Zitat von Schlaflose:Also deine Theorien in Ehren, aber du erstellst sie anscheinend immer aufgrund deiner Erfahrungen bzw. Vorstellunen, wie du es empfinden würdest, wenn du in dieser Situation wärst und projizierst es einfach auf andere.
Dass ich es tue, ist deine Vorstellung und deine Interpetation. Man interpretiert Texte und darin beschriebene Situationen grundsätzlich anhand seiner
subjektiven Erfahrung und ebenso wird auch jegliche Resonanz individuell interpretiert. Trotzdem gibt es
Gesetzmäßigkeiten, und ohne die zu kennen, ist kein Reflektieren über sich selbst möglich.
Dass du in deiner Lehrerin ein Vorbild gesehen hast, bestätigt auch die These, dass Kinder sich bei Ambivalenzen und Unsicherheiten im häuslichen Bereich Vorbilder und Festland in den äußeren Bereichen suchen und in manchen Fällen quasi die Flucht nach Vorne ergreifen, indem sie sich an eigenen Leistungen orientieren und z. B. die Gefühlsebene so weit wie möglich abschalten. Bei dieser gestellt pragmatischen Ausrichtung stören einen die Störenfriede - ich kenne das auch nicht anders. Ich kenne z. B. auch die psychische Gewalt seitens der Lehrer. Man kann das so sehen - sie haben Machtpositien bezogen, von denen aus sie operieren, und nicht jeder von ihnen verfügt über das erforderliche Maß der psychischen Stabilität um nicht auf dieser Schaubühne seine persönliche Kriege, die ihm in seiner Kindheit aufgebürgt wurden, auszutragen.
Man kann aber nicht sagen, dass unsere damalige Emfpindungen allgemein gültig wären und einen Anspruch auf Absolution hätten. Weder
meins noch
deins. Um auf die richtige Spur zu kommen und das damalige Geschehen ohne persönliche Einfärbungen zu sehen, muss man fähig sein sich selbst getrennt von der damaligen Situation zu sehen, und dabei stehen einem Hilfen in der Form der allgemeinen, empirisch belegten Thesen zur Verfügung.
Wenn ich heute meine damalige Empfindungen für bare Münze nehmen würde, wäre ich weiterhin das Kind, das eingeschüchtert und verunsichert sich selbst bremst und seine eigene Empfindungen verleugnet um einer
Instanz, von der es existenziell abhängt, gerecht zu werden. Die Übertragung dieser Einstellung erfolgt z. B. später auf den Staat, auf die Gesellschaft, man will konform gehen um seinem Ausschluss aus der Gesellschaft vorzubeugen. Man ängstigt sich mal aus der Reihe zu tanzen, um in der Gemeinschaft, die er als eine Sicherung seines Überlebens ansieht, weiter existieren zu können. Das alles hat seinen Ursprung in der kindlichen, existenziellen Angst - ohne seine Erzieher steuert das Kind einer sicheren seelischen Verwahrlosung und schließlich dann einer existenziellen Vernichtung entgegen, so seine natürliche Konditionierung und seine Realität.
Zitat:Es passt einfach nicht in deine Vorstellungswelt, dass man Situtionen anders enpfinden kann, als du selbst.
Es geht vielmehr darum, das
System zu verstehen, nach dem so gut wie identisch bei allen Kindern
Reaktionen auf Gewalt ablaufen. Abwehrmechanismen, Verdrängungsmeachanismen, Blockaden der Emotionen, Psychische Beeinträchtigungn und Störungen, das alles sind Klassifikationen, die allgemeine gültig sind.
Der verlinkte Text über das Gefängnis passt sehr gut zur Situation derjenigen, die ihre Gefühlsebene zum Teil und situationsbedingt abgespaltet haben, die den Zugang zu ihrer Wut auf den Aggressor erst finden müssen - so lange man sich mit ihm identifiziert, sein Verhalten gutheißt und seinen Verteidiger mimt, verleugnet man sich selbst. Und so entstandene innere Konflikte sind auch üblicherweise Grundlagen diverser pathologischer Turbulenzen.
Um das alles gerade zu biegen, ist die Entschlüsselung der kindlichen Situation und der damaligen Verhaltensweisen notwendig. Das muss ich für mich selbst tun, und jeder andere auch - unter der Voraussetzung, dass das Opferverhalten als ein Teil der inneren Blockade erkannt und nicht verabsolutiert wird. Ist dem so, ist man therapieresistent. Dann kann man üblicherweise nur sagen - lebe dein heiß geliebtes Leid weiter und verschließe dich weiterhin dem, was andere 'das Leben' nennen.
Therapeuten, die selbst Ähnliches erlebt haben, und keine Ambitionen oder unbewusste Zwänge haben, in Gesprächen mit Klienten eine autoritäre Position zu beziehen, die vergleichbar mit der der einstigen Unterdrücker wäre, können bei der Genesung behilflich sein. Wenn bei mir ein Bedarf an Therapie bestehen würde, würde ich wahrscheinlich als erstes fragen: Wie ist denn Ihre Kindheit verlaufen? Welche Folgen hat das für Sie - können Sie mich überhaupt verstehen?
LG Nyan