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Liebe Community,
Ich hatte in der letzten Woche eine Erkenntnis, die mich aufwühlt. Ich wäre froh, mit euch darüber reden zu können.
Ich hatte bereits in einem anderen Post erwähnt, dass ich Bindungsangst habe. Die konkrete Situation war eine Beziehung, in der ich mich unwohl und gedrängt gefühlt habe. Vor zwei Wochen habe ich den Mut gefunden, mich zu trennen.
Obwohl unsere Bindung nicht lange hielt, habe ich folgende (sehr nervige) Eigenschaft an mir festgestellt: Ich fühle mich,als hätte ich zwei komplett verschiedene Persönlichkeiten in mir. Auf der einen Seite liebe ich meine Freiräume und würde mich niemals von jemandem unterdrücken lassen. Zumindest wurde ich so erzogen und MÖCHTE das auch ausleben. Doch dazwischen kommt der Teil in mir, der total devot ist. Immer lieb die Bedürfnisse unterdrückt. ich lasse mich auf Menschen ein, die falsch für mich sind, nur um sie nicht zu enttäuschen. Ich habe solche Angst, gehasst zu werden.
Eigentlich weiß ich ja, dass ich mich selbst schützen muss und immer die wichtigste Person in meinem Leben bin. Diese Gedanken habe ich komplett klar beisammen, solange ich *alleine* bin. Sobald ein anderer Mensch (z.b. der besagte Partner) in meiner Nähe ist, lasse ich mich einfach mitziehen aus Angst, Nein zu sagen.
Dieser Konflikt wird gefühlt schlimmer, je älter ich werde. Teilweise belastet es mich so sehr, dass ich mich übergeben muss, wenn ich an meine labile Persönlichkeit denke.
Ich würde so gerne selbstbewusster werden und die devote Person in mir unterbinden. Aber ich weiß nicht, wo ich anfangen soll Eine Therapie mache ich schon, aber bis jz zeigt es keine Wirkung. Ich verfalle in jedem Kontakt mit Mitmenschen in meine Strahlefrau-Rolle, versuche jedem zu gefallen und lasse mich deswegen fertig machen. Selbst bei Fremden: Stellt euch einfach das Mädchen vor, dass an der Kasse jeden vordrängeln lässt und dabei noch lächelt
Ich mag es ein Stück weit, von allen als lieb angesehen zu werden. Aber das bot bisher schon so viel Fläche,um ausgenutzt zu werden. Ich habe echt vor mich zu ändern, aber bin so hilflos. Habt ihr Impulse dazu? Liebe Grüße

09.06.2021 21:28 • 10.06.2021 #1


10 Antworten ↓


Das kann aus verschienen Gründen entstehen:

- Ein Schutzmechanismus, um eine emotional belastende Situationen in der Vergangenheit auszuhalten.
- Ein Introjekt
- Traumafolgestörung.
- Verschiedene Persönlichkeitsstörungen wie z.B. dependente oder F60.31 Typ XX, Histrionik
- Entwicklungstrauma

Woher das kommt, ist mit der Menge an Informationen unmöglich zu sagen. Und das sollte man einer Therapie herausarbeiten.

So wie Du das Beschreibst halte ich das für zwei verschiedene Betriebsmodi deiner Psyche und nicht wie zwei Persönlichkeiten.

A


Konflikt: Devote und selbstbewusste Person in mir?

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Zitat von cube_melon:
Das kann aus verschienen Gründen entstehen: - Ein Schutzmechanismus, um eine emotional belastende Situationen in der Vergangenheit auszuhalten. - ...


Also wenn vorher schon eine PTBS diagnostiziert wurde.. wie könnte ich dann lernen, meine Modi zu kontrollieren? Jeder Mensch hat ja so etwas wie Selbstkontrolle. Eventuell schaffe ich es ja, mich auf einen Modus zu beschränken..

Das kommt darauf an was es ist. Wie es genau entstand.

Wenn das z.b. daraus entstand das das elternhaus ungünstige Verhaltensweisen hatte, dann kann folgendes Entstehen. Das Kind bemerkt das dysfunktionale Verhalten und beginnt die sich die Eltern schön zu reden.
Weil es noch körperlich, logistisch und emotional von ihnen abhängig ist.

Dies tut es um die Situation aushalten zu können. Es ist in dem Fall ein Schutzmechanismus.

Wenn das unbehandelt bleibt, kann das im Erwachsenenalter zu dem führen das man, aus der Angst heraus verlassen/ausgestoße zu werden, sich mit den anderen sympathisiert.

Bei einem Gewalttrauma oder Mobbing kann dieser Modus auch zum besänftigen des Gegenübers dienen.
Auch Möglich ist ein Opfermodus, der einem quasi als Kind eingetrichtert wurde.

Das sind nun drei Beispiele. Je nach dem wie die Biografie ist, geht man da etwas differenzierter heran.

