ich möchte mal kurz meine aktuelle Situation schildern, vielleicht habt Ihr ja ein paar Tipps für mich. Ich frage mich nur wo ich anfangen soll und hoffe das ist hier die richtige Rubrik.
Ich befinde mich gerade in einer für mich gefühlt extremen schlimmen Phase nach einem Berufswechsel. Mir ist klar, dass ich eigentlich seit meiner Kindheit unter Depressionen, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Ziellosigkeit usw. leider, aber irgendwie hatte ich es meist gut im Griff. Natürlich mit den üblichen Methoden diesen Gefühlen zu entkommen: zu viel Arbeit, Alk., Extremsport, eine gefühlsmäßige Mauer um mich aufbauen etc.
Vor 12 Jahren ist meine Ehe in die Brüche gegangen und damit musste ich auch beruflich neue Wege gehen. Ich habe also mit 38 Jahren eine Umschulung begonnen, mich extrem überfordert um als einer der besten den Abschluss zu bekommen. Glücklicherweise habe ich auch gleich eine Firma gefunden, in der ich mich fast 10 Jahre um alles gekümmert habe, beinahe Tag und Nacht. Ich war immer erreichbar, dachte ich muss noch mehr machen um mir selbst und anderen zu beweisen, dass ich etwas kann. Ich bekam Schlafstörungen, Herzrhythmusstörungen usw. Ich habe immer weiter gemacht, mein Einsatz für die Firma wurde jedoch nie belohnt. Ganz im Gegenteil, mir wurden beim Aufbau der Abteilung immer wieder externe, neue Mitarbeiter vorgesetzt, die nie lange blieben. Irgendwann wurde mir klar, dass ich gehen muss, was ich auch getan habe.
Ich habe nun im öffentlichen Dienst eine Stelle gefunden und komme überhaupt nicht mehr mit mir zurecht. Es ist wenig zu tun, es gibt keinen Stress, ich werde wertgeschätzt, aber ich habe auch null Verantwortung und somit viel Zeit mit mir selbst. Offensichtlich zu viel, denn mein Kopf spielt seit Ende Juli komplett verrückt. Jetzt holt mich ein, was ich jahrelang versäumt hatte: ich habe mein Leben lang nur für andere gelebt, wollte akzeptiert werden, wollte gefallen, hatte nie darüber nachgedacht was ich im Leben wirklich will. Ich hatte das immer mit Sport, der Arbeit und Alk. kompensiert. Sport kann ich aufgrund körperlicher Probleme (vermutlich auch wegen der beruflichen Überlastung) nicht mehr in dem Maße machen, Alk. habe ich mehr oder minder zu Corona-Zeiten aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und mit der aktuellen Arbeit kann ich auch nichts mehr kompensieren. Ich fühle mich einfach nur noch hilflos meinen Gefühlen ausgesetzt.
Nach außen hin sind es Zwänge die ich entwickelt habe. Alles Dinge, die ich auch vorher schon hatte, mich aber maximal gestört haben. Nun eskaliert alles manchmal so, dass ich denke verrückt zu werden, nächtelang nicht schlafen kann usw. Natürlich weiß ich, dass diese Zwänge nur der Ausdruck meiner inneren Verzweiflung sind. Aber ich weiß nicht wo ich ansetzen soll.
Einen Termin bei einer Verhaltenstherapie hatte ich bereits, wurde aber nicht übernommen. Ich solle dringend eine tiefenpsychologische Therapie beginnen. Aber wann? In einem Jahr? Und wie bis dahin die Zeit überbrücken? Im Moment schlage ich mich so durch. Aber ich kann mit der Arbeit nichts anfangen, sonstige Interessen verfolge ich auch nicht mehr, weil ich nur noch versuche den Job irgendwie zu halten und daneben keine Kraft mehr habe.
Medikamente möchte ich nicht nehmen. Ich denke über einen Klinikaufenthalt nach oder mich für längere Zeit krank schreiben zu lassen. Klar habe ich mich teilweise in den letzten drei Monaten an die Situation gewöhnt, aber geändert hat sich ja nichts. Ich kenne meine Probleme und das Puzzle kann ich inzwischen auch ganz gut zusammensetzen. Ich weiß wo das alles herkommt, dass ich null Vertrauen in mich habe, mich auf nichts und niemanden einlassen kann und seit Jahren unter Angststörungen und Panikattacken leide. Irgendwie habe ich immer alles selbst in den Griff bekommen. Aber diesmal? Meine Schutzmechanismen funktionieren nicht mehr. Vielleicht soll das aber auch so sein. Eigentlich habe ich ja gerade jetzt die Chance die Probleme anzugehen, vielleicht zum ersten Mal im Leben.
Wo kann ich ansetzen? Reden mit meiner Freundin hilft sehr. Ich bin ihr gegenüber viel offener geworden, das hat uns viel näher zusammengebracht. Aber es ist auch eine Belastung für sie. Und ich merke wie ich immer wieder meine Mauer aufbauen muss, um mit mir selbst klarzukommen. Ich möchte das aber nicht mehr, ich möchte endlich ich selbst sein. Und wenn es bedeutet ein völlig neues Leben anzufangen. Dazu müsste man jedoch wissen was man überhaupt will. Und das weiß ich leider nicht.
Liebe Grüße
Michael
29.10.2023 19:15 • • 08.11.2023 #1