MiyaHee
ich hoffe, es geht euch gut. Seit einiger Zeit saß ich hier völlig im Dunkeln auf meinem Sessel und ließ meine Gedanken schweifen. Sie kreisen unaufhörlich um dieselben Themen, und ich empfinde eine tiefe Unzufriedenheit bezüglich meines Lebens. Also habe ich mir gerade gedacht, dass ich all das mal hier niederschreibe, im Grunde ist das mein ganzes Leben zusammengefasst, sehr viel Text.
Ich weiß, es ist nicht die beste Art, mit sich selbst umzugehen, aber ich fühle mich oft als Versager und ich muss gestehen, dass ich mich sogar selbst verabscheue. Ich habe erkannt, dass ich durch meine eigene Feigheit und unklugen Entscheidungen mein Leben zu großen Teilen selbst verdorben habe, auch wenn man vielleicht sagen kann, dass vieles meinem jungen Alter geschuldet ist und ich manchmal einfach Pech hatte.
Mein Leben war, bis ich um die 11 - 12 Jahre alt war, eigentlich recht schön, wie ich finde, auch wenn wir oft total die finanziellen Probleme hatten und im Plattenbau gewohnt haben, weil wir von unserem eigentlichen Wohnort, wo wir Haus und Garten hatten, verdrängt wurden. Das hat mich nie groß gestört, weil meine Eltern immer sehr bemüht waren, dass wir davon nicht all zu viel mitbekommen und trotzdem oft die Dinge bekommen haben, die wir uns gewünscht haben, sodass es kaum etwas zu beklagen gab, außer dass es manchmal tagelang nur Toast mit Zucker zum Essen gab, aber das war wirklich nicht so oft der Fall. Es gab vor allem später auch finanziell bessere Phasen, sodass wir dann auch jahrelang mit meinen Großeltern zusammen zum Camping in die Eifel gefahren sind. Ich hatte immer recht viele Freunde und habe die meiste Zeit draußen mit ihnen verbracht, sowohl Zuhause als auch am Campingplatz, zusammen mit meinem älteren Bruder. Wenn ich mein Leben mal mit heute vergleiche, wünsche ich mir nichts lieber als diese Zeit zurück. Ich war aber auch früher schon ein recht ängstlicher und zurückhaltender Junge, quasi schon von Beginn meines Lebens, sodass ich vor allem vor den Lehrern und fremden Personen im allgemeinen oft kaum ein Wort rausbekommen habe. Meine Eltern wussten das und haben mich deshalb immer sehr behütet, wobei das im Endeffekt vielleicht eher kontraproduktiv war, auch wenn ich ihnen das nie als Vorwurf machen würde. Es hat dann immer eine lange Zeit gedauert, bis ich wirklich aus mir herauskommen konnte, aber dann war ich immer sehr lebensfroh. Allerdings haben schon immer meine Noten sehr unter dieser Angst gelitten, sodass ich mich nie gemeldet habe und daher auch schlechte Noten bekam. Irgendwann erkrankte meine Oma dann an Darmkrebs, und die Lehrerin sagte, dass ich wohl sitzenbleiben würde, es sei denn, wir ziehen um, dann würde sie mich nicht sitzenbleiben lassen, damit ich den Anschluss nicht verliere. Also sind wir dann wieder umgezogen, damit ich nicht sitzenbleibe und meine Mutter meine Oma pflegen konnte.
Von diesem Zeitpunkt an fing mein Leben an, immer schlechter zu werden. Wir hörten auf mit dem Camping, ich musste alle meine Freunde zurücklassen, finanziell sah es dann wieder etwas schlechter aus und ich kam dann auf die neue Grundschule. Anfangs wurde ich dort sehr nett von den Mitschülern empfangen, aber irgendwie traute ich mich überhaupt nicht, auch nur ein Wort zu sagen. Das haben sie dann natürlich irgendwann gemerkt, sodass sie das perfekte Ziel für ihre Hänseleien gefunden hatten. Ich wurde irgendwann von der ganzen Klasse ständig geärgert, gehauen, getreten und sobald ich etwas gesagt habe, wurde das sofort rumerzählt und alle machten es nach und lachten mich dabei aus. Ich bin oft weinend aus dem Klassenzimmer gelaufen, und die Lehrer haben nicht wirklich etwas dagegen unternommen, außer meinen Eltern zu sagen, dass ich das Problem wäre und mich zum Kinderarzt geschickt. Der Kinderarzt und meine Eltern waren davon total empört, weil ich Zuhause und beim Arzt einen recht normalen Eindruck gemacht habe, und ich selbst konnte das irgendwie nie so richtig mitteilen, dass ich Ängste hatte. Meine Noten waren dann natürlich auch wieder total schlecht, aber es reichte, um nicht sitzen zu bleiben, weil ich zumindest in den Tests immer ganz gut war. Irgendwann kam auch eine neue Lehrerin, die mir ein sehr gutes Gefühl gegeben hat und auch mal was dagegen unternommen hat, dass die Kinder mich nicht mehr so sehr ärgern. Nichtsdestotrotz war das eine sehr schreckliche und einsame Zeit für mich, die aber irgendwann auch wieder vorbeiging.
