Hallo Quangdangel,
ich habe persönliche Erfahrungen sowohl mit Schematherapie als auch mit DBT.
Mein Eindruck ist, dass es sich in der Praxis immer mehr durchsetzt, diese beiden Therapieformen miteinander zu verknüpfen, auch im stationären Bereich, und das schon bestimmt seit gut drei Jahren (sicherlich auch schon sehr viel länger, nur habe ich es vor 3 Jahren live beobachtet und erfahren). Ich habe schon erlebt, dass auch auf reinen DBT-Stationen zunehmend immer mehr schematherapeutische Elemente miteinbezogen werden, was imho auch gut funktioniert. Gerade für Borderliner, die ja oft mit einem instabilen Selbstbild zu kämpfen haben, kann es durchaus aufschlussreich sein, mal in die Schematherapie hineinzuschnuppern. Ich fand gerade den Anfang sehr interessant, wo man die verschiedenen Modi kennenlernt und sein persönliches Modus-Modell erstellt.
Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich langfristig das DBT-Konzept insgesamt nachhaltiger und umfassender finde. Die Schematherapie mag als alleinige Therapieform für einige Störungsbilder ausreichend Hilfen an die Hand geben, ich persönlich habe in der längerfristigen Behandlung mit alleiniger Schematherapie bei vielen Mitpatienten irgendwann leichte Ermüdungserscheinungen, so will ich es mal nennen, beobachtet. Wenn man zum Beispiel immer wieder gefragt wird: Kann es sein, dass da jetzt Ihr distanzierter Beschützer am Werk ist?, erlebe ich persönlich den therapeutischen Nutzen ab einem gewissen Punkt als etwas reduziert. (Natürlich gehört da noch viel mehr dazu , das ist jetzt eine sehr verkürzte und etwas zugespitzte Darstellung).
Als Ergänzung zu anderen Therapieformen oder zum Einstieg in die Arbeit mit der eigene Psyche ist sie eine spannende Sache, die sich absolut zurecht durchzusetzen scheint, wie ich finde. Mein Eindruck ist auch, dass inzwischen sehr, sehr viele Therapeuten mit diesem Verfahren vertraut sind und es anwenden. Aber gerade für schwerere Störungsbilder würde ich sie immer mit zumindest einer weiteren Therapieform flankieren wollen.
Was Deine Diagnostik angeht, kann ich mich cube_melon nur anschließen , man ist für Borderline nicht zu alt. Die Aussage hat mich echt vom Stuhl gehauen. Sicherlich präsentiert sich ein 60jähriger Borderliner vielleicht hier und da etwas anders als ein 19jähriger, aber im Kern bleibt die Borderline-Störung, was sie ist: eine Emotions-Kontroll-Störung und eine Interaktionsstörung. Da die Lebensrealität der Menschen sich mit zunehmendem Alter ändert, ändert sich sicherlich auch die Manifestation im Alltag, aber die Art und Weise der emotionalen Grundbeschaffenheit des Borderliners ändert sich nicht (z.B. zu hohe Anspannung, als zu stark empfundene Gefühle, ...), und wer mal eine DBT-Station von innen kennengelernt hat, weiß, dass auch ein 50jähriger Borderliner einen 18jährigen vom Verhalten her ganz locker in den Schatten stellen kann. Man wird durch die Lebenserfahrung vielleicht etwas besonnener, aber Symptome wie die Angst vor dem Verlassenwerden können sich sogar noch verstärken. Vielleicht präsentiert sich die Jugend hier und da etwas wilder, aber weniger schwierig wird die Erkrankung mit zunehmendem Alter nicht, weder für die Betroffenen noch für die Angehörigen. Es hat eher etwas damit zu tun, wie lange der Borderliner schon in Therapie ist und gelernt hat, mit seinen Symptomen einen funktionaleren Umgang zu finden. Da kann ein 20jähriger einem 50jährigen voraus sein.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg auf Deinem Weg!
LG Silver