im Folgenden habe ich einfach mal meine Gedanken zum Themenkomplex Oberflächlichkeit, gespielte Lustigkeit und Soziophobie gebündelt. Es würde mich freuen zu erfahren, was ihr dazu denkt und zu welchen Erkenntnissen ihr eurerseits bisher gekommen seid!
Ich bin jemand, der sich gerne über Oberflächlichkeit bei anderen beklagt. Was ist Oberflächlichkeit für mich? Erstmal solche Aussagen, die mir zeigen, dass sich jemand für einen anderen Menschen gar nicht wirklich interessiert oder ihn nur in eine bestimmte Schublade steckt. Das sind die Muslimin, die sind so, das sind die Asiaten, die sind so, dass ist Paul, der hat eh einen an der Klatsche. Oberflächlich ist für mich ein Mensch, der mit anderen Zeit verbringt, einfach um selbst nicht allein zu sein, der andere also gewissermaßen missbraucht, um seine innere Leere nicht zu fühlen. Dabei ist es ihm im Grunde egal, mit was für einem Menschen er da spricht. Der kurzweilige soziale Kontakt dient ihm wie eine Dro. nur dazu, sich zu betäuben. Emotional kommt er an den anderen nicht heran und möchte das auch gar nicht.
Oberflächlichkeit heißt für mich auch, andere nicht überfordern zu wollen, weil man befürchtet, unverstanden und einsam dazustehen, wenn man es nicht so sagt, dass es jeder versteht. Ich denke immer, etwas möglich einfach sagen zu müssen. Viele Jahre habe ich damit zugebracht, über Dinge tiefgründig nachzudenken, ohne andere daran teilhaben zu lassen. Es ist für mich längst selbstverständlich, über meine innersten Gedanken nicht zu sprechen, so dass es jedes Mal sehr stressig ist, wenn ich sie dann doch mal in Worte fassen möchte. Viel leichter und bequemer ist es für mich, der lustige Typ zu sein, der immer einen witzigen Spruch auf Lager hat und die Stimmung durch gezielte Sarkasmen auflockert. Das ist so ziemlich die einzige Form der Intelligenz, mit der ich mich nicht isoliere, habe ich das Gefühl. Es fällt mir schwer, über meine Gefühle oder emotional stark besetzten Gedanken zu sprechen, aber genau das würde ich als wertvoll erwachten, damit die andere wirklich verstehen können, WER ich bin. Ich schaffe es aber meist nur zu einer Form der gespielten Lustigkeit, die ich an mir selbst nicht leiden kann, weil ich sie nicht im Griff habe. Sprich: Weil ich viel oft denke, lustig sein oder etwas Aufheiterndes sagen zu müssen. So gesehen bin ich ein sehr oberflächlicher Mensch, über den andere vielleicht denken, er habe keine ernsthafte Seite, sei nur ein Spaßvogel ohne Tiefgang. Und die Pointe ist dann, dass diese Leute dann wiederum auch keine Lust haben, sich mir zu öffnen und etwas von sich preiszugeben.
So betrachtet ist Oberflächlichkeit eine Art Gefängnis, ein Teufelskreis. Man ist oberflächlich, weil man denkt, anders nicht akzeptiert zu werden. Die anderen denken dann, man sei oberflächlich - und so entwickelt sich in der Folge dann die Kommunikation. Über die kann man sich dann in der Folge herrlich aufregen, die undurchdringliche Oberflächlichkeit und den Stumpfsinn der Welt beklagen. Mir geht es hier nicht darum, Leute zu verteufeln, die mal einen lockeren Spruch bringen, im Gegenteil. Es geht mir um jene, die IMMER so einen Spruch auf Lager haben, während sie sich sonst kaum ausdrücken können.
Ich selbst erlebe mich oft als jemanden, der sich über Oberflächlichkeit beklagt. Der auch nicht davor zurückschreckt, die Augen zu verdrehen, wenn jemand etwas aus meiner Sicht Dämliches gesagt hat. Dabei ist meine Abneigung gegen Oberflächlichkeit sicherlich auch die Abneigung gegenüber dem Menschen, in dem ich mich verwandele, wenn ich mich mal wieder mit der Oberflächlichkeit angesteckt habe. Der denkt, er müsste witzig sein, der immer lächelt, obwohl er nichts zu lachen hat. Da scheint es mir dann viel angenehmer, mich zurückzuziehen. Wenn ich allein bin, gibt es keinen Grund, irgendwelche Witze zu machen oder unerträgliche Gespräche über das Wetter zu führen, sondern ich kann ganz zu mir kommen, meiner Wahrheit ganz nahe kommen. Ich kann mich zum Beispiel hinlegen und in Ruhe diesen Text hier tippen, während es für mich die Hölle wäre, diese Gedanken anderen zu erklären. Vielleicht auch, weil ich immer schon davon ausgehe, dass es den anderen nicht interessieren wird. Weil ich keine Lust habe, in fragende Gesichter zu blicken, die mich daran zweifeln lassen, tatsächlich zur Gattung Mensch zu gehören.
Vermutlich müsste ich aber genau das tun, eben lernen, mit diesem Unverstandensein zu leben. Nicht dem vermuteten, sondern dem real erfahrenen. Nur so kann ich auch mal erfahren, dass es Menschen eben auch interessieren könnte, was sich hinter meiner Fassade verbirgt, und dass sie sehr wohl verstehen können, was ich ihnen zu erklären versuche. Es fällt mir allerdings sehr schwer ...
LG
13.08.2017 00:29 • • 27.08.2017 x 1 #1