Ich kam dann irgendwann auf die Hauptschule, wo ich das Glück hatte, dass ich mit meinem Cousin zusammen in einer Klasse war, sodass ich quasi sofort jemanden hatte. Zusammen ist es natürlich einfacher, dann Kontakte aufzubauen, und ich konnte auch etwas mehr aus mir herauskommen und zumindest mal wieder mit Leuten reden. Wir waren in der Schule zwar immer die Außenseiter und diejenigen, die geärgert wurden, aber wir hatten unsere kleine Freundesgruppe in der Schule. Ich kam zurecht. Ich war nicht mehr einsam. Die Probleme hatte ich zwar immer noch, dass ich mich fast nie im Unterricht gemeldet habe und zu zurückhaltend war, aber ich habe es trotzdem immer wieder durch die Klassen geschafft, wegen der Klassenarbeiten und Tests. Irgendwann ist meine Oma dann auch gestorben, worüber ich erst sehr traurig war, aber ich kam damit irgendwann klar. Hin und wieder kamen meine Freunde oder auch mein Cousin zu Besuch oder ich bei ihnen, aber so wirklich viel Inhalt hatte mein Leben nicht mehr. Jeder Tag war mehr oder weniger gleich und fand meistens vor dem Computer oder der Konsole statt und das bis heute. Es war aber kein schlimmes Leben, ich fand das voll in Ordnung.
Eines Tages nach der Schule spielte ich an meiner Konsole ein Spiel, und da ist mir aufgefallen, dass ich seit längerer Zeit irgendwie so einseitige Kopfschmerzen hatte, und da kam ich auf die fabelhafte Idee, einfach mal zu googeln, was das denn sein könnte. Google kam natürlich direkt an mit Hirntumor, ich völlig schockiert die Symptome gelesen und dann natürlich alles davon bekommen. Ständig vorm Spiegel gestanden und Pupillen gecheckt, ständig schwindelig und musste mich dann jeden Tag übergeben, war mich sicher, dass ich es habe. Traute mich aber nicht, zum Arzt zu gehen, weil ich Angst hatte vor der Diagnose. Also lief ich da ein Jahr mit rum, bis ich irgendwann dachte, dass es sich schon längst verschlimmert haben müsste, und da ließen die Ängste und Symptome irgendwann nach. Es dauerte aber nicht allzu lange, bis eine neue Krankheit dazu kam und dann das gleiche Spiel von vorne. Irgendwann hatte ich bei jedem Symptom Angst, vor einer schlimmen Erkrankung und hatte schon Hodenkrebs durch, Hirnblutungen, Nierentumore und ich glaube noch mehr brauche ich dazu nicht schreiben, kennt glaube ich jeder, der mit diesen Krankheitsängsten zutun hat, oder hatte. Jahrelange Krankheitsängste also, es gab kaum mal Phasen, wo ich beschwerdefrei war, aber zumindest traute ich mich auch mal wieder zum Arzt. Jedes mal wurde gesagt, ich hätte nichts, aber ich konnte das dann nie so richtig glauben. Irgendwann wurde ich davon depressiv, sodass ich mich nur noch schwer zu der ohnehin schon anstrengenden Schule schleppen musste, aber ich habe es durchgestanden und irgendwann zumindest den Hauptschulabschluss geschafft. Inmitten all der Ängste ist aber mein Hund gestorben, der mein ganzes Leben schon da war, er war nur 2 Jahre jünger als ich. Das hat mich dann noch mal mehr so unglaublich kaputtgemacht, weil ich auch sowieso schon so fertig war, durch diese ganzen psychischen Probleme. Auf der Abschlussfahrt habe ich mir übrigens natürlich genau da dann, in Italien das Knie verdreht und musste da ins Krankenhaus, und das war dann am Ende auch kein schönes Erlebnis für mich, aber wie dem auch sei. Zur Abschlussfeier bin ich als einziger nicht gegangen, weil ich diese Menschen dort einfach nicht mehr sehen konnte, ich wurde dort sowieso nur wie Dreck behandelt von den Mitschülern, abgesehen von meinen Freunden, aber da geht dann nach der Schule natürlich auch mehr oder weniger jeder seinen Weg.
