Zitat von Nehemia:Hi Berliner!
Jetzt hast du 12 Jahre(?) Therapie hinter dir und hast kein Gefühl der Besserung. Jetzt noch ne neue Therapie?! Begibst du dich da nicht auch in ne Abhängigkeit? Ne Therapie sollte dazu da sein,deine eigenen Kräfte zu mobilisieren und offensichtlich weißt du ja recht viel über die psychologischen Beurteilungen deiner Probleme. Wahrscheinlich ist aber die einzige Lösung,dass du dich da durchkämpfst. Angst zu haben ist schon ok, dann muß man die Dinge halt mit Angst machen...nützt ja nix. Falls du dich jeden Tag mit deinen Ängsten beschäftigst und was du alles deshalb nicht hast und kannst,sind diese Ängste ja auch jeden Tag das Zentrum deines Lebens. Ich hab früher heftige Angst-Schweißausbrüche gekriegt. Solange ich mich darum gekümmert hab wurden sie immer schlimmer! Bei Therapien hab ich mich schnell durchschaut,dass ich die eh bloß mache um nochmal bestätigt zu werden,wie unmöglich Alles für mich sei und hab sie dann schnell wieder abgebrochen. Danach hab ich mich einfach auf die Dinge konzentriert,die ich machen wollte und nicht darauf,warum ich sie nicht machen kann.Dann saß ich halt schweißgebadet in der Uni (und das war wirklich so,als hätte man n Eimer Wasser über mich gekippt) und die Leute haben sonstwas über mich gedacht. Das war dann halt mein Schicksal. Und da ich mich nicht mehr damit beschäftigt hab,hab ich auch kaum gemerkt,dass es plötzlich vorbei war.
Wenn du ernsthaft über deine Probleme reden willst, mußt du Kritik und Aufforderungen ertragen,da du von Mitleid so gar nichts hast.Ausheulen ist ja echt ok und hilft manchmal,aber ändert trotzdem nix.Du weißt doch selbst,dass es dir schlecht geht...
Das kann ich nur bestätigen, genau so hab ich auch den Durchbruch geschafft.
Ich wusste, das sich mein Abi schaffen WILL, also bin ich hin, obwohl der Leistungsdruck in Verbindung mit der Agoraphobie die Hölle war.
Dann saß ich eben 3-6 Stunden lang da und hab gezittert und war leichenblass und hab geschwitzt wie ein Ochse, so dass die Lehrer mich schon Heim schicken wollten. Aber ich war eisern und bin geblieben und hab die Sache durchgezogen. Auch später bei Treffen mit Freunden war das so. Da bekam ich teilweise vorher heftigste Panikattacken und konnte nicht mehr klar denken, Alles hat sich gedreht und ich bekam den berühmten Tunnelblick, mein Herz hat andauernd gestolpert -aber ich wollte unbedingt hin, also bin ich hin. Auch, wenn ich dafür dann 4 Stunden lang mit Herzstolperern zu kämpfen hatte und das Beisammensein nicht wirklich genießen konnte. Hauptsache Dabeisein und die Sache Durchziehen
Solche Erlebnisse sind sehr, sehr unangenehm und sehr kräftezehrend, aber ich glaube, sie sind deswegen so wichtig, weil man dabei lernt:
Die Angst bestimmt nicht dein Leben.
Du bestimmst dein Leben.
Man lernt, dass man Alles machen kann, was man will, trotz Angst.
Und dann verliert sie mehr und mehr an Bedeutung und vor Allem auch an Macht.
Und wenn man das erstmal begriffen hat, dann geht der Rest irgendwie fast wie von selbst.
Aber ich fand es auch sehr schwer, heraus zu finden, welche Mischung aus Selbstreflexion und Verdrängen nötig war, um raus zu kommen.
Zu viel Nachdenken über die Angst macht die Angst größer, als sie in Wahrheit ist, aber einfach normal weitermachen und ignorieren, das geht auch nicht. Da gibt es eine ausgewogene Mischung aus Beidem, die funktioniert, aber die muss glaube ich jeder alleine finden.
Wobei ich es, nachdem die Hürde erstmal genommen war, einfacher fand, mich eben genau nicht mehr mit der Angst zu beschäftigen, sondern normal weiter zu machen. Da ist sie dann auch ziemlich schnell von alleine und ohne großes Zutun immer weniger geworden und schließlich ganz verschwunden.
Hut ab jedenfalls für dein Durchhaltevermögen Nehemia!