Du sprichst das bewusste und wertfreie Zulassen der Gefühlsebene an, soweit ich das richtig erfasst habe. Das dürfte generell kein Problem sein. Aber was tun, wenn sich das Fühlen intensiviert, anstatt nachzulassen?
Um Gefühle zu erzeugen, benötigt es bestimmte Reize kombiniert mit Assoziationen. Jene Reize wirken dabei jedoch permanent ein, was zu einem exponentiellen Anstieg der Gefühlsintensität führen kann, sofern auf rationaler Ebene (Bewertung der Situation/Gefühle) nicht dagegen gesteuert wird. Oder aber es springt in ein anderes Gefühl um, wie du es erwähnt hast. Meist ist das Wut, Panik oder Verzweiflung (Grundgefühle). Oder anders formuliert, Angriff oder Flucht. Greift die Ratio nicht ein, greifen in der Regel niedere Triebe ein. Ich bezeichne das als Selbstschutzreaktionen.
Dem Gefühl muss irgendwann eine Aktion folgen, denn nichts kann unendlich exponentiell wachsen. In der Wut ist es beispielsweise ein unbedachtes Um-Sich-Schlagen, oder ein instinktives Wegschubsen der Reizquelle. In der Panik ist es die Flucht, das Wegrennen vor der Reizquelle. In der Verzweiflung ist es die emotionale und sensorische Abschottung - das Gehirn schaltet die Reizverarbeitung ab. Insbesondere ersteres verstößt gegen meine Regeln.
Wie kann man sich permanent in der Emotio halten, ohne Kontrolle der Ratio und ohne dadurch eine instinktive Aktio zu erzwingen?
Sollte es mir gelingen, befürchte ich, dass es mich sehr kaputt macht, bzw. meine Energiekurve auf die Nullkurve bricht. Eine depressive Phase könnte die Folge sein. Direkt gesagt, macht mir das Angst. Ohne seelische Unterstützung scheint mir das zu gefährlich zu sein.
Doch ich kann es ja mal probieren, indem ich mich nun bewusst mit folgendem Lied trigger und versuche, auf der Gefühlsebene zu bleiben:
Doch, ich kann es. Ich entwickelte sowohl Methoden, um Gefühle zumindest für eine bestimmte Zeitdauer abzuschalten, als auch Gefühle bewusst auszulösen. Dies geht aber nur, wenn man sehr viel Aufmerksamkeit pflegt, resp. wenn man weiß, welche Reize Gefühle in welcher Intensität auslösen können. Was aber nicht geht, Gefühle permanent auszuschalten. Ein Ungleichgewicht zwischen Ratio und Emotio ist nicht sonderlich stabil. Früher oder später muss es krachen.
Rein emotional reagieren geht, falls rationale Kontrolle während dessen abgeschaltet wird. Ich pflege aber allein schon aus Gründen meine Regeln einhalten zu können, in jeder emotionalen Phase eine klare rationale Kontrolle. Sprich, ich nehme die Gefühle bewusst war und prüfe stetig, ob sie sich noch im Rahmen dessen befinden, was ich zulassen möchte.
Rein rational reagieren geht ebenso, sofern meine Gefühle abgeschaltet sind. Dies ist aber schwieriger, da Reize + Assoziation automatisch ein Gefühl erzeugen. Eigentlich, aber ich kann das gelegentlich umgehen.
Da, wie der Titel verlauten lässt, Gefühle schnell sehr stark werden können, sofern die rationale Kontrolle jener nicht mehr ausreichend ist bzw. der Reiz anhält und daran gehindert ist, eine instinktive Aktio ausüben zu können.
Als Beispiel nehme ich Gewitter. Davor kann ich nicht fliehen und ich kann es nicht angreifen. Versagt die Ratio, steigt die Gefühlsintensität in einen Bereich, der nicht mehr erträglich ist. Das ist ein Extrembeispiel. Jedoch werden bereits geringere Intensitäten schon als sehr unangenehm empfunden. Selbst das Gefühl der Freude kann dadurch als sehr unangenehm empfunden werden. Stelle ich fest, dass es unangenehm wird, bin ich sofort darum bemüht, rational dagegen zu steuern.
Deswegen ist es wichtig, Gefühlen nur wenig Raum zu geben. Dies geht jedoch nicht auf Dauer, da wie gesagt, ein unausgeglichener Zustand zwischen Ratio und Emotio nicht stabil ist. Irgendwann muss ein Ausgleich stattfinden.
PS: Das Lied hat spürbar emotionale Reaktionen ausgelöst und instinktiv folgte die Aktio der Ablenkung und Beruhigung - mit den Händen an einem Objekt spielen. Die Ratio hat aber alles solide erfasst und reflektiert und hielt alles im Rahmen. Würde ich nun permanent mich damit triggern und eventuell die rationale Kontrolle durch den Konsum von Alk. schwächen, könnte ich mich ganz sicher gezielt soweit traurig machen, dass ich intensiv weine und schluchtze.
Ich frage mich halt nur, was soll das bringen?