schön, dass es dieses forum gibt.
mein name ist louis, ich bin 42 jahre alt, und ich habe seit etwas über 2 jahren panikattacken (hoffe ich doch ist nämlich, dass ich nicht so recht an die panikattacken glaube, sondern angst habe, dass es sich eben nicht im kopf abspielt, sondern doch etwas organisches, das herz, ist.
alles hat wohl vor 10 jahren angefangen. damals war ich mit mir und der welt sehr zufrieden und nichts konnte mich aus der ruhe bringen. ich mochte alle menschen und dachte, dass alle auch mich mögen . ich hatte einen netten job, genügend geld und kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie ich abends oft in meinem bett lag und dachte mann, geht's dir gut!.
als ich meine neue freundin kennen lernte, war es mit diesen schönen gedanken dann aber bald vorbei. sie wollte aus mir einen mann machen .
ein knappes jahr vor dem tod meines bruders hatte ich mich selbstständig gemacht. ich wusste, dass es hart werden würde, und so arbeitete ich parallel zu meiner selbstständigkeit in einem weiteren job als call center agent. meine selbstständigkeit ist auch in dieser ecke positioniert.
den selbstmord meines lieben bruders sah ich nicht kommen. es ist nun bald 7 jahre her, und ich war schon kurz nach seinem tod glücklich darüber, dass ich ihn seinen selbstmord so hautnah erleben durfte. ich weiss, dass ich so das geschehene viel besser verarbeiten konnte, als wenn ich von dritten von seinem tod erfahren hätte. auch die auflösung seines haushalts gab mir die gelegenheit, sehr intensiv von ihm abschied zu nehmen. einige monate lang nach seinem tod hatte ich angst, dass mich die bilder seines todes im traum heimsuchen würden, doch nichts dergleichen geschah. im gegenteil hatte ich einige wenige schöne traum-begegnungen mit ihm.
und doch wurde ich nach diesem ereignis aggressiv. zuerst war es nur innerlich, aber so heftige adrenalinschübe, hätten diese auch nur 2 sekunden angedauert, ich wäre mit sicherheit ohnmächtig geworden. und dann die erwähnte freundin hätte es sicherlich gefreut begann ich mich zu wehren .
trotzdem hatte ich auch glück und lernte meine liebe frau kennen. schon damals war es um meine finanzen schlecht bestellt (und doch hat sie sich mit mir eingelassen .
es war mitten in der arbeit. ich war mit einem kunden am telefon, der sich über etwas zu beschweren begann und plötzlich wurde mir schwindlig, mein linker arm taub und ich dachte, jetzt hat meine stunde geschlagen. ich liess alles stehen und liegen und fuhr mit dem bus, da ich kein geld für ein taxi hatte, zum nächsten krankenhaus. meine frau sprach beruhigend über das handy auf mich ein. in der notaufnahme kümmerten sich zwei ärzte sehr gut um mich und gaben schnell entwarnung: kein herzinfarkt. eine schwäche. ich bekam eine schaumstoffähnliche tablette unter die zunge gelegt und plopp, gleich ging's besser.
es folgten viele, viele schübe, wie ich sie nenne. die einen mitten im leben, bei seminaren vor versammelter mannschaft, im zug, in der stadt. die anderen in absoluter ruhe und anscheinender gelassenheit zu hause. nach einigen arztbesuchen (neurologe, lungenspezialist, hno) und der immer wiederkehrenden antwort, dass da alles in ordnung sei, landete ich nach dem dritten notfallstationsbesuch beim psychiater. doch nach 10 sitzungen war mein geld zu ende, und ich machte mich mit der aussage, dass es sich wohl um panikattacken handle und vielen guten ratschlägen wieder alleine auf den weg.
leider weiss ich nicht mehr was zuerst war: der tinnitus oder die panikattacke. doch nachdem es sich der tinnitus in meinem linken ohr gemütlich gemacht hatte, nahmen meine adrenalinschübe ab. es kommt mir so vor als ob der tinnitus wie ein überdruckventil wirkt. doch die panikattacken habe ich immer noch. manchmal habe ich ein paar tage ruhe, dann werde ich morgens, mittags, abends und nachts heimgesucht .
ich habe angst, dass ich unser töchterchen nicht mehr lange auf ihrem lebensweg begleiten kann.
einige erkenntnisse haben mir jedoch geholfen. z.b. dass der wikipedia-eintrag zu panikattacken (http://de.wikipedia.org/wiki/Panikattacke) fast wie die faust auf's auge passt. vor allem auch die erwähnten derealisationsgefühle. auch hatte ich nie angst, aus dem haus zu gehen, doch als ich genauer darüber nach dachte, fiel mir auf, dass ich einige meiner schlimmsten schübe in zügen oder in der menge hatte. dann ist es übermüdet auch sehr heftig. mich gehen zu lassen entspannt oft die situation. wenn ich dann richtig traurig werden kann und weine, dann hilft's .
auch kann ich mich etwas beruhigen, weil ich bei den nächtlichen schüben merke, dass ich eigentlich todmüde bin. und wenn da wirklich etwas organisches nicht in ordnung wäre, wäre ich doch wohl kaum todmüde, oder? leider bin ich zu undiszipliniert, was die entspannung angeht. ich mache zwar brav meinen sonnengruss morgens, aber viel mehr auch nicht. gerne würde ich einen ganz geregelten tagesablauf haben, doch familie und beruf lassen das nicht wirklich zu .
alles in allem eine riesige, beschissene erfahrung. ein albtraum, aus dem ich doch hoffentlich bald einmal erwachen darf .
nun danke ich euch ganz herzlich für's zuhören. ich habe so ausführlich geschrieben um einerseits hilfe in irgendeiner form zu erhalten und andererseits auch hilfe oder eine art trost zu geben, in dem sich der eine oder die andere von euch in dieser geschichte wiedererkennt (was ich zwar niemandem wünsche .
so, viele grüsse an euch und bis bald
louis
28.05.2010 23:53 • • 14.07.2010 #1