Hallo du
Ich habe mich zwar erst heute angemeldet, bin aber direkt über deinen Thread gestolpert und es juckt mich so in den Fingern, ich muss das jetzt sagen.
Soll ich dir mal was sagen? Ich war da, wo du bist. Genau da. Ich bin kaum älter als du. Und das sagt sich so leicht, aber glaub mir, ich war auch an dem Punkt, wo sterben für mich als Erleichterung von meinem Leben die beste Option für mich war. Im Gegensatz zu dir habe ich die Hoffnung nicht verloren, würde ich mal sagen. Ich wollte zwar sterben, weil ich dachte, dann ist es endlich vorbei. Aber das zu tun kam für mich nie in Frage, weswegen ich mit meiner Schei*e so rumgekämpft habe.
Und soll ich dir noch was sagen?
Du hast grundlegend 2 Optionen.
Nummer 1: Es beenden. Dich eventuell erleichtern, wobei das auch nicht gesagt ist... Wer weiß schon, wie sterben ist. Aber wenn du es mal objektiv betrachtest: Du bist 19. Im Durchschnitt wird man mittlerweile 80-85 Jahre. Soll es das schon gewesen sein? Ernsthaft? Was mich zu
Nummer 2 führt. Anfangen zu kämpfen. Ich will dir damit nicht vorwerfen, dass du das nicht tun würdest. Allein die Tatsache, dass du noch da bist, beweist, dass da irgendwas in dir ist. Und das ist klasse! Aber weißt du was? Man merkt an deinen Posts, dass du eigentlich nur Hilfe möchtest. Ich habe persönlich nicht den Eindruck, dass du zwangsläufig sterben möchtest. Vielmehr brauchst du etwas, das dich antreibt. Es liegt allein in
deiner Hand. Du hast dieses eine Leben, kein anderes. Und wenn du meinst, mit 19 ist die Reise zu ende, okay. Aber das war dann tatsächlich ganz schön mau, oder? Kämpf für dieses eine Leben! Ich weiß, dass du denkst, es wird nicht besser. Es ist alles schlimm. Alles tut weh. Ich habe mit meinen Eltern auch 4 Jahre nicht gesprochen, wir haben uns nur gestritten, ich habe gehungert und mich abgekapselt, ungewollt und ignoriert gefühlt. Das Problem dabei ist: Eltern sind auch nur Menschen. Wenn Eltern merken, da stimmt was gewaltig mit unserem Kind nicht, reagieren sie manchmal auch nicht ideal. Meine haben es zB jahrelang verdrängt und mir eingeredet, ich sei normal. Das wird schon werden, das wächst sich raus. Und es war harte Arbeit, für uns alle. Ich rede seit 2 Jahren wieder mit ihnen und wir haben mittlerweile alle akzeptiert, dass sie mich nicht allen Facetten meiner Persönlichkeit verstehen, mir den Dingen, die ich erzähle, aber Glauben schenken und das respektieren.
Es ist verdammt nochmal möglich.
Ich glaube, der Grund, weswegen du hier bist, ist, dass du hier ein klitzekleines Bisschen Aufmerksamkeit und Interesse bekommst, das du eigentlich von dienen Mitmenschen brauchst. Und wie schon mehrfach gesagt wurde: Du gibst keinen von ihnen die Chance, zumindest auch nur da zu sein. Dir zuzuhören. Helfen können sie dir vermutlich nicht, aber auf deinem Weg beistehen. Auch die Hinweise, einen Arzt aufzusuchen sind absolut richtig. Und lass dich von diesem einen Arzt bitte NICHT abschrecken! Weißt du, bei wievielen Ärzten ich war, die meinten, bei mir wär alles gut? Weil sie einfach keine Ahnung hatten. Man hat mich nicht ernst genommen. Dann war ich bei x Vorstellungsgesprächen für Therapien. Weißt du, was man mir mehrheitlich geraten hat? Ich sei arrogant, deswegen hätte ich keine Freunde und deswegen würde es mir schlecht gehen. Ich solle in einen Sportverein eintreten. Aber es wird der Mensch kommen, der dir - sinnbildlich gesprochen - eine Hand reicht. Ich bin für dich da. Wir schaffen das. Komm mit. Du KANNST das. Es werden mehrere solcher Menschen kommen.
