Wir haben uns jahrelang bestens verstanden, alles war schön locker und entspannt. Anfang letzten Jahres hat er seine erste richtige Arbeitsstelle nach dem Studium angetreten. Seitdem hat sich einiges verändert. Mein guter Freund hat ein Fach studiert, mit dem er nicht unbedingt reich werden kann und verdient entsprechend wenig. Deshalb hat sich bei ihm der Frust eingeschlichen, den er teilweise leider an mir ausgelassen hat. Nachdem er mich letztes Jahr mehrmals mit gemeinen Aktionen verletzt hat, habe ich irgendwann eine Funkstille eingeläutet und mich 4 Monate lang weder auf Treffen, noch auf Telefonate oder Mails mit ihm eingelassen. Ich brauchte die Pause wirklich sehr.
Nachdem er sich mehrmals bei mir entschuldigt hatte und dabei wirklich aufrichtig rüberkam, gab ich ihm Anfang dieses Jahres eine zweite Chance. Bis Oktober war alles in Ordnung. Ich war mir sicher, dass wir unsere Probleme in den Griff bekommen hatten und machte mir über die Streitigkeiten vom letzten Jahr keine Gedanken mehr.
Leider hat er sich seither wieder einiges herausgenommen, was aus meiner Sicht gar nicht geht. Im September war ich auf einem Festival, welches er wegen einer Dienstreise nicht besuchen konnte. Ich hatte ihm im Vorfeld geschrieben, dass ich ihm die Aufnäher von seiner Lieblingsband (die dort aufgetreten ist) mitbringen würde. Er hat mir auf die Mail geantwortet, aber zu den Aufnähern nichts geschrieben. Erst einen Monat nach dem Festival, als das nächste Treffen geplant war, fragte er mich nach dem Preis für die Aufnäher. Als ich meinte, ich hätte 20 Euro bezahlt, meinte er dass er die Aufnäher nicht haben will und ich sie anderweitig verscherbeln sollte. Eigentlich sammelt der Mann ALLES von dieser Band. Außerdem finde ich, hätte er mir das vor dem Festival sagen können, dass er die Aufnäher nicht haben will. Dann hätte ich mir das Geld sparen können. Auf jeden Fall wollte mir bis heute noch keiner die Aufnäher abkaufen.
Vor 3 Wochen fand in seinem Wohnort ein interessantes Konzert statt. Ich habe ihm schon im Hochsommer gefragt, ob ich an dem Abend bei ihm übernachten kann. Er sagte mir sofort zu und meinte, das würde überhaupt kein Problem sein. Anfang Oktober schrieb er mir, dass er schon zwei anderen Leuten (mit denen ich auch befreundet bin) zugesagt hätte und auf keinen Fall mehr als zwei Personen gleichzeitig bei sich übernachten lassen will, weil ihm das zu viel sei. Das fand ich nicht sehr nett, mir nach einer festen Zusage eine Absage zu geben. Also blieb mir nichts anderes übrig, als ein Hotel zu buchen. Kurz vor dem Konzert schrieb er mir, dass er mich ausgeladen hatte, weil er an meiner Stelle einer anderen Person einen Schlafplatz angeboten hat: einer Bekannten, mit der ich nicht wirklich zurechtkomme. Dann fühlte ich mich hintergangen und schrieb ihm eine sehr böse Mail, meiner Ansicht nach völlig zu Recht. Er hätte meine Frage nach einem Schlafplatz gleich am Anfang mit „Nein“ beantworten und mir sagen können, dass diese Bekannte bei ihm nächtigt. Als ich ihm das so gesagt habe, meinte er total pampig, dass er ein erwachsener Mensch sei und ich kein Recht hätte, ihm irgendwelche Vorschriften zu machen. Ich finde sein Verhalten respektlos und unkameradschaftlich, ich erkenne ihn nicht wieder. In den ersten 13 Jahren unserer Freundschaft war er ein völlig anderer Mensch, offen, ehrlich, kameradschaftlich und unkompliziert.
Jetzt ist er mächtig angepisst und will eine Weile Funkstille. Er sieht es überhaupt nicht ein, sich bei mir zu entschuldigen und will auch gar nicht zugeben, dass er einen Fehler gemacht hat. Schuld bin nur ich, weil ich angeblich ein sehr egoistischer Mensch bin, der bei gemeinsamen Übernachtungen nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist. Ich finde diese Unterstellung heftig, denn ich habe ihn ganz sicher niemals ausgenutzt. Wenn ich bei ihm schlafe, bringe ich immer Schlafsack und Hausschuhe mit, kaufe das Essen fürs Frühstück und komme niemals ohne Gastgeschenk in seine Wohnung. Ich habe auch immer ein kleines Handtuch fürs Gesicht dabei, verschwinde gleich nach dem Frühstück und dusche erst zu Hause in meiner Wohnung. Ich mache ihm also keinen Aufwand und nutze ihn keineswegs aus. Natürlich lasse ich ihn auch bei mir übernachten, wenn in meiner Nähe ein Konzert stattfindet.
Warum benimmt sich dieser Mann nach so vielen Jahren voller Respekt und Wertschätzung mir gegenüber dermaßen unmöglich? Im Umgang mit unseren Freunden hat er sich übrigens nicht verändert. Wobei die anderen niemals so eng mit ihm befreundet waren wie ich.
20.12.2016 09:24 • • 20.12.2016 #1