@NikoXP
Hallo!
Es freut mich, dass Dir meine Erfahrungswerte weiter geholfen haben.
Man muss das, was Therapeuten sagen, schon ernst nehmen, weil sie haben ein überlegenes Wissen. Nach einigen Jahren Berufserfahrung und eigener Lebenserfahrung können sie einem gute Erkenntnisse vermitteln. Aber viele sind da z brüsk und arbeiten mit Lehrbuch-Methoden, ohne drauf zu achten, ob bei dem Patienten eine niedrige feine Dosis nicht ausreichend wäre und sogar sinnvoller. Es wird - gerade im Therapiebereich - oft mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Und es ist gut, wenn Du lernst, wie man das ausbremst, wenn die übereifrig sind. Es reicht völlig, wenn man Dir Inhalte erklärt und näher bringt. Wenn Du damit schon Veränderungen schaffst, dann brauchst Du nichts Heftigeres.
Diese Dinge musste ich alle allein rausfinden, weil es damals keine Psycho-Foren gab, auch keine vernünftigen Ratgeber oder Ähnliches. Man wusste zB. einfach nicht, warum die eigene Therapie entgleist und hat sich immer die Schuld gegeben oder die Profis haben sie einem auch noch gegeben. Dabei war man daran eben nich schuld.
Mit eigener Wohnung wird es definitv ruhiger im Leben. Aber es hilft einem auch viel. Meine Familie hat mich zB. nie ausschlafen lassen, weil sie wussten, dass mich das ärgert. Ich habe so oft drum gebeten und jedes Mal kam nur noch mehr Krach obendrauf. Dann hieß es, sie lassen sich von mir nicht vorschreiben, wie sie zu leben haben. Dass ich schwerkrank war und nachts an Schlafen nicht zu denken war und das Ausschlafen morgens die einzige Zeit war, wo ich Ruhe und Auftanken haben konnte, war ihnen egal. Es hieß nur: Geh' bei Zeiten ins Bett, dann bist morgens auch fit! Bei uns klappt es doch auch!. Dann habe ich meinen Neuropsychologen angesprochen, was ich machen könnte. Und er hat auch gemeint: Sie können daran gar nichts ändern. Wenn Sie um 22.30 Uhr ins Bett gehen, liegen Sie nur wach auf der Matratze und können dann erst recht nicht schlafen!.
Das ist natürlich schon sehr feindseelig gewesen. Und mit eine liebenden Familie ist es besser. Aber es ist letztlich so, dass jeder Mensch, der im Haushalt ist, auch sein eigenes Leben mit rein bringt. Und manche Menschen neigen dazu, sich anzupassen, und andere Menschen neigen dazu, sich den Platz zu schnappen, den Ton anzugeben. Und ich schätze mal, dass wir beide so sind, dass wir eher Platz machen und uns auf die anderen anpassen.
Und das ist der Punkt, wo es ungesund wird, weil man einfach immer mehr eigenen Lebensraum aufgibt, weil man immer mehr von denen durchgetaktet wird, von den beruflichen Anforderungen und die eigenen Ziele rutschen weg, das eigene Leben und eigene Ich, der eigene Biorhythmus wird immer mehr platt gemacht. Man lebt fremdbestimmt statt selbstbestimmt. Andere Menschen um uns rum werden ihr Verhalten uns gegenüber nicht mehr ändern. Mein Neuropsychologe hat damals auch gesagt: Ihre Familie ist ein System, das so gewachsen ist. Und Sie sind eine tragende Säule darin. Sie tragen das fast komplett. Und die anderen hören nicht auf, sich auf Sie zu verlassen und von Ihnen alles abzuverlangen, weil das die ungeschriebenen Regeln in disem System sind. Das ist lange Zeit so gelaufen und jetzt können Sie es nicht mehr stoppen. Die einzige Chance, wie Sie dieses System verändern können, ist, dass Sie es verlassen. Sie müssen aus diesem System rausgehen, weil im System bleibt alles gleich. Sie können Ihre Familienmitglieder jetzt nicht mehr umerziehen. Wenn Sie das versuchen, fallen Sie damit auf die Nase und kriegen noch mehr Wut ab!.
Bei Dir wird es ähnlich sein? Das vermute ich zumindest.
Deshalb ist der Einzug in eine eigene Wohnung sicher ein guter Schritt, um was für sich zu tun. Wenn die Familie zu Hause deswegen enttäuscht ist, dann sag' denen, dass Du das nicht gegen Sie machst, sondern für Dich. Du kannst sagen, dass Du reizüberflutet bist und viel schlafen musst, damit Du wieder auf die Beine kommst und dass zu Hause zu viel los ist, dass zu viel Unruhe da ist, zu viele Leute und es einfach zu viel im Moment ist. Halte die Kontakte, lade Sie regelmäßig zu Dir ein, macht gemeinsam was, freut Euch zusammen, teilt die schönen Dinge. Aber sobald Du alleine in Deiner Wohnung bist, bist Du allein dran. Um nicht so einsam zu sein, habe ich mich wieder mehr auf's Musik hören verlegt, ich schau' regelmäßig doch mal was im Fernsehen, schau' wieder öfter Politiksendungen, damit man auf dem Laufenden ist und einfach auch Diskussionen von gescheiteten Menschen mitbekommt. Ich habe mich mehr in den Umwelt- und Tierschutz eingearbeitet, bin Veganerin geworden, habe völlig neue Seiten an mir entdeckt und begriffen, dass ich anders bin als meine Familie. Und ich habe begriffen, dass mein Leben anders ist als ihres und sie meins nicht kennen wollen und nicht verstehen wollen.
Und ich sage es mal so:
Die eine Hälfte meiner Geschwister habe ich sausen lassen. Und mit der anderen Hälfte habe ich viel und die nötige Geduld. Es hilft mir, mir immer wieder zu sagen, dass sie vieles einfach nicht verstehen und dass es nicht böse gemeint ist.
Z.B. mit meinem Lieblingsbruder kann ich über vieles nicht reden.. Versteht er einfach nicht. Aber wir können über Excel-Tabellen und Formeln reden.
Man hat immer Schnittpunkte mit Menschen, die man so lange kennt und die man lieb hat. Und so wie sie manchmal auf mich eingehen, so gehe ich auch auf sie ein und höre ihnen zu, wenn sie mir was erzählen und bin offen für das, was ihre Welt ist.
Deine Familie verlierst Du trotz eigener Wohnung nicht, wenn Du Deine Familienbande gut weiter pflegst. Für Freundschaften und Liebesbeziehungen gilt das Gleiche. Aber man muss auch merken, wann es zu viel Kraft und Zeit kostet und man selbst hinten runter fällt. Die erste Pflicht, die man hat, ist die, dass man für sich selbst sorgt.
06.03.2023 20:00 •
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