionaler Bindung macht es Psychopathen schwer, Mitgefühl zu empfinden, was häufig zu destruktivem Verhalten führt.
Vielen Dank für Ihren Beitrag @Chingachgook

Zitat von Sonnenzauber:
Die frage ist doch eher wie befreit man sich von Schuld?

Mach einfach alles was man dir sagt, sei brav und nicht aufmüpfig, hinterfrage keine Regeln und iss deinen Teller auf, sonst bist du Schuld wenn morgen nicht die Sonne scheint.

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