bmfbagels
ehrlich gesagt weiß ich nicht genau, was ich mir von diesem Post erwarte. Vielleicht will ich auch mal nur meine Gedanken zu Papier bringen.
Vorneweg: meine Freundin und ich sind seit 6 Jahren zusammen, und ich liebe sie.
Eigentlich begann ihre Angststörung bereits zu Beginn unserer Beziehung.
Anfangs äußerte sie sich in extremer Eifersucht und der Angst, bzw. der Überzeugung, dass ich sie ständig betrügen würde (es gab aber 0 Anlass dafür).
Über die Zeit nahm sie dann aber eher depressive Züge an, was sie dann dazu veranlasste, zu einem Psychologen zu gehen.
Bevor sie und ich verstanden, dass bei ihr eine Krankheit am Werk war, verhielt ich mich, das muss ich zugeben, ungeduldig und unverständig gegenüber ihren Ängsten und dem ständigen Misstrauen und später dann der schlechten Laune, den häufigen Problem im sozialen Umfeld und in ihrer Wohnsituation und all den anderen Problemen des Alltags die mit so einer Krankheit einhergehen.
Dazu muss ich sagen, dass sie Teile einer generalisierten Angststörung mit unspezifischen Panikattacken hat, aber auch viele spezifische Phobien hat und auch hypochondrische Züge zeigt. Depressive Episoden hatte sie auch schon häufiger. Zwischenzeitlich hatte sie auch, glaube ich, einen paranoiden Wahn. Zumindest hat sie manchmal geglaubt, dass ihr Nachbar und ihr Exfreund sie umbringen wollen. Inzwischen stehen aber Zwangsgedanken und Zwangsimpulse im Vordergrund sowie eine starke Angespanntheit und Zukunftsangst.
Es ist irgendwie ein bunter Mix. Vielleicht ist es ja auch immer so, und die Grenzen zwischen den Krankheitsbildern existieren nur im Lehrbuch.
Jedenfalls kam mit der Zeit dann aber die Erkenntnis, dass sie Hilfe brauchte, die ich nicht gewährleisten konnte.
Seitdem hat sie auch schon eine tiefenpsychologische Behandlung abgeschloßen, mit der es zuerst auc besser wurde.
Aber seitdem ihre Ängste in den letzten paar Jahren wieder massiv zugenommen haben (nun in anderer Form) befindet sie sich nun in einer verhaltenstherapeutischen Behandlung, bei der sie auch schon Expositionen gemacht hat, woraufhin die spezifischen Ängste besser wurden. Auch SSRIs hat sie im Zuge der ersten Therapie genommen, aber dann wieder abgesetzt als es scheinbar besser wurde. Inzwischen nimmt sie wieder SSRIs mit bisher wenig Wirkung (eher im Gegenteil, sie ist deutlich angespannter und hat viel schlimmere Zwangsgedanken und mehr Ängste, was aber wohl gerade zu Beginn der Einnahme häufig ist).
Da ich weiß, dass sie nichts für ihre Probleme kann und es sich bei ihren Ängsten und Zwängen um eine Krankheit handelt, versuche ich sehr, Verständnis und Geduld zu zeigen, und sie zu unterstützen und ihr entgegen zu kommen. Ich bin wirklich bemüht, Rücksicht zu nehmen und sie immer wieder aufzubauen wenn es ihr schlecht geht, sie abzulenken wenn sie Zwangsgedanken hat und was mit ihr zu unternehmen, wenn sie niedergeschlagen ist.
Dazu sei gesagt, dass bei mir auch häufig ein Pflichtgefühl mitschwingt, da ich sie recht früh in unserer Beziehung einmal kurzzeitig verlassen habe, weil ich mit ihrer Krankheit nicht klar kam. Nach ein paar Monaten kamen wir wieder zusammen, und seitdem bemühe ich mich so gut es geht, auf sie und ihre Krankheit zuzugehen.
Natürlich bemühe ich mich vor allem so sehr um sie, weil ich sie liebe, aber manchmal beschleicht mich auch das Gefühl, dass ich vieles tue weil ich mich schuldig fühle und dass Gefühl habe, ich hätte kein Recht darauf egoistischer in unserer Beziehung zu sein, weil ich sie schonmal verlassen habe.
Trotzdem finde ich es mühsam und anstrengend, mich immer wieder aufs neue zusammen zu reißen und zum x-ten Mal das selbe Thema durchzusprechen, ihr wegen der immer selben Ängste wieder Mut zuzusprechen und mich so zu verhalten, dass sie sich unterstützt fühlt.
Ich habe aber immer mehr das Gefühl, nicht mehr der sein zu können, der ich bin. Gefühlt bewege ich mich auf rohen Eiern, wenn ich Zeit mit ihr verbringe, um ja unterstützend zu sein. Bloß nicht über tragische Themen zu reden (sei es aus den Nachrichten oder direkt unser Leben betreffend) und auch sonst eher negativere Dinge (anstrengende/spannende Filme oder Bücher, Nachrichten, Politik [wofür ich mich sehr interessiere]) zu meiden.
Ich weiß ja, dass Vorwürfe und Ungeduld ihr gegenüber kein bisschen helfen sondern vielmehr kontraproduktiv bin.
Ich weiß auch, dass sie sich schon oft genug schlecht fühlt, sich ungenügend oder überfordert vorkommt und häufig wenig selbstbewusst ist. Dann will ich nicht noch eins oben drauf geben, indem ich ihr sage, dass ich unzufrieden mit der Beziehung bin.
