@kritisches_auge
Klar, wenn es um einen selbst geht, dann schreibt mal auch schon mal gerne etwas mehr, also sorry dafür, was jetzt kommt. Meine Frau hält ganz klar zu denen. Vor vielen Jahren hat sie sich auf das meckernde und lästernde Niveau einer Freundin eingelassen und ordentlich mitgemacht, über andere herzuziehen. Irgendwann hat sie es selbst gemerkt, dass das so nicht weiter geht und machte eine Kehrtwendung um 180°. Aber genau diese Extreme zwischen ja, nein, schwarz, weiß, Tag, Nacht, sind ein Fehler. Für sie gibt es nichts dazwischen, lebt in ihrer Lalelu Benjamin Blümchen Welt. Ist bei uns auch öfter mal ein Thema.
Und dann erzählt sie schon mal. Wir waren früher genauso, haben uns spät abends beim wegfahren vom Besuch auch hupend verabschiedet. Da konnte ich natürlich nicht gegenhalten, denn ich bin ja kein Trotzki. Ich denke, bei mir geht es um viel viel mehr. Meine Wut, mein Hass auf vieles nimmt exponentiell zu. Und ich dachte, seit dem Tod meines Alten vor 3 Jahren ginge es aufwärts. Wir haben uns richtig gehasst, das alte Haus ist sehr hellhörig und ich habe immer abgepasst, wann er aus dem Keller kommend wieder in der Wohnung war, damit ich schnell schnell in den Keller huschen konnte.
Einmal standen wir uns schreiend Nase an Nase gegenüber, worauf hin er gedroht hat, wenn du mir eine verpasst, hole ich die Polizei. Da anzubauen, war der Fehler meines Lebens. Aber Geräuschmäßig waren die Mietwohnungen auch nicht besser. Vielleicht ist eure Wohnung ja auch nicht so isoliert und die Nachbarin hat deswegen gehört, was ihr über sie gesagt habt. Deine Angst, was für Mensch der Nachmieter sein könnte, hatte ich auch und die schlimmsten Befürchtungen wurden war.
Angenommen, ich hätte diese Sprachprobleme nicht, stieß ich dennoch auf einen menschlichen Charakterzug, den WIR ALLE in uns tragen. Trotz. Das ist eine Reaktion, wenn man sich seiner Schuld zwar bewusst ist, aber sie aus ganz bestimmten und eigenen Gründen dem Gegenüber nicht eingestehen will. Demnach könnte, nein, wird der Schuss nach hinten losgehen, wenn ich z.B. den wegfahrenden Besuch vorher abpassen und ihn bitten würde, ob er nicht auf das hupen verzichten könnte. Ich versichere dir, ab dann würden aus einer fünf Sekunden werden.
Oder dieses ständige Motor laufen lassen, um erst dann die Whatsapp zu checken, WARUM? Ich weiß, die machen das nicht extra, die machen sich da absolut keinen Kopp drum. Im letzten Jahr hat er Beispielsweise bis abends 21:30 Rasen gemäht. Ich glaube, in Russland sehen die das alles viel entspannter, als wir mit Gesetzten überhäuften Deutschen. Ich bin fast schon so weit, dass ich wegziehen möchte. Meine Mutter lebt jedoch mit im Haus, sie braucht unsere und die Hilfe anderer, um über den Tag zu kommen, da ist an wegziehen gar nicht zu denken. Und ob ich mit 60 mir noch mal ein anderes Haus ans Bein binden möchte, von dem man auch nicht weiß, welch versteckte Baustellen mich dann wieder erwarten, auch was die dann komplett neuen Nachbarn betrifft. Hier in der Straße sind es nur diese neuen Nachbarn, die anderen sind deutsch-ruhig. D.h. nicht ganz. Neulich hat einer bis 20:30 Rasen gemäht. Wäre vor Wut wieder fast am Rad gesprungen. Male mir dann immer Geschichten aus, was ich tun könnte, wenn ich nicht diese Sprachprobleme hätte. Aber ich bin sicher, ich wäre dann der gleiche Kotzbrocken geworden wie mein Alter, denn mein Bruder hat die gleichen Anleihen mitbekommen und ruft ständig die Polizei oder beschwert sich pausenlos in der Firma wegen P... Kram, dass selbst ich den Kopf schütteln muss. Mein Sprachfehler hat 2 Seiten. Er formte mich zu einem emphatischen Humanisten, doch das bezahle ich mich mit viel angestauter Wut. Muss ich das nächstes mal mit meinem Psychiater besprechen.
15.06.2021 08:41 •
#36