Jedenfalls gab es dann erstmal 10 Wochen Ferien und tatsächlich hatte ich da überhaupt keine Beschwerden, das war so eine unglaublich schöne Zeit für mich, obwohl ich alleine war und nur vor dem Computer hing und gezockt habe. Ich hatte zum ersten mal in meinem Leben ein Gewicht, mit dem ich zufrieden war und tatsächlich haben wir nach all den Jahren dann mal wieder Urlaub gemacht in Belgien und das fand ich auch so wunderbar und ich hatte keine Sorgen oder Probleme. Ich habe dann auch irgendwann eine Brille bekommen, nachdem ich mein ganzes Leben mit einer starken Hornhautverkrümmung rumgelaufen bin, die mich immer sehr müde gemacht hat. Ich habe mich wie neu geboren gefühlt. Ich habe mir dann gedacht, dass ich jetzt alles besser mache und es für mich endlich wieder bergauf geht.
Dann ging ich auf ein Berufskolleg, um meinen Realschulabschluss zu machen, wo es anfangs gut geklappt hat, trotz der ganzen sozialen Ängste. Ich habe das ganze aber nur circa. ein halbes Jahr durchgehalten. Plötzlich fiel es mir immer schwerer dort hinzugehen, auch, weil ich mit den Mitschülern dort überhaupt nichts anfangen konnte. Jeder war nur am rauchen und über die coolen Themen am reden, aber das war überhaupt nicht meine Welt. Ich wurde dann irgendwann wieder so depressiv davon, dass ich nichts mehr gegessen habe und teilweise wochenlang nicht mehr dorthin gegangen bin und mich dadurch dann natürlich auch noch schlechter gefühlt habe und die Krankheitsängste fingen auch wieder an. Dort habe ich dann zum ersten mal den Lehrern meine Ängste anvertraut und den Kontakt zu einer Psychologin hergestellt. Das hat sich sehr gut angefühlt, endlich darüber sprechen zu können und ich konnte mich dann auch bis zum Abschluss durchschleifen und habe dann den Realschulabschluss geschafft, aber nicht mit guten Noten. Durch die Ängste und Depression habe ich mich leider nur sehr spät darum gekümmert, dass ich danach irgendeine Schule besuche, oder Arbeit habe. Also stand ich dann ohne etwas da.
Die Zeit habe ich genutzt, um mich um etwas sehr persönliches zu kümmern, worüber ich nicht mit vielen Menschen rede. Ich werde es aber jetzt hier niederschreiben. Ich hatte von klein an eine Vorhautverengung und bin damit dann zum Urologen gegangen, der mir dann eine Beschneidung empfohlen hatte. Das habe ich dann auch machen lassen, in der Hoffnung, dass ich mich dann etwas normaler fühlen würde, weil ich seit ich wusste was das ist, mich irgendwie unnormal gefühlt habe. Das war wohl der schlimmste Fehler meines Lebens. Ich hätte mich besser informieren sollen und nicht blind dem Arzt vertrauen, ich wusste gar nicht richtig, was da überhaupt gemacht wird, ich dachte mir Hauptsache es ist dann normal. Die Wunde hat sich nach der Operation entzündet und alles in allem ist die Operation ziemlich schiefgelaufen, weshalb ich da unten jetzt ziemlich verunstaltet wurde und damit muss man erstmal umgehen. Jetzt kann ich diesen Fehler nicht mehr rückgängig machen und das hat mich psychisch sehr lange fertiggemacht. Es gab Wochenlange Phasen, wo ich nur noch über diesen Fehler nachgedacht habe und das jede Minute meines Tages.
Noch etwas, was mich sehr belastet ist, dass ich mir wohl meine Augen selbst kaputtgemacht habe, weil ich immer mit trockenen Augen vor dem PC hing nächtelang und sich dadurch meine Augenlider chronisch entzündet haben und ich seitdem mit Blepharitis zu kämpfen habe.
