Guten Morgen ,
danke für Deine ausführliche Rückmeldung.
Zitat von Lavendelblume_8: Zuletzt Großraumbüro, die Kollegen alle sehr nett, aber mir viel zu viel glaube ich... In einem kleineren Büro zuvor habe ich mich wohler gefühlt.
Großraumbüro ist ein echtes Pfund und soviel ich weiß, geht man nach Möglichkeit wieder auf kleinere Büroeinheiten zurück, da sich herausgestellt hat, dass der Rahmen der Psyche nicht zuträglich ist. Ich habe während meines Klinikaufenthalts in der Burnoutgruppe mehrere Leute mit Großraumbürotrauma kennengelernt. Mit einer Frau hatte ich noch einige Zeit Kontakt und sie konnte im Betrieb durchsetzen, dass sie einen ruhigeren Arbeitsplatz bekam. Vorher wäre sie nie auf die Idee gekommen, für sich etwas einzufordern...
Zitat von Lavendelblume_8: Ich habe Angst vor der Arbeitsangst jetzt nach der schlechten Erfahrung.
Dazu neigen wir hier wohl alle . Es kann sehr hilfreich sein, die
Zuständigkeiten klar zu erkennen und daraus abzuleiten,
was einen selbst sowohl thematisch und somit auch mental überhaupt betrifft. Ein aufbrausender, höhnischer Vorgesetzter z. B. drückt mit hoher Wahrscheinlichkeit
seine Probleme damit aus und hofft, diese anderen unterjubeln zu können. Das ist, ganz nüchtern betrachtet,
sein Thema.
Dass Dir der Ton, die Ungerechtigkeit etc. nicht
gefällt, ist wiederum
Deine Sache. Gerade bei Vipassana (und der dahinter stehenden Satipatthana-Übung) geht es um dieses Erkennen der bedingten Entstehung von Bewusstsein, Ego, Ich-Illusion. Mit Sicherheit ist Dir der Begriff der Leere der Erscheinungen noch ein Begriff?
Zitat von Lavendelblume_8: Für mich selbst einzustehen fällt mir sehr schwer.
Und genau hier kannst Du die o. g. Einsicht mal konkret anwenden.
Wer steht denn hier für
wen ein? In unserer Angst und unserer Verletzung steht immer als ent
scheidendes Moment das Ich-Gefühl. Deshalb schlage ich folgende (interne) Umformulierung vor:
Die aktuellen Umstände sind unheilbar in vielerlei Hinsicht. Deshalb ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die logische Folge.
Mehr ist da nicht. Nimm
Dich und
Deinen Chef raus aus der Sache und es bleibt das eben genannte wirklich relevante Faktum übrig.
Das hört sich für Außenstehende oder im unachtsamen Alltag vielleicht sehr abstrakt und theoretisch an, aber ich denke, durch Deine Meditationserfahrung wirst Du sofort erkennen, was gemeint ist.
Zitat von Lavendelblume_8: Was machst du jetzt beruflich nach deiner Richtungsänderung?
Wichtig war erstmal das Beenden des Bestehenden. Nach 29 Jahren übergab ich den Betrieb an einen Mitbewerber und kümmerte mich erstmal 2 Jahre intensiv um meine körperliche Gesundheit. Danach kamen (und kommen) die Feinheiten. Seit 4 Jahren habe ich eine kleine Gewerbeimmobilie in der Vermietung und erledige für Einzelunternehmer Büroarbeiten (Rechnungen, Buchhaltung, Jahresabschlüsse). Dafür bin ich mit meinem 1-Raum-Büro in Untermiete in einer beschaulichen Kleinstadt. Ich habe schon immer gerne alleine gearbeitet, konnte das aber früher selten tun. Außerdem war der Druck in unserem Gewerbe immens und ich bin in meinem Herzen kein guter Verkäufer sondern eher ein stiller Schreiberling.
Hier verdiene ich einen Bruchteil aber ich freue mich über jede Minute meines Tuns. Außerdem kann ich mir mein Arbeitspensum sowie meine Arbeitszeit frei einteilen. Manchmal bin ich schon um 5h im Büro und gehe nach meinem Kaffee um 9h nach Hause, lege dann daheim noch eine Stunde am heimischen PC nach und das war´s dann.
Zitat von Lavendelblume_8: Wie hat es sich ergeben dass du nach deinem Retreat eine Angststörung bekommen hast? Meinst du sie war vorher schon da und ist da erst sichtbar zutage getreten, oder ist sie dort erst entstanden?
Gar nicht so einfach zu beantworten. Fakt ist, dass ich wohl zuviel Konzentration und zu wenig Achtsamkeit aufgebaut hatte und einfach noch nicht reif für die (z. T. sehr heftigen körperlichen) Erfahrungen war. Ich kann sehr engagiert sein und hab´s dabei wohl a bisserl übertrieben. Daheim konnte ich die Konzentration nicht mehr ausschalten und hatte ziemlich krasse Ängste, verrückt zu werden. Nach diversen Untersuchungen inkl. Notaufnahme (Panikattacken) ging ich dann zu einer Freudianerin (ja, sowas gibt´s noch...) und wir arbeiteten meine ganze Lebensgeschichte durch. Damals stellte ich einige wichtige Weichen, doch die Arbeit und der Alk. ergänzten sich weiter auf unheilbare Weise. Und somit kam eine Angststörung hinzu. Erst aus dieser Not musste ich die entscheidenden Schritte gehen.
Somit sind unsere Lagen nicht ganz vergleichbar, aber ich wollte grundsätzlich anmerken, dass eine wirklich gute, umfangreiche (!) Suchttherapie aus meiner Sicht extrem viel leisten kann, insbesondere hinsichtlich Depression und Ängsten - sofern es nicht nur darum geht, lediglich abstinent zu bleiben sondern
vor allem die Entwicklung der Süchte zu verstehen.