mir liegt ein bestimmtes Thema/Erlebnis auf der Seele, über das ich mich gerne mal mit Außenstehenden unterhalten würde und zu dem ich mir mal eine objektive Meinung wünschen würde.
Ich muss etwas ausholen, bevor ich zum eigentlichen Punkt komme. Ich entschuldige mich schon mal dafür, falls der Text etwas länger werden sollte. Ich bin w/26. Ich bin jetzt bald seit 2 Jahren krankgeschrieben, da ich aktuell unter starken Depressionen und einer Derealisations-/Depersonalisationstörung leide. Ich bin in Behandlung und bin auch momentan auf einem recht guten Weg.
Im Zuge meiner Therapie habe ich mich natürlich sehr viel mit mir selbst, meinem Empfinden, meinen Gefühlen auseinander gesetzt und auch mit meinem bisherigen Leben. Nun bin ich bei einem bestimmten Erlebnis hängen geblieben, welches ich heute aus erwachsener Sicht ganz anders wahrnehme, als damals. Folgendes ist mit passiert:
Ich war 16/17 Jahre alt, als ich meinen Ex-Partner, mit dem ich vier Jahre lang zusammen war, kennen gelernt habe. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch in einer anderen Beziehung, wir haben uns aber trotzdem schon angefangen heimlich zu treffen. Bitte verurteilt mich nicht dafür, ich war wie gesagt erst 16, völlig unreif, unerfahren und grün hinter den Ohren. Heutzutage weiß ich auch, dass sich das nicht gehört und frage mich, warum ich das damals wohl als okay betrachtet habe.
Wir haben uns eines Abends an unserem geheimen Treffpunkt getroffen und er hat Alk. mitgebracht, also haben wir ein bisschen was getrunken. Ich kann mich daran erinnern, dass wir einfach gemütlich zusammen saßen, uns unterhalten und Musik gehört haben. Es war ein schöner Abend, aber ich weiß auch, dass er darauf bestand, dass ich trinke. Ab einem gewissen Zeitpunkt habe ich einen Filmriss und kann mich kaum noch an etwas erinnern. Was ich noch weiß ist, dass wir dann Sex hatten, aber jetzt komme ich zum eigentlichen Punkt. An den Akt an sich kann ich mich nicht gut erinnern, was ich aber weiß ist, dass mir zwischendurch Gedanken durch den Kopf schossen wie, was zur Hölle hier gerade passiert und dass ich das eigentlich so nicht wollte. Ich weiß, dass ich unter normalen Umständen und wenn ich zurechnungsfähig gewesen wäre, niemals mit ihm an diesem Abend geschlafen hätte, zumal ich noch in einer anderen Beziehung war. Ich hatte nicht vor, meinen damaligen Freund wirklich körperlich zu betrügen (Ja, ich habe mich hinter seinem Rücken mit jemand anderem getroffen, aber das sind dennoch zwei Paar Schuhe). Ich habe mich danach schrecklich gefühlt, weil das wie gesagt nicht meine Intention war. Ich habe tagelang geweint und mich einfach richtig mies gefühlt. Damals dachte ich Nun gut, du bist selbst schuld, hast zu viel getrunken, die Beine breit gemacht. Aber heute, aus der Sicht einer erwachsenen Frau, sehe ich das anders. Ich kann mich an kaum etwas erinnern und erst recht nicht daran, meine Zustimmung zum Sex gegeben zu haben. Wäre ich klar bei Sinnen gewesen, wäre es definitiv nicht so weit gekommen. Damals habe ich diesen Vorfall einfach als Missgeschick abgetan. Ich habe mich von meinem damaligen Freund getrennt und bin mit dann mit ihm zusammen gekommen. Wir waren vier Jahre lang zusammen und alles in allem war es auch eigentlich eine schöne Beziehung.
Nun frage ich mich heutzutage, inwiefern ich diesen Vorfall für mich selbst einordnen soll. Ich bin mir darüber erst vor kurzem wirklich im Klaren geworden, dass das eigentlich nicht in Ordnung war. Ich wurde abgefüllt (ob absichtlich oder nicht, weiß ich nicht) und es fand Geschlechtsverkehr statt, ohne dass ich dazu in der Lage war, darüber zu entscheiden. Kann man in diesem Fall von einer Vergewaltigung oder sexuellem Missbrauch sprechen? Ich will diese Worte eigentlich ungern in den Mund nehmen, zumal wir danach noch vier Jahre lang ein Paar waren und ich mir irgendwie dumm vorkomme, jetzt so etwas zu behaupten. Aber trotzdem lässt mich dieser eine bestimmte Abend nicht mehr los. Er ist per se kein schlechter Mensch, aber auch in der Beziehung gab es eine Situation, die ich heutzutage anders betrachte. Ich bin eines Nachts wach geworden und habe gemerkt, wie er mich - während ich schlief - befummelt hat und sich dabei selbst befriedigt hat. Auch das finde ich aus heutiger Sicht nicht in Ordnung. Wir hatten eigentlich einen immer respektvollen und liebevollen Umgang miteinander, wodurch es mir so schwer fällt, diese Dinge einzuordnen, weil ich eigentlich nach wie vor viel von ihm halte. Wir haben uns getrennt, als ich 21 war. Mit 23 bekam ich starke Depressionen und die Depersonalisationsstörung und bin bis heute arbeitsunfähig. Ich glaube nicht, dass lediglich dieser Vorfall der Auslöser für meine Erkrankungen ist, aber es ist eine von vielen Baustellen.
Wie würdet ihr das ganze betrachten? Spricht man bei Sex unter starkem Alk. von Missbrauch? Ist man in so einem Fall selbst schuld? Ist es möglich, vergewaltigt und sich zehn Jahre später erst darüber bewusst zu werden?
Ich würde mich sehr über ein paar Meinungen freuen und würde euch bitten, nicht zu hart mit mir zu sein, das Ganze ist ein sehr sensibles Thema für mich. Vielen lieben Dank.
28.07.2023 16:17 • • 30.07.2023 #1