Ein gemeinsamer Punkt ist das man die Situation(en) von früher, mit denen in der Gegenwart mit Achsamkeit verbindet. Diese Exposition sollte unbedingt unter professioneller Aufsicht erfolgen, weil das auch emotional überforderd sein kann.

Wenn Du eine PTBS hast, nach welchem Therapieverfahren und Traumatherapieverfahren bist du behandelt worden?

devot/dominant kann man als Spielart der Sexualitaet in einer gesunden Partnerschaft mal machen.
Aber wenn es belastet bzw erzwungen ist dann sofortiger Ausstieg und ggfs Beratung fuer Frauen.

Zitat von cube_melon:
Das kommt darauf an was es ist. Wie es genau entstand. Wenn das z.b. daraus entstand das das elternhaus ungünstige Verhaltensweisen hatte, dann kann ...


Ich bin bei einer Tiefenpsychologischen PT in Behandlung und weiß nicht, ob sie ein bestimmtes Verfahren anwendet. Bisher haben wir eher Strategien gegen akute dissoziative Zustände erarbeitet.
In einer Klinik wäre EMDR (oder EDMR?) angewandt worden, allerdings habe ich mich vorher entlassen.

TP ist ein Verfahren an sich.

Hier wird eben danach geschaut wo der Ursprung eines Verhaltensmusters ist.
Und wenn Du einen gewissen Grad der Stabiliät hast, können einem selbst, von alleine die Verbindungen von damals zu heute klar werden. Das ist mit ein Punkt um den Handlungsimpuls/Modus nach und nach zu stoppen.

EMDR wird in der Regel nur angewand, wenn der Patient so weit stabilisiert ist, damit während der Konfontation mit dem Ereignis eine emotionale Überforderung vermieden wird.

Hallo Stärkchen,

ich glaube, Du unterschätzt, was Deine labile/devote Seite Dir für Vorteile bringt und dass sie sehr viel mehr für Dich tut, als Du ihr zugestehst. Sie hilft Dir, Hilfe zu bekommen, wo Du Dir selber (von Deiner starken Seite her) nicht zugestehen würdest, danach zu fragen. Oder diese überhaupt zu wollen. Vielleicht könnte ein Weg zur Akzeptanz dieser Seite in Dir sein, Dir genau anzusehen, welche Vorteile sie Dir verschafft und was sie für Dich tut (oder tun möchte). Du siehst sie nur negativ, als jemand, der gegen Dich agiert, der Dich in Gefahr bringt, ausgenutzt zu werden, aber Du übersiehst die Seite an ihr, die an das Mitgefühl und den Versorgungsimpuls in anderen Menschen appelliert und Dir dadurch durchaus auch einen positiven Nutzen bringt.
Ist nur so ein Gedanke, der mir kam (kann auch völlig danebenliegen), als Du schriebst, dass es Dir ja durchaus auch gefällt, als lieb angesehen zu werden, Du möchtest nur (verständlicherweise) nicht ausgenutzt werden.
Diese Seite in Dir ist ja da, und gegen sie anzukämpfen, wird Dich eher tiefer in Deine Symptomatik hereinbringen. Ein Weg zur Linderung Deiner Symptome würde eher so aussehen, dass Du lernst, diese Seite in Dir zu akzeptieren, ihren Beitrag für Dich anzuerkennen und sie zu integrieren.

Ich beziehe mich auf das Bild von dem Mädchen an der Kasse, dass Du beschrieben hast. Stellen wir uns jetzt dieses Mädchen fast wie Bambi vor, mit großen Rehaugen, und schauen uns dann nochmal an, wie die Menschen darauf reagieren (und warum die Natur dafür gesorgt hat, dass kleine Kinder und Tiere ein solches Kindchenschema entwickelt haben). Klar wird es auch immer Menschen geben, die dieses Bambi ärgern wollen würden, aber die meisten würden wohl eher mit einem Ohhh, wie süß und einem freundlichen Streicheln reagieren. Und auch eher das Bedürfnis haben, bei diesem Bambi zu bleiben, ihm zu helfen und es vor allem auch nicht zu verlassen. Ein liebes und angepasstes Verhalten stellt ja prinzipiell auch sicher, dass Menschen Dich mögen bzw. Deine Anwesenheit tolerieren, Dich nicht verlassen, Dich nicht konfrontieren. Angepasstes Verhalten ist also ein durchaus evolutionär sinnvoller Impuls, der den Verbleib innerhalb einer sozialen Gruppe sicherstellt. Und ist somit auch gar nicht so hilflos und selbstlos, wie er auf den ersten Blick erscheinen mag.