Du musst verstehen, dass das Verständnis für solche Belange in meinen Augen nicht mehrheitlich davon abhängt, was für eine Qualifikation dein Gegenüber vorweist. Es kommt auf den MENSCHEN an. Entweder jemand hat ein Gefühl für sowas, empfängt deine Schwingungen im richtigen Frequenzbereich, oder eben nicht! Das macht weder dich, noch dein Gegenüber schlecht. Nur anders. Du bist anders. Und das ist okay. Glaub mir, du kannst glücklich werden. Und ich weiß, es ist so einfach, einfach alles so zu lassen, sich seinen Zwängen hinzugeben und sich ins Bett zu legen. Man hat keine Kraft. Man hat keinen Willen. Ich muss dir aber leider sagen... Es wird nicht funktionieren, wenn du dich nicht aufraffst. Aber die Gänge zu diversen Idioten aka Ärzten und Therapeuten werden leichter, wenn du Menschen hast, die dich unterstützen. Und wenn deine Eltern das zu diesem Zeitpunkt nicht sein können, gibt es soziale Anlaufstellen für sowas. Dir wird geholfen werden. Leute WOLLEN dir helfen. Wenn man sich selbst so doof fühlt, ist das unsagbar schwer, das anzunehmen. Du hast aber aktuell keine andere Wahl. Je eher du dich überwindest, desto eher gibst du dir die Chance, dein Leben in die Hand zu nehmen. Option 1 ist für die Tonne. Jeder kann glücklich werden, auf seine Weise. Und angenommen, deine Eltern können oder wollen nichts von dir wissen (wovon ich nicht ausgehe) - dann wirst du einen anderen Weg finden. Mach eine Therapie, lass dich einweisen, such Gleichgesinnte (Selbsthilfegruppen, Onlinesammelchats, Sammeltreffen in deiner Region) und geh deinen Weg. Alles zu seiner Zeit, aber fang an. Bitte. Ich find's so schlimm, das so zu lesen. Ich hatte mit 17 das Gefühl, ich würde meine Essstörung nie überwinden. Jetzt, 5 Jahre später (insgesamt gut 10 Jahre mit ES) bin ich da so gut wie raus. Manche sind ganz geheilt, von manchen bleibt es ein Teil. Bei mir ist ein kleiner Teil geblieben, das ist okay, ich akzeptiere das. Und weißt du was? Ich LIEBE mein Leben, ich würde mit niemandem tauschen wollen und bereue im Nachhinein nichts. Obwohl ich immer noch mit Hochsensibilät, soz Ph und Panikattacken sowie hin und wieder Depressionen zu kämpfen habe. Eigentlich hast du eine ganz großartige Möglichkeit gegeben. Du hast eine riesige weiße Leinwand, die du selbst gestalten darfst. Merkst du nicht, dass du mit deinem Leben machen kannst, was du willst? Okay, zugegeben, dein Start (so wie meiner) war schei*e. So richtig richtig für die Tonne. Aber du bist noch am Anfang. Wenn du jetzt beginnst, was zu ändern, es zumindest versuchst - ich verspreche dir, du wirst auf deinem Weg Menschen treffen, die dich bedingungslos unterstützen und lieben werden. Egal, ob du dich liebst oder nicht. Hast du schonmal geschaut, ob es vielleicht eine soziale Anlaufstelle für deine Problematik gibt? Es gibt online auch Nothotlines, falls du daran Interesse hast:
http://www.bzga-essstoerungen.de/index.php?id=11Ich habe bei solch einer Hotline auch mal angerufen. Das Wichtigste dabei ist, dass du ehrlich zu dir und deinem Ansprechpartner bist. Das war ich damals nicht. Ich habe es schön geredet, wie so alles. Aber wenn du das nicht tust, können die dir Hilfe für die weiteren Schritte geben.
Ich möchte dich nicht drängen, dich deinen Eltern anzuvertrauen. Ich kann dir nur sagen: Deine Eltern sind genau DAZU da. Um da zu sein. Dich zu unterstützen, egal, was passiert. Und ich glaube, würdest du versuchen, einen Schritt auf sie zuzugehen, würden sie das auch. Wenn es dir persönlich schwer fällt, dreh ein Video, mach eine Sprachaufnahme, schreib einen Brief. Aber gib dich und dein Leben nicht so leichtfertig auf. Du kannst das schaffen. Ich glaube da ganz fest an dich, wenn du es schon nicht tust. Würde ich in deiner Nähe wohnen, würde ich auch zu Ärzten etc begleiten, wäre gar kein Problem. Ich wohne aber weit weg und bin studiumsmäßig sehr eingespannt... Tut mir leid.
Und nochmal: Egal, wieviele Ärzte und Therapeuten dir das Gefühl geben, da wäre nichts. Es ist egal, ob du eine Diagnose hast oder nicht. Mach weiter. Irgendwann wird der Mensch kommen, bei dem du genau richtig bist. Und es lohnt sich so sehr, dafür zu kämpfen. Und das sage ich dir natürlich aus einer bequemen Position, denn mir geht's verhältnismäßig gut. Die Erinnerungen an diesesn Leben, was ich da gelebt habe, verblassen mittlerweile auch langsam... Es war kein Leben. Aber das schaffst du auch! In vielleicht 2-5 Jahren sitzt du irgendwo in einer schönen Wohnung, mit einem Job/Berufsweg, der dir Spaß macht und einem festen sozialen Netz und bist sososo dankbar dafür, dass du die Chance, dein Leben in die Hand zu nehmen, genutzt hast. Und wenn du das nicht kannst, gib anderen die Chance, dich dahin zu führen und dir zu helfen. Und natürlich wird es Rückschläge geben. Habe ich auch, wöchentlich. Aber das ist nicht schlimm. Daran wächst man. Und man lernt, diese Eigenheiten von sich selbst zu akzeptieren, vielleicht irgendwann zu lieben. Denn es ist bewiesen, dass depressive und essgestörte Menschen besonders feinfühlig sind. Und solche Menschen braucht doch die Welt, oder wie siehst du das?
In der Hoffnung, irgendwas in dir bewegt zu haben, vielleicht einen kleinen Funken erzeugt zu haben
und allerliebste Grüße, Memories
P.S.: Falls du Fragen hast. ich dir helfen kann, egal, was es ist. Meld dich.