Ich glaube, das Mobbing gehört zu den Menschen dazu, traurig, aber wahr.
Wir sind Rudelwesen, und wir fühlen uns sicher, wenn wir mit Anderen zusammen sind. (Von den Leuten mit Soziophobien jetzt mal ganz abgesehen, die lass ich Außen vor.)
Und im Rudel, da gibt es immer Einen, der aufgrund seiner Andersartigkeit oder Schwäche gemobbt wird.
Das führt dazu, dass das restliche Rudel sich stärker fühlt und besser zusammenhält.
Mobbing fördert den Zusammenhalt in der Gruppe.
Außerdem kann jeder mobben, der Bauarbeiter ebenso wie der Manager.
Es ist also etwas, wo jeder mitreden kann, ohne besondere Qualifikation.
Mobbing verbindet also auch noch schichtenübergreifend die Menschen miteinander.
Und deshalb machen sie es so gerne.
Auch Leute, die gar nichts gemeinsam haben, können gemeinsam über einen Dritten herziehen und fühlen sich dann so, als hätten sie doch was gemeinsam.
In der Schule war ich mal lange Zeit als Streitschlichter tätig.
Unsere aufgabe war es, Schüler, also Opfer und Täter, zum Gespräch zu bitten und da als Mediator aufzutreten, also heraus zu finden, wo der Kern ihrer ständig wiederkehrenden Konflikte ist und wie man sie lösen kann.
Irgendwann merkt man: Es gibt keinen Kern, es gibt keinen Konflikt.
Die Opfer, das sind immer wieder die selben Schüler.
Sie werden von ihrer Klasse ausgewählt zum Opfer, und das bleiben sie dann, und die Täter, die Mobber, die sind immer andere, aber die Opfer bleiben immer gleich.
Das ist wie bei Wölfen oder Affen oder so. Wie bei Tieren.
In fast jeder fest stehenden Gruppe von Menschen gibt es eine Hackordnung. Das ist in der Schule so und im Büro auch.
Es gibt immer den Leithammel, was man in der Klasse daran merkt, dass es der ist, der am lautesten und frechsten ist, und wenn er krank ist, ist die Klasse ganz still und ruhig, weil ihnen ihr anführer fehlt und sie eingeschüchtert sind
Das ist im Job auch nicht anders.
Und am Ende der Nahrungskette, alsi ganz unten in der Hackordnung, da steht das Mobbing-Opfer. Alle Anderen dürfen auf ihm herum hacken, weil dazu ist es ja da. Es fängt Aggressionen auf, die ansonsten die Gruppe spalten würden.
Es ist echt wie bei Tierenm, mit dem Mobbing bei uns Menschen.
Ich war übrigens auch laange Zeit ein Mobbing-Opfer in der Schule.
Weiß gar nicht, wieso und wann sich das irgendwann gedreht hat.
Ich denke, es lag daran, dass ich irgendwann mal eine der Coolen als Freundin und Sitznachbarin hatte. Die hat dann meinen Status verändert.
Und ab da wurde ich dann nicht mehr gemobbt, auch, als die durchgefallen ist und ich dann alleine in der Klasse war, und auch später, ich hatte immer meine Ruhe.
Lag aber wohl auch viel daran, dass ich anders aufgetreten bin als früher.
Wenn man schon selber Unsicherheit ausstrahlt, wird man auch gemobbt.
Wenn man mit sich und der Welt zufrieden ist, dann nicht.
Und irgendwann war ich mit mir zufrieden, und das Mobbing hörte auf.
Allerdings ist es bei uns am Gym so, dass ab der 9ten eigentlich keiner mehr gemobbt wird. Nicht öffentlich. Lästern, das geht freilich immer, aber Mobbing, das hört plötzlich auf.
Und kommt auch nicht wieder. In der Kollegstufe ist man dann plötzlich wie eine Familie, ganz komisch.
Ich frag mich, wieso es in der Arbeitswelt dann wieder kommt.
Ist ein seltsames Phänomen, das Mobbing.
Das Problem am Mobbing ist so:
Es ist cool, zu mobben.
Wenn man sich für den Gemobbten einsetzt, ist man ganz schnell der Underdog und wird auch gemobbt.
Sich für andere einzusetzen ist also uncool, und Andere fertig zu machen ist cool.
So lernt man das schon als Kind.
Und dieses Wissen bleibt einem dann wohl auch.
DA müsste man ansetzen. Es müsste cool werden, für Andere stark zu sein. Es müsste uncool werden, Schwächere fertig zu machen.
Das müsste man als Kind schon lernen, damit man es später im Job umsetzen kann.
Denn dann wären nämlich die Mobber die, die irgendwann ganz alleine da stehen, weil sie nämlich böse sind und andere verletzen.
Und die Gemobbten wären umgeben von einer Herde von Beschützern und gerechtigkeitsliebenden Kindern.
So müsste es sein.
Dann wäre Mobbing auch kein Problem mehr.
Aber wir lernen ganz früh, dass Mobbing cool ist, und deshalb ist es so ein großes Problem in unserer Gesellschaft.
Wobei ich sagen muss, dass Kinder da weitaus grausamer sind als Erwachsene. Wir hatten Fälle, da hatte einer eine Platzwunde am Kopf, weil ihn jemand mit einem Schirm züchtigen wollte.
Oder, das Krasseste, da wurde einem Jungen vor den augen der ganzen Klasse die Hose gewaltsam ausgezogen und sein P. gemessen, während der Lehrer gerade weg war. Der wurde brüllend und schreiend festgehalten und andere haben ihm die Hose ausgezogen und keiner hat was gesagt. Und das war vor 10 Jahren. Will nicht wissen, was die süßen Kleinen heute so machen. Einmal an der S-Bahn hat einer Rüffel von mir kassiert, weil er es witzig fand, Streichhölzer anzuzünden und auf ein Opfer zu werfen. Also, sowas kapier ich dann nicht mehr. Wo ist dasb itte witzig? Das ist dumm und gefährlich. Aber keiner sagt was.
Da stehen 200 Schüler, einige Erwachsene, und keiner sagt was, außer mir.
Das Wegschauen ist halt genauso cool wie das Mobbing.
Bloß nicht auffallen, bloß nichts sagen, einfach weitergehen.
Das ist es, was viele machen, und das versteh ich nicht.
Bin echt froh, dass ich diesen Kurs gemacht hab damals, denn dieses für-Andere-einstehen, und in Streitigkeiten reinzugehen und sich zwischen zwei prügelnde Jungs zu werfen, die 3 Köpfe größer waren als ich, das hat mir echt was gebracht.
Mehr fällt mir zu dem Thema jetzt nicht mehr ein.
In dem Sinne liebe Grüße,
Pilongo
21.06.2009 07:11 •
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