Du setzt sie vielleicht unbewusst ein, um Bedürfnisse zu befriedigen, die Du auch hast, Dir aber nicht eingestehen möchtest, weil sie im Konflikt mit aktuellen gesellschaftlichen Normen stehen. Die gesellschaftliche Norm besagt, dass man als Frau stark sein muss, unabhängig, ein großes Bedürfnis nach Freiheit hat und dieses auch ausleben soll. Das fordert aber auch viel Eigen-Verantwortung, und es gibt auch Menschen, die sich lieber auch mal versorgen und betüdeln lassen (das meine ich nicht herabwürdigend!). Ich weiß nichts von Dir, aber bei einer diagnostizierten PTBS kann es ja auch durchaus sein, dass Du vielleicht sehr früh erwachsen werden musstest, dass Du Deine Kindheit nicht wirklich ausleben konntest, weil Du Dich vielleicht nicht in einem Umfeld befunden hast, in dem das möglich war. Das Bedürfnis nach Fürsorge hat aber in Dir überlebt und ist heute vielleicht noch immer da.

Mit dem Signal ich bin ein liebes kleines braves Mädchen lädst Du ja andere Menschen nicht nur dazu ein, Dich auszunutzen, vielmehr forderst Du sie so ja auch auf, sich um Dich zu kümmern, Dich zu versorgen, keine Forderungen an Dich zu stellen und ein stückweit Verantwortung für Dich zu übernehmen.
Aus dieser Perspektive hat es dann auch nichts mehr mit Hilflosigkeit zu tun, sondern ist vielmehr etwas, was Du (wenn auch unbewusst) aus einem selbstfürsorglichen Impuls für und nicht gegen Dich einsetzt. Du sorgst also für Dich, indem Du zulässt, auch mal schwach sein zu dürfen und Dich versorgen zu lassen.

Was ich eben beschrieben habe, können ganz wenige Menschen für sich akzeptieren, weil es etwas ist, was unsere heutige Gesellschaft oftmals heftig verurteilt, weil es mit einem modernen Frauen-Bild nicht vereinbar ist.

Wenn Du jetzt vielleicht in der Therapie lernen oder bearbeiten könntest, dieses vielleicht in Dir vorhandene Bedürfnis zu akzeptieren, nicht als Schwäche anzusehen, sondern als das Resultat schwieriger Ereignisse in Deiner Vergangenheit, dass Du Dir so nicht ausgesucht hast, könnte das vielleicht ein Weg zu Frieden mit diesem Anteil in Dir sein.

LG Silver

Zitat von Stärkchen:
ich lasse mich auf Menschen ein, die falsch für mich sind, nur um sie nicht zu enttäuschen. Ich habe solche Angst, gehasst zu werden.


Gesetzt den Fall, ein selbstbewusstes Verhalten kommt bei meinem Gegenüber falsch an, bedeutet das noch lange nicht, dass mich derjenige hasst. An diesem schrägen Glaubenssatz würde ich definitiv arbeiten, z. B. mit den von @silverleaf genannten Arbeitshypothesen.

Diese strikt unterscheidende und trennende Bewertung selbstbewusst/unterwürfig verunmöglicht eine realistische Wahrnehmung von Ich und Welt. Sie färbt das Erleben ein in richtig und falsch, gut und böse, lieben und hassen etc.
@cube_melon zeigt mögliche Entwicklungsursachen bzw. -Umgebungen (z. B. Elternhaus) auf.

Es gibt unterschiedliche Praktiken den Bewertungsmechanismus auszuschalten und so langfristig die Wahrnehmung angemessen zuzulassen. Dabei geht es nicht um aktives Tun sondern eher um aktives Nicht-Tun. Reines Beobachten in Form von z. B. körpergerichteter Achtsamkeit (Atmung, Körperhaltung etc.) unterbindet die schädliche vorauseilende Bewertung. Auf Wunsch können wir gerne ein Beispiel durchgehen - vielleicht eins, das Dir gerade schmerzhaft präsent ist und das Dich konkret veranlasst hat, dieses Thema zur Sprache zu bringen.

Das muss kein Konflikt sein. Bei einem Mann, welcher gut zu Dir passt, ergänzt ihr euch perfekt. Er kann dann mit dir seine Seite öfter mal dominante Seite ausleben und umgekehrt.

Zitat von silverleaf:
Ein Weg zur Linderung Deiner Symptome würde eher so aussehen, dass Du lernst, diese Seite in Dir zu akzeptieren, ihren Beitrag für Dich anzuerkennen und sie zu integrieren.

Dieses Integrieren beinhaltet aus meiner Sicht auch das man seine persönliche Grenze kennt, evlt. reflektiert/anpasst und diese auch bewahrt.

Durch seine weichere, freundliche Art besser im sozialen Miteinander zurecht zu kommen ist eine tolle Eigenschaft.
Aber man sollte sich gegen Ausbeutung, Grenzüberschreitungen schützen können. Eben weil es Menschen gibt die da zu weit gehen.

A


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