Ich habe aber auch schonmal verbalisiert, dass ich manchmal (wobei ich eher oft das Gefühl habe) das Gefühl habe, nicht ganz gerecht behandelt zu werden. Viel genützt hat es nicht. Denn sie hat mir gegenüber, trotz all dem das ich tue, immer noch dauernd was zu meckern und beschwert sich ständig über Kleinigkeiten. Ich bemühe mich ja schon, ihre vielen Regeln einzuhalten, aber es nervt auch, dass jeder kleine Regelverstoß direkt zu einem Streit führt, an dessen Ende meist ich derjenige bin, der sich entschuldigt, weil ich Angst habe, dass sie sich sonst zu krass fertig macht (was ich ja von ihr kenne, wenn es um Konflikte geht die nichts mit uns zu tun haben).
Bei alldem muss ich sagen, dass ich den Großteil der Zeit glücklich mit ihr bin. Das ist aber auch eher der Fall, wenn es mir selber ganz gut geht und ich die Kapazitäten habe, auf sie und ihre Probleme ständig einzugehen.
Nun ist es aber so, dass ich selber ein nicht unanspruchsvollen Studium absolviere und viel arbeite und mich derzeit in einer Lebenssituation befinde, die etwas unsicher ist. Viel entscheidet sich gerade für mich (welchen Job, in welcher Stadt, Karriere machen oder nicht, meine Eltern werden alt und ich mache mir Sorgen, etc.), und ich bin viel gestresster als es die letzten Jahre der Fall war.
In letzter Zeit wünsche ich mir immer häufiger, dass ich einen Partner hätte, der mich auch unterstützen könnte. Denn, um ehrlich zu sein, hat sie wenig Kapazitäten, um mich mal aufzubauen, wenn es mir mal nicht gut geht. Oft ist ihr alles schnell zuviel, sodass ich manchmal das Gefühl habe, mit meinen Problemen in der Beziehung alleine zu sein. Nicht falsch verstehen, sie ist sehr lieb und hat auch ein offenes Ohr für mich, aber es doch nicht das selbe, denn ich hab nicht das Gefühl, dass sie noch die Kraft dazu hat, mich zu stützen, wenn sie so sehr mit sich selber zu kämpfen hat.
Es gab auch schon eine zeitlang die Situation, in der ich nicht sehr ausgeglichen war und auch eigene Probleme hatte. Leider hat es dann sehr schlecht funktioniert und sie konnte mich nur wenig unterstützen, es war ihr schnell zu viel.
Sie brauchte dann gleich ein paar Tage Abstand - zum einen, weil ich mich, in den paar Tagen wo ich nicht die Energie hatte, mich wie sonst üblich zusammenzureissen, mal nicht ganz optimal verhalten habe, und zum anderen, weil es ihr selber schlecht ging.
Und ich kann das auch verstehen. Wirklich. Ich will ihr auch nicht zu viel abverlangen, oder ihr Druck machen, oder ihr das Gefühl geben, dass sie eine schlechte Freundin ist.
Aber ich verliere ehrlich gesagt dass Vertrauen in unsere Beziehung. Ich weiß nicht, ob ich die Dinge gerade zu negativ sehe, aber ich habe große Zweifel, wie es werden soll, wenn wir beide berufstätig sind. Ich habe große Zweifel, wie es in unserer Beziehung laufen wird, wenn Stressoren von ganz anderem Kaliber auf uns zukommen (Patienten, Kinder, Beruf, etc.). Bisher hatten wir es ja verhältnismäßig leicht weil wir studierten (wir studieren beide Medizin), aber es wird ja nicht unbedingt leichter in unserem Leben. Und so wie es bisher lief wurde ihre Krankheit mit steigendem Stress immer schlimmer.
Ich weiß auch nicht, ob sie und ich langfristig so glücklich werden können. Vielleicht muss ich mir auch eingestehen, dass ich nicht stark genug bin, um mit einer Freundin mit Angststörung zusammen zu sein. Dass ich sie nicht heilen kann ist mir völlig klar. Aber ich habe das Gefühl, dass es unfair ist, und nicht richtig, oder Zeuge von Charakterschwäche, wenn man seinen Partner verlässt, weil er krank ist.
Ich weiß auch, dass es unheimlich stark ist, was sie leistet, das sage ich ihr auch oft. Ich weiß auch, dass sie natürlich ohne mich klarkommt. Darum geht's nicht.
Aber bei all dem rationalen Wissen zur Krankheit, bei allem Verständnis, fange ich an, anders zu fühlen. Ich habe einfach immer weniger Geduld. Immer weniger Lust, und auch immer weniger Energie.
Ich muss auch sagen, dass ich mit niemanden darüber reden kann. Meine Freunde kennen sie alle, und ich habe das Gefühl, dass ich ihr unrecht tue, wenn ich mit Freunden über die Krankheit meiner Freundin rede, denn sie will nicht, dass andere wissen wie es in ihr vorgeht. Nach den paar Malen, bei denen ich mit Freunden über meine Freundin ehrlich geredet habe, habe ich mich ziemlisch schäbig und schuldig gefühlt.
Mit meiner Familie kann ich auch schlecht darüber reden, weil ich nicht will, dass das ein Grund werden könnte, warum meine Eltern und Geschwister ihr ablehnend gegenüber stehen.
Vielleicht jammer ich auch auf hohem Niveau, keine Ahnung. Vielleicht erwarte ich zu viel, oder ich verhalte mich genau falsch. Vielleicht schätze ich die ganze Situation auch völlig falsch ein und ich seh die Beziehung gerade einfach durch eine alles-ist-scheiße- Brille.
Ich weiß schon, dass eigentlich sie diejenige ist, die das Los hart getroffen hat. Aber irgendwie weiß ich nicht mehr weiter.
Keine Ahnung, welche Frage ich hier eigentlich stelle, aber vielleicht habt ihr ja trotzdem ein paar Gedanken zu meiner Situation.
18.10.2016 22:01 • • 19.10.2016 #1