Irgendwann habe ich plötzlich Herzstolpern bekommen und wusste überhaupt nicht, was das ist und was da gerade mit mir passiert. Ich habe dann Panik bekommen irgendwann und bin in die Notaufnahme gegangen, wo sie mich an dem Gerät angeschlossen haben und man dort jeden Extraschlag hören konnte. Ich habe mich schon auf dem OP Tisch liegen sehen. Allerdings wurde ich dann komplett untersucht und konnte das Krankenhaus nach 2 Tagen wieder verlassen. Es waren nur harmlose Extrasystolen, mein Herz war gesund. Allerdings wollte das mein Kopf dann nicht so richtig glauben und es folgten Monate der merkwürdigsten Symptome, ständige Todesangst, mehrere Besuche in der Notaufnahme, jedes mal ohne jeglichen Befund. Das war bisher die heftigste Angst, die ich hatte, weil man der Überzeugung ist, jederzeit einfach umzukippen. Irgendwann war ich dann wieder sehr dünn und habe Tavor genommen, weil ich es ohne nicht mehr ausgehalten habe. Ich habe mich dann freiwillig in eine psychiatrische Klinik begeben. Ich habe mich dort aber nicht so richtig wohlgefühlt und bin nach kurzer Zeit wieder dort raus und habe mir vorgenommen, mich wieder auf die Beine zu kriegen. Das hat auch geklappt. Ich war danach fast 2 Jahre komplett Angstfrei und habe wieder 10kg zugenommen und etwas Muskeln aufgebaut. Das war ein sehr harter Kampf für mich, aber Ich hatte mich fast soweit, dass ich psychisch wieder ganz gut drauf war und alles schien gut zu laufen.
Jetzt sind wir fast in der Gegenwart angekommen und es kam der Rückschlag im Dezember 2022. Ich bekam plötzlich einen furchtbaren Infekt, der mich wieder den ganzen Fortschritt gekostet hat. Ich bekam so starke Brustschmerzen, wegen einer Bronchitis, sodass ich in die Notaufnahme bin und Antibiotika bekommen habe. Ich habe sehr viel Gewicht verloren und einige Symptome sind bis heute da. Die Panikattacken und Ängste kamen wieder zurück und jetzt bin ich überzeugt davon, schwerkrank zu sein. Das kann man alles in meinem anderen Beitrag nachlesen.
Und jetzt sitze ich hier und schreibe diesen Text. Jetzt habe ich all diese Beschwerden wieder, sowohl körperlich, als auch psychisch und kann es einfach nicht fassen, wie konnte das alles nur so unglaublich aus dem Ruder laufen? Jetzt habe ich wieder Panikattacken, diese vermeintlichen Darmkrebs Symptome, meine Augen werden gefühlt immer schlechter und ich habe mehrere Hagelkörner an beiden Augen und die Angst, demnächst entweder blind oder tot zu sein.
Mein Bruder ist schwerkrank geworden, ebenso meine Mutter. Mein Vater hält den Laden hier mehr oder weniger zusammen, er ist aber auch nicht mehr der jüngste.
Mein Leben ist für mich jetzt total verdorben. Ich bin ein hässlicher Versager und verabscheue meinen ekligen Körper, mit all seinen Macken, die man nicht mehr rückgängig machen kann und meinen furchtbar dummen Charakter, der sich selbst das Leben zur Hölle gemacht hat. Mir fehlt auch absolut das logische Denken, ich bin für die meisten Dinge wirklich einfach zu blöd, schon immer so gewesen, das hat es auch nicht gerade immer einfach für mich gemacht. Vor allem wird das logische Denken unter druck bei mir komplett abgeschaltet und dann kriege ich gar nichts mehr auf die Kette. Ich habe überhaupt nichts erreicht. Keine wirklichen Freunde, noch nie in einer Beziehung gewesen, noch nie gearbeitet, kein Geld, psychische Probleme, körperliche Probleme, nichts erlebt, wieder den ganzen Tag nur vor den Geräten und ja, ich bin erst 20. Ich frage mich, wie soll das denn alles noch mal besser werden? Ich habe nach all dem gar keine Kraft mehr. Es ist aber nicht so, als müsste ich jetzt wieder eingewiesen werden oder käme gar nicht mehr klar, aber ich kann es einfach absolut nicht fassen. Wenn man mir auf der Straße begegnet sieht man es mir an, ich bin emotional tot. Ich kann das nicht mehr verstecken. Ich finde schon noch Dinge lustig oder interessant und ich fühle auch, aber mein Körper reagiert gar nicht mehr, es findet alles nur noch in meinem Kopf statt. Fremde Leute verstehen aber nicht, dass ich so bin und meinen dann, dass ich es vielleicht böse meine. Das kombiniert mit meiner Blödheit ergibt einfach einen Menschen, der in diese Welt überhaupt nicht reinpasst.
Das war es aber jetzt erstmal. Wahnsinn, wie viel Text das geworden ist, aber wer auch immer sich das durchliest, wenn überhaupt, einfach nur vielen Dank.
13.05.2023 05:45 • • 15.05.2023 x 1 #1